Urteil des BGH vom 29.09.2016
Urteil vom 29.09.2016
ECLI:DE:BGH:2016:290916UXZR58.14.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 58/14
Verkündet am:
29. September 2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
ECLI:DE:BGH:2016:290916UXZR58.14.0
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. September 2016 durch die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bacher,
Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 2. Senats
(Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 30. Mai
2014 abgeändert.
Das europäische Patent 1 622 826 wird mit Wirkung für die
Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit sein Ge-
genstand über folgende Fassung der Patentansprüche hinaus-
geht:
1. Mikromechanisches Uhrwerkbauteil bestehend aus Dia-
mant, mit einer ersten Oberfläche und einer hierzu als ge-
ätzte Flanke ausgebildeten zweiten Oberfläche, die aufei-
nander im Wesentlichen senkrecht stehen, wobei die erste
und die zweite Oberfläche aus Diamant (C
i
) bestehen und
die die geätzte Flanke bildende zweite Oberfläche eine mitt-
lere Rauigkeit R
rms
≤ 500 nm aufweist, der Winkel zwischen
der ersten und der zweiten Oberfläche um weniger als 2°
von der Senkrechten abweicht und seine Dicke senkrecht
zur ersten Oberfläche zwischen 0,5 µm und 3000 µm be-
trägt.
2. Uhrwerkbauteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass seine Stärke in Richtung der zweiten Oberfläche zwi-
schen 10 µm und 500 µm beträgt.
- 3 -
3. Uhrwerkbauteil nach einem der vorhergehenden Ansprü-
che, dadurch gekennzeichnet, dass seine Stärke in Rich-
tung der zweiten Oberfläche zwischen 30 µm und 200 µm
beträgt.
4. Uhrwerkbauteil nach einem der vorhergehenden Ansprü-
che, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil in seinem
Innern, seine erste und zweite Oberfläche aus Diamant be-
steht und zumindest bereichsweise elektrisch leitend dotiert
ist.
5. Uhrwerkbauteil nach einem der vorhergehenden Ansprü-
che, dadurch gekennzeichnet, dass es ein Zahnrad, Unruh,
Feder, Ziffernblatt, Lagerstein, Wellen, Grundplatte, Blo-
cker, Hemmung und/oder Zeiger ist.
6. Verfahren zur Herstellung eines mikromechanischen Uhr-
werkbauteils mit einer ersten Oberfläche und einer hierzu
als geätzte Flanke ausgebildeten zweiten Oberfläche, die
aufeinander im Wesentlichen senkrecht stehen, wobei die
erste und die zweite Oberfläche aus Diamant (C
i
) bestehen
und die die geätzte Flanke bildende zweite Oberfläche eine
mittlere Rauigkeit R
rms
≤ 500 nm aufweist, der Winkel zwi-
schen der ersten und der zweiten Oberfläche um weniger
als 2° von der Senkrechten abweicht und seine Dicke senk-
recht zur ersten Oberfläche zwischen 0,5 µm und 3000 µm
beträgt, mit den folgenden Schritten:
a) Abscheiden einer ersten Schicht aus Diamant (C
i
) auf
einem Substratmaterial,
- 4 -
b) Strukturieren einer Kante zwischen der ersten und der
die Flanke bildenden zweiten Oberfläche durch mindes-
tens einen Ätzschritt unter Verwendung einer Ätzmaske
auf der ersten Oberfläche, welche getrennt von der ers-
ten Schicht oder gleichzeitig mit der ersten Schicht ge-
ätzt wird, wobei das Verhältnis der Ätzgeschwindigkei-
ten von erster Schicht und Ätzmaske derart eingestellt
wird, dass zwischen der ersten und der zweiten Ober-
fläche eine im Wesentlichen rechtwinklige Kante aus-
gebildet wird.
7. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch
gekennzeichnet, dass der Ätzschritt trockenchemisch unter
Zuhilfenahme eines Plasmas durchgeführt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass
der Ätzschritt eine reaktive und/oder physikalische Kompo-
nente enthält.
9. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass
bei dem Ätzschritt reaktives lonenätzen verwendet wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die Ätzmaske und die erste Schicht in
ein oder mehreren Ätzschritten gemeinsam oder getrennt
voneinander geätzt werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 10, dadurch ge-
kennzeichnet, dass vor dem Durchführen des mindestens
einen Ätzschrittes zur Strukturierung des Bauteils umfas-
senden Verfahrens eine Strukturierung des Substratmateri-
- 5 -
als durchgeführt wird und das strukturierte Substratmaterial
als Ätzmaske verwendet wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 11, dadurch ge-
kennzeichnet, dass mit Sauerstoff, Fluor und/oder Chlor als
reaktiver Komponente geätzt wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 11, dadurch ge-
kennzeichnet, dass mit einem Edelgas der Gruppe 8 des
Periodensystems als physikalische Komponente geätzt
wird.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 13, dadurch ge-
kennzeichnet, dass während des Ätzschrittes eine
Biasspannung an dem Substrat anliegt bzw. angelegt wird.
15. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch
gekennzeichnet, dass eine Biasspannung von 10-1000 Volt
an dem Substrat anliegt bzw. angelegt wird.
16. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch
gekennzeichnet, dass eine Biasspannung von 250-800 Volt
an dem Substrat anliegt bzw. angelegt wird.
17. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch
gekennzeichnet, dass eine Biasspannung von 350-700 Volt
an dem Substrat anliegt bzw. angelegt wird.
18. Verfahren nach den Ansprüchen 6 bis 17, dadurch gekenn-
zeichnet, dass der Ätzschritt ein- oder mehrmals in unter-
schiedlichen oder periodischen Abständen unterbrochen
wird.
19. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch
gekennzeichnet, dass während der Unterbrechung des Ätz-
- 6 -
schrittes eine Reinigung der Substratoberfläche, beispiels-
weise von Redepositionen, durchgeführt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgeho-
ben.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des am 16. April 2004 unter Inanspruchnahme
der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 17. April 2003 angemelde-
ten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen
Patents 1 622 826 (Streitpatent), das 23 Patentansprüche umfasst. Die neben-
geordneten Ansprüche 1 und 10, auf die die Unteransprüche 2 bis 9 sowie
11 bis 23 jeweils direkt oder indirekt rückbezogen sind, lauten in der Verfah-
renssprache (Durch- und Unterstreichungen kennzeichnen die vor dem Patent-
gericht in erster Linie verteidigte Fassung; in eckigen Klammern und Fettdruck
die zusätzlichen Merkmale gemäß dem erstinstanzlichen Hilfsantrag II):
"1.
Mikromechanische Uhrwerkbauteile mit einer ersten Oberfläche
[geätzte]
fläche, die aufeinander im Wesentlichen senkrecht stehen, wobei
die erste und/oder die zweite Oberfläche zumindest bereichsweise
aus Diamant (C
i
) bestehen und die die Flanke bildende zweite
1
- 7 -
Oberfläche eine mittlere Rauigkeit
[500 nm]
dass der Winkel zwischen der ersten und der zweiten Oberfläche
um weniger als 2° von der Senkrechten abweicht."
"10. Verfahren zur Herstellung eines mikromechanischen Uhrwerkbau-
teils nach einem der vorhergehenden Ansprüche mit einer ersten
[geätzte]
zweiten Oberfläche, die aufeinander im Wesentlichen senkrecht
stehen, wobei die erste und/oder die zweite Oberfläche zumindest
bereichsweise aus Diamant (C
i
) bestehen und die die Flanke bil-
dende zweite Oberfläche eine mittlere Rauigkeit
[500 nm]
aufweist und dass der Winkel zwischen der ersten und der zweiten
Oberfläche um weniger als 2° von der Senkrechten abweicht, mit
den folgenden Schritten:
a) Abscheiden einer ersten Schicht aus Diamant (C
i
) auf einem
Substratmaterial,
b) Strukturieren einer Kante zwischen der ersten und der die
Flanke bildenden zweiten Oberfläche durch mindestens einen
Ätzschritt unter Verwendung einer Ätzmaske auf der ersten
Oberfläche, welche getrennt von der ersten Schicht oder
gleichzeitig mit der ersten Schicht geätzt wird, wobei das Ver-
hältnis der Ätzgeschwindigkeiten von erster Schicht und Ätz-
maske derart eingestellt wird, dass zwischen der ersten und
der zweiten Oberfläche eine im Wesentlichen rechtwinklige
Kante ausgebildet wird."
Die Klägerin hat mit ihrer Nichtigkeitsklage beantragt, das Streitpatent für
nichtig zu erklären, und dafür geltend gemacht, sein Gegenstand sei nicht so
deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen
könne, und auch nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in den vor-
2
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stehend wiedergegebenen Fassungen und hilfsweise in weiteren beschränkten
Fassungen verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Mit ihrer dage-
gen eingelegten Berufung, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, vertei-
digt die Beklagte das Streitpatent in einer im Wesentlichen ihrem erstinstanzli-
chen Hilfsantrag II entsprechenden und hilfsweise in der aus dem Tenor ersicht-
lichen Fassung.
Entscheidungsgründe:
I. 1.
Das Streitpatent betrifft mikromechanische Uhrwerkbauteile wie
Zahnräder, Unruh, Feder oder Zeiger, sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung.
Seiner Beschreibung zufolge sind solche herkömmlicherweise aus Metall oder
anderen Festkörpern gearbeiteten mikromechanischen Bauteile in für den Ein-
satz in Uhren erforderlichen Abmessungen zwar bereits aus Diamant erzeugt
worden; es sei aber bisher nicht gelungen, diese Teile so zu produzieren, dass
sie für den Einsatz in einem mikromechanischen Getriebe wie in einem Uhrwerk
geeignet seien. Beim Ausschneiden der gewünschten Formen aus zunächst auf
ein Substrat abgeschiedenen Diamantschichten mittels eines bestimmten La-
ser-Verfahrens entstünden an den Oberflächen überaus raue Schnittflächen,
die aufgrund der thermischen Wirkung des Lasers zudem nicht senkrecht auf
der flächig ausgedehnten Scheibenoberfläche stünden.
Zur Verbesserung schlägt das Streitpatent, merkmalsmäßig in der pa-
tentgerichtlichen Nummerierung gegliedert, das folgende mikromechanische
Uhrwerkbauteil (Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung; in Fett-
3
4
5
- 9 -
druck gemäß Hilfsantrag hinzugefügtes Merkmal) und ein Verfahren zu dessen
Herstellung (Patentanspruch 6) vor:
Patentanspruch 1:
1.1
bestehend
1.2
einer ersten Oberfläche und einer hierzu als geätzte Flanke aus-
gebildeten zweiten Oberfläche,
1.3
die zueinander im Wesentlichen senkrecht stehen,
1.6
und zwar so, dass der Winkel zwischen der ersten und der zwei-
ten Oberfläche um weniger als 2° von der Senkrechten abweicht.
1.4
Die erste und die zweite Oberfläche bestehen aus Diamant (C
i
).
1.5
Die die geätzte Flanke bildende zweite Oberfläche weist eine mitt-
lere Rauigkeit R
rms
≤ 500 nm auf.
1.7
Die Dicke des Bauteils senkrecht zur ersten Oberfläche beträgt
zwischen 0,5 µm und 3000 µm.
Patentanspruch 6:
6.1
Verfahren zur Herstellung eines mikromechanischen Uhrwerkbau-
teils
mit einer ersten Oberfläche und einer hierzu als geätzte Flanke
ausgebildeten zweiten Oberfläche, die aufeinander im Wesentli-
chen senkrecht stehen, wobei die erste und die zweite Oberfläche
aus Diamant (C
i
) bestehen und die die geätzte Flanke bildende
zweite Oberfläche eine mittlere Rauigkeit von R
rms
≤ 500 nm auf-
weist, und dass der Winkel zwischen der ersten und der zweiten
Oberfläche um weniger als 2° von der Senkrechten abweicht und
dass seine Dicke senkrecht zur ersten Oberfläche zwischen
0,5
μm und 3000 μm beträgt, mit folgenden Schritten:
6.2
Abscheiden einer ersten Schicht aus Diamant auf einem Sub-
stratmaterial;
- 10 -
6.3
Strukturieren einer Kante zwischen der ersten und der die Flanke
bildenden zweiten Oberfläche
6.4
durch mindestens einen Ätzschritt
6.5
unter Verwendung einer Ätzmaske auf der Oberfläche.
6.6
Die Ätzmaske wird getrennt von der ersten Schicht oder gleichzei-
tig mit dieser geätzt.
6.7
Das Verhältnis der Ätzgeschwindigkeiten von erster Schicht und
Ätzmaske wird derart eingestellt, dass zwischen der ersten und
der zweiten Oberfläche eine im Wesentlichen rechtwinklige Kante
gebildet wird.
2. a) Nach Merkmal 1.4 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fas-
sung bestehen die erste und zweite Oberfläche aus Diamant; dies schließt nicht
aus, dass das geschützte Bauteil andere Oberflächen aufweist, für welche die-
se Anforderung nicht gilt. In der Fassung des Hilfsantrags ist das nach Pa-
tentanspruch 1 geschützte mikromechanische Uhrwerkbauteil ausschließlich
aus Diamant gefertigt; das Verfahren nach Patentanspruch 6 betrifft die Herstel-
lung eines mikromechanischen Uhrwerkbauteils mit den Merkmalen von Pa-
tentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags.
b)
Die angestrebte (möglichst) rechtwinklige Stellung der beiden
Oberflächen zueinander bei gleichzeitig verringerter Rauigkeit der zweiten
Oberfläche (Merkmal 1.5) soll in Übereinstimmung mit der Beschreibung durch
eine bestimmte verfahrensmäßige Behandlung des Bauteils erzielt werden.
Diese kommt im Anspruch allerdings nur rudimentär dadurch zum Ausdruck,
dass die zweite Oberfläche zur ersten Oberfläche hin als "geätzte" Flanke aus-
gebildet wird. Dafür in Betracht kommende Verfahren sind in der Beschreibung
erläutert (Abs. 6 aE f., 25 ff.).
6
7
- 11 -
Wird ein Erzeugnis durch ein Herstellungsverfahren definiert, ist Gegen-
stand des Patentanspruchs trotz der Umschreibung durch das Herstellungsver-
fahren das Erzeugnis als solches, das unabhängig von seinem Herstellungsweg
die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit erfüllen muss. In dieser Art der
Umschreibung liegt nicht zwangsläufig eine Bestimmung des Schutzes für das
Erzeugnis durch den zu seiner Kennzeichnung angegebenen Verfahrensweg
(BGH, Beschluss vom 30. März 1993 - X ZB 13/90, BGHZ 122, 144, 154 f. =
GRUR 1993, 651, 655 - Tetraploide Kamille; vgl. auch Urteil vom 24. März 2016
- X ZR 47/14, Rn. 12). Vielmehr ist durch Auslegung des Anspruchs zu ermit-
teln, ob und inwieweit sich aus dem angegebenen Herstellungsweg durch die-
sen bedingte Merkmale des daraus erhaltenen Erzeugnisses ergeben, die das
Erzeugnis als anspruchsgemäß qualifizieren (BGH, Urteil vom 19. Juni 2001
- X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129, 1133 - Zipfelfreies Stahlband; Urteil vom
19. Mai 2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749, 750 f. - Aufzeichnungsträger).
Die an diesen Grundsätzen orientierte Auslegung von Patentanspruch 1
in der Fassung des Hauptantrags ergibt, dass es nicht darauf ankommt, gerade
die zweite Oberfläche aus Diamant dem Verfahrensschritt der Ätzung zu unter-
ziehen, sondern allein darauf, dass die Flanke danach in dem angestrebten
Winkelverhältnis zur ersten Oberfläche steht und die reduzierte Oberflächenrau-
igkeit erreicht ist. Für dieses Verständnis spricht bereits, dass mit Patentan-
spruch 1 in der erteilten Fassung auch Uhrwerkbauteile geschützt waren, deren
Oberflächen nur bereichsweise aus Diamant bestanden, so dass die Flanke
nicht an einer vollflächig diamantenen Oberfläche herausgearbeitet werden
konnte. Hinzu kommt, dass das Verfahren der Ätzung zwar eingesetzt wird, um
bessere Ergebnisse als mit der bekannten Laser-Technik zu erzielen, der als
Sachanspruch formulierte Anspruch 1 insoweit aber keine Merkmale enthält,
welche die Verwirklichung der Merkmale 1.3/1.6 und 1.5 gerade dem Einsatz
des Ätzverfahrens an einer Diamant-Oberfläche zuweisen.
8
9
- 12 -
c)
Demgegenüber ist Patentanspruch 6 aus fachmännischer Sicht,
anders als der Sachanspruch, in Übereinstimmung mit der Beschreibung dahin
zu verstehen, dass der Ätzschritt (Merkmal 6.4) verfahrensgemäß an einer be-
reits mit einer Diamantschicht versehenen Oberfläche vorgesehen ist. Dafür
spricht schon die Abfolge der im Anspruch in Übereinstimmung mit dem erteil-
ten (Verfahrens-)Anspruch 10 mit "a)" und "b)" untergliederten Verfahrensschrit-
te. Danach wird zunächst auf ein Substrat eine erste Schicht aufgebracht, bei
der es sich im Lichte der Beschreibung um die Diamantschicht handelt. Denn in
allen Ausführungsbeispielen wird zunächst, wie aus den nachstehend eingefüg-
ten Teilabbildungen B, C und D von Figur 2
10
- 13 -
ersichtlich, zunächst eine Diamantschicht 2 auf eine Substratschicht 1 als Trä-
ger abgeschieden. Darüber wird eine weitere Siliciumschicht 3 aufgebracht, aus
der Ätzmasken 3a und 3b strukturiert werden (Bild C) und entlang deren Kanten
wird der Ätzschritt zur Herausbildung der Flanken 2a und 2b an der Diamant-
schicht vollzogen (Bild D). Dass die Abfolge dieser Verfahrensschritte nur bei
ausschließlich aus Diamant bestehenden Bauteilen eingehalten, das Verfahren
aber gleichsam in umgekehrter Schrittfolge durchgeführt werden soll, wenn
(nur) die Oberflächen der Bauteile diamanten sind, ist aus fachmännischer Sicht
nicht anzunehmen.
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Beru-
fungsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet.
Ein anspruchsgemäßes Uhrwerkbauteil ergebe sich für den Fachmann in
naheliegender Weise aus der deutschen Übersetzung (D1) der europäischen
Patentschrift 732 635. Dieses Dokument offenbare ein mikromechanisches
Bauteil für Uhrwerke mit zwei Oberflächen aus Diamant mit einem Reibungsko-
effizienten "deutlich unter 0,1". Dies erfülle die Vorgaben von Merkmal 1.6, weil
dieser Reibungskoeffizient einem Wert R
rms
von 30 nm entspreche.
Die Winkelabweichung von weniger als 2° von der Senkrechten gemäß
Merkmal 6 könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Durch das in D1 be-
schriebene anisotrope Ätzen i. V. mit einer Ätzmaske und einem "senkrechtem
Angriff" (D1 S. 14 Z. 10 ff.) sei dieser Toleranzwert bei der Winkelabweichung
von der Senkrechten aufgrund des gleichen Verfahrensschritts prinzipiell er-
reichbar. Soweit es bei Anwendung des in D1 beschriebenen Verfahrens zu
erheblichen Abweichungen von der Vertikalen durch an den Kanten der Körper
entstehende Überstände kommen soll, ergebe sich aus dem Fachartikel von
Rangelow und H. Löschner (Reactive Ion Etching for microelectrical mechanical
11
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13
- 14 -
system fabrication, in J. Vac. Sci. Techn. 19952394 ff.) für ein Ätzverfahren wie
in D1 beschrieben eine geschätzte Winkelabweichung der vertikalen Flanke von
der Senkrechten von 2,2° Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass
der zur Vermeidung von Reibungsverlusten bei Präzisionsteilen wie Uhrwerk-
bauteilen auf Minimierung von Toleranzen bzw. Winkelabweichungen bedachte
Fachmann am Prioritätstag die beanspruchte Winkelabweichung von der Senk-
rechten unterhalb von 2° erzielen konnte.
III.
Das Streitpatent ist nach ständiger Rechtsprechung ohne Sach-
prüfung für nichtig zu erklären, soweit es nicht mehr verteidigt wird. Es hat dar-
über hinaus auch in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung keinen Be-
stand, sondern nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang des Hilfsan-
trags.
1.
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des
Hauptantrags kann nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gelten,
weil er dem Fachmann durch den in D1 dokumentierten Stand der Technik na-
hegelegt war (Art. 56 EPÜ).
a)
Der nach den patentgerichtlichen Feststellungen zum Diplom-
Ingenieur der Werkstoff- bzw. Fertigungstechnik mit Hochschulabschluss aus-
gebildete und über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Oberflächenbe-
arbeitung von feinmechanischen Bauteilen verfügende Fachmann soll nach An-
sicht der Klägerin zudem über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Bear-
beitung von Diamantwerkstoffen verfügen. Dafür liegen indes keine zureichen-
den Anhaltspunkte vor. Der Einsatz von Diamant auf dem Gebiet der mikrome-
chanischen Uhrwerkbauteile war zwar ausweislich der Beschreibung des Streit-
patents am Prioritätstag bekannt. Daraus ergibt sich aber lediglich, dass der
Fachmann sich der Einsatzmöglichkeiten dieses Werkstoffs auf seinem Gebiet
14
15
16
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bewusst war und bei erkanntem Bedarf einen Spezialisten für den Werkstoff
Diamant hinzugezogen hätte.
b)
Nach den Feststellungen des Patentgerichts lassen sich mit dem
in D1 offenbarten Verfahren mikromechanische Uhrwerkbauteile mit aus Dia-
mant bestehenden Oberflächen herstellen, deren Rauigkeitsgrad ganz erheb-
lich unter dem oberen Grenzwert des mit Merkmal 1.5 beanspruchten Bereichs
liegt.
aa)
Allerdings werden nach der Lehre von D1 nicht die diamantenen
Oberflächen dem Ätzschritt unterzogen, sondern die in dem Dokument als ers-
tes kristallines Basismaterial bezeichneten, vorzugsweise aus ein- oder po-
lykristallinem Silicium oder Siliciumoxid bzw. -nitirid, Molybdän, Germanium
oder speziell kristallisiertem oder gesintertem Aluminiumoxid (D1 S. 2 Z. 22 ff.)
hergestellten Grundkörper, auf die anschließend in näher beschriebenen Heiz-
draht- oder Mikrowellenplasmaverfahren eine Schicht aus einem härteren Mate-
rial wie Diamant abgeschieden wird. Lediglich in einer kursorisch beschriebe-
nen alternativen Ausführungsform wird das Überzugmaterial aus Diamant vor
der Formgebung durch das lithografische Strukturierungsverfahren aufgebracht
und danach dem Ätzschritt unterzogen. Dies betrifft aber nur eine im Verhältnis
zur Gesamtstärke der Teile (zwischen 100 und 200
μm) zu vernachlässigende
Schicht auf Ober- und gegebenenfalls Unterseite zwischen 0,1 und 3
μm (Be-
schreibung S. 7 Z. 30 f. übergreifend).
Diese Abweichungen in der Verfahrensführung rechtfertigen keine ab-
weichende Beurteilung der Patentfähigkeit von Patentanspruch 1, weil dieser
als Sachanspruch nicht voraussetzt, dass gerade diamantene Oberflächen dem
Ätzschritt unterzogen werden, sondern lediglich, dass die angestrebte Winkel-
17
18
19
- 16 -
genauigkeit und der erwünschte reduzierte Rauigkeitsgrad unter Einsatz dieser
Art der Oberflächengestaltung erzielt wird (oben Rn. 9).
bb)
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung bestimmte mit
dem Verfahren nach D1 angeblich nicht erzielbare Vorzüge in der Oberflächen-
beschaffenheit von streitpatentgemäßen Bauteilflanken beschrieben. Die streit-
patentgemäße Herstellung sei insoweit überlegen, als die Diamantschicht bei
Aufbringen auf die geätzte Siliciumflanke nach D1 ungerichtet und durch eine
sehr schwache Oberflächenterminierung gekennzeichnet und die entstehende
Flanke zudem nachteilig wasserstoffterminiert sei und sich außerdem bei Reib-
kontakt verändere. Demgegenüber sei die streitpatentgemäß geätzte Kante
konturentreu konserviert und sauerstoff- bzw. fluorterminiert und bei hydrophiler
Oberfläche sehr stabil sowie von sehr hoher Oberflächenspannung, vorteilhafter
Ölhaltung und gerichteter Oberflächenstruktur. Dieses Vorbringen, das durch
schriftsätzlichen Vortrag in der Berufungsbegründung, spätestens in der Replik
(§ 117 i. V. mit § 112 Abs. 3 Nr. 2c PatG, §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO) in den
Rechtsstreit einzuführen gewesen wäre, stellt die Richtigkeit und Vollständigkeit
der patentgerichtlichen Feststellungen nicht infrage, insbesondere nicht, dass
mit dem in D1 offenbarten Verfahren Rauigkeitswerte unterhalb des mit Pa-
tentanspruch 1 beanspruchten Grenzwertes von höchstens R
rms
500 nm erzielt
werden. Die vermeintlichen zusätzlichen Vorzüge können für die Beurteilung
der Patentfähigkeit schon deshalb nicht unterscheidend herangezogen werden,
weil die zusätzlichen stofflichen Merkmale in Patentanspruch 1 und auch in der
Beschreibung nicht erwähnt sind und das Ätzverfahren ("geätzte Flanke") je-
denfalls im Anspruch nicht hinreichend spezifiziert ist.
c)
Die Berufung beanstandet auch zu Unrecht, dass das Patentge-
richt die Erzielung einer Winkelabweichung der vertikalen Flanke von weniger
20
21
- 17 -
als 2° von der Senkrechten nicht als Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit an-
erkannt hat.
Der Privatgutachter R. der Beklagten hat aufgezeigt, dass in dem
im patentgerichtlichen Urteil erwähnten Fachbeitrag von Rangelow und Lösch-
ner mit dem in D1 angewandten RIE-Verfahren (reactive ion etching) einerseits
beim vertikalen Ätzen Abweichungen von (nur) 0,1 µm bei einer Strukturhöhe
von 100 µm gezeigt würden, dass sich aber beim Ätzen Temperaturschwan-
kungen auswirken und Abweichungen von der Senkrechten (Überstände) ins-
besondere an der Strukturober- und -unterkante herbeiführen könnten. Die aus
Figur 7b des genannten Beitrags ersichtlichen, durch Wärmeeinfluss bedingten
Abweichungen von der Senkrechten hat der Gutachter auf mindestens 2,2° ge-
schätzt und mit Blick auf diese Zusammenhänge darauf hingewiesen, dass die
Besonderheiten des in D1 vorgeschlagenen Verfahrens, nämlich die Anordnung
der Basisplatte 20 oberhalb einer mit Aushöhlungen oder Durchbrechungen
versehenen Trägerplatte 10 (vgl. Figur 1 in D1) und die daraus resultierende
ungenügende thermische Ankopplung unterschiedliche Temperaturen des Ba-
sismaterials hervorrufen und die Winkelgenauigkeit der senkrechten Flanke be-
einträchtigen könnten (Gutachten R. S. 4).
Das Patentgericht hat auf der Grundlage der vom Gutachter geschätzten
Abweichung angenommen, dass am Prioritätstag des Streitpatents dennoch
eine Abweichung von weniger als 2° erreicht werden konnte. Konkrete Zweifel
an der Richtigkeit und Vollständigkeit der diesbezüglichen, von der Fachkunde
seiner technischen Richter getragenen Feststellungen bestehen mit Blick auf
die allgemein technisch möglichen Verbesserungen der Prozessabläufe auch
auf diesem Gebiet in den mehr als sieben Jahren zwischen der Veröffentlichung
des Beitrags von Ramelow und Löschner und dem Prioritätstag des Streitpa-
tents und angesichts der vielfältigen Modifikationsmöglichkeiten bei der Einstel-
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- 18 -
lung der zahlreichen den Ätzprozess beeinflussenden Parametern wie insbe-
sondere Druck, Temperatur, Gaszusammensetzung elektrische Feldstärke,
-richtung und -frequenz (vgl. Gutachten W. S. 3) nicht.
Vor diesem Hintergrund hält die Schlussfolgerung des Patentgerichts,
der Fachmann habe aufgrund der Offenbarung in D1 Anlass gehabt, dieses
Verbesserungspotential zu nutzen, der Überprüfung im Berufungsverfahren
stand.
2.
Patentanspruch 1 hat aber in der mit dem Hilfsantrag verteidigten
Fassung Bestand, in der das mikromechanische Bauteil (massiv) aus Diamant
besteht.
a) aa) Dieser Gegenstand ist durch D1 nicht nahegelegt. Nach deren
Lehre ist die geätzte Flanke, wie ausgeführt, an einem Korpus vorzugsweise
aus ein- oder polykristallinem Silicium oder ähnlichen kristallinen Materialien
ausgebildet, auf den anschließend Diamant abgeschieden wird (oben Rn. 18).
Eine hinreichend konkrete Anregung dafür, stattdessen an einem aus massi-
vem Diamant hergestellten Körper eine geätzte Flanke auszubilden, gibt D1
nicht und schon in Anbetracht der Unterschiede in den Materialeigenschaften
(vgl. etwa die Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 99/37437 [im
Folgenden: D4] S. 1 Z. 20 ff.) kann auch nicht davon ausgegangen werden,
dass der Fachmann das Bauteil nur aufgrund seines Fachwissens statt aus Sili-
cium aus Diamant gebildet hätte, zumal er sich dann vollständig von dem in D1
beschriebenen Verfahren hätte lösen müssen. Eine hinreichend konkrete Anre-
gung gibt insoweit auch nicht der Hinweis in D1 auf die erwähnte alternative
Verfahrensführung, bei der die Ober- und gegebenenfalls auch die Unterseite
des Siliciumkörpers vor dem Ätzschritt mit einer Diamantschicht versehen wird.
Dies mag aus fachmännischer Sicht gegebenenfalls vorteilhaft erscheinen,
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26
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wenn es nur darauf ankommt, dass diese Flächen diamanten überzogen sind.
Zu einer Weiterentwicklung dieser Verfahrensvariante dahin, zuerst die gesam-
ten Flanken zu überziehen und anschließend zu ätzen, regt dies aber nicht an.
bb)
Auch D4 legt den Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fas-
sung des Hilfsantrags nicht nahe.
D4 betrifft spezielle Schneidwerkzeuge, beispielsweise Skalpelle für be-
stimmte augenchirurgische Eingriffe (Beschreibung S. 10) und Verfahren zu
ihrer Herstellung. Sie werden zwar ebenfalls (ausschließlich) aus Diamant ge-
fertigt; die der als Flanke ausgebildeten Oberfläche des Uhrwerkbauteils ent-
sprechende Schneidkante wird aber entsprechend dem Einsatzzweck als
Schneidwerkzeug mit hoher Schärfe (D4 S. 2 Z. 31 ff.) spitzwinklig - in der Dik-
tion des Dokuments: mit abnehmender Schichtdicke - hergestellt. Mikromecha-
nische Uhrwerkbauteile sollen dagegen als Bestandteile eines Uhrwerkmecha-
nismus mechanisch zusammenwirken und dafür an bestimmten Berührungsflä-
chen in möglichst reibungslosen Kontakt treten. Dazu muss die Flanke mög-
lichst senkrecht zur ersten Oberfläche stehen. In D4 ist keine hinreichend kon-
krete, zu solchen Gegenständen führende fachliche Anregung zu sehen. Das
gilt unbeschadet des Umstands, dass die tabellarisch festgehaltenen Messwer-
te für die Anwendung des dortigen Verfahrens bei einer bestimmten Einstellung
der Prozessparameter einen Winkel von 90° ausweisen. Auch dieser Messwert
ist im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Herstellung von Schneidkanten
mit abnehmender Schichtdicke ermittelt worden und es kann nicht angenom-
men werden, dass der Fachmann dadurch eine zum Gegenstand von Patent-
anspruch 1 hinführende Anregung erhielt.
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b) Die Klägerin macht geltend, das Streitpatent offenbare hinsichtlich des
Rauigkeitsgrades (Merkmal 1.5) den Gegenstand der Erfindung nicht so deut-
lich und vollständig, dass ein Fachmann diese ausführen kann (Art. 138 Abs. 1
Buchst. b EPÜ). Sie vermag aber, was ihr als Klägerin obliegt, die tatsächlichen
Voraussetzungen dieses Nichtigkeitsgrundes nicht darzulegen.
Soweit in D4 lediglich eine Oberflächenrauigkeit von weniger als 5 µm
beschrieben ist, während es beim Streitpatent um eine solche von unter 500 nm
geht, kann schon nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der in
D4 beschriebene Wert den am Prioritäts- oder Anmeldetag dieses Dokuments
feinsten technisch herstellbaren Rauigkeitsgrad für Diamantoberflächen dar-
stellte. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass der Fachmann die in D4 und ande-
ren Entgegenhaltungen (
Krauss : Ultrananocrystalline diamond thin films for
MEMS and moving mechanical assembly devices, in Diamond and Related Materials
10 (2001) S. 1952 ff. [D2]; Erdemir .: Tribological properties of nanocrystalline dia-
mond films, in Surface and Coatings Technology 120-121 (1999) S. 565 ff. [D3]
)
ange-
gebenen Parameter nicht so einstellen konnte, dass sich der in Merkmal 3 vor-
gegebene Wert ergab.
3. Mit Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags haben die da-
rauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 Bestand. Das gilt auch für Unter-
anspruch 4, dessen Gegenstand hinsichtlich der zumindest bereichsweisen
elektrischen Dotierung entgegen der Ansicht der Klägerin so deutlich und voll-
ständig offenbart ist, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen kann.
Dass das Streitpatent insoweit kein Ausführungsbeispiel enthält, ist für
sich unschädlich (BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - Xa ZR 126/07, GRUR 2010,
916 - Klammernahtgerät). Dafür, dass die nach dem Vorbringen der Beklagten
am Prioritätstag bekannte Dotierung von Diamantschichten den Fachmann vor
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Probleme gestellt hätte, die er nicht ohne erfinderische Tätigkeit aufzuwenden
bewältigen konnte, ist nichts Konkretes vorgetragen und auch nichts ersichtlich.
Bereits die über vier Jahre vor Anmeldung des Streitpatents veröffentlichte D4
schlägt - im dort formulierten Patentanspruch 9 - eine dotierte Diamantschicht
vor.
4. Bestand hat auch der auf ein Herstellungsverfahren gerichtete Pa-
tentanspruch 6 in der Fassung des Hilfsantrags, die mit derjenigen des Haupt-
antrags deckungsgleich ist.
a)
Der Gegenstand dieses Anspruchs ist neu.
aa)
Das Verfahren nach Patentanspruch 6 ist gegenüber D1 neu, weil
der Ätzschritt (Merkmal 6.4) beim dort beschriebenen Verfahren an einem Kor-
pus aus ein- oder polykristallinem Silicium oder ähnlichen Materialien (oben
Rn. 18) erfolgt und nicht an Oberflächen aus Diamant.
bb)
Gegenüber dem Gegenstand von D4 ist die Lehre von Patentan-
spruch 6 neu, weil D4 lediglich Verfahren zur Herstellung einer Schneidkante
mit einem Profil abnehmender Schichtdicke offenbart. Soweit, wie erwähnt, im
Rahmen einer tabellarischen Zusammenstellung für eine bestimmte Einstellung
der Prozessparameter ein Winkel von 90° angegeben ist, erfüllt dies nicht die in
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Übereinstimmung mit den Be-
schwerdekammern des Europäischen Patentamtes gestellte Anforderung einer
unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung des patentierten Gegenstands.
b)
Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen (§ 286 ZPO) kann
nicht die Wertung getroffen werden, dass der Gegenstand von Patentan-
spruch 6 sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der
Technik ergeben hätte.
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aa)
Das in D1 offenbarte Verfahren sieht für die Herstellung möglichst
glatter Flächen von mikromechanischen Bauteilen zwar wie das Streitpatent die
Schritte der Ätzung und der Aufbringung einer Diamantschicht vor. Die dafür
vorgesehenen Verfahren sind jedoch, wie ausgeführt, konträr angelegt, weil
nach D1 ein Korpus geätzt und dann mit Diamant überzogen wird, während
nach Patentanspruch 6 mit Diamant überzogene Oberflächen durch einen Ätz-
schritt behandelt werden. Eine Anregung für dieses Verfahren bietet D1 nicht,
und zwar auch nicht mit dem dort kursorisch erwähnten alternativen Verfahren
(oben Rn. 26).
Dass mit dem Verfahren nach D1 - unbeschadet einer eventuellen Ober-
flächengestaltung minderer Qualität (oben Rn. 20) - Rauigkeitswerte sogar
deutlich unterhalb der Obergrenze des vom Streitpatent zuletzt beanspruchten
Bereichs (ab 500 nm) erzielbar sein sollen, ist für die Beurteilung der Patentfä-
higkeit von Patentanspruch 6 ohne Einfluss, weil es dafür unerheblich ist, wenn
ein neuer und auf erfinderischer Tätigkeit beruhender Gegenstand im Vergleich
zum Stand der Technik keinen erkennbaren Vorteil bietet (BGH, Beschluss vom
30. Juni 2015 - X ZB 1/15, GRUR 2015, 983 - Flugzeugzustand).
bb)
Aus den bereits genannten Gründen (oben Rn. 28) bietet auch
das in D4 offenbarte Verfahren zur Gestaltung von Schneidwerkzeugen keine
hinreichend konkrete Anregung für ein Verfahren zur Herstellung von mikrome-
chanischen Uhrwerkbauteilen mit den Merkmalen von Patentanspruch 6.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. mit
§ 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bacher
Gröning
Grabinski
Hoffmann
Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 30.05.2014 - 2 Ni 14/12 (EP) -
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