Urteil des BGH vom 14.05.2003

BGH (abweisung der klage, ersatz der kosten, aufrechnung, teilweise abweisung, höhe, miete, gegenforderung, betrag, zpo, widerklage)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 186/99
Verkündet am:
14. Mai 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und die Richterin Dr. Vézina
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Dresden vom 7. Juni 1999 im Kosten-
punkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden
ist, an die Kläger mehr als 95.781,38 DM zuzüglich Zinsen aus
diesem Betrag zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten
das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom
29. September 1998 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 2/3, die Be-
klagte 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger sind, zusammengeschlossen in einer Gesellschaft bürgerli-
chen Rechts, Eigentümer eines Bürogebäudes in Leipzig. Es handelt sich um
einen Altbau, der 1993 saniert wurde. Schon bevor die endgültigen Sanie-
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rungspläne vorlagen, schlossen die Parteien einen langfristigen Mietvertrag. Die
vereinbarte Miete betrug 70.000 DM netto im Monat. Die Beklagte bezog das
Objekt am 1. Juli 1993 und rügte von Anfang an erhebliche Mängel. Mit Rück-
sicht darauf zahlte sie die vereinbarte Miete nicht vollständig. In einem Vorpro-
zeß haben die Kläger Ansprüche auf rückständige Miete für die Zeit von Mai bis
November 1994 geltend gemacht. Diese Klage hatte nur teilweise Erfolg, weil
das Gericht davon ausging, die Miete sei wegen Mängeln gemindert; für die Zeit
vor Mai 1994 liege deshalb eine Überzahlung vor, deretwegen die Beklagte die
Aufrechnung erklären könne.
Die Parteien haben gegenseitig die Kündigung des Mietvertrages erklärt,
die Kläger wegen Zahlungsverzugs und die Beklagte wegen nicht beseitigter
Mängel. Die Beklagte ist ausgezogen. Mit der Klage haben die Kläger restlichen
Mietzins und Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die Beklagte hat im
Wege der Widerklage Ersatz der Kosten für nutzlos gewordene Einbauten in die
Mieträume und der Umzugskosten verlangt.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Kläger 349.887,84 DM
zuzüglich gestaffelter Zinsen zu zahlen. Die Klage im übrigen und Widerklage
hat es abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das
Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten hin das Urteil des Land-
gerichts dahin abgeändert, daß die Beklagte lediglich 124.549,43 DM zuzüglich
Zinsen zu zahlen habe. Im übrigen hat es beide Berufungen zurückgewiesen.
Beide Parteien haben Revision eingelegt. Durch Beschluß vom 12. März
2003 hat der Senat die Revision der Beklagten angenommen, soweit die Be-
klagte verurteilt worden ist, an die Kläger mehr als 95.781,38 DM
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(124.529,43 DM - 28.768,05 DM) zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die Revision der
Beklagten im übrigen und die Revision der Kläger hat er nicht angenommen.
Entscheidungsgründe:
Da die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, ob-
wohl ihnen der Termin rechtzeitig bekanntgegeben worden war, ist über die Re-
vision der Beklagten auf deren Antrag durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Das Urteil beruht jedoch nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sach-
prüfung (BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision der Beklagten führt, soweit der Senat sie angenommen hat,
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, unter Berücksichtigung einer an-
gemessenen Minderung betrage die von der Beklagten für die Monate Dezem-
ber 1994 bis September 1996 zu zahlende Bruttomiete (richtig, vgl. Senatsbe-
schluß über die Teilannahme vom 12. März 2003) 1.272.736,80 DM (nicht:
1.287.587,90 DM). Es sei davon auszugehen, daß die Beklagte hierauf
1.073.355,90 DM gezahlt habe, so daß noch 199.380,90 DM offenstünden.
Für die Zeit von Juli 1993 bis April 1994 habe die Beklagte 805.000 DM
gezahlt, obwohl sie wegen der zu berücksichtigenden Minderung nur
618.793,28 DM geschuldet habe. Die Beklagte könne aber nicht mit dem vollen
sich daraus ergebenden Gegenanspruch von 186.206,72 DM die Aufrechnung
erklären. Der Gegenanspruch sei zunächst in Höhe von 82.607,20 DM ver-
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braucht, weil er in dieser Höhe schon in dem Vorprozeß im Wege der Aufrech-
nung berücksichtigt worden sei.
Da diese Ausführungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden sind, hat der Senat die Revision der Beklagten nicht angenom-
men, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger 95.781,38 DM zu-
züglich Zinsen aus diesem Betrag zu zahlen (199.380,90 DM - [186.206,72 DM
- 82.607,20 DM] = 95.781,38 DM). Soweit die Beklagte durch das Berufungsge-
richt zur Zahlung von 95.781,38 DM zuzüglich Zinsen aus diesem Betrag ver-
urteilt worden ist, ist das Urteil durch den Beschluß des Senates über die teil-
weise Nichtannahme rechtskräftig.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Gegenanspruch der Beklagten,
mit dem sie die Aufrechnung erklären könne, sei um weitere 28.768,05 DM zu
kürzen, weil er insofern im Vorprozeß rechtskräftig abgewiesen worden sei.
Diese Annahme des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht
stand. Die Revision der Beklagten rügt zu Recht, für eine teilweise Abweisung
des Gegenanspruchs der Beklagten gebe es keine Anhaltspunkte.
Das Berufungsgericht geht davon aus, die Beklagte habe im Vorprozeß
wegen eines Teilbetrages des von ihr errechneten Gegenanspruchs in Höhe
von 111.375,25 DM die Aufrechnung erklärt. Das Gericht des Vorprozesses
habe diese Aufrechnung aber nur in Höhe von 82.607,20 DM für begründet er-
achtet, so daß wegen der Differenz von 28.768,05 DM der Gegenanspruch
nach § 322 Abs. 2 ZPO rechtskräftig abgewiesen worden sei.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Aufrechnungserklärung der
Beklagten sei im Vorprozeß nur teilweise stattgegeben worden, ist nicht zutref-
fend. Das Gericht des Vorprozesses hat die Aufrechnungserklärung der Be-
klagten im Wege der Auslegung dahin verstanden, daß die Beklagte gegenüber
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der damals streitigen Forderung nur wegen 82.607,20 DM die Aufrechnung er-
klären wolle und daß sie sich im übrigen vorbehalte, mit ihrer Gegenforderung
gegenüber zukünftigen Mietansprüchen aufzurechnen. Diese im Wege der
Auslegung gefundene Aufrechnungserklärung hat das Gericht des Vorprozes-
ses uneingeschränkt berücksichtigt. Daß es nicht einen Teil der zur Aufrech-
nung gestellten Gegenforderung als unbegründet angesehen hat, ergibt sich
schon daraus, daß es - wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig sieht - aus-
drücklich davon ausgegangen ist, die Gegenforderung der Beklagten sei höher
als die im Wege der Aufrechnung geltend gemachten 82.607,20 DM. Daß auf
diese Weise die Gegenforderung der Beklagten, soweit sie nicht im Wege der
Aufrechnung berücksichtigt worden ist, zum Teil rechtskräftig abgewiesen wor-
den sein könnte, kommt nicht in Betracht.
Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten und nicht erfor-
derlich sind, kann der Senat selbst abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3
ZPO a.F. = § 563 Abs. 3 ZPO n.F.). Soweit der Senat die Revision angenom-
men hat, ist die Klage abzuweisen.
Hahne
Gerber
Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbe-
dingt verhindert zu unterschreiben.
Hahne
Fuchs
Vézina