Urteil des BPatG vom 27.04.2009

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 324/06
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
27. April 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
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betreffend das Patent 101 11 085
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 27. April 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Bertl, sowie der Richterin Kirschneck und der Richter
Dipl.-Ing. Groß und Dr.-Ing. Scholz
beschlossen:
Das Patent 101 11 085 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt
aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag I,
angepasste Beschreibung S. 2/12 bis 6/12,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Zeichnungen, Figuren 1 bis 6, wie Patentschrift.
G r ü n d e
I.
Für die am 8. März 2001 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Pa-
tentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 24. Novem-
ber 2005 veröffentlicht worden. Es betrifft ein
Verfahren zur Herstellung eines Kraftfahrzeug-Türschlosses sowie
Kraftfahrzeug-Türschloss.
Gegen das Patent hat die K… AG mit Schriftsatz vom 24. Februar 2006, einge-
gangen per Fax am selben Tag, Einspruch beim Deutschen Patent- und Marken-
amt mit der Begründung erhoben, dass der Gegenstand des Patentes unzulässig
erweitert, nicht ausführbar, sowie gegenüber einem im Einzelnen angegebenen
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Stand der Technik nicht patentfähig sei. Sie behauptet zudem eine Vorbenutzung
in der Öffentlichkeit.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent 101 11 085 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Patent 101 11 085 im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten,
hilfsweise,
das Patent 101 11 085 mit folgenden Unterlagen beschränkt auf-
rechtzuerhalten:
gemäß Hilfsantrag I,
Ansprüche 1 bis 13,
angepasste Beschreibung S. 2/12 bis 6/12,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Zeichnungen, Figuren 1 bis 6, wie Patentschrift.
Der in Anlehnung an die Merkmalsanalyse der Patentinhaberin mit den Gliede-
rungsbuchstaben a) bis g) versehene Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet
unter Berichtigung des offensichtlichen Schreibfehlers „einer“ in „eines“ im Merk-
mal d):
„a)
Verfahren zur Herstellung eines Kraftfahrzeug-Türschlosses,
b) wobei ein elektrischer Antrieb und eine Platine in ein Gehäu-
se des Kraftfahrzeug-Türschlosses eingebaut werden,
mit folgenden Verfahrensschritten:
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c)
vor dem Einbau in das Gehäuse werden der Antrieb und die
Platine derart zu einer Montagegruppe verbunden,
s
zueinander bewegbar sind,
e) danach wird die Montagegruppe derart in das Gehäuse ein-
gebaut,
f)
dass nach dem Einbau der Antrieb und die Platine
f1) entweder eine Spiel aufweisende mechanische Verbin-
dung
f2) oder keine mechanische Verbindung miteinander haben
und
g) das Gehäuse den Antrieb und die Platine jeweils unmittelbar
hält und/oder abstützt.“
Der in Anlehnung an die Merkmalsanalyse der Patentinhaberin mit den Gliede-
rungsbuchstaben A) bis F2) versehene Patentanspruch 6 nach Hauptantrag lautet:
„A)
Kraftfahrzeug-Türschloss, hergestellt nach einem Verfahren
nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
B)
mit einem Gehäuse (2), einem elektrischen Antrieb (3) und
einer Platine (4),
G)
wobei der Antrieb (3) und die Platine (4) in das Gehäuse (2)
derart eingebaut sind, dass der Antrieb (3) und die Platine (4)
jeweils unmittelbar vom Gehäuse (2) gehalten und/oder ab-
gestützt sind,
dadurch gekennzeichnet
F)
dass der Antrieb (3) und die Platine (4)
F1) eine Spiel aufweisende mechanische Verbindung
F2) oder keine mechanische Verbindung miteinander haben.“
- 5 -
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptan-
trags dadurch, dass zwischen die Merkmale d) und e) eingefügt ist das mit dem
Gliederungsbuchstaben d1) versehene Merkmal
„d1) wobei die Montageverbindung zwischen dem Antrieb und der
Platine eine formschlüssige Verbindung mit Spiel ist,“
und dass unter Wegfall der Worte „entweder“ und „oder“ das Alternativmerkmal f2)
gestrichen ist
und dass an das Merkmal g) unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma an-
gehängt ist das mit dem Gliederungsbuchstaben h) versehene Merkmal
„h)
wobei die Montageverbindung in dem in das Gehäuse einge-
bauten Zustand keine Kräfte zwischen dem Antrieb und der
Platine überträgt.“
Der Patentanspruch 6 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptan-
trags dadurch, dass dessen kennzeichnender Teil nun die mit den Gliederungs-
buchstaben C), F), F1’) und H) versehenen Merkmale aufweist:
„C)
dass der Antrieb (3) und die Platine (4) eine Montagegruppe
(10) bilden,
F)
dass der Antrieb (3) und die Platine (4)
F1’) eine Spiel aufweisende mechanische, formschlüssige Ver-
bindung, miteinander haben,
H)
die in dem in das Gehäuse eingebauten Zustand keine Kräf-
te zwischen dem Antrieb und der Platine überträgt.“
- 6 -
Dem Patentgegenstand soll die Aufgabe zugrunde liegen, das (eingangs der
Streitpatentschrift beschriebene) bekannte Verfahren zur Herstellung eines Kraft-
fahrzeug-Türschlosses so zu modifizieren, dass zum einen der Montage- bzw.
Herstellungsaufwand verringert wird, zum andern eine dauerhaft sichere Funktion
des zusammengebauten Kraftfahrzeug-Türschlosses gewährleistet ist. Ein ent-
sprechend hergestelltes Kraftfahrzeug-Türschloss ist anzugeben (Abs. 0007 der
Streit-PS).
Die Einsprechende ist der Meinung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1
nach Hauptantrag durch das Merkmal f2) unzulässig erweitert sei, da den ur-
sprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen sei, dass Platine und Antrieb keine
mechanische Verbindung miteinander haben. Unter Verweis auf die Offenlegungs-
schrift, Absatz 0012 meint sie, dass lediglich zu entnehmen sei, dass das Rastele-
ment am Antrieb aufgebogen werden könne. Die Halteelemente verblieben jedoch
und stellten daher weiterhin eine mechanische Verbindung zwischen Antrieb und
Platine her.
Bezüglich des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag I meint die Einsprechende,
dass es aus der DE 198 39 707 C2 bekannt sei, bei einem Kraftfahrzeug-Tür-
schloss ein Spiel zwischen einem Potentiometer und einer Platine vorzusehen und
dass ein Fachmann - der ein FH-Maschinenbauingenieur mit einschlägiger Berufs-
erfahrung sei - diese Maßnahme auch zwischen dem dort ebenfalls vorhandenen
Antrieb und der Platine vorsehen könne.
Auch bei der Vorrichtung nach der DE 197 24 725 C1 (Sp. 4 Z. 13 bis 20) sei ein
Spiel zwischen dem Antrieb und der Platine möglich. Dies ergebe sich durch
schlitzförmige Durchbrüche an sechseckigen Ausnehmungen in denen sich die
Ansätze des Antriebs befänden.
Die Einsprechende gibt an, dass gemäß dem als in der Öffentlichkeit vorbenutzt
behaupteten Verfahren (Werkszeichnung „ZV-Element“, Kiekert AG, Zeichng.-
Nr. 4161 0132, Freigabe 31. Juli 1997, Anlage D5.2) der Antrieb (20) und die Pla-
tine (22a) vor dem Einbau in das Gehäuse (28a) zusammengebaut worden wären;
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Antrieb und Platine wären in zusammengebautem Zustand ausgeliefert worden.
Der Antrieb könne sich bewegen, ohne dass die Platine bewegt werde, da es sich
bei den Leiterbahnen zum Antrieb um lang vorstehende Finger handele.
Im Übrigen sei durch den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I nicht klargestellt,
was als Spiel aufweisende Verbindung zu verstehen sei.
Die Patentinhaberin vertritt bezüglich Patentanspruch 1 nach Hauptantrag die Auf-
fassung, dass in den ursprünglichen Unterlagen - sie bezieht sich hier auf die Ab-
sätze 0009 bis 0012 der Offenlegungsschrift - offenbart sei, dass unter Lösen der
Montageverbindung sowohl ein Lösen des Rastelements als auch ein Lösen der
Halteelemente zu verstehen sei.
Bei den Verfahren nach der DE 198 39 707 C2 und der DE 197 24 725 C1 sieht
sie kein Spiel zwischen Antrieb und Platine. Auch das als öffentlich vorbenutzt be-
hauptete Verfahren gemäß der Werkszeichnung „ZV-Element“ a. a. O., dessen
Vorbenutzung in der Öffentlichkeit sie bestreitet, lasse keine formschlüssige Ver-
bindung mit Spiel zwischen Antrieb und Platine, wobei im eingebauten Zustand
keine Kräfte übertragen würden, erkennen. Vielmehr würden hier Kräfte durch die
Leiterverbindung zwischen Antrieb und Platine übertragen, denn die Leiterverbin-
dung bilde hier die Montageverbindung. Sie hält demgegenüber auch den Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag I für patentfähig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Gemäß der eindeutigen Zuständigkeitsregelung in § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG in der
Fassung vom 9. Dezember 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den zuläs-
sigen, vor dem 1. Juli 2006 eingelegten Einspruch bei dem hierfür zuständigen
19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts. Dieser hat-
te aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
- 8 -
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
1. Fachmann
Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann ein FH-Maschi-
nenbauingenieur mit besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet der Konstruktion
und Entwicklung von elektrisch angetriebenen Türschlössern für Kraftfahrzeuge.
2. Zum Hauptantrag
2.1 Unzulässige Erweiterung
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 geht über den Inhalt der Anmeldung in
der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprüng-
lich eingereicht worden ist.
In der Offenlegungsschrift (Abs. 0012), die hier und auch in den nachfolgend zitier-
ten Stellen mit den ursprünglichen Unterlagen übereinstimmt, ist angegeben, dass
die Montageverbindung - sofern sie im Einbauzustand keine Kräfte mehr überträgt
bzw. übertragen soll - bedarfsweise wieder gelöst werden könne, beispielsweise
durch Aufbiegen des Rastelements. Der Fachmann entnimmt dieser Angabe in
Zusammenhang mit den Ausführungsbeispielen nach den Figuren 3, 5 und 6,
dass das Rastelement 13 die Montageverbindung darstellt. Denn nach Aufbiegen
dieses Rastelements werden - im Sinne des unter Punkt 2 dargelegten Verständ-
nisses - keine Kräfte mehr zwischen Antrieb und Platine übertragen. Einen Anlass,
die Angabe in Absatz 0012 der Offenlegungsschrift so zu verstehen, dass im ein-
gebauten Zustand auch noch die Halteelemente 11 entfernt werden könnten, hat
der Fachmann daher nicht.
Wenn die Patentinhaberin vorträgt, dass es sich bei der Angabe in den Absät-
zen 0009 bis 0012 der Offenlegungsschrift um allgemeine Angaben handele, die
nicht anhand von Ausführungsbeispielen beschrieben seien, so greift dies nicht
durch. Denn, wenn Patentansprüche auszulegen sind, dann orientiert sich der
Fachmann am gesamten Inhalt der Patentschrift, d. h. sowohl an den allgemein
gehaltenen Teilen der Beschreibung als auch an der Figurenbeschreibung und an
- 9 -
den Zeichnungen. Wenn in den Absätzen 0009 bis 0012 der Offenlegungsschrift
angegeben ist, dass durch die Montageverbindung im eingebauten Zustand keine
Kräfte übertragen werden sollen, dann entnimmt der Fachmann daraus, dass dies
so geschehen soll, wie es auch in Zusammenhang mit den Ausführungsbeispielen
beschrieben ist (z. B. Abs. 0041 betreffend das erste Ausführungsbeispiel), d. h er
sieht im Kontext mit Absatz 0012 die Möglichkeit des Aufbiegens des Rastele-
ments 11 auch dort bereits als genügend an; er hat damit auch unter diesem Ge-
sichtspunkt keinen Bedarf auch noch die Halteelemente 11 zu entfernen.
Nach Auffassung des Senats wäre der Fachmann überfordert, um aus den Anga-
ben in den Absätzen 0009 bis 0012 zu schließen, dass diese nicht zu den Ausfüh-
rungsbeispielen passen und dass gerade diese, keine Ausführungsbeispiele be-
schreibenden Angaben erfindungswesentlich sein könnten.
Durch die nach wie vor wirksamen Halteelemente 11 haben aber Antrieb und Pla-
tine - entgegen Merkmal f2) - eine mechanische Verbindung miteinander. Eine an-
dere Offenbarungsstelle, die dieses Merkmal zeigen könnte, ist nicht ersichtlich
und nicht vorgetragen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 geht sonach über
den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
2.2 Kein Rechtsbestand
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat somit keinen Rechtsbestand.
Der nebengeordnete Patentanspruch 6 - der im Übrigen das dem Merkmal f2) des
Patentanspruchs 1 entsprechende Merkmal F2) ebenfalls aufweist - teilt das
Schicksal des Patentanspruchs 1, weil nicht teilweise entschieden werden kann
(BGH - Informationsübermittlungsverfahren II, GRUR 07, S. 862).
Die auf die Patentansprüche 1 und 6 jeweils rückbezogenen Unteransprüche fal-
len mit diesen.
- 10 -
3. Zum Hilfsantrag I
3.1 Zum Verständnis der Patentansprüche 1 und 6
3.1.1 Zum Patentanspruch 1
Unter einer „ein Spiel aufweisenden formschlüssigen mechanischen Verbindung“
(Merkmale f1), d1)) versteht der Fachmann zwei Teile, die sich - beispielweise
über eine Langloch/Bolzen-Verbindung, wie die Patentinhaberin an einem Vorführ-
objekt demonstrierte - lose und begrenzt, verschieblich gegenüberstehen, d. h. oh-
ne dass Kräfte zwischen ihnen ausgeübt werden (abgesehen von Reibungs- und
Auflagekräften).
Der im Merkmal d) erwähnte „gewisse Bewegungsspielraum“ ist gegenüber der
„ein Spiel aufweisenden formschlüssigen mechanischen Verbindung“ gemäß den
Merkmalen f1), d1) allgemeiner zu sehen und umfasst auch kraftschlüssige, bei-
spielsweise federnde Verbindungen.
Gemäß Merkmal h) soll die Montageverbindung in dem in das Gehäuse eingebau-
ten Zustand keine Kräfte zwischen dem Antrieb und der Platine übertragen. Dies
wird durch die formschlüssige, ein Spiel aufweisende mechanische Verbindung
zwischen Antrieb und Platine (Merkmale f1), d1)) - gemäß obigem Verständnis -
erreicht, wenn sie nicht an einem der Begrenzungsanschläge anliegt.
3.1.2 Zum Patentanspruch 6
Das Merkmal F1’) entspricht dem Merkmal f1) in Verbindung mit dem Merkmal d1)
und das Merkmal H) entspricht dem Merkmal h), so dass für diese Merkmale das
zum Patentanspruch 1 dargelegte Verständnis für den Patentanspruch 6 ebenfalls
gilt.
3.2 Offenbarung/Zulässigkeit der Ansprüche
3.2.1 Patentanspruch 1
Die Merkmale a), b), c), e) und g) sind im ursprünglichen Patentanspruch 10 of-
fenbart.
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Die Merkmale f) und f1) stammen aus den ursprünglichen Unterlagen Seite 7, Ab-
satz 3.
Merkmal d) ist ebenfalls in den ursprünglichen Unterlagen Seite 7, Zeile 16 bis 21
offenbart und Merkmal d1) ist in den ursprünglichen Unterlagen Seite 2 Zeile 34
bis 36 angegeben.
Das Merkmal h) stammt aus den ursprünglichen Unterlagen, Seite 2, Zeile 22
bis 24.
3.2.2 Patentanspruch 6
Die Merkmale A), B), C) und G) sind im ursprünglichen Patentanspruch 1 offenbart
und die Merkmale F) und F1’) stammen aus den ursprünglichen Unterlagen Sei-
te 7, Absatz 3 in Verbindung mit Seite 2 Zeile 34 bis 36 („formschlüssig“),
Das Merkmal H) ist in den ursprünglichen Unterlagen, Seite 2, Zeile 22 bis 24 of-
fenbart.
3.3 Neuheit
Das Verfahren nach Patentanspruch 1 und das Türschloss nach Patentanspruch 6
nach Hilfsantrag sind jeweils neu.
3.3.1 Patentanspruch 1
Bei dem aus der DE 198 39 707 C2 bekannten Verfahren wird der Antrieb 1 ent-
gegen Merkmal f1) fest mit der Platine 16 verbunden (Fig. 1).
Auch die DE 197 24 725 C1 zeigt eine - dem Merkmal f1) entgegenstehende - fes-
te Verbindung zwischen Antrieb 106 und Platine 105, die durch Lötstellen 126,
111 realisiert ist (Sp. 6 Z. 29 und 48) und die nachgiebige Verbindung über die
Stege 114 überbrückt.
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Unter der Annahme, dass die Behauptung der Einsprechenden zutrifft, dass bei
dem von ihr als in der Öffentlichkeit vorbenutzt behaupteten Verfahren gemäß
Werkszeichnung „ZV-Element“ a. a. O. der Antrieb (20) und die Platine (22a) vor
dem Einbau in das Gehäuse (28a) miteinander verbunden worden wären, ist aus
der Werkszeichnung zu entnehmen ein
a) Verfahren zur Herstellung eines Kraftfahrzeug-Türschlosses
(ZV-Element),
b) wobei ein elektrischer Antrieb (20) und eine Platine (22a) in
ein Gehäuse (28a) des Kraftfahrzeug-Türschlosses (ZV-Ele-
ment) eingebaut werden,
mit folgenden Verfahrensschritten:
c) vor dem Einbau in das Gehäuse (28a) werden der Antrieb (20)
und die Platine (28a) derart zu einer Montagegruppe verbun-
den (Behauptung der Einsprechenden),
d) dass sie innerhalb eines gewissen Bewegungsspielraums zu-
einander bewegbar sind (Motor 20 und Platine 28a hängen
dann über die beiden am Stecker befindlichen Anschlussleiter
lose zusammen, wodurch sie innerhalb eines gewissen Bewe-
gungsspielraums zueinander bewegbar sind)
e) danach wird die Montagegruppe (bestehend aus Platine 22a
und Antrieb 20) derart in das Gehäuse eingebaut (Behauptung
der Einsprechenden),
g) dass das Gehäuse (28a) den Antrieb (20) und die Platine
(22a) jeweils unmittelbar hält und/oder abstützt (Im Gehäuse
28a finden sich sowohl Halterungen für den Antrieb 20 als
auch für die Platine 22a).
Gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist hier - entsprechend dem
unter Punkt 3.1.1 dargelegten Verständnis - keine ein Spiel aufweisende form-
schlüssige mechanische Verbindung zwischen Antrieb (20) und Platine vorgese-
hen (Merkmale f), f1) und d1)) und weiterhin werden hier - entgegen Merkmal h) -
- 13 -
auch im eingebauten Zustand Kräfte zwischen Antrieb (20) und Platine (22a) über-
tragen, nämlich die von den am Stecker (in 22a) angeordneten Anschlussleitern
für den Antrieb (20) hervorgerufenen Federkräfte.
3.3.2 Patentanspruch 6
Wegen der Entsprechung der Merkmale F), F1’) und H) des Patentanspruchs 6
mit den Merkmalen f), f1) in Verbindung mit d1) und h) des Patentanspruchs 1 gilt
das zum Patentanspruch 1 zur Neuheit Gesagte zum Patentanspruch 6 gleicher-
maßen.
3.4 Erfinderische Tätigkeit
Das Verfahren nach Patentanspruch 1 und das Türschloss nach Patentanspruch 6
nach Hilfsantrag beruhen jeweils auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.4.1 Patentanspruch 1
Ausgehend von einem Verfahren zur Herstellung eines Kraftfahrzeug-Türschlos-
ses, wie es aus der Werkszeichnung „ZV-Element“ a. a. O. entnehmbar ist, mag
sich zwar die patentgemäße Aufgabe, dieses so zu modifizieren, dass zum einen
der Montage- bzw. Herstellungsaufwand verringert wird, zum andern eine dauer-
haft sichere Funktion des zusammengebauten Kraftfahrzeug-Türschlosses ge-
währleistet ist (Abs. 0007 der Streit-PS), in der Praxis von selbst stellen. Der Fach-
mann erhält aus der Werkszeichnung jedoch keine Anregung, die Montageverbin-
dung zwischen Antrieb (20) und Platine (22a) - die hier durch die
Leiterverbindung am Stecker realisiert ist - so zu gestalten, dass sie eine
Verbindung mit Spiel ist (Merkmal d1)), die es ermöglicht, dass nach
dem Einbau der Antrieb (20) und die Platine (22a) eine Spiel aufweisende mecha-
nische Verbindung haben (Merkmale f), f1)).
Wegen der durch die Leiterverbindung am Stecker gebildeten kraftschlüssigen,
d. h. Montageverbindung zwischen Antrieb (20) und Platine
(22a), liegt es dann für den Fachmann auch nicht nahe, darauf zu kommen, die
Montageverbindung so zu gestalten, dass sie in dem in das Gehäuse (28a) einge-
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bauten Zustand zwischen dem Antrieb (20) und der Platine (22a)
überträgt (Merkmal h)).
Durch die aus den Druckschriften DE 198 39 707 C2 und DE 197 24 725 C1 ent-
nehmbaren Verfahren erhält der Fachmann ebenfalls keine Anregung in diese
Richtung, weil dort der Antrieb mit der Platine jeweils fest verbunden wird.
Der Fachmann muss somit erfinderisch tätig werden, um angesichts des Standes
der Technik, wobei unterstellt wird, das Verfahren gemäß der Werkszeichnung
„ZV-Element“ a. a. O. sei in der Öffentlichkeit vorbenutzt worden, zum Verfahren
nach Patentanspruch 1 zu gelangen.
3.4.2 Patentanspruch 6
Wegen der Entsprechung der Merkmale F), F1’) und H) des Patentanspruchs 6
mit den Merkmalen f), f1) in Verbindung mit d1) und h) des Patentanspruchs 1 gilt
das zum Patentanspruch 1 zur erfinderischen Tätigkeit Gesagte zum Patentan-
spruch 6 gleichermaßen.
3.5
aufgegriffenen Druckschriften bringen gegenüber dem abgehandelten Stand der
Technik keine neuen Gesichtspunkte; auf diese Druckschriften musste sonach bei
der Beurteilung der Patentfähigkeit nicht eingegangen werden.
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3.6 Rechtsbestand
Mit den Patentansprüchen 1 und 6 nach Hilfsantrag haben auch die hierauf jeweils
rückbezogenen Unteransprüche Bestand.
Bertl
Kirschneck
Groß
Dr. Scholz
Be