Urteil des BGH vom 13.08.2013

BGH: unterbringung, cannabis, konsum, lokal, erpressung, gefahr, einfluss, behandlung, anhörung, bargeld

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 249/13
vom
13. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 13. August 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Essen vom 8. März 2013 im Maßregelausspruch mit
den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räube-
rischer Erpressung in drei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit beson-
ders schwerem Raub, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt,
seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt,
dass zwei Jahre der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts ge-
stützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entschei-
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dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hält
einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil ein symptomatischer Zusammen-
hang zwischen dem Hang des Angeklagten und den Anlasstaten nicht belegt
und zudem die nach § 64 Satz 2 StGB erforderliche konkrete Erfolgsaussicht
der Unterbringung nicht nachvollziehbar dargetan ist.
a) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt nach § 64 Satz 1
StGB
– neben einem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende
Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und der aus dem Hang resultierenden
Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten
– voraus, dass die Begehung der An-
lasstaten zumindest mitursächlich auf den Hang zurückzuführen ist (st. Rspr.;
vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2009
– 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83, 84;
vom 21. Oktober 2008
– 3 StR 275/08, NStZ-RR 2009, 48). Während die Straf-
kammer einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von Cannabis
festgestellt und die sich hieraus ergebende Gefahr künftiger Beschaffungstaten
bejaht hat, fehlen in dem angefochtenen Urteil jegliche Ausführungen zu einem
symptomatischen Zusammenhang zwischen den verübten Raubüberfällen und
dem sich auf den Konsum von Cannabis beziehenden Hang des Angeklagten.
Ein solcher Zusammenhang lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe nicht entnehmen. Nach den Feststellungen dienten die Raubüber-
fälle auf Passanten der Beschaffung von Bargeld, um in einem Lokal in der
E. Innenstadt, das für billige alkoholische Getränke bekannt ist, gemein-
sam zu feiern. Dass in dem Lokal Cannabis konsumiert werden sollte, hat das
Landgericht nicht festgestellt, so dass offen bleibt, ob die Anlasstaten auf die
Beschaffung von Geld auch für den Konsum von Cannabis abzielten. Ebenso
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wenig kann dem Urteil entnommen werden, dass der Angeklagte die Taten
unter dem Einfluss von Cannabis begangen hat.
b) Die gemäß § 64 Satz 2 StGB erforderliche konkrete Erfolgsaussicht
der Behandlung in der Unterbringung hat die Strafkammer trotz einer erfolglos
gebliebenen früheren Maßregelunterbringung nach § 64 StGB bejaht und sich
zur Begründung ohne nähere Ausführungen der Bewertung der Sachverständi-
gen angeschlossen, wonach weitere, ausreichend positive Faktoren vorhanden
seien, die eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs erwar-
ten ließen. Dies reicht nicht aus, um die konkrete Erfolgsaussicht der Unterbrin-
gung nachvollziehbar darzutun. Beschränkt sich das Tatgericht darauf, sich der
Beurteilung eines Sachverständigen anzuschließen, muss es dessen wesent-
liche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies
zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit er-
forderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012
– 5 StR 52/12,
NStZ 2012, 650, 651 mwN). Danach hätte es hier einer näheren, für das Revi-
sionsgericht nachvollziehbaren Darstellung derjenigen tatsächlichen Umstände
bedurft, die von der Sachverständigen als positive Faktoren gewertet worden
sind.
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2. Die Aufhebung der Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB entzieht
der Entscheidung nach § 67 Abs. 2 StGB die Grundlage.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Mutzbauer
Bender
Quentin
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