Urteil des BGH vom 26.04.2007

BGH (beschwerde, rechtsmittel, gabe, zpo, eröffnung, schuldner, ausnahmefall, zeitpunkt, beschwerderecht, antrag)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 8/06
vom
26. April 2007
in dem Insolvenzverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 26. April 2007
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Kassel vom 12. Dezember 2005 wird auf Kosten
der Schuldnerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofor-
tige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amts-
gerichts Kassel vom 1. September 2005 als unzulässig verworfen
wird.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
10.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Auf Antrag der Schuldnerin wurde am 1. September 2005 das Insolvenz-
verfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der Insolvenzverwalter zeigte bereits am
5. September 2005 die Masseunzulänglichkeit an. Mit ihrer sofortigen Be-
schwerde gegen die Eröffnungsentscheidung hat die Schuldnerin geltend ge-
macht, das Verfahren sei zu Unrecht eröffnet worden, weil eine die Verfahrens-
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kosten deckende Masse voraussichtlich nicht vorhanden sei. Das Landgericht
hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die
Schuldnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in
Verbindung mit § 7 InsO) und zulässig. Der Entscheidung des Landgerichts
liegt eine statthafte sofortige erste Beschwerde zugrunde (§§ 6, 34 Abs. 2
InsO). Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil
das Landgericht entgegen der - allerdings erst nach Erlass der angefochtenen
Entscheidung ergangenen - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Be-
schwerderecht des antragstellenden Schuldners gegen die Eröffnungsentschei-
dung bejaht hat (vgl. hierzu unter 2.; nachträgliche Divergenz). Die für die
Rechtsbeschwerde erforderliche Beschwer der Schuldnerin ergibt sich schon
aus der Zurückweisung ihrer sofortigen ersten Beschwerde.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Sie ist mit der Maßga-
be zurückzuweisen, dass die sofortige erste Beschwerde der Schuldnerin ge-
gen die Eröffnungsentscheidung als unzulässig zu verwerfen ist (vgl. BGH,
Beschl. v. 21. Dezember 2006 - IX ZB 81/06, NZI 2007, 166). Der Bundesge-
richtshof hat die - in der angefochtenen Entscheidung auch behandelte - Streit-
frage, ob der Schuldner, der selbst den Insolvenzantrag gestellt hat, gegen die
Eröffnungsentscheidung Rechtsmittel einlegen kann, in der Weise beantwortet,
dass er hierzu grundsätzlich nicht berechtigt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Januar
2007 - IX ZB 170/06, ZIP 2007, 499, 500). Der in der Entscheidung des Bun-
desgerichtshofs angesprochene Ausnahmefall, dass sich die Vermögenslage
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des Schuldners nach Antragstellung verbessert hat und der Eröffnungsgrund
zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen
ist, liegt auch hier nicht vor. Da das erste Rechtsmittel der Schuldnerin bereits
unzulässig war, stellen sich die von der Rechtsbeschwerde herausgearbeiteten
Rechtsfragen zu den Eröffnungsvoraussetzungen nicht.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 01.09.2005 - 660 IN 99/05 -
LG Kassel, Entscheidung vom 12.12.2005 - 3 T 774/05 -