Urteil des BGH vom 03.04.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 236/13
vom
3. April 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO § 134 Abs. 1
Begleicht der Schuldner eine gegen einen Dritten gerichtete wertlose Forderung,
scheidet eine Schenkungsanfechtung aus, wenn eine weitere Person für die Forde-
rung eine werthaltige Sicherheit gestellt hatte, die der durch die Zahlung befriedigte
Gläubiger verliert.
BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZR 236/13 - KG Berlin
LG Berlin
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring
am 3. April 2014
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 10. Sep-
tember 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 69.073,85
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Der V. -C. e.V. (nachfolgend: Schuldner), über dessen
Vermögen am 1. Mai 2009 auf den Eigenantrag vom 23. März 2009 ein Insol-
venzverfahren eröffnet wurde, führte den Spielbetrieb des insolventen V.
(nachfolgend: Sportverein) fort. Dieser hatte bei der beklagten
Bank ein Darlehen über 200.000
€ aufgenommen, das durch die Verpfändung
von Festgeldguthaben der Streitverkündeten gesichert war. Der Schuldner ent-
richtete auf die Verbindlichkeit des insolventen Sportvereins im Zeitraum von
September 2006 bis März 2008 insgesamt 69.073,85
€ an die Beklagte. Der
klagende Insolvenzverwalter nimmt die Beklagte auf der Grundlage von § 134
InsO auf Erstattung dieses Betrages in Anspruch. Die Klage blieb in den Vor-
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instanzen ohne Erfolg. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger
sein Begehren weiter.
II.
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
1. Die angefochtene Entscheidung steht in Einklang mit den in ständiger
Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2013 - IX ZR 10/13,
WM 2013, 2182 Rn. 6 ff) zur Anfechtbarkeit einer Drittzahlung als unentgeltliche
Leistung (§ 134 InsO) entwickelten Rechtsgrundsätzen. Die vorliegende Sache
gibt keinen Anlass, davon abzurücken.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist eine Leistung unentgeltlich, wenn
ihr nach dem Inhalt des ihr zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts keine Gegen-
leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebe-
nen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließt. Ist eine dritte Per-
son in einen Zuwendungs- oder Gegenleistungsvorgang einbezogen, kommt es
für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit der Leistung nicht entscheidend darauf
an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich erhalten hat. Zu fragen ist viel-
mehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Dies
entspricht der in § 134 InsO ebenso wie früher in § 32 KO zum Ausdruck kom-
menden Wertung, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren
Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat
(BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - IX ZR 133/13, WM 2014, 516 Rn. 14
mwN).
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2. Die Tilgung einer fremden Schuld ist danach als unentgeltliche Leis-
tung anfechtbar, wenn die getilgte Forderung wertlos war; dann hat der Zuwen-
dungsempfänger wirtschaftlich nichts verloren, was als Gegenleistung für die
Zuwendung angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 18. April 2013 - IX ZR
90/10, WM 2013, 1079 Rn. 6 mwN). Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn
der Forderungsschuldner zahlungsunfähig war. Es können aber ausnahmswei-
se Umstände gegeben sein, die es rechtfertigen, die getilgte Forderung trotz
Zahlungsunfähigkeit des Forderungsschuldners als werthaltig zu beurteilen. So
verhält es sich im Streitfall, weil für die von dem Schuldner beglichene Verbind-
lichkeit eine werthaltige Sicherung bestand.
Die getilgte Forderung erweist sich als werthaltig, wenn der Zahlungs-
empfänger die Möglichkeit hat, durch Pfändung auf einen werthaltigen Rück-
griffsanspruch des Forderungsschuldners gegen den Insolvenzschuldner zuzu-
greifen. In entsprechender Weise kann die getilgte Forderung werthaltig sein,
wenn sich der Zahlungsempfänger durch Aufrechnung gegen eine Forderung
seines Schuldners Befriedigung verschaffen und auf diese Weise seine Forde-
rung trotz Insolvenzreife seines Schuldners durchsetzen kann (BGH, Urteil vom
18. April 2013, aaO Rn. 8). Nach diesen Maßstäben ist die Tilgung einer wertlo-
sen Forderung dann nicht als unentgeltlich zu beurteilen, wenn - wie im Streit-
fall - für sie werthaltige Sicherungen weiterer Personen bestanden, die der
Gläubiger infolge der Drittzahlung verliert (BGH, Urteil vom 15. April 1964 - VIII
ZR 232/62, BGHZ 41, 298, 303; OLG Stuttgart, NZI 2002, 112, 114; vgl.
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MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 31b; Wittig, NZI 2005, 606,
609 f).
Vill
Gehrlein
Fischer
Grupp
Möhring
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 06.05.2011 - 38 O 394/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 10.09.2013 - 14 U 133/11 -