Urteil des BGH vom 12.07.2006
BGH (geldstrafe, freiheitsstrafe, stpo, bundesanwaltschaft, antrag, strafzumessung, steuerhinterziehung, vollstreckung, höhe, ermittlung)
5 StR 165/06
(alt: 5 StR 469/04)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 12. Juli 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2006
beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten und auf Antrag der Bun-
desanwaltschaft werden die Gesamtstrafaussprüche im Ur-
teil des Landgerichts Koblenz vom 28. Oktober 2005 nach
§ 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO – unter Teilabände-
rung der Einzelstrafen nach Maßgabe der Beschlussgründe
– dahin abgeändert, dass die Angeklagte F. –M. zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Mona-
ten und der Angeklagte M. zu einer Gesamtfreiheits-
strafe von zwei Jahren verurteilt sind; die Vollstreckung bei-
der Gesamtfreiheitsstrafen wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Revisionen, jedoch
wird die Gebühr jeweils um ein Viertel ermäßigt. Jeweils ein
Viertel der im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen
Auslagen und notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt
die Staatskasse.
G r ü n d e
Das Landgericht hatte die Angeklagten mit Urteil vom 21. Juli
2004 wegen Steuerhinterziehung in 90 Fällen, wegen Vorenthaltens von Ar-
beitsentgelt in zwölf Fällen und wegen Betruges in 48 Fällen bei einer
Einsatzstrafe von jeweils zwei Jahren Freiheitsstrafe zu Gesamtfreiheitsstra-
fen von drei Jahren bzw. drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Re-
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visionen der Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom 15. März 2005
– 5 StR 469/04 wegen eines Erörterungsmangels dieses Urteil im Schuld-
spruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Ange-
klagten wegen Steuerhinterziehung in 90 Fällen verurteilt worden waren, so-
wie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen. Nunmehr hat das Landge-
richt bei gleichlautenden Schuldsprüchen und einer Einsatzstrafe von jeweils
einem Jahr und fünf Monaten Freiheitsstrafe die Angeklagte F. –M.
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und den
Angeklagten M. – wiederum unter Einbeziehung der Strafe aus einer
Vorverurteilung – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun
Monaten verurteilt. Ihre Revisionen haben den aus dem Tenor ersichtlichen
Teilerfolg.
Die Revisionen sind aus den Gründen der Antragsschrift der
Bundesanwaltschaft zu den Schuldsprüchen im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO unbegründet. Die Einzelstrafaussprüche zu den Steuerhinterziehungs-
delikten leiden indes zum Teil an durchgreifenden Rechtsfehlern. Das Land-
gericht hat bei der Strafzumessung nicht hinreichend bedacht, dass es we-
gen des in § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO normierten Verschlechterungsverbots
grundsätzlich daran gehindert ist, höhere Einzelstrafen als diejenigen in dem
aufgehobenen Urteil zu verhängen. Hieran ändert sich auch dann nichts,
wenn es
– wie vorliegend – infolge anderer, ebenfalls zulässiger Schätzungen zu Ver-
schiebungen des Schuldumfangs in andere Besteuerungszeiträume kommt;
auch in solchen Fällen bleibt die durch Steuerart und Besteuerungszeitraum
bestimmte prozessuale Tatbegrenzung verbindlich. Der Senat hat daher auf
Antrag der Bundesanwaltschaft die betroffenen Einzelstrafen – soweit es sich
um Geldstrafen handelt, unter Beibehaltung der bisherigen Tagessatzhöhe –
auf das jeweils zulässige Höchstmaß herabgesetzt. Dies betrifft im Einzelnen
folgende – für beide Angeklagte gleichlautende – Einzelstrafen:
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Umsatzsteuerhinterziehung:
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Fall 1:
sieben Monate statt neun Monate Freiheitsstrafe
Fall 2:
acht Monate statt ein Jahr Freiheitsstrafe
Fall 3:
acht Monate statt ein Jahr drei Monate Freiheitsstrafe
Fall 4:
acht Monate statt ein Jahr fünf Monate Freiheitsstrafe
Fälle 9, 10,
13, 22, 25
und 26:
jeweils 90 Tagessätze statt 150 Tagessätze Geldstrafe
Fall 18:
50 Tagessätze statt 90 Tagessätze Geldstrafe
Fall 19:
25 Tagessätze statt 90 Tagessätze Geldstrafe
Fälle 23 und
24:
jeweils 100 Tagessätze statt 150 Tagessätze Geldstrafe
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Lohnsteuerhinterziehung:
Fälle 2, 5,
11 bis 14,
19, 24 und
43:
jeweils 70 Tagessätze statt 90 Tagessätze Geldstrafe
Fälle 21, 36,
39, 40, 42,
45 bis 47:
jeweils 90 Tagessätze statt 150 Tagessätze Geldstrafe
Fälle 32, 37,
38 und 41: jeweils 120 Tagessätze statt 150 Tagessätze Geldstra-
fe.
Die vom Landgericht versehentlich unterbliebene Festsetzung
der Einzelstrafe in Fall 44 hat der Senat nachgeholt und auf Antrag der Bun-
desanwaltschaft eine Einzelstrafe in der im ersten Urteil verhängten Höhe
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(150 Tagessätze Geldstrafe) festgesetzt. Die auf UA S. 37 zu C. II. 2 Fall 1
festgesetzte Einzelstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe entfällt; für diese
Tat (Lohnsteuerhinterziehung Fall 1) hat das Landgericht bereits auf UA
S. 36 unter der Bezeichnung „Tatkomplex C. II. 2 (Lohnsteuer) Fall 27“ eine
Einzelstrafe von 60 Tagessätzen Geldstrafe verhängt.
Mit Blick auf die Höhe der Einsatzstrafe von nunmehr nur noch
jeweils neun Monaten Freiheitsstrafe (C. II. 3 Fälle 3 und 4 – Einkommens-
teuerhinterziehung 1996 und 1997) und die jeweils reduzierten Einzelstrafen
hat der Senat, dem Antrag der Bundesanwaltschaft folgend, auf die tenorier-
ten Gesamtstrafen erkannt, deren Vollstreckung nach § 56 Abs. 1 und 2
StGB aufgrund der im angefochtenen Urteil zu den persönlichen Verhältnis-
sen getroffenen Feststellungen – auch mit Blick auf die durch die Urteilsauf-
hebungen entstandenen weiteren erheblichen Verzögerungen – jeweils zur
Bewährung auszusetzen ist.
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Der Senat sieht Anlass zu folgendem Hinweis: Es kann den
Bestand des Urteils insgesamt gefährden, wenn – wie hier – die Nummerie-
rungen der Taten in den Feststellungen und bei der Strafzumessung derart
voneinander abweichen, dass die Ermittlung der für die Einzeltaten verhäng-
ten Strafen kaum ohne eine vollständige Rekonstruktion und tabellarische
Exzerpierung des Urteilsinhalts möglich ist. Gleiches gilt dann, wenn – wie
hier – Tatkomplexe bei der Strafzumessung falsch bezeichnet werden und
somit eine Zuordnung der Einzelstrafen zu den festgestellten Taten weiter
erschwert wird. Der Senat hat sich bei der von ihm vorgenommenen Einzel-
straffestsetzung an den Bezeichnungen der Taten in den Urteilsfeststellun-
gen orientiert und die aufgezeigten Darstellungsmängel letztlich als noch
nicht durchgreifend erachtet.
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Das bisherige Tatgericht wird die Beschlüsse nach § 268a
StPO zu veranlassen haben.
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Basdorf Häger Gerhardt
Brause Schaal