Urteil des BGH vom 03.06.2008

BGH (beschwerde, zpo, sache, einleitung, begründung, kapitalanleger, aktiengesellschaft, antrag, streitwert)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZB 29/07
vom
3. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn,
Caliebe und Dr. Reichart
beschlossen:
1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats
für Kapitalanleger-Musterverfahren des Oberlandesge-
richts München vom 6. August 2007 wird auf Kosten der
Klägerin zurückgewiesen.
2. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
auf 1.764,08 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 1 - eine börsennotierte Akti-
engesellschaft - und die Beklagten zu 2 und 3 - ehemalige Mitglieder des Vor-
stands der Beklagten zu 1 - Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Ad-
hoc-Mitteilungen geltend. Im ersten Rechtszug hat sie mit Schriftsatz vom
23. September 2006 einen Musterfeststellungsantrag i.S. des § 1 KapMuG ge-
stellt. Das Landgericht hat diesen Antrag durch Beschluss vom 31. Januar
2007, berichtigt durch Beschluss vom 29. März 2007, zurückgewiesen. Die Kla-
ge hat es durch Urteil ebenfalls vom 31. Januar 2007 abgewiesen. Die Klägerin
hat gegen den Beschluss sofortige Beschwerde und gegen das Urteil Berufung
eingelegt. Mit der Beschwerde hat sie beantragt, den Beschluss des Landge-
richts aufzuheben und festzustellen, dass die Musterfeststellungsanträge zuläs-
sig sind. Außerdem hat sie beantragt, das Beschwerdeverfahren bis zum Ab-
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schluss des Berufungsverfahrens auszusetzen. Das Beschwerdegericht hat die
Beschwerde als unzulässig verworfen und den Aussetzungsantrag zurückge-
wiesen. Dagegen richtet sich die von dem Beschwerdegericht zugelassene
Rechtsbeschwerde der Klägerin.
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II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwer-
de hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurück-
gewiesen, ein Musterfeststellungsverfahren könne nur im ersten Rechtszug in
Gang gesetzt werden, dieser sei aber durch das Urteil des Landgerichts been-
det. Das ist zutreffend, wie der Senat zwischenzeitlich mit Beschluss vom
3. Dezember 2007 (II ZB 15/07, ZIP 2008, 137, Tz. 7 ff.) entschieden hat. Da-
nach ist ein Musterfeststellungsantrag u.a. dann zurückzuweisen, wenn der
Rechtsstreit nach Einlegung der Berufung nicht mehr in der ersten Instanz an-
hängig ist.
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Im Übrigen kommt die Einleitung eines Musterverfahrens hier auch des-
halb nicht in Betracht, weil das Hauptsacheverfahren mittlerweile abgeschlos-
sen ist. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 16. April 2008 die Beru-
fung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Damit ist das landgerichtliche
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Urteil rechtskräftig geworden. Ein dennoch durchgeführtes Musterverfahren
könnte lediglich Auswirkungen auf andere Verfahren haben. Dazu fehlt es der
Klägerin aber an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Goette Kraemer Strohn
Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.01.2007 - 3 O 8155/06 -
OLG München, Entscheidung vom 06.08.2007 - W (KAPMU) 3/07 -