Urteil des BGH vom 24.04.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 156/13
Verkündet am:
24. April 2014
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 675, 328, 199 Abs. 1 Nr. 2; WpPG § 7
a) Zur Haftung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die in einem Wertpapier-
prospekt ein fehlerhaftes Testat betreffend die Prüfung der Gewinnprognosen
nach § 7 des Wertpapierprospektgesetzes i.V.m. Art. 3 und Anhang I Nr. 13.2.
der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 abgegeben hat, gegenüber einem Kapital-
anleger nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter
b) Liegt der haftungsauslösende Fehler der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in
einer falschen Rechtsanwendung, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist
nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht bereits mit dem Schluss des Jahres, in
dem der Geschädigte Kenntnis von dieser Rechtsanwendung als solcher er-
langt hat; vielmehr muss der Geschädigte Kenntnis oder grob fahrlässige Un-
kenntnis davon haben, dass die Rechtsanwendung fehlerhaft gewesen ist (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - IX ZR 245/12, WM 2014,
575).
BGH, Urteil vom 24. April 2014 - III ZR 156/13 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. April 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Reiter
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 17. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2013 wird zu-
rückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns (im Fol-
genden: Zedent) Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen der Er-
teilung eines unrichtigen Testats geltend.
Im Jahre 2007 legte die T. AG zwecks Ausgabe
von Namensaktien einen Wertpapierprospekt auf. Dieser enthielt auf den Seiten
53 bis 59 Planrechnungen für die Jahre 2007 bis 2011, aus denen die für diese
Geschäftsjahre zugrunde gelegten Gewinnprognosen und -schätzungen er-
sichtlich waren. Im März 2007 betraute die T. AG die
Beklagte damit, die Rechnungslegungsgrundlagen der Gewinnprognosen und
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-schätzungen gemäß der EG-Verordnung Nr. 809/2004 in Verbindung mit dem
Wertpapierprospektgesetz zu prüfen. Der im Prospekt veröffentlichte Prüfbe-
richt der Beklagten vom 25. April 2007 endete mit der zusammenfassenden
Feststellung, dass die Gewinnprognosen und -schätzungen in Übereinstim-
mung mit den angegebenen Grundlagen ordnungsgemäß aufgestellt worden
seien und dass diese Grundlagen im Einklang mit den Rechnungslegungsstra-
tegien der Gesellschaft stünden. Das Testat wurde im Prospekt auf den Seiten
60 bis 62 abgedruckt. Im Juli 2007 erwarb der Zedent eine Beteiligung an der
T. AG zum Nennwert von 9.000
€. In der Folgezeit kam es
nicht zur Eintragung der Kapitalerhöhung, im Zuge derer die Aktien emitiert
werden sollten, in das Handelsregister. Die entsprechenden Aktien hat der Ze-
dent bis zum heutigen Tage nicht erhalten. Die T. AG ist
insolvent.
Der Klage auf Schadensersatz hat das Landgericht im Wesentlichen
stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurück-
gewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revi-
sion der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen
die Beklagte aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Schadensersatz unter
dem Gesichtspunkt der Verletzung eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter zustehe. Der zwischen der Beklagten und der T.
AG abgeschlossene Prüfauftrag sei als ein solcher Vertrag zu qualifizieren, in
dessen Schutzbereich der Zedent mit einbezogen gewesen sei. Es sei Aufgabe
der Beklagten gewesen, nach den gesetzlichen Vorgaben des Wertpapierpros-
pektgesetzes zum Zwecke der Veröffentlichung allen Anlegern gegenüber die
Richtigkeit der zu prüfenden Prognoserechnung zu bestätigen. Das Testat der
Beklagten sei grob fahrlässig falsch gewesen; die Prognose der Dividenden-
ausschüttung sei mit § 269 Satz 2 HGB aF unvereinbar. Diese Pflichtverletzung
sei, wie zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten Beweis-
aufnahme feststehe, auch für die Anlageentscheidung des Zedenten kausal
geworden. Der Anspruch auf Schadensersatz sei nicht verjährt. Der Zedent ha-
be von den anspruchsbegründenden Umständen nicht rechtzeitig Kenntnis ge-
habt. Grobe Fahrlässigkeit liege ebenfalls nicht vor. Zwar habe der Zedent
sämtliche tatsächlichen Umstände gekannt, da er sowohl den Emissionspros-
pekt wie den darin abgedruckten Prüfbericht der Beklagten erhalten und gele-
sen habe. Ihm sei aber die rechtliche Unzulässigkeit der vorgesehenen Aus-
schüttungen unbekannt gewesen; insoweit habe er sich auf die Prüfung durch
die Beklagte verlassen. Der Grundsatz, dass eine rechtliche Unkenntnis dem
Beginn der Verjährungsfrist regelmäßig nicht entgegenstehe, könne nicht in
einem Fall wie hier gelten, in dem ohne die richtige Rechtskenntnis der Ge-
schädigte von einer mangelhaften Leistung des Schädigers gar nicht ausgehen
könne.
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II.
Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Zwar hat das Berufungsgericht in
den Gründen seiner Entscheidung die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 ZPO zur Klärung der Rechtsfrage zugelassen, "unter welchen Vorausset-
zungen bei einem Schadensersatzanspruch im Bereich der Expertenhaftung
unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von vertraglichen Prüfungspflichten
mit rechtlichem Einschlag von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis
des Geschädigten im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausgegangen werden
kann". Ob dies so zu verstehen ist, dass das Oberlandesgericht die Revision
auf die Frage der Verjährung beschränken wollte, kann aber dahinstehen, da
eine solche Beschränkung unzulässig wäre (vgl. nur BGH, Urteile vom 27. Sep-
tember 1995 - VIII ZR 257/94, NJW 1995, 3380, 3381 und vom 21. September
2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19).
III.
Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Ze-
dent in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und der T.
AG abgeschlossenen Vertrags einbezogen gewesen ist.
a) Das durch die Rechtsprechung entwickelte Institut des Vertrags mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter beruht auf einer maßgeblich durch das Prinzip
von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geprägten ergänzenden Vertragsauslegung
(§ 157 BGB). Ob insoweit ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Einbeziehung be-
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steht, hat der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln
(vgl. nur BGH, Urteil vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 4, 6; Se-
nat, Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 18 f).
Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung waren ursprünglich Fallgestal-
tungen, in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte
Fürsorgepflicht oblag, ihm gleichsam deren "Wohl und Wehe" anvertraut war.
Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten wurde
danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach
Inhalt und Zweck des Vertrags nicht auf den Vertragspartner beschränkten,
sondern - für den Schuldner erkennbar - solche Dritte einschlossen, denen der
Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldete. Dies war insbesondere
der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbeziehung mit per-
sonenrechtlichem Einschlag, zum Beispiel ein familien-, arbeits- oder mietver-
tragliches Verhältnis bestand (vgl. nur BGH, Urteile vom 2. Juli 1996 - X ZR
104/94, BGHZ 133, 168, 170 ff und vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ
159, 1, 8; Senat, Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 16).
In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung sind in die Schutzwirkungen
eines Vertrags Dritte auch einbezogen worden, wenn diese bestimmungsge-
mäß mit der Hauptleistung in Berührung kommen, der Gläubiger an deren
Schutz ein besonderes Interesse hat und Inhalt und Zweck des Vertrags erken-
nen lassen, dass diesen Interessen Rechnung getragen werden soll, bezie-
hungsweise die Parteien den Willen haben, zugunsten dieser Dritten eine
Schutzpflicht des Schuldners zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1996
- X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 172 f; Senat, Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR
277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 17 mwN).
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In diesem Sinne können Personen, die über eine besondere, vom Staat
anerkannte Sachkunde verfügen, und in dieser Eigenschaft gutachterliche Stel-
lungnahmen abgeben, wie etwa Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder öffentlich
bestellte und vereidigte Sachverständige, aus Vertrag mit Schutzwirkung für
Dritte gegenüber Personen haften, denen gegenüber der Auftraggeber von dem
Gutachten bestimmungsgemäß Gebrauch macht (vgl. nur BGH, Urteil vom
20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 5). Wirtschaftsprüfungsgesellschaf-
ten - wie die Beklagte - gehören prinzipiell zu dem Personenkreis, dessen Stel-
lungnahmen aufgrund der Sachkunde und der erwarteten Unabhängigkeit, Ge-
wissenhaftigkeit und Unparteilichkeit - insbesondere bei Prüfaufträgen - von
besonderer Bedeutung sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. September 2000
- X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 198; Senat, Urteile vom 6. April 2006 - III ZR
256/04, BGHZ 167, 155 Rn. 12 und vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ
181, 12 Rn. 17).
Hierbei steht eine etwaige Gegenläufigkeit der Interessen des Auftragge-
bers und des Dritten dessen Einbeziehung nicht entgegen. Denn wer bei einer
sachkundigen Person ein Gutachten bestellt, um davon gegenüber Dritten Ge-
brauch zu machen, ist daran interessiert, dass die Ausarbeitung die entspre-
chende Beweiskraft besitzt. Dies ist jedoch nur gewährleistet, wenn der Verfas-
ser sie objektiv nach besten Wissen und Gewissen erstellt und auch dem Drit-
ten gegenüber dafür einsteht (vgl. nur Senat, Urteile vom 10. November 1994
- III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380 und vom 2. April 1998 - III ZR 245/96,
BGHZ 138, 257, 261).
Wesentlich ist nur, dass eine von Sachkunde geprägte Stellungnahme
oder Begutachtung den Zweck hat, das Vertrauen eines Dritten zu erwecken
und - für den Sachkundigen hinreichend erkennbar - Grundlage einer Entschei-
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dung mit wirtschaftlichen Folgen zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2004
- X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 5; Senat, Urteile vom 6. April 2006 - III ZR 256/04,
BGHZ 167, 155 Rn. 12 und vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn.
17). Soweit sich der Kreis der Einbezogenen auf solche Dritte beschränkt, in
deren Interesse die Leistung des Schuldners nach der ausdrücklichen oder still-
schweigenden Vereinbarung der Parteien zumindest auch erbracht werden soll,
ist tragender Gesichtspunkt hierfür das Anliegen, das Haftungsrisiko für den
Schuldner kalkulierbar zu halten. Er soll die Möglichkeit haben, sein Risiko bei
Vertragsschluss einzuschätzen und gegebenenfalls zu versichern. Er soll nicht
für Schäden einstehen müssen, wenn ihm dies nach Treu und Glauben und
unter Berücksichtigung des Vertragszwecks nicht zugemutet werden kann (vgl.
nur BGH, Urteil vom 20. April 2004 aaO S. 9; Senat, Urteil vom 7. Mai 2009
aaO).
b) Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass
das Testat der Beklagten eine solche Haftung begründet.
Bei der Frage, ob Dritte in den Schutzbereich eines Vertrags einbezogen
sind, gehören zum wesentlichen Auslegungsstoff die in dem Gutachten enthal-
tenen Angaben über dessen Zweck und der sonstige Inhalt des Gutachtens,
aber auch die eigenen Angaben des Gutachters zu Inhalt und Umständen der
Auftragserteilung (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ
159, 1, 6). Die beabsichtigte Weitergabe des Testats an Dritte - hier durch die
Aufnahme in den Prospekt und die Verwendung des Prospekts bei der Zeich-
nung von Aktien durch Anleger - war im vorliegenden Fall Grundlage des Auf-
trags. Nach § 7 des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) in Verbindung mit
Art. 3 und Anhang I Nr. 13.2. der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 (im Folgenden:
Prospektverordnung) vom 29. April 2004 (ABl. EU Nr. L 149 S. 1, Nr. L 215
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S. 3) muss, wenn sich ein Emittent dazu entschließt, in den Prospekt eine Ge-
winnprognose oder eine Gewinnschätzung aufzunehmen, im Prospekt auch ein
Bericht enthalten sein, "der von unabhängigen Buchprüfern oder Abschlussprü-
fern erstellt wurde und in dem festgestellt wird, dass die Prognose oder die
Schätzung nach Meinung der unabhängigen Buchprüfer oder Abschlussprüfer
auf der angegebenen Grundlage ordnungsgemäß erstellt wurde und dass die
Rechnungslegungsgrundlage, die für die Gewinnprognose oder -schätzung
verwendet wurde, mit den Rechnungslegungsstrategien des Emittenten konsis-
tent ist". In dem von der Beklagten erstellten "Bericht über die Prüfung des
Prospektes über Aktien" vom 25. April 2007 - abgedruckt auf Seite 60 bis 62
des Wertpapierprospekts - wird dementsprechend dieser Auftragsinhalt unter
Bezugnahme auf das Wertpapierprospektgesetz und die Prospektverordnung
beschrieben und abschließend festgestellt, dass die Gewinnprognosen oder
-schätzungen der Emittentin auf der angegebenen Grundlage ordnungsgemäß
erstellt wurden und in Einklang mit den Rechnungslegungsstrategien der Ge-
sellschaft stünden.
Das Wertpapierprospektgesetz und die Prospektverordnung dienen der
Umsetzung der sogenannten Prospektrichtlinie (Richtlinie 2003/71/EG des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003, ABl. EU Nr. L
345 S. 64). Kernanliegen ist der effektive Schutz des Anlegers mittels vollstän-
diger und zutreffender Informationen (vgl. nur Erwägungsgründe Nr. 10, 16, 18
und 21; siehe auch BT-Drucks. 15/4999 S. 25). Die Tätigkeit der Beklagten
- Testierung der Gewinnprognosen und Gewinnschätzungen - diente gerade
der Erfüllung dieses Schutzzwecks im Interesse der Anleger.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Rüge der Revision, eine Haftung
nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter müs-
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se ausgeschlossen sein, wenn sich die Parteien eines Prüfauftrags darüber ei-
nig seien, dass der Bericht nicht weitergegeben werden solle, beziehungsweise
eine vertragswidrige Weitergabe könne keine Haftung begründen, nicht ver-
ständlich. Die Beklagte musste wissen, dass der nach § 3 WpPG zu veröffentli-
chende Wertpapierprospekt und damit auch ihr Prüfbericht Anlegern im Vorfeld
des Erwerbs der auszugebenden Namensaktien als Informationsgrundlage zur
Verfügung gestellt werden würde.
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die im
Prospekt (S. 72-73) abgedruckten Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirt-
schaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom 1. Januar 2002
(AAB). Das Berufungsgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass
deren Inhalt einer Einbeziehung des Zedenten in den Schutzbereich nicht ent-
gegensteht. Die von der Revision angesprochenen Regelungen in Nr. 7 Abs. 1
AAB ("Die Weitergabe beruflicher Äußerungen des Wirtschaftsprüfers [Berichte,
Gutachten und dgl.] an einen Dritten bedarf der schriftlichen Zustimmung des
Wirtschaftsprüfers, soweit nicht bereits aus dem Auftragsinhalt die Einwilligung
zur Weitergabe an einen bestimmten Dritten sich ergibt") und Nr. 7 Abs. 2 AAB
("Die Verwendung beruflicher Äußerungen des Wirtschaftsprüfers zu Werbe-
zwecken ist unzulässig; ein Verstoß berechtigt den Wirtschaftsprüfer zur fristlo-
sen Kündigung aller noch nicht durchgeführten Aufträge des Auftraggebers.")
erfassen nicht einen Fall wie den vorliegenden, in dem sich der Prüfer gerade
vertraglich verpflichtet, eine zur Veröffentlichung in einem Prospekt bestimmte
Bewertung zugunsten zukünftiger Anleger abzugeben. Gleiches gilt für die Re-
gelung in Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 AAB ("Gegenüber einem Dritten haftet der Wirt-
schaftsprüfer [im Rahmen von Nr. 9] nur, wenn die Voraussetzungen des Sat-
zes 1 gegeben sind.") in Verbindung mit der Haftungsbeschränkungen zur Höhe
und Ausschlussfristen enthaltenden Regelung in Nr. 9 AAB. Dies wird auch da-
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ran deutlich, dass sich in dem "Bericht über die Prüfung des Prospektes über
Aktien" Ausführungen über die Haftung der Beklagten befinden, wobei diese
nach dem Text ausdrücklich auch "im Verhältnis zu Dritten" beziehungsweise
gelten, "wenn eine Haftung gegenüber einer anderen Person als dem Auftrag-
geber begründet sein sollte." Würde man der Auffassung der Beklagten folgen,
wäre eine solche Dritthaftung hier von vornherein ausgeschlossen, da bezüglich
der zum Zeitpunkt des Vertrags noch unbekannten Anleger natürlich keine
"Einwilligung zu einer Weitergabe an einen bestimmten Dritten" vorliegt, also
die zitierten Ausführungen zur Dritthaftung keinen Sinn ergeben würden. Ge-
nauso wären die im Auftragsschreiben der Beklagten vom 21. März 2007 ent-
haltenen Bemerkungen, wonach sich die Haftung für die Durchführung der Prü-
fung auch gegenüber Dritten auf 4 Mio.
€ beschränke, überflüssig, wenn nicht
an eine Haftung gegenüber den Anlegern, denen gegenüber der Prospekt Ver-
wendung finden sollte, gedacht gewesen wäre. Insoweit ist von einer individuel-
len Einbeziehung der Anleger in den Vertrag auszugehen, die die allgemeinen
Regelungen in den AAB verdrängt. Hierfür spricht im Übrigen auch der eigene
Vortrag der Beklagten zu Sinn und Zweck des Prüfungsauftrags, den sie dahin-
gehend umschrieben hat, dass die Prüfung das Ziel gehabt habe, "den Anle-
gern verlässliche Daten zu der erwarteten Gewinnlage als Entscheidungsgrund-
lage zur Verfügung zu stellen. Sie sollte den Anlegern ermöglichen, die Aus-
schüttung von Gewinnen einplanen zu können".
Die Feststellung des Berufungsgerichts, das durch die zu zeichnende
Kapitalsumme begrenzte Gesamtrisiko sei gegebenenfalls versicherbar und in
die Vergütung einkalkulierbar gewesen, so dass der Kreis der vom Prüfauftrag
der Beklagten erfassten Personen auch nicht uferlos ausgeweitet sei (vgl. hier-
zu BGH, Urteil vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 9), wird von der
Revision - die sich auf Literaturmeinungen beruft, die sich allgemein gegen die
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Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich von Prüfverträgen richten, bei denen
das das Resultat des Prüfauftrags bildende Testat im Prospekt wiedergegeben
wird (Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts,
3. Aufl., § 6 Rn. 225; Pankoke in Just/Ritz/Voß/Zeising, Wertpapierprospektge-
setz und EU-Prospektverordnung, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG, Rn. 23 ff;
Schwark in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., BörsG
§§ 44, 45, Rn. 12) - nicht mit Substanz angegriffen.
c) Das von der Revision zitierte Senatsurteil vom 6. April 2006 (III ZR
256/04, BGHZ 167, 155; siehe zuvor bereits Senatsurteil vom 2. April 1998
- III ZR 245/96, BGHZ 138, 257) ist nicht einschlägig. Dort ging es um die ge-
setzlich vorgeschriebene Prüfung des Jahresabschlusses einer Aktiengesell-
schaft durch einen Wirtschaftsprüfer (§§ 316 ff HGB). Entsprechenden Bestäti-
gungsvermerken von Abschlussprüfern kommt aufgrund verschiedener Publizi-
tätsvorschriften (u.a. § 325 Abs. 1 HGB; § 30 Abs. 1 BörsZulV aF) die Bedeu-
tung zu, allgemein Dritten einen Einblick in die wirtschaftliche Situation des pub-
lizitätspflichtigen Unternehmens zu gewähren und ihnen - sei es als künftigen
Kunden beziehungsweise Gläubigern, sei es als an einer Beteiligung Interes-
sierten - für ihr beabsichtigtes Engagement eine Beurteilungsgrundlage zu ge-
ben. Ungeachtet dieser auf Publizität und Vertrauensbildung angelegten Funk-
tion hat aber der Gesetzgeber die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers für
eine Pflichtprüfung in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auf - zudem zur Höhe noch wei-
ter begrenzte (§ 323 Abs. 2 HGB) - Ansprüche der Kapitalgesellschaft und ver-
bundener Unternehmen beschränkt. Gläubigern wie Aktionären haftet der Prü-
fer nach dieser Bestimmung nicht. Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberi-
schen Wertentscheidung hat der Senat (aaO S. 162 ff bzw. S. 262) auch die
Möglichkeit einer Haftung des Abschlussprüfers nach den Grundsätzen des
Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eingeschränkt. Hiermit ist der vor-
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liegende Fall aber nicht zu vergleichen. Gesetzlich ist nicht vorgeschrieben,
dass die Gewinnerwartungen des Emittenten von einem Wirtschaftsprüfer zu
kontrollieren und zusammen mit dem Prüfergebnis zu veröffentlichen sind.
Vielmehr hängt die Frage, ob eine Prüfung notwendig ist, zunächst davon ab,
ob sich der Emittent, um sein Angebot für die Kunden besonders attraktiv zu
machen, entschließt, Gewinnerwartungen in den Prospekt aufzunehmen. Erst
und nur dann sollen diese zum Schutz der Anleger durch einen Wirtschaftsprü-
fer kontrolliert und das Ergebnis der Prüfung den Anlegern über die Veröffentli-
chung im Prospekt zugänglich gemacht werden. Eine § 323 HGB vergleichbare
gesetzgeberische Wertentscheidung zur Begrenzung der Prüferhaftung besteht
insoweit ebenfalls nicht. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beklagten, aus
dem Umstand, dass sie nicht zu den Prospektverantwortlichen (Prospekt-
herausgeber; Prospektveranlasser) im Sinne der gesetzlichen Prospekthaftung
nach §§ 44 ff BörsG aF und der mittlerweile (mit Wirkung zum 1. Juni 2012)
außer Kraft getretenen §§ 8f, 13 des Wertpapier-Verkaufsprospektgesetzes
(VerkProspG) gehöre, folge eine - mit § 323 HGB vergleichbare - Sperrwirkung
für die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Gegen
eine solche Sperrwirkung spricht vor allem, dass nach § 47 Abs. 2 BörsG aF
(i.V.m. § 13 Abs. 1 VerkProspG) neben den gesetzlichen Prospekthaftungsan-
sprüchen weitergehende vertragliche Ansprüche unberührt bleiben. Zudem be-
zwecken die streitgegenständlichen Regelungen - wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat - auch und gerade den Schutz der konkreten Anleger
und unterscheiden sich deutlich vom Regelungsgefüge der §§ 316 ff HGB.
2.
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert eine Einbeziehung des
Zedenten auch nicht an dessen mangelnder Schutzbedürftigkeit, weil ihm An-
sprüche aus Prospekthaftung gegenüber der T. AG zu-
stünden. Zwar ist die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines
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Vertrags abzulehnen, wenn ein Schutzbedürfnis des Dritten deshalb nicht be-
steht, weil diesem eigene vertragliche Ansprüche - gleich gegen wen - zu-
stehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie
diejenigen, die ihm über eine Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrags
zukämen (vgl. nur BGH, Urteile vom 15. Februar 1978 - VIII ZR 47/77, BGHZ
70, 327, 330; vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 173 f und vom
22. Juli 2004 - IX ZR 132/03, NJW 2004, 3630, 3632). Hierbei ist ohne Bedeu-
tung, ob diese Ansprüche im Hinblick auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des
Verpflichteten überhaupt durchsetzbar sind (vgl. nur Urteil vom 22. Juli 2004
aaO). Ansprüche aus Prospekthaftung gegen einen Prospektverantwortlichen
und Ansprüche gegen einen Wirtschaftsprüfer aus einem Vertrag mit Schutz-
wirkung zugunsten Dritter sind in diesem Sinne aber nicht gleichwertig (vgl.
BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02, NJW 2004, 3420, 3421; Senat,
Urteile vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, NJW 2007, 1332 Rn. 27 und III ZR
300/05, NJW-RR 2007, 1329 Rn. 21; siehe auch Palandt/Grüneberg, BGB,
73. Aufl., § 328 Rn. 18 und MüKoBGB/Gottwald, 6. Aufl., § 328 Rn. 185). So-
weit die Beklagte meint, die Entscheidung des X. Zivilsenats vom 8. Juni 2004
- zu den Senatsentscheidungen vom 14. Juni 2007 verhält sich die Revision
nicht - sei überholt, weil der dort angesprochene Aspekt der unterschiedlichen
Verjährung nach Aufhebung des § 51a WPO aF entfallen sei, ist anzumerken,
dass der X. Zivilsenat - in Kenntnis der zum 1. Januar 2004 erfolgten Aufhe-
bung (aaO S. 3421) - auf die Frage der Verjährung nur in Form eines zusätzli-
chen Arguments abgestellt hat. Im Übrigen sind auch die nunmehr an Stelle des
§ 51a WPO aF anwendbaren allgemeinen Verjährungsregeln (insbesondere §
199 BGB) insoweit günstiger, als die absolute Verjährungsfrist (also ohne
Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis) zehn Jahre be-
trägt (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB), während bei (bürgerlich-rechtlichen)
Prospekthaftungsansprüchen Verjährung stets nach Ablauf von drei Jahren ein-
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tritt; für die von der Revision angesprochenen spezialgesetzlichen Prospektan-
sprüche gelten für den Anspruchsinhaber noch ungünstigere Fristenregelungen
(vgl. § 46 BörsG aF).
3.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte schuld-
haft ein fehlerhaftes Testat erstellt hat und der Zedent (wie erforderlich, vgl. da-
zu BGH, Urteil vom 26. September 2000 - X ZR 94/98, BGHZ 145, 187, 197 f;
Senat, Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, NJW 2007, 1332 Rn. 28) seine
Anlageentscheidung im Vertrauen auf die Richtigkeit des Testats getroffen hat.
Gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts wendet sich
die Revision nicht.
4.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es auch nicht am Zurech-
nungszusammenhang zwischen ihrer Pflichtverletzung und dem geltend ge-
machten Schaden. Grundsätzlich haftet derjenige, der für ein schädigendes
Ereignis verantwortlich ist, dem Geschädigten für alle dadurch ausgelösten
Schadensfolgen. Allerdings muss der Schaden nach Art und Entstehungsweise
aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte
Pflicht bestimmt war (vgl. nur BGH, Urteile vom 3. Dezember 1991 - XI ZR
300/90, NJW 1992, 555 f und vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005,
1420, 1421 f, jeweils mwN). Die Annahme einer solchen Haftungsbegrenzung
aufgrund des Schutzzwecks der verletzten Rechtsnorm oder Vertragspflicht
erfordert eine wertende Betrachtung. Insoweit ist im vorliegenden Fall bezüglich
der Haftung der Beklagten aus dem abgeschlossenen Vertrag mit Schutzwir-
kung zugunsten der Anleger nach Sinn und Zweck des Vertrags unter Berück-
sichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben zu prüfen, ob der geltend
gemachte Schaden außerhalb des Schutzbereichs des streitgegenständlichen
Vertrags liegt. Dies ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Zwar weist
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die Beklagte im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass ihre Aufgabe nicht
darin bestand, den Prospekt insgesamt beziehungsweise das Anlagemodell als
solches im Interesse der Anleger zu prüfen. Eine Beschränkung der Haftung,
wie von der Beklagten gefordert, auf eine etwaige geringere Gewinnausschüt-
tung würde jedoch der besonderen Bedeutung der von der Beklagten im Inte-
resse der Anleger übernommenen Prüfung nicht gerecht werden. Die Gewinn-
prognosen des aktienausgebenden Unternehmens sind regelmäßig für den An-
leger und dessen Anlageentscheidung von grundlegender Bedeutung. Durch
positive Gewinnprognosen wird für den Anleger der Eindruck eines prosperie-
renden Unternehmens geschaffen. Vor diesem Hintergrund muss der Emittent,
wenn er entsprechende Prognosen in seinen Prospekt aufnimmt, diese zuvor
von einem Wirtschaftsprüfer kontrollieren lassen. Die gesetzlich vorgeschriebe-
ne Testierung in Verbindung mit der Veröffentlichung des Testats im Prospekt
stellt mithin - erkennbar auch aus der Sicht des Wirtschaftsprüfers - einen zen-
tralen Baustein für die Anlageentscheidung des Kunden dar. Dies hat die Be-
klagte selbst nicht anders gesehen, insoweit als sie vorgetragen hat, ihre Prü-
fung habe das Ziel gehabt, den Anlegern verlässliche Daten als Grundlage für
ihre Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Weiß der Wirtschaftsprüfer aber
um diesen Umstand und lässt sich auch feststellen, dass sein Testat für die An-
lageentscheidung des Kunden kausal gewesen ist, liegt der Schaden des Kun-
den bereits im Erwerb der Anlage, ohne dass es darauf ankommt, aus welchen
Gründen diese später wertlos geworden ist. In einem solchen Fall entspricht es
dem Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht, die Haftung nicht lediglich auf
etwaige Schäden aus einer geringeren oder unterbliebenen Gewinnerwartung
zu beschränken.
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5.
Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verjährt. Nach § 199 Abs. 1
Nr. 2 ZPO beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB mit dem
Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von
den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners
Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Hierbei muss
sich im Fall einer Abtretung der Zessionar die Kenntnis oder grob fahrlässige
Unkenntnis des Zedenten zurechnen lassen (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. April
1990 - VI ZR 288/89, NJW 1990, 2808, 2809 und vom 17. Oktober 1995 - VI ZR
246/94, NJW 1996, 117, 118, jeweils zu § 852 BGB aF; Senat, Urteil vom
15. März 2012 - III ZR 148/11, VersR 2012, 722 Rn. 23). Zu Recht ist das Beru-
fungsgericht insoweit davon ausgegangen, dass allein der Umstand, dass dem
Zedenten der Emissionsprospekt und der dort abgedruckte Prüfbericht der Be-
klagten als solche bekannt waren, er lediglich die rechtliche Unzulässigkeit der
vorgesehenen Ausschüttungen nicht erkannt und sich insoweit auf die Prüfung
der Prognoserechnung durch die Beklagte verlassen hat, nicht ausgereicht hat,
um den Lauf der Verjährungsfrist im Jahre 2007 in Gang zu setzen. Zum Zeit-
punkt der Klageerhebung Anfang 2011 war deshalb Verjährung nicht eingetre-
ten.
Zwar ist im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich die Tat-
sachen-, nicht die Rechtskenntnis entscheidend. Erforderlich ist, dass der
Gläubiger um die anspruchsbegründenden Umstände weiß, nicht dass er den
Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (vgl. nur Senat, Urteile vom 19. März 2008
- III ZR 220/07, NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7 und vom 18. Dezember 2008 - III ZR
132/08, NJW 2009, 984 Rn. 13 f; siehe auch Senat, Urteil vom 11. Januar 2007
- III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 28 mwN zu § 852 BGB aF). Insoweit wäre
es etwa ohne Bedeutung, wenn dem Zedenten die Kenntnis gefehlt hätte, dass
er in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und der T.
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AG abgeschlossenen Vertrags einbezogen gewesen ist. Hier
geht es jedoch um etwas anderes. Liegt bei einem Schadensersatzanspruch
der haftungsauslösende Fehler in einer falschen Rechtsanwendung des
Schuldners, kann nicht die Kenntnis dieser Rechtsanwendung als solche aus-
reichen; vielmehr muss der Geschädigte Kenntnis oder grob fahrlässige Un-
kenntnis davon haben, dass die Rechtsanwendung fehlerhaft gewesen ist (vgl.
auch BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - IX ZR 245/12, WM 2014, 575 Rn. 9 ff,
15 ff mwN). Es würde dem Sinn und Zweck des streitgegenständlichen Testats
zuwiderlaufen, wenn man dem Anleger eine eigenständige rechtliche - hier un-
ter Berücksichtigung der einschlägigen Normen des Handelsgesetzbuchs -
Überprüfung der testierten Gewinnprognose auferlegen beziehungsweise eine
- einer solchen Überprüfung entsprechende - Rechtskenntnis unterstellen wür-
de. Dass der Zedent den Fehler der Beklagten erkannt oder grob fahrlässig
nicht erkannt hat, ist nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Klägers
kann dies auch nicht daraus geschlossen werden, dass die Kapitalerhöhung
letztlich gescheitert ist und der Zedent seine gezeichneten Aktien nicht erhalten
hat. Aus diesem Umstand allein ergaben sich für den Zedenten keine ausrei-
chenden Anhaltspunkte, das Testat der Beklagten für falsch zu halten. Auch
war der Zedent nicht - bei Meidung des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit - gehal-
ten, das Scheitern der Kapitalerhöhung zum Anlass zu nehmen, das Testat von
einem Fachmann überprüfen zu lassen. Im Übrigen ist die Kapitalerhöhung
- geht man von dem eigenen Vortrag der Beklagten in ihrer Klageerwiderung
vom 15. April 2011 aus - erst mit dem 1. Februar 2008 endgültig gescheitert, so
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dass die Frage einer anschließenden Überprüfung des Testats für die Verjäh-
rung nicht entscheidungserheblich wäre.
Schlick
Herrmann
Wöstmann
Seiters
Reiter
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 11.11.2011 - 10 O 65/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.04.2013 - I-17 U 185/11 -