Urteil des BGH vom 17.07.1952

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 246/03
Verkündet am:
16. März 2005
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB § 2174; BGB 1900 § 275 Abs. 1 sowie §§ 195, 281
1. Die Übertragung eines Grundstücks in der ehemaligen DDR auf einen im
Westen lebenden Vermächtnisnehmer war auf Dauer unmöglich, wenn das
Grundstück gemäß § 6 der Vermögenssicherungsverordnung vom 17. Juli
1952 in staatliche Verwaltung genommen worden war.
2. Zur Verjährung eines Anspruchs aus § 281 BGB a.F., der mit Inkrafttreten
des Vermögensgesetzes entstanden ist.
BGH, Urteil vom 16. März 2005 - IV ZR 246/03 - Brandenburgisches OLG
LG Potsdam
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsit-
zenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
23. Februar 2005
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. Oktober
2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand:
Die Kläger sind als Erbeserben ihres Vaters Mitglied einer Erben-
gemeinschaft nach dem väterlichen Großvater, der 1947 in Potsdam ge-
storben ist. Die Erbanteile der übrigen Miterben nach dem Großvater
sind auf die Kläger sowie auf den nicht mit den Klägern verwandten Be-
klagten übergegangen, der Erbeserbe der pflegebedürftigen der beiden
Schwestern des Vaters der Kläger geworden ist. Zum Nachlaß des
Großvaters gehörten zwei Mehrfamilienhäuser in Potsdam, für die die
Parteien nach Rückübertragung durch das Amt für offene Vermögensfra-
gen in ungeteilter Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen sind.
Mit der Klage wird die Auflassung des dem Beklagten zustehenden Ei-
gentumsanteils an die Kläger in ungeteilter Erbengemeinschaft aus
§§ 2174, 281 BGB a.F. geltend gemacht.
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Der Großvater der Kläger hatte in einem eigenhändigen Testament
seiner Ehefrau, seinen Töchtern sowie einer Pflegerin Wohn- und Nut-
zungsrechte an Haus und Garten zugedacht, seinem Sohn, dem Vater
der Kläger, aber sämtlichen Grundbesitz "zu eigen" überlassen. Er sollte
dessen Reineinnahmen mit seiner Mutter und seinen Schwestern teilen,
die Häuser erhalten sowie den Grund und Boden niemals verkleinern,
sondern eher vergrößern. Abschließend heißt es: "Ich will keinen be-
nachteiligen, aber ich möchte auch, daß die Familie ... Tradition und
Wohlstand sichert u. wahrt!"
Das Amtsgericht wies 1947 durch Erbschein den Vater der Kläger
sowie dessen Mutter und dessen beide Schwestern als Erben nach dem
Großvater zu je einem Viertel aus. Da der Vater der Kläger und eine der
Schwestern schon beim Erbfall im W esten lebten, wurden deren Anteile
an dem Grundbesitz in Potsdam aufgrund von § 6 der Verordnung zur
Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. der DDR
S. 615; Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG Bd. 2
Stand Juli 2004 Anh. I 4) in die vorläufige Verwaltung der Organe der
Deutschen Demokratischen Republik übernommen. Verwalter wurde der
VEB Kommunale Wohnungsverwaltung Potsdam. Die Großmutter siedel-
te 1961 in die Bundesrepublik über, wo sie 1964 starb. Die pflegebedürf-
tige Schwester zog im Jahre 1974 von Potsdam an den Chiemsee und
verstarb dort 1990. Im Jahre 1984 wurden die Grundstücke gemäß § 14
Aufbaugesetz vom 6. September 1950 (GBl. der DDR S. 965) in Verbin-
dung mit § 9 des Entschädigungsgesetzes vom 25. April 1960 (GBl. der
DDR I S. 257) in Volkseigentum überführt. Der Vater der Kläger, der das
Verfahren auf Rückerstattung des Grundbesitzes eingeleitet hat, starb
1992.
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Der Beklagte beruft sich unter anderem auf die Einrede der Verjäh-
rung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht
hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wieder-
herstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht legt seiner Auslegung des Testaments die
übereinstimmende Ansicht der Parteien zugrunde, daß der Erblasser den
Vater der Kläger nicht zum Alleinerben bestimmt habe, sondern die Erb-
folge im Erbschein zutreffend wiedergegeben worden sei. Da der Erblas-
ser den Vater des Klägers aber wertmäßig habe begünstigen wollen, lie-
ge ein Vorausvermächtnis zu dessen Gunsten vor. Die Erfüllung dieses
Vorausvermächtnisses sei den Miterbinnen jedoch infolge der bereits am
18. Juli 1952 in der DDR in Kraft getretenen Verordnung zur Sicherung
von Vermögenswerten nachträglich unmöglich geworden, spätestens
aber durch die Überführung des Grundbesitzes in Volkseigentum im Jah-
re 1984. Durch dessen Restitution auf der Grundlage des Vermögensge-
setzes hätten die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach dem Großvater
Ersatz erlangt. Den Klägern als Erbeserben ihres Vaters stehe deshalb
ein Anspruch aus § 281 BGB a.F. zu. Die Verjährung dieses Anspruchs
habe erst mit Erlaß des Vermögensgesetzes begonnen und sei bei Kla-
geerhebung im Jahre 2002 noch nicht abgelaufen. Zumindest sei die
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Verjährung seit Inkrafttreten der Vermögenssicherungsverordnung am
18. Juli 1952 bis zum Inkrafttreten des Vermögensgesetzes gehemmt
gewesen.
II. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Den Klägern steht der gel-
tend gemachte Anspruch zu.
1. Der Auslegung des Testaments hat das Berufungsgericht mit
Recht das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner vor Inkrafttreten des Zivilge-
setzbuchs der DDR am 1. Januar 1976 geltenden Fassung zugrunde ge-
legt (vgl. § 8 EGZBG; BGHZ 124, 270, 272 ff.). Davon geht auch die Re-
vision aus und rügt, das Berufungsgericht habe nicht erwogen, daß das
Testament wie folgt ergänzend auszulegen sei: Sinn des Vorausver-
mächtnisses zugunsten des Vaters der Kläger sei nämlich nach dem
Wortlaut des Testamentes, daß dieser die Gebäude nicht in eigenem In-
teresse, sondern im Interesse der Familie verwaltete, um Einnahmen zu
erwirtschaften und den Besitz zu erhalten. Nach Krieg und Gefangen-
schaft habe sich der Vater der Kläger im Westen niedergelassen und ei-
nen Vertriebenenausweis erhalten; eine Einreise in die damalige Ostzo-
ne und später in die DDR sei ihm nicht möglich gewesen. Der Erblasser
hätte, wenn er diese Entwicklung vorausgesehen hätte, die Grundstücke
nicht allein seinem Sohn zugedacht, sondern allen Miterben, da er aus-
drücklich niemanden habe benachteiligen wollen.
Der Schlußsatz des Testaments betont indessen neben der Ab-
sicht, niemanden zu benachteiligen, gerade die Erhaltung von Tradition
und Wohlstand. Das spricht dafür, daß der Erblasser seinen Sohn schon
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deshalb bevorzugt hat, weil er den Namen des Erblassers fortführte und
an die nächste Generation weitergeben konnte. Daß er unter den
schwierigen Nachkriegsverhältnissen nicht ohne weiteres für die Erhal-
tung und Mehrung des Immobilienbesitzes würde sorgen können, dürfte
dem Erblasser bei Errichtung des Testaments im Januar 1946 klar gewe-
sen sein, mußte aus seiner Sicht aber nichts daran ändern, daß für diese
Aufgabe, wenn sie überhaupt zu erfüllen war, unter seinen Abkömmlin-
gen nur der Sohn in Betracht kam. Die Auslegung des Tatrichters erweist
sich danach als zumindest vertretbar und rechtsfehlerfrei; sie ist deshalb
für das Revisionsgericht bindend (vgl. BGHZ 121, 357, 363).
2. Die Erfüllung des Anspruchs des Vaters der Kläger auf das Vor-
ausvermächtnis aus § 2174 BGB ist jedoch infolge der sogenannten vor-
läufigen Verwaltung des Grundbesitzes durch Organe der DDR auf der
Grundlage der Vermögenssicherungsverordnung nachträglich unmöglich
geworden; dadurch ist der Anspruch erloschen (§ 275 BGB a.F.; für das
Bestehen der vor Inkrafttreten des ZGB begründeten Rechte blieb auch
nach dem 1. Januar 1976 das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht
maßgebend, § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB).
a) Allerdings liegt Unmöglichkeit nicht schon dann vor, wenn der
Schuldner über den Gegenstand nicht mehr verfügen kann und auf ihn
auch keinen Anspruch hat; vielmehr muß feststehen, daß der Schuldner
die Verfügungsmacht auch nicht mehr erlangen und zur Erfüllung des
geltend gemachten Anspruchs nicht auf die Sache einwirken kann
(BGHZ 141, 179, 181 f.). Das kommt jedoch nicht nur in Betracht, wenn
der geschuldete Gegenstand in der DDR in Volkseigentum überführt
wurde (dazu vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1995 - VI ZR 377/94 -
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DtZ 1996, 26 unter II 2 g). Auch das Inkrafttreten der Verordnung über
den Verkehr mit Grundstücken vom 11. Januar 1963 (DDR-GVVO;
GBl. DDR II S. 159) führte in Fällen, bei denen eine Genehmigung im
Hinblick auf Aufenthaltsort und Beruf des Gläubigers im W esten zwin-
gend zu versagen war, zur nachträglichen Unmöglichkeit der Pflicht zur
Eigentumsverschaffung (BGH, Urteil vom 25. März 1994 - V ZR 171/92 -
DtZ 1994, 247 unter II 2 b und 3). Schon wenn die Erteilung einer zur Er-
füllung notwendigen Genehmigung völlig unwahrscheinlich geworden ist
und den Parteien nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden
kann, um eine Genehmigung nachzusuchen, tritt eine von keiner Partei
zu vertretende Unmöglichkeit ein (BGHZ 76, 242, 248; Urteil vom
25. März 1994 aaO unter II 2 a). Nach den in der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen ist ein an sich zeitweiliges
Erfüllungshindernis - wie der Ausbruch eines Krieges oder innerer Unru-
hen, wenn deren Ende nicht absehbar ist - einem dauernden gleich zu
achten, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch die vorüberge-
hende Unmöglichkeit in Frage gestellt wird und deshalb dem Vertrags-
gegner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter billiger Abwä-
gung der Belange beider Vertragsteile die Einhaltung des Vertrages nicht
zugemutet werden kann; dabei ist die Frage, ob ein Leistungshindernis
zu einer dauernden oder nur vorübergehenden Unmöglichkeit führt, nach
dem Zeitpunkt des Eintritts dieses Hindernisses zu beurteilen (BGHZ 83,
197, 200 f.).
b) Mit dem Inkrafttreten der Vermögenssicherungsverordnung am
18. Juli 1952 wurde nach deren § 6 das gesamte, in der DDR befindliche
Vermögen des Vaters der Kläger und seiner ebenfalls bereits im W esten
wohnenden Schwester in eine sogenannte vorläufige Verwaltung der Or-
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gane der Deutschen Demokratischen Republik übernommen. Für die
Durchführung dieser Bestimmung galten Richtlinien für die Räte der
Städte und Gemeinden (vom 1. September 1952, vgl. Fieberg/Reichen-
bach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I 4/3); darin war festgelegt, wer
vorläufiger Verwalter wurde und wie die vorläufige Verwaltung, insbe-
sondere im Hinblick auf Mietwohngrundstücke und W ohnraum auszu-
üben war. In einer Rundverfügung des Ministeriums der Justiz (Nr. 9/53
vom 15. April 1953, Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO
Anh. I 4/4) wurde insbesondere bestimmt, daß für Ansprüche der früher
Berechtigten der Rechtsweg unzulässig sei, weil die vorläufige Verwal-
tung (etwa gemäß § 6 der Vermögenssicherungsverordnung) die Gerich-
te binde (vgl. II a der Rundverfügung); Verfügungen und Prozeßhandlun-
gen konnten nur noch durch den vorläufigen Verwalter vorgenommen
werden (III 2, vgl. auch § 6 - Handbuch für die örtlichen Staatsorgane un-
ter 1.3, Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I 4/6).
Ein Anspruch auf Aufhebung der vorläufigen Verwaltung bestand nach
Ziff. I 5 einer Richtlinie des Staatssekretariats für Innere Angelegenhei-
ten betr. vorläufige Verwaltung von Vermögenswerten westberliner und
westdeutscher Eigentümer durch die Räte der Städte und Gemeinden
vom 5. August 1953 (Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus,
aaO Anh. I 4/5) nur, wenn der Eigentümer seinen Wohnsitz oder ständi-
gen Aufenthalt in das Gebiet der DDR oder in den demokratischen Sek-
tor von Groß-Berlin verlegte oder die vorläufig verwalteten Vermögens-
werte durch Genehmigung eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs in das Ei-
gentum eines Bürgers der DDR oder des demokratischen Sektors von
Groß-Berlin übergegangen waren. Dem "westberliner oder westdeut-
schen Eigentümer" stand ein Anspruch auf Aufhebung ausdrücklich auch
in Härtefällen nicht zu (vgl. dazu auch §
6 - Handbuch für die örtlichen
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Staatsorgane, Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I
4/6 unter Ziff. 13.6.1).
Die Vermögenssicherungsverordnung wurde zwar am 11. Juni
1953 gemäß § 2 der Verordnung über die in das Gebiet der Deutschen
Demokratischen Republik und den demokratischen Sektor von Groß-
Berlin zurückkehrenden Personen (Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/
Neuhaus aaO Anh. I 6) außer Kraft gesetzt. In der Richtlinie des Staats-
sekretariats für Innere Angelegenheiten betr. vorläufige Verwaltung von
Vermögenswerten westberliner und westdeutscher Eigentümer durch die
Räte der Städte und Gemeinden vom 5. August 1953 (Fieberg/Reichen-
bach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I 4/5) wird aber unter I 1 be-
stimmt, daß die Aufhebung der Verordnung zur Sicherung von Vermö-
genswerten vom 17. Juli 1952 auf die bereits in Verwaltung genomme-
nen Vermögenswerte westberliner oder westdeutscher Eigentümer kei-
nen Einfluß habe; nach I 2 dieser Richtlinie sollten sogar Vermögenswer-
te, die vor dem 11. Juni 1953 in vorläufige Verwaltung hätten übernom-
men werden müssen, nacherfaßt werden. Daraus zieht das Berufungsge-
richt mit Recht den von den Parteien nicht angegriffenen Schluß, daß
damit die staatliche Verwaltung den vorläufigen Charakter jedenfalls ver-
loren habe (so auch Nentwig/Nethe in Fieberg/Reichenbach/Messer-
schmidt/Neuhaus, aaO § 11 VermG Rdn. 11). In dem später erschiene-
nen Handbuch zu § 6 für die örtlichen Staatsorgane (Fieberg/Reichen-
bach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO Anh. I 4/6) heißt es einleitend zu den
politischen Grundlagen, "das politische und wirtschaftspolitische Verhal-
ten der Regierung der BRD und des Senats von Westberlin sowie von
Bürgern und Einrichtungen habe die Regierung der DDR veranlaßt, das
in der DDR befindliche Vermögen in staatliche Verwaltung zu nehmen
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…"; "wegen der langen Zeitdauer, die durch das gleiche Verhalten der
Regierung der BRD und des Senats von Westberlin verursacht wurde,
habe die staatliche Verwaltung den Charakter ihrer Vorläufigkeit verlo-
ren".
c) Der Anspruch des Vaters der Kläger aus § 2174 BGB konnte
aufgrund der dargestellten Rechtsfolgen der Vermögenssicherungsver-
ordnung vom 17. Juli 1952 in der DDR nicht mehr gegenüber den Miter-
ben nach dem Großvater erfüllt werden. Jedenfalls nachdem auch das
Außerkraftsetzen der Vermögenssicherungsverordnung durch die Ver-
ordnung vom 11. Juni 1953 nichts am Fortbestehen der staatlichen Ver-
waltung des Vermögens von Deutschen änderte, die ihren Wohnsitz da-
mals bereits im W esten hatten, muß die Erfüllung des Anspruchs aus
§ 2174 BGB als auf Dauer unmöglich angesehen werden. Mit einer
grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse konnte nicht ge-
rechnet werden. Dem Vater des Klägers konnte auch nicht zugemutet
werden, in die DDR zu übersiedeln; eine zumutbare Aussicht, den An-
spruch aus § 2174 BGB gegen ein angemessenes Entgelt an einen Bür-
ger der DDR abzutreten, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in Potsdam
gebliebene, pflegebedürftige Schwester des Vaters der Kläger überließ
im Jahre 1969 auch ihren Miteigentumsanteil durch Privatvollmacht der
staatlichen Verwaltung und verließ die DDR 1974.
3. Die unter staatliche Verwaltung der DDR gekommenen und
1984 in Volkseigentum überführten Grundstücke sind 1999 auf der
Grundlage des Vermögensgesetzes an die aus den Parteien bestehende
Erbengemeinschaft zurückübertragen worden. Damit haben die Miterben
in Zusammenhang mit den Umständen, die ihre Verpflichtung zur Erfül-
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lung des Vorausvermächtnisanspruchs des Vaters der Kläger unmöglich
gemacht haben, einen Ersatzgegenstand erlangt (näher zur Kausalität
vgl. Senatsurteil vom 16. März 2005 - IV ZR 272/03 - unter 3 b). Dieser
Ersatzgegenstand ist zwar mit dem Gegenstand, dessen Leistung un-
möglich geworden war, tatsächlich weitgehend identisch. Das ändert je-
doch rechtlich nichts daran, daß den Klägern als Erben ihres Vaters ein
Anspruch aus § 281 BGB a.F. auf Auflassung dieses Grundvermögens
zusteht (vgl. BGHZ 123, 76, 79; BGH, Urteil vom 19. September 1995
- VI ZR 377/94 - DtZ 1996, 26 unter II 2 g; KG ZEV 1999, 494, 495 f. so-
wie den dazu ergangenen Nichtannahmebeschluß des Senats vom
9. Juni 1999 - IV ZR 278/98 - ZEV 1999, 496 = BGHR BGB § 2174 Ver-
jährung 1).
4. Der Anspruch aus § 281 BGB a.F. ist auch nicht verjährt.
a) Wenn es um den Ersatz für eine unmöglich gewordene Leistung
aufgrund einer Restitution nach dem Vermögensgesetz geht, beginnt die
Verjährung des Anspruchs aus § 281 BGB a.F. mit Inkrafttreten des Ver-
mögensgesetzes (BGH, Urteil vom 19. September 1995 aaO unter II 2 i
aa; Nichtannahmebeschluß vom 9. Juni 1999 aaO; vgl. Senatsurteil vom
28. April 2004 - IV ZR 85/03 - ZEV 2004, 377 unter II 2). Dafür spricht
der Zweck des Vermögensgesetzes, einen Ausgleich für entzogene Ver-
mögenswerte zu schaffen (Küpper, VIZ 2000, 195, 197 unter Hinweis auf
BGHZ 123, 76, 82 f.).
b) Fraglich könnte sein, ob ein Anspruch aus § 281 BGB a.F. noch
in Betracht kommt, wenn der ursprüngliche Anspruch - hier aus § 2174
BGB - bei Eintritt der Unmöglichkeit bereits verjährt war (dazu Küpper,
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aaO; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04 - ZIP 2004, 2345
unter B II 2 c). Diese Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Der An-
spruch aus § 2174 BGB entstand mit dem Erbfall im Jahre 1947 und ver-
jährte nach § 195 BGB a.F. im Jahre 1977. Daran hat sich durch das In-
krafttreten des Zivilgesetzbuchs gemäß § 11 Abs. 1 EGZGB nichts geän-
dert, weil die seit 1. Januar 1976 aufgrund des § 474 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB
geltende Verjährungsfrist von zwei Jahren später abgelaufen wäre. Im
Jahre 1977 war der Anspruch aus § 2174 BGB indessen bereits nach
§ 275 BGB a.F. erloschen. Tritt Unmöglichkeit in noch unverjährter Zeit
ein - wie hier -, hat der Schuldner jedenfalls keinen Anlaß, darauf zu ver-
trauen, daß er den geschuldeten Gegenstand behalten könne (so auch
Küpper, aaO).
c) Die Revision macht weiter geltend, jedenfalls sei es mit der
Funktion der Verjährungsvorschriften, Rechtsfrieden zu stiften, nicht ver-
einbar, wenn ein Anspruch aus § 281 BGB a.F. auch auf ein Surrogat
zugebilligt werde, das erst lange nach Ablauf der 30jährigen Verjährung
des ursprünglichen Leistungsanspruchs - hier im Jahre 1977 - entstan-
den sei. Mit dieser Auffassung versucht die Revision die für den ur-
sprünglichen Anspruch geltende Verjährungsfrist auch auf den Surrogat-
anspruch zu erstrecken. Als selbständiger Anspruch ist der Beginn sei-
ner Verjährung jedoch im Hinblick auf § 198 Satz 1 BGB a.F. (ebenso
wie bei anderen Sekundäransprüchen auch) vom Beginn der Verjährung
des Primäranspruchs unabhängig (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom
10. Februar 1988 - IVa ZR 249/86 - NJW-RR 1988, 902 unter 4; BGHZ
142, 36, 44). Der Senat hat die von der Revision vertretene Auffassung
in seinem Nichtannahmebeschluß vom 9. Juni 1999 (aaO) auch im Hin-
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blick auf den in der Vorschrift des § 2162 BGB zum Ausdruck kommen-
den Rechtsgedanken zurückgewiesen.
d) Schließlich meint die Revision, auch wenn die Verjährung des
Anspruchs auf das Surrogat erst mit Inkrafttreten des Vermögensgeset-
zes begonnen habe, sei die zweijährige Verjährungsfrist des § 474
Abs. 1 Nr. 2 ZGB bei Erhebung der Klage im März 2002 längst abgelau-
fen gewesen. Daran ist richtig, daß das Vermögensgesetz in der DDR
bereits am 29. September 1990 in Kraft getreten ist (vgl. BGHZ 131, 22,
30). Die Verjährung des Anspruchs auf das Surrogat (vgl. § 91 ZGB)
richtete sich jedenfalls seit dem 3. Oktober 1990 nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch (Art. 231 § 6 EGBGB) und betrug nach dessen § 195 a.F.
30 Jahre (vgl. Senatsurteil vom 20. März 1996 - IV ZR 366/94 - DtZ
1996, 207 = ZIP 1996, 850 jeweils unter I 2). Diese Frist war - auch unter
Berücksichtigung von Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB - bei Klageer-
hebung im März 2002 noch nicht verstrichen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf