Urteil des BPatG vom 13.01.2010

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 6/09
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
11. Februar 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 09 862.0
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 7. August 2006 aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich
der
„Dienstleistungen eines Internet-Service-Providers, nämlich
Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetz-
werk sowie Bereitstellen von Telekommunikationsverbindun-
gen hierüber“
zurückgewiesen worden ist.
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25, 28, 35,
38, 41 und 42
bestimmten Wortmarke 304 09 862
freenet iPhone
wegen mangelnder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und auf-
grund eines der Eintragung entgegenstehenden Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG) teilweise zurückgewiesen. Im Umfang der für die angemeldeten
Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 zurückweisen-
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den Entscheidung lasse sich nach Auffassung der Markenstelle dem Anmeldezei-
chen der beschreibende und freizuhaltende Begriffsinhalt als „Internettelefon(ie)
über ein (gebühren-) freies Internet“ entnehmen.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Nach der mündlichen Ver-
handlung vor dem Senat hat sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten
vom 21. Januar 2010 das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen auf die
Klasse 38 „Dienstleistungen eines Internet-Service-Providers, nämlich Bereitstel-
len des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk sowie Bereitstellen von Te-
lekommunikationsverbindungen hierüber“ eingeschränkt. Sie verweist darauf, dass
der Beschwerde im Hinblick auf die Verkehrsdurchsetzung ihrer Marken
399 61 999 „FREENET“ und 399 65 816 „freenet.de“ für die vorgenannten
Dienstleistungen der Klasse 38 stattzugeben sei.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des
Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben.
Vorsorglich regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof
an.
II
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nach Beschränkung der Anmeldung
auf die verfahrensgegenständlichen, aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen
Dienstleistungen begründet. Insoweit steht einer Eintragung der angemeldeten
Marke „freenet iPhone“ keines der Schutzhindernisse der § 8 Abs. 2 Nr. 1 und
Nr. 2 MarkenG entgegen.
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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche
die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend
zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Un-
ternehmen zu unterscheiden. Dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des All-
gemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den
freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH
GRUR 2003, 604, 607 - ; GRUR 2002, 804, 809 - ). Für kennzeich-
nungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem
Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienst-
leistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen
(vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - ). Keine Unterscheidungskraft wei-
sen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für
die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund ste-
henden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779
- ; 2001, 1151, 1152 - ). Dabei sind nach ständiger
Rechtsprechung fremdsprachige Begriffe den entsprechenden deutschen gleich-
zustellen, sofern sie geläufige warenbeschreibende Bezeichnungen darstellen, die
von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen auch verstanden werden
(vgl. BGH GRUR 2001, 1047, 1048 - ).
Für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 kann
hiernach der angemeldeten Marke die für eine Eintragung hinreichende Unter-
scheidungskraft nicht abgesprochen werden. Für die Dienstleistungen „Bereitstel-
lung von Internet-Zugängen“ sind die Wortmarken 399 61 999 „FREENET“ und
399 65 816 „freenet.de“ vom Deutschen Patent- und Markenamt als verkehrs-
durchgesetzte Marken nach § 8 Abs. 3 MarkenG eingetragen worden (vgl. An-
lage 7 zur Beschwerdebegründung). Die Dienstleistungen „Bereitstellung von In-
ternet-Zugängen“ weisen zahlreiche Überschneidungen und eine erhebliche
Sachnähe zu den verfahrensgegenständlichen „Dienstleistungen eines Internet-
Service-Providers, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computer-
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netzwerk sowie Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen hierüber“ auf,
so dass entgegen der im angegriffenen Beschluss geäußerten Auffassung der
Markenstelle die Verkehrsdurchsetzung der Wortmarken „FREENET“ und „free-
net.de“ bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit des Anmeldezeichens für die
verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen nicht unberücksichtigt bleiben darf.
Enthält ein Kombinationszeichen einen im Verkehr durchgesetzten Bestandteil
(hier: „freenet“), der - was auf den Streitfall zutrifft - innerhalb des Gesamtzeichens
unübersehbar als Betriebskennzeichen hervortritt, so kann dieses eingetragen
werden, weil das Kombinationszeichen nicht ausschließlich aus schutzunfähigen
Bestandteilen besteht (vgl. BGH GRUR 1983, 243, 245 - ;
in HK-MarkenR, 2. Aufl. 2009, § 8 Rn. 68; /Hacker, Marken-
gesetz, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 386). Für die Eintragungsfähigkeit ist nicht erforder-
lich, dass jeder Bestandteil eines angemeldeten Kombinationszeichens durchge-
setzt ist. Insoweit können keine weitergehenden Anforderungen gestellt werden
als bei Kombinationszeichen, die von vornherein einen unterscheidungskräftigen
Bestandteil enthalten. Auch ist nicht erforderlich, dass der durchgesetzte Be-
standteil das das Gesamtzeichen beherrschende Element ist, demgegenüber die
übrigen Bestandteile völlig zurücktreten. Bei einem aus zwei Worten bestehenden
Zeichen, von denen eines im Verkehr durchgesetzt ist, kann in der Regel die Un-
terscheidungskraft des Zeichens als Ganzes nicht verneint werden (vgl. BGH
a. a. O. - ). Dies trifft auch auf den Streitfall zu.
Der verkehrsdurchgesetzte Bestandteil „freenet“ verleiht der angemeldeten Kom-
binationsmarke im Umfang der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen dar-
über hinaus insgesamt einen „schutzbegründenden“ Überschuss und führt dazu,
dass insoweit auch ein lediglich beschreibender Charakter der angemeldeten
Marke, der ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen
könnte, ausscheidet (vgl. /Hacker a. a. O., § 8 Rn. 337, 386).
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Bei dieser Sachlage ist für die von der Anmelderin für den Fall der Zurückweisung
ihrer Beschwerde angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kein Raum.
Dr. Fuchs-Wissemann
Reker
Lehner
Bb