Urteil des BPatG vom 19.07.2006

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 308/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 49 733.5
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 19. Juli 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Die Wortfolge
COOL PREMIUM
ist zur Eintragung in das Register angemeldet worden für die folgenden Waren der
Klassen 29, 30 und 32:
„Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes,
getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Ge-
lees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier, Milch und Milchprodukte; Spei-
seöl und -fette;
Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatz-
mittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und
Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver,
Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis.
Biere; Mineralwasser und kohlensäurehaltige Wässer und andere
alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und
andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.“
Mit Beschluss vom 6. Oktober 2004 hat die Markenstelle für Klasse 29, vertreten
durch einen Regierungsangestellten des gehobenen Dienstes, diese Anmeldung
zurückgewiesen mit der Begründung, dass der angemeldeten Wortkombination
die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle.
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Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Anmelderin weiterhin die Eintragung der ange-
meldeten Wortkombination. Zur Begründung hat die Anmelderin u. a. wie folgt vor-
getragen: Die angemeldete Wortkombination sei nicht sprachüblich, insbesondere
könne sie im Deutschen lexikalisch nicht nachgewiesen werden. Es bleibe im Un-
klaren, was damit gemeint sei. Die Wortfolge gebe weder Auskunft über die Be-
schaffenheit noch über die Eigenschaften der Waren. Vielmehr sei „COOL
PREMIUM“ interpretationsbedürftig und damit unterscheidungskräftig.
Zu den weiteren Einzelheiten des Vortrages der Anmelderin wird Bezug genom-
men auf die Akten des patentamtlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfah-
rens.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 6. Oktober 2004 aufzuheben.
Einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin
nicht gestellt, auch nicht hilfsweise.
Mit richterlicher Verfügung vom 13. März 2006 hat der erkennende Senat die An-
melderin darauf hingewiesen, dass angesichts der im Deutschen weit verbreiteten
Verwendung der Wörter „cool“ und „premium“ die angemeldete Wortkombination
ohne Weiteres und ausschließlich als Warenanpreisung im Sinne „angesagter
Produkte von hochwertiger Qualität“ erkannt und verstanden werden könnte. Dazu
wurde auf den Beschluss des Senats vom 27. März 1998 28 W (pat) 294/97 hin-
gewiesen. Im Übrigen werde der Senat prüfen müssen, ob die Anmeldung auch im
Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu zu-
sammengesetzten Wörtern - z. B. zu dem Wort BIOMILD - zurückgewiesen wer-
den müsse. Das sei jedenfalls dann der Fall, wenn beide Wörter für die Waren
glatt beschreibend wären und auch in ihrer Kombination nicht über die bloße
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Summe beider Begriffe hinausgehen könnten. Dieser Verfügung war eine Kopie
des zitierten Beschlusses des erkennenden Senats beigefügt. Die Anmelderin hat
sich zu diesem Zwischenbescheid nicht geäußert.
II
Die gem. § 165 Abs. 4 und 5 MarkenG a. F. zulässige Beschwerde bleibt in der
Sache ohne Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Wortfolge das
Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG entgegensteht.
Wie bereits die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss zutreffend festge-
stellt und die Anmelderin nicht in Frage gestellt hat, sind die beiden Elemente der
angemeldeten Wortkombination „cool“ und „premium“ - für sich genommen - jedes
für die angesprochenen weitesten deutschen Verkehrskreise ohne Weiteres ver-
ständlich und als solche glatte Warenanpreisungen ohne Unterscheidungskraft. In
seiner ursprünglichen Bedeutung „kühl“ gehört das Wort „cool“ zum englischen
Grundwortschatz und ist insoweit in Deutschland ohne Weiteres verständlich.
Daneben hat sich „cool“ als ein wichtiger Begriff der Jugendsprache etabliert.
„Cool“ ist alles, was gerade angesagt ist. Jemand, der alles im Griff hat, über den
Dingen steht und sich in jeder Situation gelassen gibt, ist „cool“ (für alle: Lexikon
der aktuellen Begriffe, 1000 Schlüsselwörter zum Verständnis der Welt von heute,
1997, S. 223). Über diesen Weg hat das Wort, lexikalisch nachweisbar, Eingang in
die allgemeine deutsche Umgangssprache gefunden, wo es „lässig“ und „gelas-
sen“, „risikolos, sicher“ oder auch „der Idealvorstellung entsprechend“ bedeuten
kann (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5.
Aufl., 2003, S.
342).
„Premium“ ist ein englischer Ausdruck für Spitzenqualität (vgl. PONS, Großwörter-
buch Englisch-Deutsch, vollständige Neuentwicklung, 2002, S. 687), ist in ent-
sprechender Bedeutung als deutsches Adjektiv lexikalisch nachweisbar (vgl.
Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl., 2003, S. 1238) und wird seit Jah-
ren in der deutschen Werbesprache verwandt.
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Bei dieser Ausgangslage stellt sich auch die Kombination aus beiden Wörtern im
Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als reine Warenanpreisung im
Sinne von „angesagten Produkten in Spitzenqualität“ dar, die nur als solche ver-
standen werden kann, nicht dagegen als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne
des Markenrechts. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Wortkombination lexi-
kalisch nicht nachweisen lässt und auch zu einer Verwendung dieser konkreten
Wortfolge in der Werbesprache keine Feststellungen getroffen werden konnten.
Denn der warenanpreisende Charakter der Wortfolge ist ohne Weiteres erkenn-
bar. Nach den englischen Sprachregeln stellt sich die Wortkombination als ein
Hauptwort i. S. v. „Spitzenqualität“ dar (vgl. Pons, Großwörterbuch, Englisch-
Deutsch, a. a. O.), dem das Eigenschaftswort „cool“ sprachregelmäßig vorange-
stellt wurde. Nach Maßgabe der deutschen Sprachregeln stellt sich die Wortfolge
als eine Verbindung von zwei anpreisenden Eigenschaftsworten dar. Dass diese
beiden Wörter weder durch ein Komma getrennt, noch durch die Wörter „and“
oder „und“ verbunden sind, ist für die Verständlichkeit unschädlich, weil solche
Häufungen werbeüblich sind (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom
27. März 1998 28 W (pat) 294/97 zu der Anmeldung der Wortmarke „CLASSIC
PREMIUM“).
Vorliegend handelt es sich auch nicht um einen derjenigen Fälle, in denen durch
eine Wortkombination ein neuer Gesamtbegriff entsteht, dessen Bedeutung hin-
reichend von dem abweicht, was durch eine bloße Zusammenfügung der in den
kombinierten Wörtern enthaltenen sachlichen Angaben ausgedrückt werden
würde (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 ff., 681 Rnr. 41 - BIOMILD). Vielmehr geht der
sachliche Gehalt der Wortkombination „COOL PREMIUM“ nicht über die Summe
ihrer beiden Wortbestandteile hinaus. Sowohl die einzelnen Wort-Bestandteile als
auch deren Kombination erschöpfen sich in einer allgemein gehaltenen Anprei-
sung der guten Qualität der beanspruchten Waren. In diesem entscheidenden
Punkt unterscheidet sich die angemeldete Wortkombination von einer Reihe der
von der Anmelderin zitierten erfolgreichen Anmeldungen von Wortkombinationen.
Im Übrigen stellt die Frage der Schutzfähigkeit eine Rechtsfrage dar, die für jede
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Anmeldung gesondert zu prüfen ist. Möglicherweise fehlerhafte Voreintragungen
entfalten keine Bindungswirkung für die Beurteilung anderer Anmeldungen (BGH
GRUR 1989, 420, 421 - K-SÜD).
gez.
Unterschriften