Urteil des BGH vom 08.06.2010

BGH (wiedereinsetzung in den vorigen stand, zpo, schuldner, durchführung, partei, rücknahme, unterlagen, bezug, treuhänder, rechtsmittelfrist)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZA 15/08
vom
8. Juni 2010
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 8. Juni 2010
beschlossen:
Der Antrag des Schuldners auf Gewährung von Prozesskostenhil-
fe für die Einlegung und Durchführung der Rechtsbeschwerde ge-
gen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bochum
vom 17. März 2008 wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Schuldner begehrt Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Rechts-
beschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bo-
chum vom 17. März 2008. Mit diesem Beschluss wurde die sofortige Be-
schwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom
1. Oktober 2007 zurückgewiesen, die sich gegen die auf § 298 InsO gestützte
Versagung der Restschuldbefreiung richtete. Der Treuhänder hat seinen Ver-
sagungsantrag mit Schriftsatz vom 27. März 2008 zurückgenommen und hierzu
ausgeführt, der Schuldner habe die noch ausstehende Treuhändervergütung
zwischenzeitlich bezahlt.
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II.
Der Prozesskostenhilfeantrag des Schuldners ist abzulehnen. Die beab-
sichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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Die vom Schuldner angestrebte Einlegung einer Rechtsbeschwerde
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt wäre unzulässig. Die
Rechtsbeschwerdefrist nach § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist abgelaufen. Eine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO kommt nicht in Be-
tracht, weil die Fristversäumnis verschuldet ist. Der Schuldner hat innerhalb der
laufenden Rechtsbeschwerdefrist die nach § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO erforderli-
chen Unterlagen nicht vorgelegt und weder auf einen etwa in der Vorinstanz
vorgelegten Vordruck Bezug genommen noch unmissverständlich mitgeteilt,
dass seitdem keine Änderungen eingetreten sind (BGHZ 148, 66, 69 ff; BGH,
Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 221/02, NJW 2002, 2793). Einer Partei, die vor
Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechts-
mittels beantragt hat, ist nur dann wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist
Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise
nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftig-
keit rechnen musste, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, die
wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe
dargetan zu haben. Von einer ordnungsgemäßen Darlegung dieser Vorausset-
zungen darf eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausgehen, die weder den
nach § 117 Abs. 4 ZPO erforderlichen Vordruck vorgelegt noch auf etwaige
Prozesskostenhilfe-Unterlagen aus den Vorinstanzen Bezug genommen und
dies auch nicht mit der Erklärung verbunden hat, dass sich seither nichts ver-
ändert habe (BGHZ 148, 66, 69; BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002, aaO S. 2794; v.
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9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03, ZVI 2003, 600, 601; v. 6. Juli 2006 - IX ZA 10/06,
FamRZ 2006, 1522, 1523). Das darin liegende Verschulden seines Prozessbe-
vollmächtigten ist dem Schuldner nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (BGHZ
148, 66, 70 f; BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002, aaO S. 2794).
Im Übrigen gibt der Senat den Hinweis, dass mit der Rücknahme des
Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung durch den Treuhänder die vom
Amtsgericht ausgesprochene und vom Landgericht bestätigte Versagung ge-
genstandslos geworden sein dürfte. Auf das Verfahren über die Versagung der
Restschuldbefreiung, das kontradiktorisch ausgestaltet ist, findet gemäß § 4
InsO grundsätzlich die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO Anwendung (vgl.
MünchKomm-InsO/Ganter, InsO 2. Aufl. § 4 Rn. 54; FK-InsO/Schmerbach, In-
sO 5. Aufl., § 4 Rn. 17). Nach dem gesetzlichen Regelfall des § 269 Abs. 3
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Satz 1 ZPO ist eine Rücknahme bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entschei-
dung möglich.
Ganter Kayser Gehrlein
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 01.10.2007 - 80 IN 106/02 -
LG Bochum, Entscheidung vom 17.03.2008 - 10 T 86/07 -