Urteil des BGH vom 06.05.2014

BGH: änderung der rechtsprechung, unterbrechung der verjährung, widerklage, materielle rechtskraft, höchstbetrag, kreditvertrag, zustellung, bauverpflichtung, aufteilung, wehr

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL UND URTEIL
I I Z R 2 5 8 / 1 3
Verkündet am:
6. Mai 2014
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die
Richterin Caliebe sowie die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Verwerfung des weiter-
gehenden Rechtsmittels das Teilurteil des 6. Zivilsenats des Ober-
landesgerichts Koblenz vom 20. Juni 2013 insoweit aufgehoben,
als die Widerklage mit dem Hilfsfeststellungsantrag abgewiesen
ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war vom 1. April 1992 an einer der Geschäftsführer der be-
klagten GmbH. Mit Schreiben vom 2. Januar 2002 erklärten die Rechtsanwälte
R. und F. namens des Aufsichtsrats der Beklagten die Abberufung
des Klägers und die fristlose Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags
aus wichtigem Grund.
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Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass das Dienst-
verhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst sei, sondern fortbestehe, die
Verurteilung zur Zahlung von Gehalt bis einschließlich September 2003 abzüg-
lich anderweitigen Verdiensts und die Feststellung, dass die Versorgungszusa-
ge nicht durch den von der Beklagten erklärten Widerruf vom 15. Juli 2002 erlo-
schen sei. Die Beklagte hat mit der Widerklage beantragt,
a) festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr einen Schaden bis zu einem
Höchstbetrag von 1.000.000 € zu ersetzen,
1. der der Beklagten aus den Kreditverträgen mit Anlegern zum Kaufvertrag mit
der N. GmbH über das Grundstück nebst Bauverpflich-
tung L. straße in H. oder mit der P.
mbH über das Grundstück nebst Bau-
verpflichtung L. straße in H. unter Einschluss des
Treuhänders M. mbH, sämt-
liche Gesellschaften mit Sitz in H. , entstanden ist oder entsteht, so-
weit der Schaden auf einem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 Ver-
brKrG beruht, insbesondere weil der Treuhandvertrag formunwirksam ist
oder weil die N. GmbH und die Firma P. GmbH ihrer
Bauverpflichtung aus abgeschlossenen Werkverträgen nicht nachgekommen
sind, oder auf der Verletzung von Aufklärungspflichten;
2. der der Beklagten aus Kreditverträgen mit Anlegern der drei Immobilienfonds
F.
GmbH & Co.KG,
G.
mbH & Co. Beteiligungs KG und der P.R.
GmbH & Co. KG entstanden ist oder entsteht, so-
weit der Schaden auf einem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 Ver-
brKrG beruht;
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3. der der Beklagten aus dem mit der Pr. AG zur Vermittlung
von Betreuung von Vermögensanlagen, straße 30, E.
, abgeschlossenen Kreditvertrag vom 19./23.10.1996 zum Konto
Nr. , ab dem 21.10.1998 fortgeführt auf dem Konto
Nr. , zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen dadurch ent-
standen ist oder noch entsteht, dass Provisionsansprüche vorfinanziert wur-
den, ohne dass sichergestellt war, dass die vorfinanzierten Ansprüche ge-
gen den Erwerber und/oder Treuhänder, Bauträger oder Initiatoren an die
Beklagte abgetreten waren, oder dadurch, dass die Abtretung gegenüber
dem Schuldner nicht angezeigt oder nicht sichergestellt war, dass der
Schuldner nur an die Beklagte schuldbefreiend leisten konnte;
4. der der Beklagten durch Auszahlung von Kreditmitteln an den Kreditnehmer
J. W. , Konto Nr. , aufgrund des Kreditvertrages vom
17.3.1999 zum genannten Konto entstanden ist oder entsteht;
5. der der Beklagten aus dem Kreditvertrag mit der V. & B.
GmbH in He. vom 27.05.1998, Konto Nr. , mit Herrn
Dr. A. V. zum Konto Nr. und Herrn W. B.
vom 27.05.1998 zum Konto Nr. entstanden ist oder entsteht,
soweit dieser Schaden einen Betrag in Höhe von 80.000 DM für das Konto
Nr. , einen Betrag von 50.000 DM für das Konto Nr.
und einen Betrag von 10.000 DM für das Konto Nr. übersteigt;
b) den Kläger zu verurteilen, an sie 11.496,37
€ nebst Zinsen von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.07.2004 zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, den Kläger zur Zahlung von
11.496,37 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass der Kläger verpflichtet
ist, der Bekl
agten den Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 1.000.000 € zu
ersetzen, der ihr nach den Widerklageanträgen a) 1., 3., 4. und 5. entstanden
ist.
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Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des
Berufungsgerichts hat die Beklagte hilfsweise beantragt festzustellen,
1. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten einen Schaden bis zu einem
Höchstbetrag von 5.368,56 € pro Kreditvertrag zu ersetzen, der ihr aus den
Kreditverträgen zum Kaufvertrag mit der N. GmbH über
das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H .
unter
Einschluss
des
Treuhänders
M.
mbH mit den Kreditnehmern
(1) S. A. , zu Konto Nr. vom 14.8.1998,
(2)
… (47) …
entstanden ist oder entsteht;
2. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen,
der der Beklagten aus dem mit der Pr. AG zur Vermittlung
von Betreuung von Vermögensanlagen, I. straße , E.
, abgeschlossenen Kreditvertrag vom 19./23.September 1996 zum Kon-
to Nr. , ab dem 21.10.1998 fortgeführt auf dem Konto Nr.
, zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen dadurch ent-
standen ist oder noch entsteht, dass
a) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr.
AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt
worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin
zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche gegen den Erwerber und/oder Treu-
händer, Bauträger oder Initiator bestanden haben, beschränkt auf einen
Schadenshöchstbetrag von 50.000 €;
b) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr.
AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt
worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin
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zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche wirksam an die Beklagte abgetreten
worden sind und nicht unbestimmt waren, beschränkt auf einen Schadens-
höchstbetrag von 125.000 €;
c) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr.
AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt
worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin
zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche gegenüber dem jeweiligen Forde-
rungsschuldner offengelegt waren, beschränkt auf einen Schadenshöchst-
be
trag von 125.000 €;
3. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden bis zu einem
Höchstbetrag von 147.677,68
€ zu ersetzen, der der Beklagten durch Aus-
zahlung von Kreditmitteln an den Kreditnehmer J. W. zum Konto
Nr. aufgrund des am 17.3.1999 geschlossenen Kreditvertrages
nach dem 9.5.1999 einschließlich entstanden ist oder entsteht;
4. a) dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden bis zu ei-
nem Höchstbetrag von 100.000 € zu ersetzen, der der Beklagten aus
dem Kreditvertrag mit der V. & B. GmbH in
He. vom 27.05.1998, Konto Nr. , dadurch entstanden ist
oder entsteht, dass der Kläger die Prüfung des Kredits selbst unterlassen
oder eine solche Prüfung des Kredits nicht angeordnet hat, soweit der
Schaden einen Betrag von 80.000 DM übersteigt;
b) dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden bis zu ei-
nem Höchstbetrag von 100.000 € zu ersetzen, der der Beklagten aus
dem Kreditvertrag mit Herrn Dr. A. V. vom 27.05.1998, Konto
Nr. , dadurch entstanden ist oder entsteht, dass der Kläger die
Prüfung des Kredits selbst unterlassen oder eine solche Prüfung nicht
angeordnet hat, soweit der Schaden einen Betrag in Höhe von 50.000
DM übersteigt;
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c) dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden bis zu ei-
nem Höchstbetrag von 100.000 € zu ersetzen, der der Beklagten aus
dem Kreditvertrag mit Herrn W. B. vom 27.05.1998, Konto Nr.
, dadurch entstanden ist oder entsteht, dass der Kläger die
Prüfung des Kredits selbst unterlassen oder eine solche Prüfung nicht
angeordnet hat, soweit der Schaden einen Betrag in Höhe von 10.000
DM übersteigt;
Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil das Urteil des Landgerichts
teilweise abgeändert und die Feststellungswiderklage abgewiesen. Dagegen
richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist zu verwerfen, soweit mit ihr der Hauptfeststellungsantrag
der Widerklage weiterverfolgt wird. Sie ist insoweit nicht zugelassen.
Soweit die Revision - zum Hilfsfeststellungsantrag - zulässig ist, ist über
sie, da der Kläger und Widerbeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revi-
sionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu ent-
scheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachli-
chen Prüfung des Antrags beruht (BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60,
BGHZ 37, 79, 81). Insoweit hat sie Erfolg und führt zur Aufhebung des Beru-
fungsurteils und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Feststellungsantrag der Wi-
derklage sei im Hauptantrag mangels Bestimmtheit unzulässig. Der Hilfsantrag
der Widerklage sei unbegründet. Zwar genüge er den Bestimmtheitsanforde-
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rungen, doch seien die Ansprüche verjährt. Die Erhebung der unzulässigen
Feststellungswiderklage habe die Verjährung nicht gehemmt. Der Zahlungsan-
trag der Widerklage sei unzulässig, weil die Beklagte in der Berufung den Kla-
gegrund geändert habe und die Klageänderung nicht sachdienlich sei. Die Zu-
lassung der Revision hat das Berufungsgericht damit begründet, dass bisher
nicht entschieden sei, ob die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundes-
gerichtshofs (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420
Rn. 20 f.) zur Frage der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines
Mahnbescheids, mit dem nur ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen
geltend gemacht wird, ohne den Teilbetrag zu verteilen, auf die Hemmung der
Verjährung durch Zustellung einer Teilleistungs- oder Teilfeststellungsklage
übertragbar ist.
II. Die Revision ist unzulässig, soweit die Widerklage mit dem Hauptfest-
stellungsantrag weiter verfolgt wird. Die Revision ist nur beschränkt auf den
Hilfsfeststellungsantrag zugelassen.
Der Urteilstenor enthält zwar keine Beschränkung der Zulassung. Eine
Beschränkung kann sich aber auch aus den Gründen ergeben. Das kann ins-
besondere der Fall sein, wenn die Rechtsfrage, wegen der die Revision zuge-
lassen wurde, sich auf einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes bezieht,
auf den auch die Parteien die Revision beschränken könnten (vgl. BGH, Urteil
vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18; Urteil vom
13. November 2012 - XI ZR 334/11, ZIP 2013, 62 Rn. 9). Dafür reicht es aus,
dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tat-
sächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff
beurteilt werden und - auch nach einer Zurückverweisung - kein Widerspruch
zwischen dem noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil
des Streitstoffs auftreten kann.
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Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Rechtsfrage zugelas-
sen, ob die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur
Frage der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids,
wenn mit dem Mahnbescheid nur ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderun-
gen ohne Verteilung auf diese geltend gemacht wird (BGH, Urteil vom
21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 20 f.), auf die Hemmung
der Verjährung durch Zustellung einer Teilleistungsklage und einer Teilfeststel-
lungsklage übertragbar ist. Diese Rechtsfrage betrifft die Feststellungsanträge
der Widerklage nur, soweit der Hilfsfeststellungsantrag wegen Verjährung ab-
gewiesen wurde, dagegen nicht, soweit der Hauptfeststellungsantrag als unzu-
lässig abgewiesen ist. Den Hauptfeststellungsantrag hat das Berufungsgericht
wegen fehlender Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen. Dass die Zulassung
sich nur auf den Hilfsfeststellungsantrag beziehen soll, ergibt auch der Begrün-
dungszusammenhang des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht befasst sich
zur Begründung der Zulassung der Revision ausdrücklich mit der Entschei-
dungserheblichkeit der Rechtsfrage, wegen derer die Revision zugelassen wur-
de, und erörtert in diesem Zusammenhang nur die Verjährung der mit der Fest-
stellungsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche.
Die Beschränkung ist auch zulässig. Zu der Abweisung des Hauptfest-
stellungsantrags als unzulässig kann durch die weitere Entscheidung über den
Hilfsfeststellungsantrag kein Widerspruch entstehen.
III. Soweit die Revision hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten
Hilfsfeststellungsantrags zulässig ist, ist sie begründet. Zu Unrecht hat das Be-
rufungsgericht den Hilfsfeststellungsantrag wegen Verjährung der geltend ge-
machten Ansprüche abgewiesen. Die Erhebung der unzulässigen Teilwiderkla-
ge mit dem Hauptfeststellungsantrag hat die Verjährung gehemmt, § 204 Abs. 1
Nr. 1 BGB.
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1. Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale
Ansprüche geltend gemacht werden, muss angegeben werden, wie sich der
eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher
Reihenfolge sie zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (BGH,
Urteil vom 15. Dezember 1952 - III ZR 102/52, LM Nr. 7 zu § 253 ZPO; Urteil
vom 30. April 1955 - VI ZR 87/54, LM Nr. 11 zu § 253 ZPO; Urteil vom 22. April
1958 - VI ZR 74/57, NJW 1958, 1590; Urteil vom 16. Juni 1959 - V ZR 156/58,
LM Nr. 24 zu § 253 ZPO; Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984,
2346, 2347). Andernfalls ergeben sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der
Bestimmung des Streitgegenstandes und damit zusammenhängend auch bei
der Bestimmung der materiellen Rechtskraft und der Verjährungsunterbre-
chung.
Vor dem Schuldrechtsrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November
2001 (BGBl. I S. 3138) war es ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs zu § 209 Abs. 1 BGB a.F., dass die Bestimmung des eingeklagten Teils
von mehreren mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen bei einer offenen
Teilleistungsklage sogar noch im Revisionsrechtszug nachgeholt werden konn-
te und dies auf die Unterbrechung der Verjährung durch die Erhebung der (un-
bestimmten) Teilklage „zurückwirkte“. Die wahlweise geltend gemachten An-
sprüche sollten jeweils in Höhe des eingeklagten Teilbetrages zunächst auflö-
send bedingt rechtshängig gemacht worden und mit der Zuordnung dann die
Bedingung eingetreten sein (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52 ,
BGHZ 11, 192, 195; Urteil vom 13. Juli 1959 - III ZR 27/58, NJW 1959, 1819 f.;
Urteil vom 22. Mai 1967 - II ZR 87/65, NJW 1967, 2210 f.; Urteil vom 22. Mai
1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347 f.; Urteil vom 19. November 1987
- VII ZR 189/86, NJW-RR 1988, 692, 693; Urteil vom 3. April 1996
- VIII ZR 315/94, NJW-RR 1996, 885, 886; Urteil vom 18. Juli 2000
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- X ZR 62/98, NJW 2000, 3492, 3494). Entsprechend wurde für einen Mahnbe-
scheid entschieden, dem mehrere Teilansprüche zugrunde lagen, deren Sum-
me über der geltend gemachten Gesamtforderung lag (BGH, Urteil vom 3. April
1996
- VIII
ZR
315/94,
NJW-RR
1996,
885,
886;
Urteil
vom
17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 306 f.).
2. Für die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) durch Zu-
stellung eines Mahnbescheids hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
dagegen entschieden, dass jedenfalls bei der Geltendmachung eines Teils von
mehreren Einzelforderungen eine nachträgliche Individualisierung des Klagean-
spruchs nach Widerspruch zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen könne,
für die Verjährung aber keine Rückwirkung habe (BGH, Urteil vom 21. Oktober
2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 20 f.). Für eine Unterscheidung zwi-
schen der Nachholung der fehlenden Aufteilung der Einzelforderungen und der
Heilung sonstiger Individualisierungsmängel bestehe kein sachlicher Grund.
Ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Auf-
teilung des geforderten Teilbetrages könne weder auf der Grundlage des
Mahnbescheides ein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel er-
gehen noch werde dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen
den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen wolle. Demgegenüber sei
der Gläubiger, der sich die Vorteile des Mahnverfahrens zunutze machen wolle,
ohne weiteres zu einer ausreichenden Individualisierung in der Lage. Dem ist
der IX. Zivilsenat für den ähnlichen Fall einer nicht hinreichend individualisierten
Forderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet wird, gefolgt (BGH, Urteil vom
21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, ZIP 2013, 680 Rn. 30 f.). Diese Rechtspre-
chung soll sich aber nur auf die Aufschlüsselung mehrerer Einzelforderungen,
nicht auf die nachträgliche Individualisierung von mehreren Rechnungsposten
einer einheitlichen Forderung beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. November
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2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 14; Urteil vom 13. Mai 2011
- V ZR 49/10, juris Rn. 15 ff.; Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW
2013, 3509 Rn. 15).
3. An der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass be-
reits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht
werden, deren Summe den geltend gemachten Teil übersteigt, die Verjährung
aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in
welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt
werden kann, also „zurückwirkt“, ist festzuhalten (ebenso Henrich in
Bamberger/Roth, BGB, § 204 Rn. 18; Schmidt-Räntsch in Erman, BGB,
13. Aufl., § 204 Rn. 9; Kesseler in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl.,
§ 204 Rn. 6; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2009, § 204 Rn. 16;
MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 253 Rn. 114; Zöller/Greger,
ZPO, 30. Aufl., § 253 Rn. 15; Musielak/Foerste, ZPO, 11. Aufl., § 253 Rn. 28;
aA Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 204 Rn. 16; MünchKomm
BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 23; Lakkis in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 204
Rn. 22) und sie ist auch auf die hier vorliegende Teilfeststellungsklage anzu-
wenden. Die abweichende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesge-
richtshofs zum Mahnbescheidsantrag bzw. diejenige des IX. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs zur Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren beruht
auf den Besonderheiten der jeweiligen Verfahren.
Dass ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und
genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages auf der Grundlage des Mahn-
bescheides kein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen
können soll, betrifft nur das Mahnverfahren, aber nicht das Klageverfahren. Der
Vollstreckungsbescheid, für den der Mahnbescheid die Grundlage ist, enthält
keine weitere Individualisierung. Bei der Klage muss spätestens das Urteil als
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Vollstreckungstitel eine Individualisierung durch die Urteilsgründe enthalten.
Das gilt auch für die Zuordnung von Teilansprüchen. Lediglich wenn der Kläger
eine Aufschlüsselung bis zum Urteil nicht nachholt, erwächst ein Sachurteil
nicht in materielle Rechtskraft (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1984
- VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347 f.). Diese Nachholung der Aufschlüsse-
lung ist im Mahnverfahren nicht möglich. Entsprechendes gilt für die wie ein
Urteil wirkende Feststellung der Forderung durch Eintragung in die Tabelle (§
178 Abs. 3 InsO).
Auch dass eine Individualisierung des Mahnbescheids durch Aufschlüs-
selung erforderlich sein soll, um dem Schuldner eine Beurteilung zu ermögli-
chen, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will,
betrifft nur das Mahnverfahren. Trotz des Fehlens einer Aufteilung ist es dem
Schuldner bei einer Klage möglich zu entscheiden, ob er sich gegen den An-
spruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will. Die geltend gemachten An-
sprüche müssen in der Klageschrift jedenfalls im Sachverhalt dargestellt sein.
Der Kläger kann selbst beurteilen, gegen welche Ansprüche er sich verteidigen
will, und die fehlende Aufschlüsselung rügen.
Die Veränderungen durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ge-
ben keinen Grund für eine Änderung der Rechtsprechung. Die Rechtslage hat
sich nach der Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmo-
dernisierungsgesetz nicht geändert. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen
für den Eintritt der Verjährungshemmung durch Maßnahmen der Rechtsverfol-
gung, hier durch die Erhebung einer Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), sind ge-
genüber den bisherigen Voraussetzungen für den Eintritt der Verjährungsunter-
brechung durch dieselbe Maßnahme (§ 209 Abs. 1 BGB aF) gleich geblieben
(vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 49/10, juris Rn. 13).
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Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer
Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt,
schriftlich Einspruch durch eine von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim Bundesgerichtshof, Herrenstr.
45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: 76125 Karlsruhe) einlegen.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 24.06.2008 - 4 HKO 4/02 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 20.06.2013 - 6 U 936/08 -
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