Urteil des BGH vom 22.10.2009

BGH (rechtliches gehör, zpo, schuldner, fortbildung, vertreter, rechtsmittel, protokoll, sicherung, gutachten, bezug)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 258/08
vom
22. Oktober 2009
in dem Insolvenzverfahren
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 22. Oktober 2009
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Wuppertal vom 1. Oktober 2008 wird auf Kosten
des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird
auf 75.000 € festgesetzt.
Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Abs. 2 InsO, § 574
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Rechtssache
keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Sachentscheidung auch nicht zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 ZPO).
1
Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüft der Bundes-
gerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbe-
schwerde nur Zulassungsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung nach
§ 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. etwa
2
- 3 -
BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162; v.
18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647).
Der geltend gemachte Verstoß gegen das verfassungsmäßige Recht des
Schuldners auf effektives rechtliches Gehör liegt nicht vor. Die Vorinstanzen
haben sachkundigen Vortrag des Schuldners nicht dadurch verhindert, dass sie
ihn nicht auf die Möglichkeit hingewiesen haben, Rechtsrat bei einem Rechts-
anwalt einzuholen. Ob eine solche Hinweispflicht im Einzelfall bestehen kann,
wenn der Verfahrensbeteiligte aus persönlichen Gründen hilflos erscheint, ohne
dass zugleich gegen seine Prozessfähigkeit Bedenken bestehen, kann offen
bleiben. Im Streitfall hat der Schuldner gegen den Eröffnungsbeschluss zu Pro-
tokoll der Geschäftsstelle ordnungsgemäß Rechtsmittel eingelegt, wobei er sich
durch einen durch schriftliche Vollmacht ausgewiesenen Vertreter hat vertreten
lassen. Dieser hat das Rechtsmittel sodann ausführlich und nicht etwa in einer
von vornherein ungeeigneten Weise (vgl. § 157 Abs. 2 ZPO a.F., jetzt § 79
Abs. 3 Satz 2 ZPO) begründet. Der von dem Vertreter des Schuldners gewählte
Ansatz, die im Eröffnungsbeschluss berücksichtigten Verbindlichkeiten in Zwei-
fel zu ziehen, aus denen das Insolvenzgericht den Eröffnungsgrund der Zah-
lungsunfähigkeit abgeleitet hat (vgl. §§ 14, 16, 17 InsO), war durchaus sachge-
recht.
3
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, die Vorinstanzen hätten auf ent-
sprechende Nachfragen des Schuldners reagieren müssen, wird übersehen,
dass sich die an den zitierten Aktenstellen befindlichen Ersuchen des Schuld-
ners entweder durch die Verfahrenseröffnung und die rechtzeitige Einlegung
des Rechtsmittels hiergegen zu Protokoll der Geschäftsstelle erledigt hatten
oder sich aber auf andere Verfahrensgegenstände (Abberufung des Verwalters;
Zwangsverwaltung des unbeweglichen Vermögens) bezogen.
4
- 4 -
Im Übrigen fehlt es an jeglichem Vortrag der Rechtsbeschwerde dazu,
was der Schuldner in Bezug auf die Eröffnungsvoraussetzungen vorgetragen
hätte, wenn er in zweiter Instanz durch einen zugelassenen Rechtsanwalt ver-
treten gewesen wäre. Nach dem Gutachten des Sachverständigen und dem
Bericht des beteiligten Insolvenzverwalters war der Schuldner im Eröffnungs-
zeitpunkt zweifelsfrei zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO.
5
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO
abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grund-
sätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer ein-
heitlichen Rechtsprechung beizutragen.
6
Ganter
Kayser
Gehrlein
Fischer
Grupp
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 03.07.2008 - 145 IN 375/07 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 01.10.2008 - 6 T 665/08 -