Urteil des BGH vom 10.12.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 111/09
vom
10. Dezember 2009
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZVG § 83 Nr. 6, § 100; GG Art. 101 Satz 2, GVG § 16 Satz 2, RPflG § 8
a) Die Vorschriften über den gesetzlichen Richter sind auf Rechtspfleger weder
unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
b) Aus den Bestimmungen des Rechtspflegergesetzes ergibt sich nicht, dass
die Verteilung der von den Rechtspflegern zu erledigenden Geschäfte im
Voraus nach einem abstrakt-generellen Maßstab bestimmt sein muss. Die
Übertragung bestimmter Geschäfte an den Rechtspfleger durch Anordnung
im Einzelfall (ad hoc) ist zulässig.
BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - V ZB 111/09 - LG Aachen
AG
Aachen
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Dezember 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Aachen vom 8. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
1.200.000 €.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 2 betrieb seit September 2007 die Zwangsversteigerung
des im Eingang des Beschlusses bezeichneten, mit einem Studentenwohnheim
bebauten Grundstücks in A. , dessen Verkehrswert auf 1.718.000 € fest-
gesetzt wurde. Eigentümer war der Beteiligte zu 1.
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In dem Versteigerungstermin vom 11. November 2008, der von der zu-
ständigen Rechtspflegerin durchgeführt wurde, blieb der Beteiligte zu 3 Meist-
bietender mit einem Gebot von 1.200.000 €.
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In dem zur Verkündung des Zuschlags bestimmten Termin erschien der
Beteiligte zu 1 und legte einen wenige Tage zuvor abgeschlossenen notariellen
Kaufvertrag vor, mit dem er das zu versteigernde Grundstück an einen Dritten
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zu einem Preis von 1.240.000 € verkauft hatte. Die Rechtspflegerin bestimmte
einen neuen Termin zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag. Die
Beteiligte zu 2 erklärte, dass sie keine Löschungsbewilligung für die für sie ein-
getragene Grundschuld von 1.800.000 € zzgl. Zinsen erteilen werde. Auf Grund
eines Befangenheitsantrags des Beteiligten zu 1 gegen die Rechtspflegerin
wurde der Termin zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag mehr-
fach, zuletzt auf den 20. Januar 2009 verlegt.
Die Rechtspflegerin war vom 16. Januar 2009 bis zum 22. Januar 2009
erkrankt. Der für die Zwangsvollstreckungen bei dem Amtsgericht A. zu-
ständige Gruppenleiter erließ am 16. Januar 2009 eine Anordnung, nach der er
in den Verfahren mit der Endziffer 6 (zu denen u.a. diese Sache gehörte) die
Rechtspflegerin vertrat und schlug mit Beschluss vom 20. Januar 2009 das
Grundstück dem Beteiligten zu 3 zu.
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Das Landgericht hat die Zuschlagsbeschwerde des Beteiligten zu 1 zu-
rückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte
zu 1 seinen Antrag weiter, den Zuschlag zu versagen.
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II.
Das Beschwerdegericht meint, dass der Schuldner zwar weder dem ge-
setzlichen Richter noch dem gesetzlichen Rechtspfleger entzogen werden dürfe
und daher alle Entscheidungen - soweit sie nicht nur von untergeordneter Be-
deutung seien - von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Rechts-
pfleger getroffen werden müssten. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze liege
hier aber nicht vor.
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Es sei nicht zu beanstanden, dass die Verteilung der Geschäfte der
Rechtspfleger am Amtsgericht A. nach einer allgemeinen Verwaltungsvor-
schrift des Justizministeriums des Landes (vom 13. Oktober 1976 – 3012 – I B.
11 – JMBl. NW 1976, 242) durch eine Anordnung der Direktorin des Amtsge-
richts bestimmt worden sei, die jedoch nur die Verteilung der Geschäfte und
regelmäßige Vertretung der Rechtspfleger regele, die Bestimmung der Vertre-
tung bei einer außergewöhnlichen Verhinderung (wie Krankheit) aber dem zu-
ständigen Gruppenleiter überlasse. Die Vertretung der erkrankten Rechtspfle-
gerin sei daher zulässigerweise durch eine von der allgemeinen Vertretungsre-
gelung abweichende Verfügung des Gruppenleiters geregelt worden, der da-
nach (auch) für dieses Verfahren zuständig gewesen sei.
III.
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und
auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
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Der von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Versa-
gungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG besteht nicht. Der angefochtene Beschluss ist
im Ergebnis deshalb richtig, weil Entscheidungen eines Rechtspflegers auch
dann nicht unwirksam sind, wenn die Regelung zur Verteilung der Geschäfte
der Rechtspfleger an dem Gericht nicht den für die Bestimmung des gesetzli-
chen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG) geltenden
Grundsätzen entspricht.
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1. In einem Rechtsmittelverfahren ohne Sachprüfung aufzuheben sind al-
lein die Entscheidungen eines funktionell unzuständigen Rechtspflegers, der in
einem dem Richter vorbehaltenen Geschäft tätig geworden ist (vgl. BGH,
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Beschl. v. 2. Juni 2005, IX ZB 287/03, NJW-RR 2005, 1299; OLG München,
Rpfleger 2006, 263). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil der Zuschlagsbe-
schluss zu den dem Rechtspfleger übertragenen Geschäften nach dem Gesetz
über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung gehört (§ 3 Nr. 1
Buchstabe i RPflG). Ob eine funktionelle Unzuständigkeit auch dann anzuneh-
men ist, wenn der (hier durch Erteilung des Zuschlags) entscheidende Rechts-
pfleger von dem Präsidenten oder Direktor des Gerichts mit Angelegenheiten
der Zwangsvollstreckung gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 RPflG überhaupt nicht betraut
worden ist (so OLG Frankfurt, NJW 1968, 1289), bedarf hier deshalb keiner
Entscheidung, weil der Gruppenleiter nach dem von der Direktorin des Amtsge-
richts aufgestellten Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2009 als Rechtspfle-
ger mit Zwangsvollstreckungssachen in das unbewegliche Vermögen betraut
war.
2. Der Zuschlagsbeschluss ist nicht – wie aber die Rechtsbeschwerde
meint – deshalb aufzuheben, weil die Verteilung der Geschäfte der Rechtspfle-
ger in dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts A. für das Jahr
2009 nicht durchgängig allgemein geregelt worden ist, sondern in besonderen
Fällen (Erkrankung) dem zuständigen Gruppenleiter überlassen wurde.
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a) Richtig ist nur der Ausgangspunkt der Rechtsbeschwerde, dass eine
solche Regelung zur Verteilung der richterlichen Geschäfte nach Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG unzulässig wäre. Die Justiz darf nicht dadurch einer Manipu-
lation der rechtsprechenden Organe nach sachfremden Gesichtspunkten aus-
gesetzt werden, dass im Einzelfall durch die Auswahl des zur Entscheidung
berufenen Richters auch das Ergebnis beeinflusst werden kann (vgl. BVerfGE
17, 294, 299; 95, 322, 327). Wenn eine Geschäftsverteilung eine Bestimmung
des zuständigen Richters durch eine ad hoc getroffene Entscheidung zulässt,
ist diese auf ein Rechtsmittel ohne Sachprüfung aufzuheben (vgl. BGH, Urt. v.
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25. März 2009, XII ZR 75/06, NJW-RR 2009, 1220, 1221). Dasselbe müsste
man für den Zuschlagsbeschluss annehmen, wenn – wovon das Beschwerde-
gericht ausgegangen ist – diese Grundsätze auch für die Verteilung der den
Rechtspflegern übertragenen Geschäfte gelten würden.
b) Das ist jedoch nicht der Fall. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und § 16
Satz 2 GVG sind hier weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
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aa) Die genannten, für Richter geltenden Vorschriften sind auf Rechts-
pfleger schon deswegen nicht unmittelbar anzuwenden, weil Rechtspfleger
nicht Richter im Sinne des Verfassungsrechts und des Gerichtsverfassungs-
rechts sind (BVerfGE 56, 110, 127; 101, 397, 405; BayVerfGH NJW 1982,
1746; vgl. auch: BGH, Urt. v. 5. Okt. 2006, III ZR 283/05, NJW 2007, 224, 226;
Urt. v. 22. Januar 2009, III ZR 172/08, Rpfleger 2009, 335, 336).
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bb) Die für die Geschäftsverteilung unter den Richtern geltenden Grund-
sätze sind auf die Geschäfte der Rechtspfleger - anders als die Rechtsbe-
schwerde meint - auch nicht entsprechend anzuwenden.
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(1) Einer analogen Anwendung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auf den
Rechtspfleger steht entgegen, dass diesem die durch Art. 97 Abs. 1 und 2 GG
dem Richter garantierte sachliche und persönliche Unabhängigkeit fehlt (vgl.
BVerwGE 125, 365, 369; Bassenge/Roth, FamFG/RPflG, 12. Aufl., vor § 1
RPflG Rdn. 14; Dallmayer/Eickmann, RPflG, § 1 Rdn. 70; Herbst, RPflG, Einl.
Anm. III.1; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, 4. Aufl., Rdn. 295; Wolf, ZZP
Bd. 99 [1986], 361, 397; a.A. Schorn, Rpfleger 1957, 267, 268; Stöber, ZVG,
19. Aufl., Einl. Rdn. 47.1; wohl auch: Heß/Vollkommer, JZ 2000, 785, 786).
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(2) Die Rechtspfleger üben als Rechtspflegeorgane eigener Art gegen-
über den Bürgern auch keine rechtsprechende Gewalt im Sinne des Art. 20
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Abs. 2 Satz 2, Art. 92 GG aus (so jedoch Habscheid, RpflBl 1974, 39, 43; Lin-
dacher, RpflBl 1976, 6, 9; Huhn, RpflBl 1976, 12, 14; Herrmann, Rpfleger 2007,
20, 21). Das wäre nämlich nach dem Vorstehenden bei Beibehaltung des be-
amtenrechtlichen Status des Rechtspflegers verfassungsrechtlich unzulässig
(Wolf, ZZP Bd. 99 [1986], 361, 381) und trifft auch in der Sache nicht zu (Brüg-
gemann, JR 1965, 81, 83; Kissel, Rpfleger 1984, 445, 449). Die Entscheidun-
gen des Rechtspflegers sind zwar Teil der Rechtspflege, gehören jedoch zur
öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG, die - soweit sie in Rechte
des Bürgers eingreifen - nicht von einem Richter getroffen werden, sondern al-
lein in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einer Überprüfung durch einen
Richter zugänglich sein müssen (BVerfGE 101, 397, 407).
Das gilt auch für den von dem Rechtspfleger erlassenen Zuschlagsbe-
schluss, der, obwohl er das Eigentum bei dem Ersteher entstehen lässt (§ 90
Abs. 1 ZVG) und der Rechtskraft fähig ist (BGH, Urt. v. 19. Oktober 1959,
VII ZR 68/58, WM 1960, 25, 26; Urt. v. 15. Mai 1986, IX ZR 2/85, NJW-RR
1986, 1115, 1116; Senat, Beschl. v. 1. Oktober 2009, V ZB 37/09, Rz. 8 – juris),
keine Ausübung von Rechtsprechung im materiellen Sinne, sondern eine ho-
heitliche Entscheidung des Vollstreckungsgerichts als zuständiger Behörde ist.
Die Zwangsversteigerung könnte auch von anderen Vollstreckungsbeamten,
Notaren oder Behörden - wie es vor 1900 vor allem in den süddeutschen Län-
dern und bis zum 30. Juni 2007 für die Versteigerungen nach §§ 19, 53 ff. WEG
der Fall war - ausgeübt werden. Die Zwangsversteigerung wurde allein aus
Gründen der Zweckmäßigkeit den Vollstreckungsgerichten als der für die
Durchführung der Versteigerung am besten geeigneten Behörde zugewiesen
(Motive zum Entwurf des ZVG von 1889, S. 119 f.). Anderes ergibt sich (entge-
gen Gaul Rpfleger 1971, 41, 47) auch nicht aus dem Satz in früheren Entschei-
dungen, dass der Zuschlagsbeschluss die Bedeutung eines Richterspruchs ha-
be, der für die Rechtsstellung des Erstehers und die Wirkungen, die durch den
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Zuschlag an den Rechten der Beteiligten eintreten, bestimmend sei (RGZ 138,
125, 127; Senat, BGHZ 53, 47, 50). Das betraf die Rechtsfolgen der Zu-
schlagsentscheidung, die damals dem Richter zugewiesen war, die jedoch in
Bezug auf die Rechte der Beteiligten nicht anders zu beurteilen ist als ein Ent-
eignungsbeschluss einer Behörde nach §§ 112, 113 BauGB. Rechtsprechung
ist - wie bei anderen Entscheidungen des Rechtspflegers auch - nicht die Zu-
schlagsentscheidung, sondern die Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit
nach einem Rechtsbehelf eines Beteiligten (vgl. BVerfGE 101, 397, 407).
c) Auch aus den Bestimmungen des Rechtspflegergesetzes ergibt sich
nicht, dass die Verteilung der Geschäfte der Rechtspfleger - wie in dem nach
§ 21e GVG für die richterliche Geschäftverteilung erlassenen Plan - abstrakt-
generell bestimmt sein muss, womit ad hoc Zuweisungen von Geschäften unzu-
lässig wären.
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aa) Das entspricht der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung
(BVerwGE 19, 112, 116; 125, 365, 368; OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 274) und
im Schrifttum (Bassenge/Roth, FamFG/RPflG, 12. Aufl., § 2 RPflG Rdn. 10;
Brüggemann, JR 1965, 81, 83; Herbst, RPflG, § 2 Anm. 3). Die Verteilung der
Geschäfte zwischen den Rechtspflegern nach § 2 Abs. 1 Satz 1 RPflG erfolgt
durch einen kollektiven Justizverwaltungsakt des Gerichtspräsidenten oder
-direktors als Behörde der Justizverwaltung, die dieser jederzeit ändern kann
(BVerwGE 19, 112, 116; 125, 365, 368) und die auch ad hoc Zuweisungen von
Geschäften zulässt (OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 274).
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Nach anderer Ansicht soll § 2 Abs. 1 Satz 1 RPflG zwar für die Verteilung
der Geschäfte der Rechtspfleger nicht einschlägig sein und das Rechtspfleger-
gesetz eine Lücke enthalten, die auf Grund der Bestimmungen über die sachli-
che Unabhängigkeit des Rechtspflegers (§ 9 RPflG), die Anwendung der für die
Ausschließung und Ablehnung von Richtern geltenden Vorschriften (§ 10
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RPflG) und der Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers
(§ 11 RPflG) durch eine entsprechende Anwendung der für die Geschäftsvertei-
lung unter Richtern geltenden Grundsätze geschlossen werden müsse (Herr-
mann/Hintzen in Meyer-Stolte/Herrmann/Hintzen/Rellermeyer, RPflG, 7. Aufl.,
§ 2 Rdn. 61 f.; Dallmayer/Eickmann, RPflG, § 1 Rdn. 82; Ule, Der Rechtspfleger
und sein Richter, Rdn. 113 bis 115).
bb) Der Senat hält jedoch an der herrschenden Ansicht fest. Den einzel-
nen Verweisungen im Rechtspflegergesetz auf die für Richter geltenden gesetz-
lichen Bestimmungen lässt sich kein allgemeiner Rechtsgedanke entnehmen,
nach dem auf die dem Rechtspfleger übertragenen Geschäfte die für die
Rechtsprechung der Richter geltenden Grundsätze (einschließlich derjenigen
für die Verteilung der richterlichen Geschäfte) entsprechend anzuwenden wä-
ren. § 10 RPflG nimmt zwar für den Ausschluss und die Ablehnung des Rechts-
pflegers auf die für Richter geltenden Vorschriften Bezug; ähnliche Grundsätze
gelten nach §§ 20, 21 VwVfG jedoch auch in den Verwaltungsverfahren. Die
sachliche Unabhängigkeit der Rechtspfleger nach § 9 RPflG zwingt ebenfalls
nicht zu einer analogen Anwendung der für die Geschäftsverteilung der Richter
geltenden Vorschriften, weil auch Beamte nach besonderen gesetzlichen Be-
stimmungen frei von Weisungen sachlich unabhängig zu entscheiden haben
(vgl. dazu: Battis, BBG, 4. Aufl., § 62 Rdn. 6) und es dennoch in solchen Fällen
- wie bspw. im Prüfungsrecht - keinen Anspruch des Beteiligten auf einen ge-
setzlichen, nach abstrakt allgemeinen Regeln bestimmten und nicht durch An-
ordnung des Dienstvorgesetzten im Einzelfall bestimmten Beamten gibt (vgl.
BVerwGE 30, 172, 178; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 20 Rdn. 64).
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Eine Regelungslücke im Rechtspflegergesetz in Bezug auf die Ge-
schäftsverteilung ergibt sich schließlich auch nicht aus der durch das Dritte Ge-
setz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes vom 6. August 1998 (BGBl. I
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2030) geänderten Vorschrift über die Rechtsmittel (§ 11 RPflG). Vielmehr ist der
Umkehrschluss geboten. Der Gesetzgeber hat zwar die Stellung des Rechts-
pflegers als eines eigenständigen Organs der Rechtspflege durch Abschaffung
der Durchgriffserinnerung gestärkt, so dass nunmehr dasselbe Rechtsmittel wie
bei einer Entscheidung durch den Richter gegeben ist (BT-Drucks. 13/10244, 5,
7). Eine Gleichstellung mit den Richtern bei der Geschäftsverteilung durch Ein-
fügen einer dem § 21e GVG vergleichbaren Bestimmung in das Rechtspfleger-
gesetz hat er jedoch gerade nicht vorgenommen, obwohl die Diskussion dar-
über seit Jahrzehnten geführt wird und von den Verbänden der Rechtspfleger
eine dem § 21e GVG entsprechende Regelung der Geschäftsverteilung durch
ein Rechtspflegerpräsidium gefordert worden ist und wird (dazu Herr-
mann/Hintzen in Meyer-Stolte/Herrmann/Hintzen/Rellermeyer, RPflG, 7. Aufl.,
§ 2 Rdn. 63).
3. Keinen rechtlichen Bedenken begegnen die - von der Rechtsbe-
schwerde auch nicht angegriffenen - Ausführungen des Beschwerdegerichts,
dass auch ein Rechtspfleger, der nicht den Versteigerungstermin durchgeführt
hat, den Zuschlagsbeschluss erlassen kann, weil diese Entscheidung nicht auf
Grund einer mündlichen Verhandlung, sondern auf der Grundlage des Verstei-
gerungsprotokolls ergeht (LG Aachen Rpfleger 1986, 59; Stöber, ZVG,
19. Aufl., § 87 Rdn. 3.10).
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IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in
dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde nicht als Parteien im Sinne der
Zivilprozessordnung gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381 m.w.N.).
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Der Gegenstandswert ist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert
des Zuschlags zu bestimmen, dessen Aufhebung beantragt ist. Dessen Wert ist
gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Meistgebot zu bemessen (vgl. Se-
nat, Beschl. v. 5. Oktober 2006, V ZB 168/05, AGS 2007, 99, 100).
Krüger Klein
Stresemann
Czub
Roth
Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 20.01.2009 - 18 K 246/07 -
LG Aachen, Entscheidung vom 08.06.2009 - 3 T 47/09 -