Urteil des BPatG vom 16.05.2006

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
21 W (pat) 308/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
16. Mai 2006
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
g e g e n
das Patent 196
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2006 unter Mitwirkung …
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beschlossen:
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechter-
halten:
Patentansprüche 1-18, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I
Auf die am 1. Juli 1996 beim deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Pa-
tentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung „Einrichtung
für eine MRI-Brustspule zum Fixieren einer zur biopsierenden Brust“ erteilt wor-
den; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 9. Oktober 2003 erfolgt.
Gegen das Patent ist am 9. Januar 2004 Einspruch erhoben worden.
Zur Begründung des Einspruchs hat die Einsprechende auf folgende Druckschrif-
ten verwiesen:
D1:
DE 43 25 206 C2
D2:
DE 92 11 844 U1
D3:
WO 96/08199 A1
D4:
WO 93/17620 A1.
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Im Prüfungsverfahren wurden folgende Druckschriften genannt:
D5:
EP 0 640 842 A1
D6:
K.P. Olesen, M. Blichert-Toft: „Preoperative needle-marking of nonpalpable
breast lesions”, in Fortschr. Röntgenstraße 131, 3 (1979) 331-332.
Die Einsprechende führt zur Begründung ihres Einspruchs im Wesentlichen aus,
dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dem Fachmann aus der Druck-
schrift D1 in Kombination mit der Druckschrift D2 nahe gelegt sei. Um die Zugäng-
lichkeit zu einer zu biopsierenden Brust zu verbessern, würde der Fachmann das
aus der Druckschrift D2 bekannte schmale Fixierelement auch bei einer stereo-
taktischen Zusatzeinrichtung gemäß der Druckschrift D1 einsetzen. Die Ausgestal-
tung als Schiene, Draht, Seil oder Gitter sei dabei eine einfache, im Rahmen des
fachmännischen Handelns liegende konstruktive Maßnahme.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Der Patentinhaber stellt den Antrag,
das Patent aufgrund folgender Unterlagen beschränkt aufrechtzu-
erhalten:
Anspruch 1, Unteransprüche 2 bis 18, vorgelegt in der mündlichen
Verhandlung und restliche Beschreibung und Figuren gemäß Pa-
tentschrift.
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Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 18 lauten:
1. Einrichtung (8) für eine MRI-Brustspule zum Fixieren einer zu
biopsierenden Brust, die wenigstens ein Fixierelement (16, 21)
aufweist, das gegen die Brust drückt und diese zur Untersu-
chung fixiert, wobei die Einrichtung (8) einen Rahmen (12) mit
einer freien Öffnung (11) aufweist, die als Zugang für ein me-
dizinisches Werkzeug zu der zu biopsierenden Brust dient und
wobei das Fixierelement (16, 21) eine in dem Rahmen (12)
sich in horizontaler Richtung erstreckende Horizontalschiene
(16) oder Seile oder Drähte oder Gitter aus Stäben und/oder
eine sich in vertikaler Richtung ersteckende Vertikalschiene
(21) oder Seile oder Drähte oder Gitter aus Stäben ist/sind,
welche nur einen Bruchteil der Öffnung (11) überdecken.
2. Einrichtung
(8) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass die Horizontalschienen (16) vertikal bewegbar sind.
3. Einrichtung (8) nach den Anspruch 1, dadurch gekennzeich-
net, dass die Vertikalschienen (21) horizontal bewegbar sind.
4. Einrichtung (8) nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Horizontalschienen (16) und die Verti-
kalschienen (21) sich kreuzen.
5. Einrichtung (8) nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Horizontalschienen (16) mit den Verti-
kalschienen (21) an den Kreuzungsstellen miteinander ver-
bunden sind und so eine Art Gitter bilden.
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6. Einrichtung
(8) nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet,
dass die Verbindung starr ist.
7. Einrichtung
(8) nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet,
dass die Verbindung eine Schwenkachse ist.
8. Einrichtung (8) nach Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekenn-
zeichnet, dass der Rahmen (12) einen linken- (13) und einen
rechten Rand (14) mit der sich zwischen ihnen erstreckenden
Öffnung (11) aufweist.
9. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass der Rahmen (12) an einer MRI-
Brustspule lösbar befestigt ist.
10. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass sie Justiermittel (28, 29) für eine
Werkzeughalterung (9) für medizinische Werkzeuge aufweist.
11. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass ein horizontal und vertikal beweg-
barer Werkzeugträger (46) vorgesehen ist.
12. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass zur Bewegung des Werkzeugträ-
gers (46) ein vertikal verschiebbarer Schlitten (44) vorgesehen
ist.
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13. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass zur Bewegung des Werkzeugträ-
gers (46) ein horizontal verschiebbarer Schlitten (41) vorgese-
hen ist.
14. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass die Positionen des Werkzeugträ-
gers (46) manuell und/oder motorisch einstellbar sind.
15. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass Motoren vorgesehen sind um ho-
rizontal und vertikal verschiebbaren Schlitten (41, 44) zu ver-
schieben.
16. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass der Werkzeugträger (46) aus der
Einrichtung (8) herausnehmbar angeordnet ist, dass in diesem
Zustand die Position des medizinischen Werkzeuges vorein-
stellbar ist.
17. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass eine manuelle Voreinstellung vor-
gesehen ist.
18. Einrichtung (8) nach einem der vorherigen Ansprüche, da-
durch gekennzeichnet, dass Motoren vorgesehen sind um den
horizontal- (41) und den vertikal verschiebbaren Schlitten (44)
in eine durch kernspintomographische Untersuchung des Pro-
banten erhaltene genaue Koordinaten einer Lage einer Ano-
malie einzustellen.
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Der Patentinhaber hält den Gegenstand des Patentanspruchs 1 für neu und erfin-
derisch.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Der frist- und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind inner-
halb der Einspruchsfrist die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen im Einzel-
nen so dargelegt, so dass der Patentinhaber und insbesondere der Senat daraus
abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Wider-
rufsgrundes ziehen können.
Der Einspruch hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als er zu einer Beschränkung
des Patents führt, § 61 PatG.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist patentfähig.
Der Streitpatentgegenstand betrifft eine Einrichtung für eine MRI- (magnetic reso-
nance imaging) Brustspule zum Fixieren einer zu biopsierenden Brust. Der Erfin-
dung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Einrichtung an einer MRI-Brustspule zu
schaffen, mit der es möglich ist, eine Brust auch an der Seite zu fixieren, an der
sie untersucht werden - z. B. biopsiert - soll und trotzdem mit einem medizinischen
Instrument - z. B. einer Biopsienadel - erreichbar ist (siehe Patentschrift, Ab-
satz [0006]).
Fachmann ist ein mit der Entwicklung von medizinischen Geräten befasster, be-
rufserfahrener Dipl.-Physiker.
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Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 18 sind formal zulässig, da sie sowohl in
der Streitpatentschrift als auch in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen eine
ausreichende Stütze finden (§ 22 Abs. 1; § 21 Abs. 1, Nr. 4 PatG). Die Zulässig-
keit wurde im Übrigen auch nicht von der Einsprechenden bestritten.
Die Einrichtung gemäß Anspruch 1 ist wie sich den nachfolgenden Ausführungen
zur erfinderischen Tätigkeit entnehmen lässt - neu (§ 3 PatG), denn keiner der
zum Stand der Technik genannten Druckschriften sind sämtliche in diesem An-
spruch genannten Merkmale entnehmbar.
Die Einrichtung gemäß Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit
(§ 4 PatG).
Der nach Merkmalen gegliederte Anspruch 1 lautet:
M1
Einrichtung (8) für eine MRI-Brustspule zum Fixieren einer zu biopsieren-
den Brust,
M2
die wenigstens ein Fixierelement (16, 21) aufweist, das gegen die Brust
drückt und diese zur Untersuchung fixiert,
M3
wobei die Einrichtung (8) einen Rahmen (12) mit einer freien Öffnung (11)
aufweist, die als Zugang für ein medizinisches Werkzeug zu der zu biopsie-
renden Brust dient und
M4
wobei das Fixierelement (16, 21) eine in dem Rahmen (12) sich in horizon-
taler Richtung erstreckende Horizontalschiene (16) oder Seile oder Drähte
oder Gitter aus Stäben und/oder
M5
eine sich in vertikaler Richtung ersteckende Vertikalschiene (21) oder Seile
oder Drähte oder Gitter aus Stäben ist/sind,
M6
welche nur einen Bruchteil der Öffnung (11) überdecken.
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schreibung) ist eine
M1= Einrichtung für eine MRI-Brustspule 13, 14 zum Fixieren einer zu biopsie-
renden Brust bekannt,
M2= die Fixierelemente (Kompressionsplatten 11) aufweist, die gegen die Brust
drücken und diese zur Untersuchung fixieren,
M3= wobei die Einrichtung einen Rahmen (Gehäuse 30) mit einer freien Öff-
nung 36 aufweist, die als Zugang für ein medizinisches Werkzeug zu der zu
biopsierenden Brust dient (siehe Spalte 6, Zeilen 46 bis 51).
Das Fixierelement gemäß der Druckschrift D1 sind Kompressionsplatten 11 mit
Löchern 15, die über Gewindestangen 40 an einer Halterung 4 angebracht sind
(siehe Fig. 9). Die Fixierelemente sind demnach keine gemäß Merkmalsgruppe
M4 oder M5 sich in dem Rahmen (siehe Öffnung 36) in horizontaler oder vertikaler
Richtung erstreckende Elemente. Diese Elemente überdecken auch nicht „nur ei-
nen Bruchteil der Öffnung“ 36 des Rahmens gemäß Merkmalsgruppe M6, da sie
nicht in dem Rahmen angebracht sind. Die Merkmale der Merkmalsgruppen M4
bis M6 sind daher aus der Druckschrift D1 nicht bekannt.
bung) ist eine
M1= Einrichtung 1, 2 zum Fixieren einer zu biopsierenden Brust bekannt,
M2= die Fixierelemente (Verstellrahmen 1, beweglicher Teil 2) aufweist, die ge-
gen die Brust drücken und diese zur Untersuchung fixieren (siehe Seite 4,
Absatz 1),
M3= wobei die Einrichtung einen Rahmen 1, 2 mit einer freien Öffnung aufweist,
die als Zugang für ein medizinisches Werkzeug zu der zu biopsierenden
Brust dient (siehe Anspruch 1).
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Die Fixierelemente 1, 2 bilden selbst einen Rahmen (siehe Anspruch 2) und darin
angeordnete Elemente gemäß den Merkmalsgruppen 4 oder 5 und M6 sind aus
der Druckschrift D2 nicht bekannt.
Die im Einspruchsschriftsatz und im Prüfungsverfahren noch berücksichtigten, in
der mündlichen Verhandlung aber nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften D3
bis D6 gehen hinsichtlich des Anspruchsgegenstandes nicht über den vorstehend
abgehandelten Stand der Technik hinaus. Sie liefern auch keine neuen Gesichts-
punkte zur Beurteilung der Patentfähigkeit.
Als nächstkommender Stand der Technik ist somit aus der Druckschrift D1 eine
Einrichtung für eine MRI-Brustspule bekannt, bei der zwei als Kompressionsplat-
ten mit Löchern ausgebildete Fixierelemente 11 die durch eine Ausnehmung 34 ei-
ner Liegefläche 32 nach unten hängende Brust von zwei Seiten fixieren (siehe
Fig. 9 und Spalte 3, Zeilen 45 bis 55). Die Zugänglichkeit zur Brust mit einem me-
dizinischen Werkzeug ist durch die seitlichen Öffnungen 36 in dem Gehäuse 30
gewährleistet. Andere Fixierelemente als die Kompressionsplatten 11 und insbe-
sondere die beanspruchten Schienen, Seile, Drähte oder Gitter aus Stäben wer-
den in der Druckschrift D1 nicht offenbart. Es gibt für den Fachmann auch keine
Veranlassung, die Löcher 15 in den Kompressionsplatten 11 zu verändern, insbe-
sondere zu vergrößern oder durch die beanspruchten Strukturen zu ersetzen, da
diese Löcher als Befestigung für die einzuführenden Biopsienadeln dienen (siehe
Spalte 3, Zeilen 31 bis 44).
Aus der Druckschrift D2 ist lediglich eine Verstellrahmen 1, 2 bekannt, der die
Brust aufgrund der Quetschwirkung durch die eigene Hautspannung stabilisieren
soll (siehe Seite 4, Absatz 1). Der Verstellrahmen wird demnach die Brust um-
schließend am Brustansatz angeordnet und ist nicht geeignet, die Brust gegen ein
Widerlager oder mit zwei derartigen Verstellrahmen von der Seite zu fixieren. Eine
Übertragung der Lehre gemäß der Druckschrift D2 auf eine Einrichtung gemäß der
Druckschrift D1 würde den Fachmann somit höchstens den Hinweis geben, die in
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der Patientenliege 32 vorhandene Ausnehmung 34 durch einen Verstellrahmen zu
ersetzen, um damit eine zusätzliche Stabilisierung der Brust zu erreichen. Eine
Verwendung des Verstellrahmens oder von Teilen des Verstellrahmens anstelle
der seitlichen Kompressionsplatten wird dem Fachmann jedoch nicht nahe gelegt.
Durch die im Verfahren befindlichen Druckschriften und auch durch eine Zusam-
menschau, insbesondere der Druckschriften D1 und D2 ist der Anspruchsgegen-
stand daher nicht nahe gelegt.
Die Unteransprüche 2 bis 18 haben Bestand, da gegen sie ebenfalls keine Ein-
spruchsgründe vorliegen und auch nicht vorgebracht wurden.
gez.
Unterschriften