Urteil des BPatG vom 08.10.2003

BPatG (marke, vereinigung, unterscheidungskraft, eintragung, beschwerde, beurteilung, verkehr, bezeichnung, begriff, aufspaltung)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 390/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 31 150.1
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Schermer, den Richter Schwarz und die Richterin
Prietzel-Funk am 18. Januar 2005
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2003 wird aufgehoben,
soweit damit die Anmeldung für die Waren „Vorrichtungen zur
Vereinigung von Lichtstrahlen“ zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch
Beschluss vom 8. Oktober 2003 die Anmeldung der Marke
ACOUSTO OPTICAL BEAM SPLITTER
für
„Spektrometer; optische Detektorvorrichtungen ; Vorrichtungen zur
Vereinigung von Lichtstrahlen; Vorrichtungen zur Aufspaltung von
Lichtstrahlen; optische Mikroskope, insbesondere Stereomikros-
kope, Laserrastermikroskope, konfokale Rastermikroskope, Mess-
mikroskope, Fotomikroskope und Fluoreszenzmikroskope; Lumi-
niszenz-, Fluoreszenz- und Phosphoressenzmesssysteme; Durch-
flusszytometer; Zellsortiersysteme und Chromatographen; Kombi-
nationen von optischen Mikroskopen mit Spektrometern, optischen
Detektorvorrichtungen, Vorrichtungen zur Vereinigung und/oder
Aufspaltung von Lichtstrahlen und Vorrichtungen zur spektralen
Analyse von Licht; Software zur Steuerung und Bedienung der
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vorgenannten Geräte und Vorrichtungen; aus vorgenannten Ge-
räten und Vorrichtungen zusammengestellte Systeme“
zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angemeldeten Marke
fehle jegliche Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angemel-
dete Bezeichnung setze sich ohne weiteres erkennbar aus den beiden Begriffen
„acousto-optical“ (=akusto-optisch) und „beamsplitter“ (= Strahlteiler) zusammen.
Den Fachkreisen erschließe sich die Bedeutung der Begriffe aufgrund ihres be-
schreibenden Gehalts ohne weiteres, da es sich um übliche Fachbezeichnungen
des optischen Bereichs handele. Sie würden deshalb annehmen, bei den ange-
botenen Waren handele es sich entweder um akusto-optische Strahlteiler oder um
Waren, die solche Strahlteiler enthielten bzw. mit deren Hilfe funktionierten.
Akusto-optische Komponenten arbeiteten dergestalt, dass eine Schallwelle in ei-
nem optischen Medium eine Änderung des Brechungsindex erzeuge. Dieser Ef-
fekt werde dazu genutzt, die optischen Eigenschaften eines optischen Strahls (La-
serstrahl bzw. Lichtstrahl) wie z. B. Intensität, Lage in der Frequenz zu ändern,
oder, wie im vorliegenden Fall, den Strahl aufzuteilen. Es handele sich also um
Waren, deren Funktion bzw. Eigenschaften sich aus der Bezeichnung selbst er-
schlössen, wobei unerheblich sei, dass der fragliche Begriff von der Anmelderin
geprägt worden sei. An dieser Beurteilung ändere sich auch nichts durch die Ver-
wendung der englischen Sprache, weil auf dem fraglichen Gebiet die englische
Sprache Fachsprache sei und derartige Begriff in Fachkreisen im Regelfall un-
übersetzt verwendet und verstanden würden. Bei der Begegnung des Fachver-
kehrs mit dem angemeldeten Begriff trete aber der Gedanke an einen Hinweis auf
einen bestimmten Geschäftsbetrieb hinter die Vorstellung zurück, dass es sich um
eine reine Sachangabe im dargelegten Sinne handele. Ob ein Freihaltungsbedürf-
nis an der fraglichen Bezeichnung bestehe, könne dahinstehen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung führt
sie aus, der Markenstelle sei zwar darin zuzustimmen, dass sich den angespro-
chenen Fachkreisen – Biologen, Molekularbiologen, Medizinern, Pathologen, Phy-
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siologen, Materialwissenschaftlern ect. - die Bedeutung der einzelnen Begriffe er-
schließe und dass diese Fachkreise annehmen würden, es handele sich um
Strahlteiler, die akusto-optische Eigenschaften besäßen, oder um optische Geräte,
die jene Strahlteiler enthielten. Der Gesamteindruck der Marke weise jedoch einen
darüber hinausgehenden fantasievollen Gesamteindruck auf, weil Beamsplittern
herkömmlich keine akustisch-optischen Eigenschaften zugeordnet würden, son-
dern allein optische Eigenschaften. Das von der Anmelderin verwendete optische
Element vereine die Eigenschaften eines akusto-optischen Filters (acousto optical
tunable filter) und eines Strahlteilers (beam splitter).
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke einzutragen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zum überwiegenden Teil nicht begründet. Zutreffend
– lediglich mit Ausnahme der beanspruchten „Vorrichtungen zur Vereinigung von
Lichtstrahlen“ - hat die Markenstelle ausgeführt, dass der Eintragung für die übri-
gen beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unter-
scheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz entgegensteht.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, de-
nen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungs-
kraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage
stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als
Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistun-
gen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu
werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 – Un-
ter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen,
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d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutz-
hindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen,
wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen
wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet
werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer
bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151,
1153 – marktfrisch;
GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m.w.N.) . Werden zwei oder mehrere rein be-
schreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamt-
begriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung
ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß be-
schreibenden Inhalts jedes einzelnen Wortbestanteils hinausgehender weiterge-
hender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD).
a)
Für die angemeldeten Waren gilt – mit Ausnahme der „Vorrichtungen zur Vereini-
gung von Lichtstrahlen“ - Folgendes:
Nach den genannten Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke insoweit die
Eignung zur Identifizierung der Herkunft der beanspruchten Waren, weil die Marke
aus Sachaussagen besteht, die sich ausschließlich in der Beschreibung von mög-
lichen Komponenten dieser Waren erschöpfen. Die zur Eintragung angemeldete
Wortfolge ist, wie die Markenstelle ausführlich begründet hat und was die Anmel-
derin mit der Beschwerde auch nicht angreift, den angesprochenen Fachkreisen
ohne weiteres aus sich heraus verständlich. Selbst wenn die Wortfolge als solche
lexikalisch nicht nachweisbar ist, so enthält sie doch für Fachkreise – von der An-
melderin ebenfalls nicht in Frage gestellt - erkennbar einen Hinweis auf deren Ei-
genschaften bzw. deren Komponenten. Nach dem Vortrag der Anmelderin vereint
das für die in Anspruch genommenen Waren verwendete optische Element die Ei-
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genschaften eines herkömmlichen Filters (acousto optical tunable filter) und eines
Strahlteilers (beamsplitter) in sich. Gerade die Kombination beider Vorrichtungen
wird den angesprochenen Verkehrskreisen aber durch die Wortfolge ACOUSTO
OPTICAL BEAM SPLITTER nahe gelegt, selbst wenn eine solche Kombination
beider Vorrichtungen in einer einzigen – entsprechend dem Vortrag der Anmelde-
rin zu ihren Gunsten unterstellt – die erste und bislang einzige ihrer Art auf dem
Markt sein sollte. Laser und Akusto-Optik gehören gemeinsam zum Bereich der
Photonik. Strahlteiler werden in Forschung und Industrie herkömmlich im Rahmen
von optischen Anwendungen, insbesondere bei Laseranwendungen, der Mikro-
skopie, Chromatographie und Spektroskopie ebenso eingesetzt wie akusto-opti-
sche (Filter-)Komponenten, die die Streuung des Lichts durch Schall ermöglichen.
Die Neuheit der Marke im Sinne einer Wortschöpfung begründet für sich gesehen
entgegen der Auffassung der Anmelderin keine hinreichende Unterscheidungs-
kraft (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rn. 125). Wegen der grundsätz-
lichen Bekanntheit der beiden Bestandteile der angemeldeten Marke „acousto op-
tical“ und „beamsplitter“ weist die Kombination der Bestandteile keinen Fantasie-
überschuss auf. Es gibt keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der Verkehr diese
Bestandteile nicht als Beschreibung von Wareneigenschaften, sondern als Wa-
renunterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – an-
tiKALK). Der Gesamtbegriff weist auch keine Mehrdeutigkeit auf, die zum Nach-
denken anregt und dazu führt, dass der beschreibende Begriffsinhalt nicht im Vor-
dergrund steht.
Diese Beurteilung gilt für die Waren „Spektrometer, optische Detektorvorrichtun-
gen, Vorrichtungen zur Vereinigung von Lichtstrahlen, Vorrichtungen zur Aufspal-
tung von Lichtstrahlen, optische Mikroskope, Stereomikroskope, Laserrastermik-
roskope, konfokale Rastermikroskope, Messmikroskope, Fotomikroskope und
Fluoreszenzmikroskope, Luminiszenz-, Fluoreszenz- und Phosphoressenzmess-
systeme, Durchflusszytometer, Zellsortiersysteme und Chromatographen, Kombi-
nationen von optischen Mikroskopen mit Spektrometern, optischen Detektorvor-
richtungen und Vorrichtungen zur spektralen Analyse von Licht“. Diese Waren sind
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dem Bereich der optischen Geräte und Vorrichtungen zuzuordnen, für die sowohl
akusto-optische Filter als auch Strahlteiler als Komponenten in Betracht kommen.
Die Software zur Steuerung und Bedienung der vorgenannten Geräte und Vor-
richtungen, die mit dem angemeldeten Zeichen versehen ist, lässt ohne weiteres
das Einsatzgebiet für Geräte und Vorrichtungen erkennen, die sowohl akusto-opti-
sche Komponenten als auch Strahlteiler enthalten. Dasselbe gilt für die angemel-
deten, aus den vorgenannten Geräten und Vorrichtungen zusammengestellten
Systeme.
Ob insoweit der Eintragung der angemeldeten Marke auch ein Freihaltungsbe-
dürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann offen bleiben.
b)
Eine andere rechtliche Beurteilung ist allerdings hinsichtlich der angemeldeten
„Vorrichtungen zur Vereinigung von Lichtstrahlen“ (= engl. beamcombiner) gebo-
ten. Bei derartigen Vorrichtungen kann nicht ernsthaft angenommen werden, dass
die angesprochenen Fachkreise als Komponente einen „beamsplitter“ vermuten,
wenn die Vorrichtungen bestimmungsgemäß den entgegengesetzten Nutzen er-
füllen sollen. Insofern ist die angemeldete Wortfolge nicht als rein beschreibend,
sondern als unterscheidungskräftig anzusehen. Auch ein Freihaltungsbedürfnis,
das der Eintragung der Marke insoweit entgegenstehen würde, ist nicht erkennbar.
Es ist nicht ersichtlich, dass Mitbewerber der Anmelderin beim Vertrieb ihrer Vor-
richtungen auf die zur Beschreibung der Produkte zwingend angewiesen sein
sollten.
Dr. Schermer
Schwarz
Prietzel-Funk
Na