Urteil des BGH vom 21.06.2007

Quersubventionierung von Laborgemeinschaften II Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 103/07
Verkündet am:
17. September 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Quersubventionierung von Laborgemeinschaften II
ZPO § 379 Abs. 1; GKG § 17 Abs. 3
Wird eine Beweisaufnahme von Amts wegen angeordnet, ist die materiell be-
weisbelastete Partei nicht Beweisführer i.S. von § 379 Satz 1 ZPO; die Durch-
führung der Beweisaufnahme darf in diesem Fall nicht davon abhängig gemacht
werden, dass die beweisbelastete Partei einen Auslagenvorschuss zahlt.
BGH, Urteil vom 17. September 2009 - I ZR 103/07 - OLG Celle
LG Lüneburg
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 13. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Celle vom 21. Juni 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurück-
verwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Ärzte für Laboratoriumsmedizin (im Folgenden: Labor-
ärzte). Die Kläger betreiben in H. , die Beklagten in Bremerhaven jeweils
eine entsprechende Gemeinschaftspraxis. Die Beklagten sind außerdem Mitge-
sellschafter der Laborgemeinschaft "Arbeitsgemeinschaft Labor und Diagnos-
tik", deren Geschäftsführer sie bis zum 1. Oktober 2000 waren. Die Kläger wen-
den sich gegen ein Schreiben der Beklagten vom 13. April 2000, in dem nieder-
gelassenen Ärzten in U. laborärztliche Leistungen derLaborgemeinschaft
angeboten wurden.
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Ärztliche Laborleistungen werden in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung - wie andere ärztliche Leistungen auch - nach dem Einheitlichen Bewer-
tungsmaßstab (EBM) abgerechnet, den die Kassenärztlichen Bundesvereini-
gungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen vereinbaren (§ 87
SGB V). Abschnitt O des einheitlichen Bewertungsmaßstabs regelt die Labora-
toriumsuntersuchungen, und zwar unter I. und II. die allgemeinen und unter III.
die speziellen Untersuchungen. Entsprechend werden O-I-, O-II- und O-III-
Leistungen unterschieden. O-I- und O-II-Leistungen können auch niedergelas-
sene Ärzte, die nicht Laborärzte sind (im Folgenden: niedergelassene Ärzte),
selbst erbringen und mit der Krankenkasse abrechnen; O-III-Leistungen sind
Laborärzten vorbehalten und können nur von diesen abgerechnet werden. So-
weit niedergelassene Ärzte selbst Laborleistungen erbringen, geschieht dies
häufig nicht in der eigenen Praxis. Vielmehr schließen sie sich Laborgemein-
schaften an, die regelmäßig bei den Praxen der Laborärzte angesiedelt sind.
Die Laborärzte erbringen dann O-I- und O-II-Leistungen für die der Laborge-
meinschaft angeschlossenen niedergelassenen Ärzte, die letztere in eigenem
Namen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab gegenüber den Kranken-
kassen abrechnen. Sind Untersuchungen der Kategorie O III erforderlich, müs-
sen die niedergelassenen Ärzte die Patienten an einen Laborarzt überweisen.
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Die Kläger haben in der Versendung des Schreibens durch die Beklagten
einen Wettbewerbsverstoß gesehen. Sie haben behauptet, die von den Beklag-
ten angebotenen Preise für O-I- und O-II-Untersuchungen, die die Sätze des
Einheitlichen Bewertungsmaßstabs unterschreiten, lägen unter den Selbstkos-
ten. Der Gewinn, der sich aus dieser Differenz ergebe, solle die niedergelasse-
nen Ärzte dazu bewegen, den Beklagten Patienten für O-III-Untersuchungen zu
überweisen.
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Soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, haben die Kläger
zuletzt beantragt, es den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu
verbieten,
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im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs niedergelassenen Ärz-
ten für die Überweisung von Patienten für O-III-Untersuchungen eine Zuwen-
dung zu gewähren, die darin liegt, dass den niedergelassenen Ärzten durch die
von den Beklagten betreute Laborgemeinschaft (Arbeitsgemeinschaft Labor
und Diagnostik) O-I- und O-II-Untersuchungen zu Preisen angeboten oder ge-
währt werden, die unter Selbstkosten liegen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die
Beklagten dagegen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Celle
GRUR-RR 2002, 336). Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Beru-
fungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwie-
sen (BGH, Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059 = WRP 2005,
1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I). Das Berufungsge-
richt hat daraufhin die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Kläger ab-
gewiesen. Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der
Kläger, mit der sie ihr Klagbegehren weiterverfolgen. Die Beklagten beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
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Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten
verneint und zur Begründung ausgeführt:
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Die Kläger hätten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen eines
Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 1 UWG wegen einer un-
sachlichen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der niedergelassenen Ärzte
nicht bewiesen. Eine unsachliche Beeinflussung setze im Streitfall voraus, dass
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die von den Beklagten angebotenen Preise für Laborleistungen unter den
Selbstkosten lägen und sich niedergelassene Ärzte durch die günstigen Preise
für O-I- und O-II-Leistungen dazu verleiten ließen, den Beklagten Patienten für
O-III-Untersuchungen zu überweisen. Um dies festzustellen, sei es erforderlich
gewesen, von Amts wegen ein demoskopisches Sachverständigengutachten
einzuholen.
Die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der Anlockhand-
lung (den - unterstellt - nicht kostendeckenden Preisen für O-I- und O-II-
Leistungen) und der Anlockwirkung (Überweisung von Patienten für O-III-
Leistungen) obliege den Klägern. Es bestehe keine Vermutung für einen sol-
chen Zusammenhang. Da die Kläger den für die Beweisaufnahme angeforder-
ten Kostenvorschuss nicht geleistet hätten, habe der für einen Erfolg der Klage
notwendige Kausalzusammenhang nicht festgestellt werden können.
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Es bestehe auch kein Anspruch auf Unterlassung aus § 4 Nr. 11 UWG
i.V. mit § 31 der Berufsordnungen für Ärzte. Die Kläger hätten nicht behauptet,
dass die Beklagten die günstigen Preise für O-I- und O-II-Leistungen jeweils
davon abhängig gemacht hätten, dass ihnen Patienten für O-III-Leistungen
überwiesen würden.
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Mangels ausreichenden Vortrags der Kläger scheide ein Anspruch aus
§ 8 Abs. 1 i.V. mit § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Markt-
störung und i.V. mit § 4 Nr. 10 UWG ebenfalls aus.
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II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie füh-
ren zur Aufhebung auch des zweiten Berufungsurteils und zur erneuten Zurück-
verweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die
Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember
2008 (BGBl. I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/EG über
unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist. Der im Streitfall auf Wie-
derholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur,
wenn die beanstandete Verhaltensweise auch schon zum Zeitpunkt ihrer Bege-
hung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02,
GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007
- I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion).
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2. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das be-
anstandete Verhalten nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG wettbewerbswidrig ist, wenn die
Beklagten die O-I- und O-II-Leistungen der Arbeitsgemeinschaft unter Selbst-
kosten - etwa durch Quersubventionierungen der Laborgemeinschaft - angebo-
ten und dadurch die niedergelassenen Ärzte dazu veranlasst haben, ihnen Pa-
tienten für O-III-Untersuchungen zu überweisen. Das beanstandete Verhalten
verstößt unter diesen Voraussetzungen - auch ohne eine rechtliche Kopplung
zwischen Vorteilsgewährung und Patientenüberweisung - gegen das Verbot der
Ausübung eines unangemessenen unsachlichen Einflusses auf das Nachfrage-
verhalten i.S. des § 4 Nr. 1 UWG (BGH, Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR
2005, 1059, 1060 = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborge-
meinschaften I).
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3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger für
die anspruchsbegründenden Voraussetzungen die Beweislast tragen. Entgegen
der Ansicht der Revision besteht keine die Beweislast umkehrende Vermutung
dafür, dass die niedergelassenen Ärzte üblicherweise Patienten für O-III-Unter-
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suchungen stets an diejenigen Laborärzte überweisen, bei denen sie für O-I-
und O-II-Leistungen eine Laborgemeinschaft unterhalten. Denn ebenfalls denk-
bar, wenn auch wenig wahrscheinlich erscheint es, dass die niedergelassenen
Ärzte die Entscheidung über die Überweisung von Patienten für O-III-Untersu-
chungen unabhängig davon treffen, mit welchem Laborarzt sie in einer Labor-
gemeinschaft zusammenarbeiten (BGH GRUR 2005, 1059, 1061 - Quersub-
ventionierung von Laborgemeinschaften I).
4. Entgegen der Ansicht der Revision liegt kein Verfahrensfehler darin,
dass das Berufungsgericht mangels eigener Sachkunde von Amts wegen an-
geordnet hat, ein demoskopisches Sachverständigengutachten einzuholen. Die
Beurteilung, ob eine bestimmte Tatsache kraft richterlicher Sachkunde feststell-
bar ist oder ob diese Feststellung einer Beweisaufnahme bedarf, ist tatrichterli-
cher Natur und in der Revisionsinstanz nur begrenzt darauf überprüfbar, ob der
Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und die Beurteilung frei von
Widersprüchen mit Denk- und Erfahrungssätzen vorgenommen worden ist
(BGH, Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, GRUR 1990, 1053, 1054 = WRP 1991,
100 - Versäumte Meinungsumfrage; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR
2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe; Bornkamm, WRP 2000, 830,
832 f.). Gehören die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen
Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen zwar keines durch eine Meinungs-
umfrage untermauerten Sachverständigengutachtens. Dagegen ist - unabhän-
gig von einem entsprechenden Beweisantrag (§ 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - die
Einholung eines Sachverständigengutachtens häufig dann geboten, wenn kei-
ner der erkennenden Richter durch die fragliche Werbung angesprochen wird
(BGH, Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245 = WRP 2004, 339
- Marktführerschaft).
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Im Streitfall bestünden zwar keinerlei Bedenken, wenn sich das Beru-
fungsgericht in freier Würdigung des Parteivorbringens (§ 286 ZPO) und unter
Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung eine Überzeugung darüber
gebildet hätte, ob niedergelassene Ärzte Patienten für O-III-Untersuchungen
tendenziell eher an Laborärzte verweisen, mit denen sie ohnehin schon in einer
Laborgemeinschaft zusammenarbeiten, und ob deswegen eine Quersubventio-
nierung der Laborgemeinschaft geeignet ist, die Entscheidung dieser niederge-
lassenen Ärzte unsachlich zu beeinflussen. Andererseits ist von Rechts wegen
nichts dagegen einzuwenden, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung
nach der vergeblichen Anfrage bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
eine repräsentative Umfrage zugrunde legen und deswegen ein demoskopi-
sches Sachverständigengutachten einholen wollte.
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5. Die Revision beanstandet jedoch mit Recht, dass das Berufungsge-
richt die Berufung der Kläger ohne Durchführung einer Beweisaufnahme allein
deshalb zurückgewiesen hat, weil die Kläger den ihnen auferlegten Kostenvor-
schuss nicht eingezahlt haben.
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a) Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Beschluss vom
19. Februar 2007, in dem das Berufungsgericht die Zahlung des Vorschusses
durch die Kläger angeordnet hat, nicht auf § 379 Satz 1, § 402 ZPO gestützt
werden kann. Beweisführer i.S. von § 379 Satz 1 ZPO ist nur diejenige Partei,
die den Beweis angeboten hat. Die materielle Beweislast bestimmt den Vor-
schussschuldner nur dann, wenn die Beweisaufnahme von beiden Parteien be-
antragt worden ist (BGH, Urt. v. 10.11.1999 - I ZR 183/97, NJW 2000, 743, 744
m.w.N.). Da die Kläger kein Sachverständigengutachten beantragt haben, durf-
te das Berufungsgericht sie auch nicht mit einem Auslagenvorschuss gemäß
§ 379 Satz 1 ZPO belasten.
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b) Auch § 17 Abs. 3 GKG rechtfertigt es nicht, die Berufung mangels
Vorschusszahlung zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift ist es zwar zulässig,
für Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, einen Vorschuss
zur Deckung der Auslagen zu erheben. Dies gilt aber nicht für gemäß § 144
Abs. 1 ZPO von Amts wegen angeordnete Beweisaufnahmen (BGH NJW 2000,
743, 744 zu § 68 Abs. 3 GKG a.F.; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/
Zimmermann, GKG, § 17 Rdn. 16; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 17
GKG Rdn. 21; Meyer, GKG, 10. Aufl., § 17 Rdn. 26; Oestreich/Winter/Hellstab,
GKG, § 17 Rdn. 9; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 144 Rdn. 4). Denn es wäre
widersprüchlich, die in § 144 Abs. 1 ZPO enthaltene Durchbrechung des Bei-
bringungsgrundsatzes auf der Ebene des Kostenrechts wieder aufzuheben. Bei
der Einzahlung eines nach § 17 Abs. 3 GKG verlangten Kostenvorschusses für
eine von Amts wegen angeordnete Beweiserhebung durch Sachverständigen-
gutachten handelt es sich mithin nicht um eine Prozesshandlung, deren Ver-
säumung gemäß § 230 ZPO den Ausschluss der von der Vorschussleistung
abhängig gemachten Beweisaufnahme zur Folge hat (BGH NJW 2000, 743,
744). Dahinstehen kann hier, ob Kosten eines von Amts wegen eingeholten
Sachverständigengutachtens gegebenenfalls schon nach dessen Vorlage und
nicht erst nach der Endentscheidung gemäß oder entsprechend § 17 Abs. 3
GKG erhoben und beigetrieben werden können (vgl. Zimmermann in Binz/Dörn-
dorfer/Petzold/Zimmermann aaO § 17 Rdn. 16). Ihre Zahlung ist jedenfalls nicht
Bedingung für die Durchführung der Beweisaufnahme (Leipold in Stein/Jonas,
ZPO, 22. Aufl., § 144 Rdn. 29; MünchKomm.ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 402
Rdn. 3; vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1975 - X ZR 29/75, GRUR 1976, 213, 216 - Bril-
lengestelle, zum Patentnichtigkeitsverfahren).
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III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen, da für eine Sachentscheidung erforderli-
che Feststellungen fehlen.
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Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird es sich empfehlen, zu-
nächst zu prüfen, ob die Beklagten die O-I- und O-II-Leistungen der Arbeitsge-
meinschaft unter Selbstkosten angeboten haben. Nur wenn das der Fall sein
sollte, kommt es nach § 4 Nr. 1 UWG auf die Eignung dieser Preismaßnahme
an, niedergelassene Ärzte dazu zu veranlassen, den Beklagten Patienten für
O-III-Untersuchungen zu überweisen. Da im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG die
Eignung zur unangemessenen Beeinflussung des Marktverhaltens ausreicht,
bedarf es keines Nachweises eines strengen Kausalzusammenhangs zwischen
der möglichen Quersubventionierung der Laborgemeinschaft und dem Verwei-
sungsverhalten der an der Laborgemeinschaft beteiligten niedergelassenen
Ärzte. Erforderlich, aber auch ausreichend ist die Feststellung, dass die durch
das beanstandete Schreiben angesprochenen niedergelassenen Ärzte - wenn
sie sich an der Laborgemeinschaft beteiligen - eher geneigt sein werden, ihre
Patienten wegen O-III-Untersuchungen an die beklagten Laborärzte zu verwei-
sen. Diese Frage wird der Tatrichter aufgrund der Lebenserfahrung unter Be-
rücksichtigung der Höhe des finanziellen Vorteils, der den angesprochenen Ärz-
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ten im Falle einer Quersubventionierung der Laborgemeinschaft durch die Be-
klagten zufließt, im Allgemeinen auch ohne eine demoskopische Befragung
niedergelassener Ärzte beantworten können.
Bornkamm Pokrant Bergmann
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 03.05.2001 - 7 O 99/00 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.06.2007 - 13 U 137/01 -