Urteil des BGH vom 19.04.2000

BGH (gvg, strafkammer, stpo, grund, präsidium, nachprüfung, gewährleistung, besetzung, sache, rechtspflege)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 32/00
vom
19. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 19. April 2000 ein-
stimmig beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Verden vom 3. September 1999 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtferti-
gung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben
hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zur Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 1 b StPO i.V.m. § 21 e
Abs. 3 GVG bemerkt der Senat ergänzend:
Die Revision rügt zu Unrecht, das Präsidium des Landgerichts
Verden habe in seinem Beschluß vom 29. März 1999 den Rich-
terwechsel in der 7. Zivilkammer - Ausscheiden des Vorsitzenden
durch Eintritt in den Ruhestand - und den Dienstantritt einer
Richterin sowie die Versetzung eines weiteren Richters unzuläs-
sigerweise zum Vorwand genommen, um die 8. Strafkammer, vor
der die vorliegende Sache anhängig war, insgesamt neu zu be-
setzen. Zwar trifft es zu, wie der vom Senat im Freibeweisverfah-
ren eingeholten dienstlichen Äußerung des Präsidenten des
Landgerichts Verden entnommen werden kann, daß anläßlich des
Richterwechsels nicht nur die Übernahme des Vorsitzes in der
10. Zivilkammer durch den früheren Vorsitzenden der 8. Straf-
kammer beschlossen worden, sondern die 8. Strafkammer auch
mit zwei neuen Beisitzern besetzt worden ist. Grund hierfür war
die vom Vorsitzenden der 8. und der 1. Strafkammer, die bis da-
hin mit denselben Richtern besetzt waren, angezeigte Überla-
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stung dieser beiden Strafkammern. Entgegen der Auffassung der
Revision ist diese Vorgehensweise des Präsidiums nicht zu bean-
standen. Denn im Rahmen einer nach § 21 e Abs. 3 Satz 1 GVG
zulässigen Änderung der Besetzung von Spruchkörpern kann das
Präsidium alle Umstände berücksichtigen, die der Gewährleistung
der geordneten Rechtspflege dienen. Wie es das tut, liegt in sei-
nem pflichtgemäßen Ermessen (BGHSt 27, 397, 398). Insbeson-
dere kann anläßlich eines im Beschluß festgehaltenen Ände-
rungsgrundes im Sinne des § 21 e Abs. 3 GVG zumindest auch
einem weiteren wichtigen Änderungsgrund - hier der Überlastung
zweier Spruchkörper - durch geeignete Maßnahmen Rechnung
getragen werden (vgl. Kissel GVG 2. Aufl. § 21 e Rdn. 99, 103),
auch wenn er nicht ausdrücklich in Beschluß oder Protokoll auf-
geführt wird, obwohl die angezeigt gewesen wäre. Ob die beiden
genannten Strafkammern tatsächlich überlastet waren, entzieht
sich grundsätzlich einer Nachprüfung durch den Senat (vgl.
Schäfer in Löwe/Rosenberg, 24. Aufl. GVG § 21 e Rdn. 42
m.w.Nachw.).
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Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Kutzer Rissing-van Saan Winkler
Pfister von Lienen