Urteil des BGH vom 05.12.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 73/12
Verkündet am:
5. Dezember 2013
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 823 Abs. 2 Bf; KWG § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1; § 32 Abs. 1
a) Eine nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtige Anlagevermittlung im Sin-
ne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG ist jede final auf den Abschluss von
Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstru-
menten gerichtete Tätigkeit. Eine solche liegt schon dann vor, wenn der
Vermittler den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend
vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu
unterschreiben und abzusenden hat oder wenn der Vermittler nach einer
Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege weiterlei-
tet.
b) Zur Darlegungslast eines Anlagevermittlers im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz
2 Nr. 1 KWG, der geltend macht, seine Tätigkeit sei aufgrund von § 2 Abs.
6 Satz 1 Nr. 8 KWG nicht erlaubnispflichtig, weil sie sich lediglich auf sol-
che (ausländischen) Anteile beziehe, die nach dem Investmentgesetz öf-
fentlich vertrieben werden dürften.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/12 - OLG Frankfurt/Main
LG Wiesbaden
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr.
Herrmann, Wöstmann, Seiters und Reiter
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesge-
richts Frankfurt am Main - 3. Zivilsenat - vom 8. Februar 2012 auf-
gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten, ein mit Vermögensanlagen befasstes
Unternehmen (Beklagte zu 1) und deren Geschäftsführer (Beklagter zu 2), aus
abgetretenem Recht ihres Ehemanns wegen ihrer Auffassung nach unbefugter
und fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Zedent unterhielt im Mai 2006 ein von der D. B. verwalte-
tes Depot. Der Beklagte zu 2, der für die Beklagte zu 1 handelte, riet ihm, seine
bisherigen Anlagen aufzulösen und anderweitig zu investieren. Zu diesem
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Zweck wurde für den Zedenten ein Depot bei einem anderen Geldinstitut eröff-
net. Zwischen August 2006 und April 2007 erteilte er auf Empfehlung des Be-
klagten zu 2 Kaufaufträge über Anteile an verschiedenen Fonds. Im Mai 2008
verkaufte der Ehemann der Klägerin auf Anraten des Beklagten zu 2 sämtliche
Fondsanteile und investierte den Erlös in den Dachfonds "I. F. M.
", als dessen Verwaltungsratsvorsitzender der Beklagte zu 2 tätig war, der
zugleich Alleingesellschafter und Vorstand der Initiatorin und Beraterin dieses
Fonds war.
Nach einem dramatischen Wertverfall des "I. F. M. " emp-
fahl der Beklagte zu 2 dem Zedenten im Oktober 2008, einen Großteil der
Fondsanteile wieder zu veräußern. Daraufhin verkaufte dieser 60 % seiner An-
teile und investierte den Erlös in die Fonds K. US-G. F. , S.
I. , g. -g. und H. -US A. R. F.
EUR.
Ende 2008 betrug der Wert der verbliebenen Fondsanteile - bei einer
Gesamtinvestition von 1
11.384 € - nur noch 43.715,25 €. Aus dem Verkauf der
bei ihm verbliebenen Anteile an dem "I. F. M. " erzielte er im Juli
2009 nur noch 13.877,04 €.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagten hätten die Anlagebera-
tung nicht vornehmen dürfen, weil diese nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflich-
tig gewesen sei, die Beklagte zu 1 jedoch, wie unstreitig ist, über eine Erlaubnis
der zuständigen Behörde nicht verfügt habe. Überdies sei die Beratung fehler-
haft gewesen. Sie verlangt von den Beklagten Schadensersatz in Höhe der in-
vestierten 111.384 € zuzüglich entgangener Zinsen abzüglich der verbliebenen
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13.877,04 € Zug um Zug gegen Abtretung der vorgenannten, von dem Zeden-
ten weiterhin gehaltenen Fondsanteile.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Se-
nat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des ange-
fochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vor-
instanz.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die vom Zedenten getroffenen An-
lageentscheidungen und die eingetretenen Verluste hätten ihre Ursache nicht in
falschen oder unvollständigen Auskünften oder falscher Anlageberatung durch
den Beklagten zu 2. Zwar habe zwischen dem Ehemann der Klägerin und den
Beklagten ein Anlageberatungsvertrag bestanden. Der Zedent sei jedoch ein
erfahrener Anleger gewesen, der bereits zuvor eine risikogeneigte Strategie
verfolgt habe. Dass er von den Beklagten eine konservative und sichere Anla-
gestrategie gewünscht habe, sei nicht bewiesen. Die Vernehmung des Zeden-
ten habe hierzu keine klare Erkenntnis erbracht.
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 32 KWG beste-
he ebenfalls nicht, auch wenn diese Vorschrift ein Schutzgesetz im Sinne von
§ 823 Abs. 2 BGB sei. Die Beklagten hätten sich auf den Ausnahmetatbestand
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des § 2 Abs. 6 Nr. 8 KWG berufen. Die Klägerin habe zwar dessen Vorausset-
zungen bestritten. Der Geschädigte trage für die Verletzung eines Schutzgeset-
zes aber die volle Beweislast. Entsprechenden Beweis habe die Klägerin je-
doch nicht angetreten.
Dass die Beklagten unter anderem den Verkauf der im Depot des Zeden-
ten bei der D. B. befindlichen Aktien empfohlen und vorbereitet hät-
ten, sei lediglich eine Folge der erbetenen Umstrukturierung. Der Zedent sei
selbst mit diesem Depotbestand nicht mehr zufrieden gewesen, und es habe
sich bei der Veräußerung damit um eine Vorbereitungshandlung für die eigene
Anlageberatung der Beklagten gehandelt. Auch bei Kenntnis einer etwa fehlen-
den Erlaubnis wäre damit von einem Einverständnis des Ehemanns der Kläge-
rin auszugehen gewesen. Im Übrigen fehle es somit an der Kausalität einer et-
waigen Gesetzesverletzung für den eingetretenen Schaden.
II.
Dies hält, wie die Revision mit Recht rügt, der rechtlichen Nachprüfung in
mehreren Punkten nicht stand.
1.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Schadensersatzan-
spruch der Klägerin gegen beide Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32
Abs. 1 KWG (für die Beklagte zu 1 i.V.m. § 31 BGB) nach den bisherigen Stand
der Feststellungen nicht auszuschließen.
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Nach § 32 Abs. 1 KWG benötigt die Erlaubnis der Bundesanstalt für Fi-
nanzdienstleistungsaufsicht unter anderem, wer im Inland in einem Umfang, der
einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Fi-
nanzdienstleistungen erbringt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich, wie das
Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, um ein Schutzgesetz im
Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten des einzelnen Kapitalanlegers (st.
Rspr. z.B.: Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05, BGHZ 166, 29
Rn. 17 a.E.; Senat, Versäumnisurteil vom 21. April 2005 - III ZR 238/03, NJW
2005, 2703 f mwN; BGH, Urteil vom 19. März 2013 - VI ZR 56/12, WM 2013,
874 Rn. 10 f mwN).
a) Mangels entgegen stehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist
im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Beklagten
zu 1, wie sie zunächst selbst nicht bestritten hat, eine Finanzdienstleistung im
Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG beziehungsweise des § 1 Abs. 1a
Satz 2 Nr. 1 und 1a KWG (in der für den Umtausch im Oktober 2008 maßgebli-
chen Fassung vom 16. Juli 2007) darstellte und damit grundsätzlich gemäß
.
in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776)
lediglich die Anlagevermittlung und nicht, wie seit der Änderung des Gesetzes
durch Art. 3 Nr. 2 des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 16. Juli
2007 (BGBl. I S. 1330), auch die Anlageberatung erfasst. Der Begriff der Anla-
gevermittlung im Gesetz über das Kreditwesen unterscheidet sich jedoch von
demjenigen des bürgerlichen Rechts (siehe zu den Pflichten eines Anlagever-
mittlers im Sinne des Zivilrechts z.B. Senatsurteile vom 5. März 2009 - III ZR
17/08, WM 2009, 739 Rn. 11 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ
158, 110, 116). Anlagevermittlung nach dem Gesetz über das Kreditwesen ist
jede final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und die Ver-
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äußerung von Finanzinstrumenten gerichtete Tätigkeit (Merkblatt der Bundes-
anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - Hinweise zum Tatbestand der Anla-
gevermittlung, Stand 24. Juli 2013, abrufbar unter http://www.bafin.de; Schäfer
in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., KWG § 1 Rn. 122, 122a;
Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, KWG, 2. Aufl. § 1 Rn. 83). So liegt
eine erlaubnispflichtige Anlagevermittlung schon dann vor, wenn der Vermittler
den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend vorbereitet und
abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und
abzusenden hat (VGH Kassel NJW 2003, 3578, 3579) oder wenn der Vermittler
nach einer Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege
weiterleitet (Schäfer aaO Rn. 122a; weitergehend: Bundesanstalt für Finanz-
dienstleistungsaufsicht; Reschke in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Stand Mai
2011, § 1 Rn. 528 und Schwennicke aaO, die sogar eine Botentätigkeit ausrei-
chen lassen). Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist davon auszuge-
hen, dass die Beklagten solche Tätigkeiten entfaltet haben.
Das vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten angeführte Urteil des
VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2012 (VI ZR 166/11, NJW
2012, 3177) widerspricht dem nicht. Zwar hat der VI. Zivilsenat in der von ihm
entschiedenen Sache für das Vorliegen einer Anlagevermittlung im Sinne des
KWG, anknüpfend an das in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG enthaltene Tatbe-
standsmerkmal "oder deren Nachweis", für erforderlich gehalten, dass die dorti-
ge Beklagte eine Tätigkeit als Nachweismakler ausübte (aaO Rn. 13). Jedoch
stand in jener Sache neben einer Maklertätigkeit lediglich eine Anlageberatung
in Rede, die im maßgeblichen Zeitraum noch nicht erlaubnispflichtig war (vgl.
aaO Rn. 16). Deshalb kann aus dieser Entscheidung nicht abgeleitet werden,
dass ausschließlich eine Tätigkeit als Nachweismakler eine Anlagevermittlung
im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG darstellt. Im Übrigen ging die ne-
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ben der Anlageberatung ausgeübte Tätigkeit der Beklagten sogar über einen
bloßen Nachweis zum Vertragsschluss hinaus.
Die Beklagten berufen sich hinsichtlich der hiernach grundsätzlich beste-
henden Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG auf § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8
KWG (in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Art. 10 Nr. 2 des In-
vestmentmodernisierungsgesetzes vom 15. Dezember 2003, BGBl. I S. 2676).
Diese Bestimmung stellt eine Abweichung zu § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG
dar, für deren Voraussetzungen die Beklagten - und entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts nicht die Klägerin - zumindest sekundär darlegungsbelastet
sind.
Im Ausgangspunkt richtig ist, dass der Geschädigte die Voraussetzungen
für die Verletzung eines Schutzgesetzes darzulegen und zu beweisen hat (z.B.
BGH, Urteile vom 19. Juli 2011 - VI ZR 367/09, NJW-RR 2011, 1661 Rn. 13
und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 348). Dies folgt
aus dem allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruchsteller alle Tatsachen be-
haupten und gegebenenfalls beweisen muss, aus denen sich sein Anspruch
herleitet (BGH aaO). Allerdings trägt derjenige, der sich gegenüber dem an sich
verwirklichten Tatbestand des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG darauf beruft, dass
sich seine Geschäftstätigkeit lediglich auf solche (ausländischen) Anteile be-
zieht, die nach dem Investmentgesetz öffentlich vertrieben werden dürfen, und
deshalb nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG nicht erlaubnispflichtig ist, zumin-
dest die sekundäre Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen;
denn er kennt die insoweit maßgeblichen Tatsachen und Umstände bezie-
hungsweise muss sie kennen, deren nähere Darlegung ihm ohne Weiteres zu-
mutbar ist (vgl. auch BGH, Versäumnisurteil vom 24. Januar 2012 - II ZR
119/10, WM 2012, 702 Rn. 11). Ob die Beklagten darüber hinausgehend die
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primäre Darlegungs- und Beweislast für den von ihnen geltend gemachten Tat-
bestand trifft, weil er eine Ausnahme von den Voraussetzungen eines Schutz-
gesetzes darstellen könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
b) Im Übrigen ist anzumerken, dass das Berufungsgericht, wie die Revi-
sion zu Recht rügt, selbst von seinem jedenfalls zur Verteilung der Darlegungs-
last unzutreffenden Standpunkt für die Voraussetzungen des Ausnahmetatbe-
stands des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG die Klägerin nicht als beweisfällig hätte
ansehen dürfen. Sie hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 2011 unter Vorlage zweier
von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht herausgegebener Lis-
ten, in der die ausländischen Investmentanteile, die in Deutschland ohne Er-
laubnis vertrieben werden dürfen, aufgeführt sind, vorgetragen, zumindest der
vom Zedenten auf Empfehlung des Beklagten zu 2 erworbene Fonds "I.
F. M. " habe nicht unter die nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG erlaub-
nisfrei zu vertreibenden Anlagen gehört, so dass die Beklagten gegen § 32
Abs. 1 KWG verstoßen hätten. Die Klägerin hat hierzu weiteren Beweis ange-
treten, indem sie die Einholung einer Auskunft der Bundesanstalt beantragt hat.
Dies hat das Berufungsgericht übergangen.
c) Zutreffend beanstandet die Revision weiter, das Berufungsgericht ha-
be zu Unrecht dem Vortrag der Klägerin keine rechtliche Bedeutung beigemes-
sen, dass der Beklagte zu 2 den Verkauf der im Depot der D. B. ge-
haltenen Aktien empfohlen und die Verkaufsaufträge unterschriftsreif vorbereitet
habe. Auch die Vermittlung der Veräußerung zuvor anderweitig erworbener Fi-
nanzinstrumente stellt gemäß § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG als Anlagevermittlung
eine Finanzdienstleistung dar, so dass die Erlaubnisbedürftigkeit nach § 32
Abs. 1 KWG bestand. § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG bestimmt ausdrücklich, dass "die
Vermittlung von Geschäf
ten über die … Veräußerung von Finanzinstrumenten"
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eine Finanzdienstleistung ist (zur Definition der Finanzinstrumente siehe § 1
Abs. 11 KWG). Ob die Veräußerung der Finanzinstrumente der Vorbereitung
einer anschließenden Anlageberatung, die den Erwerb anderer Produkte zum
Gegenstand hat, dient, ist ohne Belang. Dass der Ausnahmetatbestand des § 2
Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG insoweit eingreift, ist nicht vorgetragen.
d) Auch die Würdigung des Berufungsgerichts, es fehle an der Kausalität
einer etwaigen Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit der Veräußerung
des bei der D. B. gehaltenen Depotbestands für den geltend ge-
machten Schaden, weil es dem Zedenten in erster Linie um die Neuanlage der
Gelder gegangen sei, ist zumindest auf der Grundlage der bisherigen Feststel-
lungen nicht frei von einem revisionsrechtlich bedeutsamen Denkfehler. Unbe-
achtlich ist, ob der Zedent auch in Kenntnis der fehlenden Erlaubnis der Beklag-
ten zu 1 zur Vermittlung der Veräußerung von Finanzinstrumenten mit deren
Tätigwerden einverstanden gewesen wäre. Vielmehr hätten die Beklagten ohne
die erforderliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
dem Ehemann der Klägerin ihre Dienste im Zusammenhang mit der Veräuße-
rung seines Depotbestandes bei der D. B. erst gar nicht antragen
dürfen. Dessen ungeachtet hat das Berufungsgericht, wie die Revision eben-
falls zu Recht beanstandet, in diesem Zusammenhang den beweisbewehrten
Vortrag der Klägerin übergangen, ihr Ehemann hätte die Anlage nicht getätigt,
wenn er davon gewusst hätte, dass der Beklagten zu 1 die nach § 32 Abs. 1
KWG erforderliche Erlaubnis fehlte (Berufungsbegründung vom 2. Dezember
2010). Die Vorinstanz hätte nicht vom Gegenteil dessen ausgehen dürfen, ohne
sich hiermit zuvor auseinander zu setzen.
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2.
Ob die von der Revision erhobenen Rügen gegen Ausführungen des Be-
rufungsgerichts zu den von der Klägerin geltend gemachten Vertragsverletzun-
gen wegen Beratungsfehlern, für die grundsätzlich nur die Beklagte zu 1 einzu-
stehen hat, zutreffen, kann im vorliegenden Verfahrensstadium auf sich beru-
hen. Dies wird nur entscheidungserheblich, wenn sich der Schadensersatzan-
spruch, soweit er auf den Verstoß gegen § 32 Abs. 1 KWG gestützt ist, als un-
begründet erweist. Der Senat sieht deshalb davon ab, auf die einzelnen Bean-
standungen einzugehen. Im Bedarfsfall wird sich das Berufungsgericht mit
ihnen zu befassen haben. Vorsorglich weist der Senat jedoch auf Folgendes
hin:
Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den Vortrag der
Klägerin zur fehlenden Aufklärung des Zedenten über die Risiken der empfoh-
lenen Anlagen übergangen. Die Klägerin hat in der Klageschrift sowie mit
Schriftsätzen vom 28. Oktober 2009 und vom 14. Januar 2011 unter Beweisan-
tritt vorgetragen, der Beklagte zu 2 habe in seinen Beratungsgesprächen nicht
auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlagen, insbesondere nicht auf das
Totalverlustrisiko, hingewiesen. Weiter hat sie beweisbewehrt vorgetragen, die
notwendige Aufklärung sei auch nicht durch die rechtzeitige Übergabe von
Prospekten erfolgt (Schriftsatz vom 28. Oktober 2009 und Berufungsbegrün-
dung vom 2. Dezember 2010). Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht be-
fasst. Dies ist gegebenenfalls nachzuholen. In diesem Zusammenhang ist
überdies anzumerken, dass der Beklagte zu 2 nach den Feststellungen im Be-
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rufungsurteil lediglich erklärt hat, die dem Zedenten überlassenen Unterlagen
hätten "zum Teil auch" Risikohinweise enthalten.
Schlick
Herrmann
Wöstmann
Seiters
Reiter
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 20.05.2010 - 3 O 159/09 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 08.02.2012 - 3 U 246/10 -