Urteil des BGH vom 20.02.2003

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 384/99
Verkündet am:
20. Februar 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGB § 254 Abs. 2 Dc, § 675 a.F.; AO § 160
Belehrt der steuerliche Berater über die Anforderungen, die an Barquittungen zu
stellen sind, falsch und führt dies dazu, daß die Finanzbehörde die quittierten Beträ-
ge nicht als Betriebsausgaben anerkennt, kann die Haftung des steuerlichen Bera-
ters entfallen, wenn der Mandant die ihm möglichen und zumutbaren Angaben vor
Erlaß der nachteiligen Änderungsbescheide nicht nachholt.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - IX ZR 384/99 - OLG München
LG München I
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Kayser
für Recht erkannt:
Auf die Revision wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlan-
desgerichts München vom 14. September 1999 insoweit aufgeho-
ben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt ist.
Die Klage wird insgesamt als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Eine Angehörige des Klägers (fortan: Zedentin) betrieb nach dessen
Vortrag in den Streitjahren 1989 bis 1993 einen Handel mit gebrauchten Palet-
ten und Gitterboxen, die sie fortlaufend gegen Barzahlung ankaufte. Die ihr
über die behaupteten Kaufpreise erteilten Quittungen wurden von den Verkäu-
fern - insgesamt zwölf Personen - im Empfängerfeld des Quittungsformulars nur
mit dem Nachnamen unterzeichnet. Angaben zu den Vornamen und den An-
schriften der Zahlungsempfänger fehlen durchgängig. In ihren jährlichen Steu-
ererklärungen setzte die Zedentin unter anderem die quittierten Beträge in vol-
ler Höhe als Betriebsausgaben ab. Im Anschluß an eine im April 1996 durch-
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geführte Außenprüfung erließ das Finanzamt am 17. März 1997, 27. Mai 1997
und 13. Juni 1997 geänderte Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkom-
mensteuerbescheide. Darin ließ es die Zahlungen für den Einkauf der Paletten
und Gitterboxen in Anwendung des § 160 AO nur in Höhe von rund 20 % zum
Abzug zu, weil die Zedentin die Zahlungsempfänger nicht im Einzelnen benannt
habe. Die Zedentin hat die Änderungsbescheide angefochten; bestandskräftige
Entscheidungen liegen noch nicht vor.
Der Beklagte beriet die Zedentin seit April 1989 steuerlich. Mit Abtre-
tungsvereinbarung vom 20. Februar 1998 hat die Zedentin Schadensersatzan-
sprüche im Zusammenhang mit der steuerlichen Beratung an den Kläger abge-
treten. Dieser begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Feststellung, daß der
Beklagte verpflichtet sei, ihm denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher der Ze-
dentin an erhöhten Einkommensteuerzahlungen für die Jahre 1990 bis 1993
entstanden sei, weil er sie über den nach § 143 Abs. 3 AO notwendigen Inhalt
der Aufzeichnungen zum Wareneingang nicht unterrichtet habe.
Das Landgericht hat das im ersten Rechtszug als Leistungsklage formu-
lierte Klagebegehren als unzulässig angesehen. Das Berufungsgericht hat der
auf ein Feststellungsbegehren umgestellten Klage mit der Einschränkung ent-
sprochen, daß der Beklagte dem Kläger den Schaden zur Hälfte zu ersetzen
habe. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der
Klage.
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Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat Erfolg; die Klage ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Dem Kläger stehe der abgetretene Schadensersatzanspruch dem Grun-
de nach zu. Im ersten Beratungsgespräch am 6. April 1989 habe die Zedentin
eine Reihe von Quittungen dabei gehabt. Sie habe unter Bezugnahme hierauf
die Frage gestellt, ob die quittierten Beträge als Betriebsausgaben abgesetzt
werden könnten. Der Beklagte habe diese Frage bejaht, ohne darüber zu beleh-
ren, welche Einzelangaben nach § 143 Abs. 3 AO notwendig seien, damit das
Finanzamt die Barquittungen anerkenne. Damit habe der Beklagte seine Pflicht
zur steuerlichen Beratung verletzt. Die Zedentin treffe jedoch an der Verursa-
chung des Schadens ein Mitverschulden von 50 v.H. Die Zedentin könne auch
jetzt noch im Rahmen des steuerlichen Rechtsmittelverfahrens die Namen und
Anschriften ihrer Lieferanten benennen. Die Benennung hätte zur Folge, daß
möglicherweise keine oder nur geringere Nachforderungen auf die Zedentin
zukämen.
II.
Diese Erwägungen vermögen einen Schadensersatzanspruch des Klä-
gers gegen den Beklagten - auch einen hälftigen - nicht zu rechtfertigen.
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1. Gegen die Zulässigkeit der nur noch im Streit befindlichen Feststel-
lungsklage bestehen keine Bedenken. Soweit die Revision im Anschluß an die
landgerichtliche Entscheidung Zweifel an der Abtretbarkeit des ursprünglich
gegen den Beklagten gerichteten Befreiungsanspruchs der Zedentin an den
Kläger äußert (vgl. BGHZ 12, 136, 141; BGH, Urt. v. 12. März 1993 - V ZR
69/92, WM 1993, 1557, 1559), ist über diesen Anspruch nicht mehr zu entschei-
den. Der Schaden, der dem Beklagten angelastet wird und den der Kläger fest-
gestellt wissen will, ist mit der Bekanntgabe der nachteiligen Änderungsbe-
scheide an die Zedentin im Jahre 1997 entstanden (vgl. BGHZ 119, 69, 73;
129, 386, 388; BGH, Urt. v. 27. November 1997 - IX ZR 141/96, WM 1998, 779,
780). Der Schadensersatzanspruch konnte mithin am 20. Februar 1998 an den
Kläger abgetreten werden.
2. Der Beklagte hat als Steuerberater im Rahmen seines Auftrags seinen
Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steu-
erlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muß der
Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deswe-
gen muß er den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen
und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten. Er hat
den Mandanten in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und
Interessen wahren und eine Fehlentscheidung vermeiden zu können (BGHZ
129, 386, 396; BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 - IX ZR 153/96, WM 1998, 301,
302).
a) Betriebsausgaben, die durch Barquittungen nachgewiesen werden
sollen, werden nur unter strengen Voraussetzungen anerkannt. Nach § 160 AO
sind sie steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflich-
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tige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Empfänger genau
zu benennen. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, daß nicht nur
bei dem Steuerpflichtigen der steuermindernde Posten, sondern auch beim Ge-
schäftspartner der korrespondierende steuererhöhende oder -begründende Po-
sten berücksichtigt wird (vgl. BFH/NV 1996, 802; Tipke/Kruse, AO und FGO
16. Aufl. § 160 AO Rn. 3). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanz-
hofs gilt dies auch für Zahlungen, die den Wareneinkauf betreffen (BFH
BStBl. II 1986, 318, 320). Diese Regelung läuft auf eine Art Gefährdungshaf-
tung hinaus (vgl. BFH/NV 1993, 633, 634). Wer sich darauf einläßt, daß sein
Geschäftspartner seine Identität nicht preisgibt, oder wer seinen Gläubiger oder
Leistungsempfänger zwar kennt, ihn aber gleichwohl nicht nennt, gefährdet den
Steueranspruch, den der Fiskus gegen den Gläubiger und Empfänger hat
(BFH/NV 1999, 698, 699; Tipke/Kruse aaO). Nach Sinn und Zweck der Be-
stimmung muß die Benennung des Empfängers so genau sein, daß seine Per-
son ohne besondere Schwierigkeiten bestimmt und ermittelt werden kann. Im
Regelfall ist es daher erforderlich, daß der zutreffende (volle) Name und die
richtige Adresse angegeben werden, so daß der Empfänger ohne weiteres er-
reicht werden kann (BFH/NV 1993, 633, 634; 1996, 801, 802).
b) Nach den von der Revision hingenommenen Feststellungen des Be-
rufungsgerichts waren die im vorausgegangenen Zeitraum der Zedentin erteil-
ten Barquittungen Gegenstand der Besprechung vom 6. April 1989, sei es, daß
sie unmittelbar vorlagen, sei es, daß die Zedentin ihren Inhalt mit Worten be-
schrieben hat. In beiden Fällen hätte der Beklagte erkennen können und müs-
sen, daß die Quittierung von Barzahlungen erheblichen Umfangs auf den übli-
chen Quittungsformularen, die nicht einmal zwingend ein besonderes Feld für
die Angabe der Anschrift des Zahlungsempfängers enthalten, steuerrechtlich in
hohem Maße risikobehaftet war. Denn diese Handhabung des Wareneinkaufs
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entsprach ersichtlich nicht den Anforderungen der § 143 Abs. 3 Nr. 2, § 160
Abs. 1 AO. Der Beklagte hätte deshalb bereits im April 1989 darauf dringen
müssen, daß die Zedentin die Abwicklung ihrer Geschäfte den steuerlichen Er-
fordernissen anpaßte.
3. Dieses Versäumnis führt jedoch nicht bereits zur Haftung des Beklag-
ten. Seine Schadensersatzpflicht setzt unter anderem weiter voraus, daß der
Zedentin ein Schaden im Rechtssinne entstanden ist, also ein Nachteil infolge
des Verlustes oder der Vorenthaltung einer Vermögensposition, die ihr nach der
Rechtsordnung zustand (vgl. BGHZ 125, 27, 34; 145, 256, 259; BGH, Urt. v.
28. September 1995 - IX ZR 158/94, WM 1995, 2075, 2077). Hatte die Zedentin
nach der materiellen Rechtslage keinen Anspruch auf die Absetzung der quit-
tierten Beträge, so fehlt ein ersatzfähiger Schaden.
a) Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die
durch den Betrieb veranlaßt sind. Berücksichtigungsfähig können daher über-
haupt nur tatsächlich erbrachte Aufwendungen ("gezahlte Ausgaben") sein (vgl.
BFH BStBl. II 1981, 333, 336; BFH/NV 1993, 633, 634; Schmidt/Heinicke, EStG
20. Aufl. § 4 Rn. 472, § 11 Rn. 12 und Rn. 30 Stichwort "Barzahlung"). Steht
dagegen fest, daß die Ausgaben nicht gemacht, sondern fingiert worden sind,
ist § 160 AO nicht anwendbar. Die Nichtabzugsfähigkeit ergibt sich dann dar-
aus, daß § 4 Abs. 4 EStG nicht erfüllt ist (Kruse/Tipke aaO § 160 Rn. 4). Wie
die Revision mit Recht rügt, trifft das Berufungsgericht zu den Ausgaben der
Zedentin für Paletten und Gitterboxen keine Feststellungen. Im unstreitigen Teil
des Tatbestandes des Berufungsurteils ist hierzu lediglich ausgeführt, die Ze-
dentin betreibe einen Handel mit gebrauchten Paletten und Gitterboxen, die sie
erwerbe und weiterveräußere; in den Entscheidungsgründen knüpft das Beru-
fungsgericht unter II 3 an die "geltend gemachten Betriebsausgaben" an und
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unterstellt damit, daß den umstrittenen Barquittungen entsprechende Lieferun-
gen zugrunde lagen. Dies hatte der Beklagte in den Vorinstanzen ausdrücklich
bestritten (Schriftsätze vom 2. Juli 1998, S. 6; vom 3. Mai 1999, S. 16 f, 21; v.
13. Juli 1999, S. 7 ff). Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszuge-
hen, daß die von dem Kläger behaupteten Ausgaben nicht angefallen sind.
b) Auf dieser tatsächlichen Grundlage durfte das Berufungsgericht, was
die Revision mit Recht rügt, die von dem Kläger begehrte Feststellung nicht
aussprechen. Denn der Auftraggeber hat für einen Regreßanspruch gegen sei-
nen steuerlichen Berater Art und Höhe des geltend gemachten Schadens dar-
zulegen und gemäß § 287 ZPO zu beweisen (BGHZ 129, 386, 400; BGH, Urt.
v. 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92, WM 1993, 1513, 1516; Zugehör, WM Sonder-
beilage 4/2000 S. 19 unter b). Ohne Feststellungen zum Schaden beruht das
Berufungsurteil auf der rechtsfehlerhaften Überbürdung der Darlegungs- und
Beweislast auf den Beklagten. Es ist daher aufzuheben.
III.
Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung im Sinne einer Klageabweisung
reif, ohne daß weitere Feststellungen zu treffen sind. Insbesondere kann dahin-
stehen, ob die Zedentin - wie der Kläger unter Beweisantritt vorträgt - die im
Kassenbuch verzeichneten und durch die streitigen Barquittungen belegten
Zahlungen für Paletten und Gitterboxen tatsächlich aufgewandt hat.
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Zedentin hätte nach
Durchführung der Außenprüfung und vor Erlaß der Änderungsbescheide die
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Namen und Anschriften ihrer Lieferanten benennen können, läßt die Haftung
des Beklagten nach § 254 Abs. 2 BGB vollständig entfallen.
a) Die gegen diese Feststellung des Berufungsgerichts erhobene Gegen-
rüge greift nicht durch. Das Berufungsgericht brauchte die Zeugin F. zu
der Behauptung des Klägers nicht zu hören, der Ankauf bis Januar 1992 sei
ausschließlich über N. erfolgt und der Zeugin sei bis zu dessen Tod
im Januar 1992 unbekannt geblieben, wer als Ankäufer bei den einzelnen Ge-
schäften aufgetreten sei. Das Berufungsgericht hat nämlich weiter festgestellt,
die Zeugin sei nach dem Tod des N. von denselben Personen be-
liefert worden wie zuvor, und hat ferner berücksichtigt, daß die Zeugin - nach
dem eigenen Vorbringen des Klägers - bei dem Ankauf der Waren selbst zuge-
gen gewesen sei. Der Hinweis auf die Vertragsabwicklung bis Januar 1992
stellt deshalb die Kenntnis der Zeugin von den Namen und Anschriften der Lie-
feranten nicht in Frage.
b) Der Geschädigte hat grundsätzlich im Rahmen des § 254 BGB geeig-
nete und zumutbare Rechtsbehelfe zu ergreifen, um den ihm drohenden Scha-
den abzuwenden oder zu mindern (BGHZ 90, 17, 32; BGH, Urt. v. 23. Mai 1991
- III ZR 73/90, NJW-RR 1991, 1458; v. 20. Januar 1994 - IX ZR 46/93, WM
1994, 948, 949). Soweit der Mitverschuldensvorwurf reicht, kann das Scha-
densersatzbegehren auch in vollem Umfang unbegründet sein (vgl. BGH, Urt. v.
23. Mai 1991 aaO S. 1459). Ein die Haftung ausschließendes Mitverschulden
kann sich auch daraus ergeben, daß der Geschädigte sich darauf beschränkt,
sich gegenüber der Behörde Einwendungen vorzubehalten, ohne die von dieser
geforderten tatsächlichen Angaben nachzuholen. So liegt der Fall hier.
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c) Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 FGO ist § 160 AO im finanz-
gerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar. Daraus ergibt sich nach all-
gemeiner Auffassung unter anderem, daß der Steuerpflichtige die von der Fi-
nanzbehörde verlangte Angabe des Gläubigers oder Empfängers sogar noch
vor den Finanzgerichten nachholen kann (BFH BStBl. II 1986, 318, 320;
Klein/Rüsken aaO § 160 Rn. 31; Tipke/Kruse aaO § 96 FGO Rn. 55). Dann war
dies erst recht im Besteuerungsverfahren möglich. Die Zedentin hätte deshalb,
nachdem der Betriebsprüfer die Rechnungserstellung in der Schlußbespre-
chung der Außenprüfung vom 11. Dezember 1996 beanstandet hatte (vgl. S. 9
und 19 des vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Berichts über die Au-
ßenprüfung vom 13. Dezember 1996), die Empfänger der Betriebsausgaben
auf das Verlangen der Finanzbehörde hin mit vollem Namen und der Adresse
so genau bezeichnen müssen, daß sie ohne eigene (zusätzliche) Ermittlungen
der Finanzbehörde hätten festgestellt werden können (vgl. BFH/NV 1993, 633,
634; 1996, 801, 802; BFH BStBl. II 1996, 51, 52; Klein/Rüsken aaO § 160
Rn. 7; Tipke/Kruse aaO § 160 AO Rn. 16). Die Angaben waren, weil sie ohne
weiteres nachgeholt werden konnten, auch erfolgversprechend.
d) Sie waren der Zedentin auch zumutbar. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs begründet der Einkauf von Waren, die von einer namentlich
nicht bekannten Person geliefert wurden, den Verdacht auf Schwarzmarktge-
schäfte und legt die Annahme nahe, daß die Nichtbenennung des Empfängers
der Zahlungen diesem die Nichtversteuerung seiner Gewinne sichern soll (vgl.
BFH BStBl. II 1986, 318, 320; Tipke/Kruse aaO § 160 Rn. 8). Dies gilt insbe-
sondere dann, wenn die Gesamtheit der streitigen Zahlungen - wie hier mit ca.
2 Mio. DM in dem Zeitraum von vier Jahren - so hoch liegt, daß mögliche Steu-
erverkürzungen gewichtiger zu bewerten sind als der Arbeitsaufwand des Steu-
erpflichtigen bei der Benennung der Empfänger (hier: zwölf Personen) und als
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das Interesse dieser Empfänger, ihre Wohnsitzfinanzämter nicht zu unterrichten
(vgl. BFH BStBl. II 1989, 995, 996). Besondere Umstände, die das Verlangen
nach Empfängerbenennung ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen
(vgl. hierzu Kruse/Tipke aaO § 160 Rn. 11 f), wurden von dem Kläger in den
Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Insbesondere entbinden ungewöhnliche
Marktverhältnisse und allgemeine Unsitten den Steuerpflichtigen nicht davon,
sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs zu
richten, sich notfalls im nachhinein über die Identität der Zahlungsempfänger zu
vergewissern und diese den Finanzbehörden preiszugeben (vgl. BFH BStBl. II
1989, 995, 996).
2. Daran ändert es im Ergebnis nichts, daß Feststellungen zu der Höhe
der von dem Kläger behaupteten Aufwendungen für den Einkauf der Paletten
und Gitterboxen fehlen. Die Frage, ob dem Mandanten infolge eines Bera-
tungsfehlers ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, hat der Regreßrichter
grundsätzlich unter Einbeziehung der im maßgebenden Zeitpunkt geltenden
höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden (BGHZ 145, 256, 261 ff).
Nach der danach einschlägigen ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanz-
hofs, die schon zu der Vorgängervorschrift des § 205a RAO entwickelt wurde
(vgl. BFHE 70, 447, 448 f; 128, 1, 4; BFH BStBl. II 1981, 333, 336), ist es für die
Anwendung des § 160 AO unerheblich, ob das Finanzamt oder das Finanzge-
richt von der Verausgabung der geltend gemachten Aufwendungen überzeugt
ist oder nicht (vgl. BFHE 128, 1, 4; BFH BStBl. II 1989, 995, 996; 1998, 51, 53;
BFH/NV 1993, 633, 634; BT-Drucks. VI 1982 S. 146; Kruse/Tipke aaO § 160
Rn. 4).
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IV.
Der Senat hat daher in der Sache abschließend zu entscheiden (§ 565
Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Die Klage ist als unbegründet abzuweisen. Der Senat
ist an der getroffenen sachlichen Entscheidung nicht durch den vorausgegan-
genen Verfahrensgang gehindert. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs kann das Rechtsmittelgericht ein die Klage als unzulässig
abweisendes Prozeßurteil auch dann durch ein sachabweisenden Urteil erset-
zen, wenn nur der Kläger das (erste) Rechtsmittel eingelegt hat. Denn durch die
Abweisung der Klage als unzulässig ist dem Kläger keine Rechtsposition ir-
gendwelcher Art zuerkannt worden (BGHZ 23, 36, 50; BGH, Urt. v. 21. April
1988 - VII ZR 372/86, NJW 1988, 1982, 1983).
Kreft Kirchhof Fischer
Ganter Kayser