Urteil des BGH vom 13.04.2005

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 54/03
vom
13. April 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1684 Abs. 1; FGG §§ 20 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 9
Pflegeeltern sind nicht berechtigt, Beschwerde gegen eine Entscheidung des
Familiengerichts einzulegen, in der den Eltern ein Umgangsrecht mit dem Kind
eingeräumt wurde (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 25. August 1999
- XII ZB 109/98 - FamRZ 2000, 219 und vom 11. September 2003 - XII ZB
30/01 - FamRZ 2004, 102).
BGH, Beschluß vom 13. April 2005 - XII ZB 54/03 - OLG München
AG Passau
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 3 gegen den
Beschluß des 26. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesge-
richts München vom 25. Februar 2003 wird auf ihre Kosten zu-
rückgewiesen.
Von der Erhebung gerichtlicher Kosten wird abgesehen.
Beschwerdewert: 3.000 €
Gründe:
I.
Das Kind Suleman A. wurde am 30. April 1997 als Sohn seiner nicht ver-
heirateten Mutter Fatma A. geboren. Nachdem die Mutter wenige Monate nach
der Geburt am 14. Oktober 1997 tödlich verunglückt war, wurde der Verfah-
rensbeteiligte zu 1 (Kreisjugendamt) zum Vormund für das Kind bestellt. Eine
Vaterschaft war in diesem Zeitpunkt weder festgestellt noch anerkannt. Seit
dem 27. Februar 1998 lebt das Kind mit dem Ziel der Adoption ununterbrochen
in Familienpflege bei den Verfahrensbeteiligten zu 3 (Pflegeeltern). Auf Antrag
des Verfahrensbeteiligten zu 2 (Vater) wurde seine Vaterschaft durch Urteil des
Amtsgerichts - Familiengericht - Passau vom 11. Mai 2000 rechtskräftig festge-
stellt.
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Am 24. April 2001 erzielten die Verfahrensbeteiligten eine Einigung über
die Durchführung eines Umgangsrechts des Vaters mit seinem Kind für die Zeit
ab Mai 2001. In der Folgezeit fanden in monatlichen Abständen jeweils drei-
stündige Besuchskontakte statt. Auf Antrag des Vaters hat ihm das Amtsgericht
- Familiengericht - mit Beschluß vom 4. November 2002 ein Umgangsrecht mit
seinem Kind an jedem dritten Sonntag eines Monats in der Zeit von 10.00 Uhr
bis 16.00 Uhr in Anwesenheit einer Begleitperson zugesprochen. Gegen diesen
Beschluß wenden sich die Pflegeeltern mit dem Ziel des Wegfalls der Um-
gangskontakte. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig ver-
worfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Pflegeeltern.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 e Abs. 2,
Abs. 3 Satz 2, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch sonst zulässig.
Zwar ist wegen der Verweisung in § 621 e Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO
auch die Rechtsbeschwerde gegen eine die Beschwerde als unzulässig verwer-
fende Endentscheidung in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit
nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO zulässig. Erfor-
derlich ist somit, daß eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wegen
grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung ei-
ner einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (Senatsbeschluß BGHZ 155,
21, 22 = FamRZ 2003, 1093).
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Die Rechtsbeschwerde ist gleichwohl zulässig, weil die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts erfordert (vgl. inso-
weit BGHZ 151, 221, 223 ff.). Zwar hat der Senat bereits entschieden, daß
Pflegeeltern nicht berechtigt sind, Beschwerde gegen eine die elterliche Sorge
für das Pflegekind betreffende Entscheidung des Familiengerichts einzulegen
(Senatsbeschlüsse vom 25. August 1999 - XII ZB 109/98 - FamRZ 2000, 219 f.
und vom 11. September 2003 - XII ZB 30/01 - FamRZ 2004, 102). Ob dies glei-
chermaßen für eine Entscheidung zum Umgangsrecht mit dem Pflegekind gilt,
ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und bislang noch nicht höchst-
richterlich geklärt.
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Das Oberlandesge-
richt hat die Erstbeschwerde der Pflegeeltern zu Recht als unzulässig verwor-
fen.
a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, den Pflegeeltern stehe kein ei-
genes Beschwerderecht gemäß § 20 FGG zu, weil ihre Rechtssphäre durch die
angefochtene Entscheidung zum Umgangsrecht nicht unmittelbar berührt sei.
Erforderlich sei ein durch Gesetz verliehenes oder durch die Rechtsordnung
anerkanntes, dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht. Nicht
ausreichend seien hingegen bloße rechtliche oder berechtigte Interessen, eine
moralische Berechtigung oder eine sittliche Pflicht. Zwar könne zwischen Pfle-
geeltern und einem Pflegekind eine Bindung entstehen, die derjenigen zwi-
schen Kindern und ihren leiblichen Eltern vergleichbar sei (sog. faktische El-
ternschaft). Auch solche gewachsenen Bindungen seien nach der Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts durch Art. 6 Abs. 1 und 3 GG geschützt.
Diesen familiären Bindungen des Pflegekindes zu seinen Pflegeeltern trage
allerdings die Vorschrift des § 1632 Abs. 4 BGB hinreichend Rechnung, indem
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sie den Pflegeeltern das Recht einräume, eine Verbleibensanordnung zu erwir-
ken, wenn das Pflegekind zur Unzeit aus der Pflegefamilie genommen werden
soll. Zudem seien Pflegeeltern gemäß § 1688 Abs. 1 und 3 BGB berechtigt, in
Vertretung des Inhabers der elterlichen Sorge Angelegenheiten des täglichen
Lebens zu entscheiden, wenn nicht der Inhaber der elterlichen Sorge etwas
anderes erkläre.
Die Entscheidung über das Umgangsrecht des Pflegekindes mit einem
leiblichen Elternteil beinhalte keinen unmittelbaren Eingriff in die vorstehend
beschriebene Rechtsstellung der Pflegeeltern. Zwar werde durch die Regelung
eines solchen Umgangsrechts die Durchführung der alltäglichen Pflege betrof-
fen. Dabei handele es sich aber lediglich um eine Folgewirkung der Umgangs-
rechtsentscheidung, nicht um eine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte
der Pflegeeltern. Wenn die Pflegeeltern schon nicht berechtigt seien, Be-
schwerde gegen eine die elterliche Sorge für das Pflegekind betreffende Ent-
scheidung des Familiengerichts einzulegen, müsse dieses erst recht für eine
Entscheidung zum Umgangsrecht mit dem Pflegekind gelten.
Die - zwischenzeitlich erfolgte - gerichtliche Ersetzung der Einwilligung
des Vaters in die Adoption des Kindes durch die Pflegeeltern habe mit Eintritt
der Rechtskraft nur zur Folge, daß der Vater die Befugnis zum persönlichen
Umgang mit dem Kind nicht mehr ausüben dürfe (§ 1751 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Für die Pflegeeltern sei damit noch keine elterliche Sorge und auch noch kein
eigenes Recht zur Regelung des Umgangs mit dem Kind entstanden. Die recht-
liche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Pflegeeltern erlange das
Pflegekind erst mit dem noch ausstehenden Annahmebeschluß des Vormund-
schaftsgerichts.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
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b) Mit zutreffenden Erwägungen hat das Oberlandesgericht ein eigenes
Beschwerderecht der Pflegeeltern verneint.
aa) Zwar ist nach § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG gegen Verfügungen, die eine
Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes betreffende Ange-
legenheit enthält, jeder beschwerdeberechtigt, der ein berechtigtes Interesse
hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen. Diese sehr weite Regelung ist aller-
dings schon allgemein auf Vormundschaftssachen beschränkt und gemäß § 64
Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 57 Abs. 2 FGG auf Familiensachen ausdrück-
lich nicht anwendbar (Senatsbeschlüsse vom 25. August 1999 aaO, 220 f. und
vom 4. Juli 2001 - XII ZB 161/98 - FamRZ 2001, 1449, 1450; Keidel/Kuntze/
Winkler/Engelhardt FGG 15. Aufl. § 57 Rdn. 7; Keidel/Kuntze/Winkler/Weber
aaO § 64 Rdn. 37 c ff.). Wie der Senat bereits ausgeführt hat, beruht diese Ein-
schränkung des Personenkreises der Anfechtungsberechtigten auf der Erwä-
gung, daß in diesen der befristeten Beschwerde unterliegenden Verfahren die
Rechtskraft der Entscheidung nicht wegen eines schwer bestimmbaren Kreises
von Beschwerdeberechtigten in der Schwebe bleiben soll (Senatsbeschluß vom
23. September 1987 - IVb ZB 66/85 - FamRZ 1988, 54 f. unter Hinweis auf BT-
Drucks. 7/650 S. 216). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 64 Abs. 3 Satz 3
FGG gilt dies auch für Pflegeeltern. Dies zeigt sich insbesondere daran, daß die
Vorschrift auch ein Beschwerderecht der Verwandten des Kindes ausschließt,
bei denen enge persönliche Kontakte zu dem Kind sonst eine Beschwerdebe-
rechtigung begründen könnten, und zwar nicht nur in Sorgerechtsangelegenhei-
ten, sondern auch bei Aufhebung einer Vormundschaft oder Pflegschaft (§ 64
Abs. 3 Satz 3, 4 FGG).
bb) Auch nach der allgemeinen Regelung in § 20 FGG steht den Pflege-
eltern kein Beschwerderecht gegen den Beschluß des Amtsgerichts zur Rege-
lung des Umgangsrechts zu. Danach steht die Beschwerde jedem zu, "dessen
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Recht" durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Wie ein Vergleich mit § 57 Abs. 1
Nr. 9 FGG zeigt, der "unbeschadet der Vorschrift des § 20" für Vormund-
schaftssachen eine weitergehende Beschwerdeberechtigung festlegt, erfordert
die allgemeine Regelung einen unmittelbaren Eingriff in ein im Zeitpunkt der
Entscheidung bestehendes subjektives Recht des Beschwerdeführers. Daß er
ein berechtigtes Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung
haben mag, genügt hingegen nicht (Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 1989
- IVb ZB 208/87 - FamRZ 1989, 369, 370 und vom 25. August 1999 aaO). Ein
solches subjektives Recht steht den Pflegeeltern hier nicht zu.
cc) Von Verfassungs wegen ist es nicht geboten, den Pflegeeltern ein ei-
genes Beschwerderecht einzuräumen, das sich gegen die Einräumung eines
Umgangsrechts des Kindes mit seinen leiblichen Eltern richtet. Zwar weist die
Rechtsbeschwerde zutreffend darauf hin, daß zwischen Pflegeeltern und Pfle-
gekindern, wenn das Pflegeverhältnis - wie hier - längere Zeit andauert, Bin-
dungen entstehen können, die denjenigen zwischen Kindern und ihren leibli-
chen Eltern vergleichbar sind (sog. faktische Elternschaft). Auch diese gewach-
senen Bindungen sind nach Art. 6 Abs. 1, 3 GG geschützt (BVerfGE 68, 176,
187; 79, 51, 59).
Bei der Abwägung der Elternrechte mit eventuellen Rechten oder Inter-
essen der Pflegepersonen ist zunächst vom natürlichen Recht der Eltern zur
Pflege und Erziehung ihrer Kinder auszugehen. Wenn ein Kind gegen den Wil-
len der Eltern in Pflege gegeben wird, so ist dies der stärkste vorstellbare Ein-
griff in das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der in gleicher Intensität das
Kind selbst betrifft, das von seinen Eltern getrennt wird (BVerfGE 60, 79, 91; 68,
176, 187). Andererseits ist auch die aus dem Kind und den Pflegeeltern beste-
hende Pflegefamilie durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt, so daß Art. 6 Abs. 3 GG
bei der Entscheidung über die Herausnahme des Kindes aus seiner "sozialen"
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Familie auch auf Seiten der Pflegeeltern nicht gänzlich außer acht bleiben darf.
Die Herausnahme eines Kindes aus dieser gewachsenen sozialen Familie be-
einträchtigt deswegen auch subjektive Rechte der Pflegeeltern von Verfas-
sungsrang, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, ihnen mit § 1632 Abs. 4
BGB eine Abwehrmöglichkeit in Form einer Verbleibensanordnung einzuräu-
men. Diese Vorschrift enthält keine generelle, schematische Beschränkung der
elterlichen Rechte, sondern läßt die Anordnung über das Verbleiben des Kindes
nur durch richterliche Entscheidung nach Prüfung der Verhältnisse im Einzelfall
zu und hält damit verfassungsrechtlichen Anforderungen stand (BVerfGE 68,
176, 188).
Ein solcher Konflikt entsteht hingegen nicht, wenn das Kind auch weiter-
hin in der Pflegefamilie verbleiben soll und lediglich über den Umgang zu sei-
nen leiblichen Eltern zu entscheiden ist. Das Umgangsrecht des Vaters steht
unter dem besonderen Schutz des Art. 6 GG in Verbindung mit Art. 8 EMRK
(BVerfG FamRZ 2004, 1857, 1863; EGMR FamRZ 2004, 1456, 1459). Wurde
- wie hier - dem leiblichen Vater nach dem Tod der Mutter die elterliche Sorge
nicht gemäß § 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB übertragen, gewinnt das Umgangsrecht
dieses Elternteils gemäß § 1684 BGB noch zusätzlich an Bedeutung. Demge-
genüber greift eine Umgangsregelung nicht in das verfassungsrechtlich ge-
schützte Recht der Pflegeeltern auf Fortdauer des Pflegeverhältnisses ein und
beeinträchtigt deren Rechtsstellung nicht unmittelbar. Bei der Abwägung der
widerstreitenden Interessen ist auch zu berücksichtigen, daß Art. 6 Abs. 1 und
Abs. 3 GG im Zusammenhang mit dem Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG
gesehen werden müssen, auf das sich Pflegeeltern nicht berufen können
(BVerfGE 79, 51, 60). Die Anordnung eines Umgangsrechts mit dem leiblichen
Vater greift deswegen nicht in subjektive Rechte der Pflegeeltern ein, weswe-
gen der Gesetzgeber insoweit den Pflegeeltern kein eigenes Beschwerderecht
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einräumen mußte. Denn die Interessen des Kindes sind durch den Verfahrens-
beteiligten zu 1 als dessen Sorgerechtsinhaber hinreichend geschützt.
dd) Entsprechend hat der Gesetzgeber den Pflegeeltern ausdrücklich
auch kein subjektives Recht zur Verhinderung des Umgangs mit den leiblichen
Eltern eingeräumt. Nach § 1632 Abs. 4 BGB können die Pflegeeltern eine
Verbleibensanordnung beantragen, wenn das Kind seit längerer Zeit in Famili-
enpflege lebt, von der Pflegeperson weggenommen werden soll und dadurch
das Kindeswohl gefährdet würde. Damit hat der Gesetzgeber das verfassungs-
rechtlich geschützte Recht der Pflegeeltern auf den Fall einer dauerhaften
Wegnahme des Kindes, also einer Beendigung des Pflegeverhältnisses, be-
grenzt. Die im Vergleich dazu weit geringeren Auswirkungen durch ein regel-
mäßig wiederkehrendes Umgangsrecht sollen nach dem Willen des Gesetzge-
bers demnach nicht ausreichen, um den Pflegeeltern ein Antrags- oder Be-
schwerderecht einzuräumen. Insoweit weist das Oberlandesgericht zu Recht
darauf hin, daß die Auswirkungen eines regelmäßigen Umgangsrechts jeden-
falls in erheblich geringerem Maße in das Pflegeverhältnis eingreifen als die
Übertragung des Sorgerechts mit den daraus folgenden Auswirkungen auf die
Fortdauer des Pflegeverhältnisses, für die der Senat ebenfalls ein eigenes Be-
schwerderecht der Pflegeeltern abgelehnt hat (Senatsbeschluß vom 25. August
1999 aaO). Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem leiblichen El-
ternteil ein Umgangsrecht mit seinem Kind zustehen soll, beinhaltet deswegen
keinen unmittelbaren Eingriff in eine solchermaßen geschützte Rechtsstellung
der Pflegeeltern.
Auch das Recht der Pflegeeltern, nach längerer Dauer der Familienpfle-
ge über Angelegenheiten des täglichen Lebens selbst zu entscheiden sowie
den Inhaber der elterlichen Sorge in solchen Angelegenheiten zu vertreten,
wenn dieser nicht etwas anderes erklärt (§ 1688 Abs. 1 und 3 BGB), wird durch
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eine Entscheidung zum Umgangsrecht nicht unmittelbar tangiert. Das Recht
betrifft die Ausübung des Pflegeverhältnisses in Angelegenheiten des täglichen
Lebens und erstreckt sich jedenfalls nicht auf die Vertretungsbefugnis des Pfle-
gekindes im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens über das Umgangsrecht.
Zudem steht es gemäß § 1688 Abs. 3 Satz 1 BGB stets unter dem Vorbehalt,
daß der Inhaber der elterlichen Sorge nicht etwas anderes erklärt. Die elterliche
Sorge steht deswegen nach wie vor dem Kreisjugendamt zu und wird von den
Pflegeeltern lediglich in dessen Vertretung ausgeübt (Palandt/Diederichsen
BGB 64. Aufl. § 1688 Rdn. 5). Auch das spricht gegen ein eigenes subjektives
Recht der Pflegeeltern, welches durch eine gerichtliche Umgangsregelung be-
troffen sein könnte.
ee) Die Pflegeeltern sind auch nicht allein wegen etwaiger Verfahrens-
verstöße nach § 20 Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigt, ohne daß die angefoch-
tene Entscheidung unmittelbar in ihren materiellen Rechtsbereich eingreift. Al-
lein ein Verfahrensverstoß, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht
oder beruhen kann, eröffnet die Rechtsmittelinstanz grundsätzlich nicht, denn
die Rüge eines solchen Verstoßes betrifft nicht die Zulässigkeit der Beschwer-
de, sondern deren Begründetheit. Wer in seiner materiellen Rechtsstellung vom
Ergebnis der Entscheidung nicht betroffen ist, hat deswegen grundsätzlich kein
Rechtsschutzbedürfnis, Verfahrensverstöße nachprüfen zu lassen (Keidel/
Kuntze/Winkler/Kahl aaO § 20 Rdn. 10 m.w.N.).
Hier kommt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs auch nicht in Be-
tracht, weil schon das Amtsgericht die Beschwerdeführer vor Erlaß des ange-
fochtenen Beschlusses beteiligt und angehört hatte.
ff) Letztlich folgt ein Recht der Pflegeeltern, das sie gemäß § 20 Abs. 1
FGG zur Beschwerde gegen den angefochtenen Umgangsrechtsbeschluß be-
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rechtigen könnte, auch nicht aus der Vollstreckungsmöglichkeit nach § 33 FGG.
Durch den angefochtenen Beschluß des Amtsgerichts ist den Pflegeeltern un-
mittelbar keine eigene Verpflichtung auferlegt worden. Die Entscheidung be-
schränkt sich vielmehr auf eine Regelung des Umgangsrechts mit dem Vater in
Begleitung einer von ihm zu benennenden Person. Damit richtet sich die Ent-
scheidung nicht unmittelbar gegen die Pflegeeltern und ist deswegen auch nicht
gegen diese vollstreckbar. Sie bindet vielmehr den Vormund als Sorgerechtsin-
haber und wirkt sich über diesen letztlich nur mittelbar auf die Pflegeeltern aus.
Auch insoweit greift der Beschluß nicht unmittelbar in Rechte der Pflegeeltern
ein und verleiht ihnen kein Recht zur Anfechtung.
Hahne
Sprick
Weber-Monecke
Wagenitz
Dose