Urteil des BPatG vom 03.04.2000, 30 W (pat) 293/99
BPatG: extensive auslegung, rechtspersönlichkeit, inhaber, widerspruchsverfahren, metro, firma, beteiligter, bildmarke, aussichtslosigkeit, unterrichtung
- Entschieden
- 03.04.2000
- Schlagworte
- Extensive auslegung, Rechtspersönlichkeit, Inhaber, Widerspruchsverfahren, Metro, Firma, Beteiligter, Bildmarke, Aussichtslosigkeit, Unterrichtung
BUNDESPATENTGERICHT
Verkündet am 3. April 2000
…
30 W (pat) 293/99 _______________ (Aktenzeichen)
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
…
betreffend die IR-Marke 658 260
BPatG 154
6.70
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 3. April 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann sowie des Richters Sommer und der Richterin Schwarz-
Angele
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Die 1996 international registrierte kombinierte Wort-/Bildmarke IR-658 260 mit
dem Wortteil
aqua metro
begehrt Schutz für Deutschland für verschiedene Waren der Klasse 9.
Am 17. Januar 1997 hat die zu diesem Zeitpunkt noch als Inhaberin der Widerspruchsmarke eingetragene Firma M… GmbH & Co. KG aufgrund
der ua für eine Vielzahl von Waren der Klasse 9 geschützten, schriftbildlich ausgestalteten Marke 395 16 389
METRO
durch ihre anwaltschaftlichen Vertreter Widerspruch erhoben. Diese Firma war jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits im Handelsregister gelöscht. Dort ist in Spalte 5
(Rechtsverhältnisse) unter dem 9. Dezember 1996 ihre Verschmelzung aufgrund
Verschmelzungsvertrages vom 28. November 1996 und entsprechendem Gesellschafterbeschlusses durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzem mit allen
Rechten und Pflichten unter Ausschluß der Abwicklung auf den persönlich haftenden Gesellschafter, die M1… Verwaltungsgesellschaft mbH vermerkt. Unter dem 27. Dezember 1996 ist dort ferner eingetragen, daß die Verschmelzung am 16. Dezember 1996 mit der Eintragung ins Register der M1…
Verwaltungsgesellschaft mbH Düsseldorf, nach Firmenänderung M2…
GmbH, der übernehmenden Gesellschaft, wirksam geworden ist.
Der Antrag auf Umschreibung der Widerspruchsmarke auf die neue Inhaberin ist
(nach dem Vortrag der Widersprechenden und der Feststellung im angefochtenen
Beschluß) am 24. September 1997 eingereicht worden. Die Umschreibung der
Widerspruchsmarke ist mit Verfügung vom 19. März 1998 erfolgt. Die neue Inhaberin der Widerspruchsmarke ist in das Widerspruchsverfahren eingetreten.
Die Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch durch Beschluß des Prüfers verworfen und der Widersprechenden
die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt, da die vormalige Inhaberin der
Widerspruchsmarke, in deren Namen der Widerspruch erhoben worden ist, bei
Einlegung des Widerspruchs am 17. Januar 1997 nicht mehr existiert habe und
daher zur Einlegung des Widerspruchs materiell nicht berechtigt gewesen sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der neuen Inhaberin der Widerspruchsmarke. Diese ist der Auffassung, die Zulässigkeit des Widerspruchs sei
aufgrund ergänzender Auslegung von § 28 MarkenG zu bejahen. Das Gesetz
schaffe eine Lücke in solchen Fällen, in denen der frühere Inhaber der Widerspruchsmarke bei der Erhebung des Widerspruchs nicht mehr materiell Berechtigter und der neue Inhaber mangels Vorliegen eines Umschreibungsantrags nach
dem Wortlaut des Gesetzes noch nicht zur Erhebung des Widerspruchs legitimiert
sei. Diese Regelung entspreche nicht den Bedürfnissen der Praxis. Dem müsse in
Übereinstimmung mit entsprechenden Forderungen in der Literatur
(s Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 28 Rdn 8; Fezer, MarkenG, § 28 Rdn 20) durch ergänzende Auslegung des Gesetzes entsprochen werden. Es treffe auch nicht zu,
daß die frühere Widersprechende infolge der Verschmelzung vollständig untergegangen sei. Vielmehr sei das gesamte Vermögen teilidentisch in der aus der
Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft vorhanden, so daß - für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens - lediglich von einer Falschbezeichnung im Widerspruch ausgegangen werden könne.
Die (neue) Inhaberin der Widerspruchsmarke beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und der IR-Marke
658 260 den Schutz in Deutschland zu versagen.
Sie regt ferner vorsorglich die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung ist die Markenstelle zutreffend von der Unzulässigkeit des
Widerspruchs ausgegangen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und denjenigen der
beigezogenen Amtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde der neuen Inhaberin der Widerspruchsmarke ist zulässig, aber
nicht begründet. Die Markenstelle hat den Widerspruch zutreffend (als unzulässig)
verworfen.
1.Aus der Eintragung der M3… & Co. KG im Markenregister
folgt noch nicht zwingend ihre Widerspruchsberechtigung. § 28 MarkenG enthält
insoweit nur eine Vermutungsregelung. Steht die mangelnde Berechtigung zur
Einlegung des Widerspruchs fest, so ist dies auch im kursorischen Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl,
§ 42 Rdn 8; vgl auch BGH GRUR 1998, 699 SAM):
2.Die frühere Markeninhaberin war zum Widerspruch nicht (mehr) berechtigt.
Sie war noch vor Ablauf des Jahres 1996 aufgrund Übernahme durch die beschwerdeführende neue Inhaberin der Widerspruchsmarke erloschen. Somit wurde der Widerspruch im Januar 1997 im Namen einer nicht (mehr) existierenden
Rechtspersönlichkeit eingelegt. Diese Konstellation kann nicht mit den Fällen der
Übertragung einer Marke unter Fortbestand der übertragenden Inhaberin der Widerspruchsmarke verglichen werden, die in den von der Beschwerdeführerin angezogenen Literaturstellen genannt werden. Wer nicht (mehr) existiert, kann auch
durch ergänzende Gesetzesauslegung nicht Beteiligter eines markenrechtlichen
Widerspruchsverfahrens sein. Eine solche Beteiligtenstellung kann auch nicht
- wie die Beschwerdeführerin meint - unter dem Gesichtspunkt bejaht werden, daß
das gesamte Vermögen der vormaligen Inhaberin der Widerspruchsmarke "teilidentisch in der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft" vorhanden ist, denn das Teilvermögen einer Gesellschaft begründet als solches noch
keine eigene Rechtspersönlichkeit.
Es ist unerheblich, ob hier - wie die Beschwerdeführerin vorträgt - lediglich eine
"Falschbezeichnung" (der neuen Markeninhaberin) vorliegt. Auch die Beschwerdeführerin als neue Inhaberin der Widerspruchsmarke war nämlich im Januar 1997 mangels Umschreibung dieser Marke bzw eines entsprechenden Antrags
zur Einlegung des Widerspruchs (noch) nicht berechtigt, § 28 Absatz 2 MarkenG.
Die wirksame Einlegung des Widerspruchs setzt nach dieser Bestimmung die zumindest gleichzeitige Beantragung der Umschreibung voraus. Vor der Einreichung
eines solchen Antrags war daher vorliegend weder die frühere Inhaberin der Widerspruchsmarke noch die Beschwerdeführerin zur Einlegung des Widerspruchs
befugt. Dieses Ergebnis beruht jedoch nicht - wie die Beschwerdeführerin meint -
auf einer Lücke des Gesetzes, sondern vielmehr auf der nicht rechtzeitigen Unterrichtung ihrer Bevollmächtigten über die durchgeführte Verschmelzung durch die
Beschwerdeführerin bzw ihre Rechtsvorgängerin. Derartigen Organisationsmängeln vorzubeugen oder durch die angeregte extensive Auslegung
des Gesetzes zu begegnen, ist jedoch nicht Aufgabe des Gesetzgebers oder der
Gerichte.
Die Markenstelle hat ferner aus zutreffenden Überlegungen der Beschwerdeführerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Die Fortführung eines Widerspruchsverfahrens, das durch die Einlegung des Widerspruchs im Namen einer
nicht mehr existierenden Widersprechenden in Gang gesetzt worden ist, verstößt
gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht und rechtfertigt die Auferlegung der Kosten
gemäß § 63 Absatz 1 Satz 1 MarkenG. Auch die Durchführung des Beschwerdeverfahrens verstößt im Hinblick auf die erkennbare Aussichtslosigkeit gegen prozessuale Sorgfaltspflichten, so daß der Beschwerdeführerin gemäß MarkenG § 71
auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen waren.
Zu der von der Beschwerdeführerin angeregten Zulassung der Rechtsbeschwerde
besteht keine Veranlassung, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs
erfordert, § 83 Absatz 2 MarkenG.
Dr. Buchetmann Sommer Schwarz-Angele
br/Hu