Urteil des BGH vom 09.09.2014

BGH: gefährdung, könig, gesamtstrafe, unfall, sorgfalt, schuldfähigkeit, kauf, fahrzeug, sperrfrist, verkehr

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 S t R 3 6 5 / 1 4
vom
9. September 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. September 2014
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Detmold vom 16. Mai 2014 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 5 (Fall 4)
der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverlet-
zung,
„besonders“ gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fah-
rens ohne Fahrerlaubnis, wegen Nötigung sowie wegen vorsätzlicher Gefähr-
dung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und
1
- 3 -
vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Sperrfrist nach § 69a StGB
angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiel-
len Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im
Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge
hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten er-
geben. Auch die Aussprüche über die Einzelstrafen in den Fällen II. 2 (Fall 1),
II. 3 (Fall 2) und II. 4 (Fall 3) halten rechtlicher Nachprüfung stand. Jedoch kann
der Rechtsfolgenausspruch im Fall II. 5 (Fall 4) nicht bestehen bleiben.
Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom
18. August 2014 ausgeführt:
"Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der Tat vom 10. Dezem-
ber 2013 der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tatein-
heit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis schuldig gesprochen. Es hat die Strafe dem Strafrahmen
des § 315c Abs. 1 StGB entnommen und dabei übersehen, dass die vor-
sätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1
StGB hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz ver-
langt. Vorsatz ist deshalb nicht nur für die Kenntnis der Fahrunsicherheit,
sondern auch bezüglich der konkreten Gefahr erforderlich. Der Täter
muss die Umstände kennen, die den Gefahrerfolg im Sinne eines Bei-
naheunfalls als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen und diese
Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nehmen (vgl. Hentschel/König/
Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 315c Rn 48).
Die Revision wendet zu Recht ein, dass das Landgericht von einem fahr-
lässigen herbeigeführten Unfall mit dem Fahrzeug der Zivilstreife ausge-
gangen ist. Denn es hat bei der rechtlichen Würdigung des festgestellten
Sachverhalts ausgeführt, der Angeklagte hätte bei Anwendung der ihm
2
3
- 4 -
möglichen und zumutbaren Sorgfalt erkennen können, dass es aufgrund
seiner Fahruntüchtigkeit zu einem Zusammenstoß und dadurch verur-
sachten Verletzungen anderer kommen konnte (UA S. 30). Somit liegt
die Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination des § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB
vor, für die eine erheblich mildere Höchststrafe gilt.
Zudem hat das Landgericht in den Fällen 2 und 4 der Urteilsgründe eine
verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten angenommen und hätte
daher auch im Fall 4 eine Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49
Abs. 1 StGB prüfen müssen."
Dem schließt sich der Senat an.
2. Infolge der Aufhebung der im Fall II. 5 (Fall 4) verhängten Einzelstrafe
kann auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.
Sost-Scheible
Cierniak
Franke
Bender
Quentin
4
5