Urteil des BGH vom 26.04.2007

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 221/04
vom
26. April 2007
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR:
ja
InsO §§ 207, 216 Abs. 1
Der Insolvenzverwalter ist nicht befugt, gegen die Fortsetzung des Insolvenzverfah-
rens Beschwerde zu erheben, wenn damit ein von ihm gestellter Antrag, das Verfah-
ren mangels Kostendeckung einzustellen, abgelehnt worden ist.
BGH, Beschluss vom 26. April 2007 - IX ZB 221/04 - LG Lüneburg
AG Uelzen
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 26. April 2007
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Lüneburg vom 10. August 2004 wird auf Kosten
des Rechtsbeschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
800 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde am
17. September 1999 eröffnet. Im November 2003 beantragte der Insolvenzver-
walter, das Verfahren mangels Deckung der Kosten einzustellen. Das Amtsge-
richt gab diesem Antrag unter Berichtigung einer früheren Entscheidung und
gleichzeitiger Ablehnung der vom Schuldner beantragten Restschuldbefreiung
statt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hatte Er-
folg. Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Insolvenzverwalter, die land-
gerichtliche Entscheidung aufzuheben und den berichtigten Beschluss des
Amtsgerichts wiederherzustellen.
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II.
Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft.
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Voraussetzung der Statthaftigkeit der Insolvenzrechtsbeschwerde nach
§ 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist, dass für den Rechtsbeschwerde-
führer das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 6 Abs. 1 InsO eröff-
net war (vgl. BGHZ 144, 78, 82; 158, 212, 214). Dies gilt nicht nur dann, wenn
der Erstbeschwerdeführer die Rechtsbeschwerde erhebt, sondern auch, wenn
diese von einem anderen Verfahrensbeteiligten, der sich durch die Beschwer-
deentscheidung erstmals beschwert sieht, eingelegt wird. Auch in diesem Fall
ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn gegen eine entsprechende erstin-
stanzliche Entscheidung die sofortige Beschwerde nach § 6 InsO eröffnet ge-
wesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005 - IX ZB 54/04, NZI 2006,
239). Dies war hier nicht der Fall.
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Gegen die Einstellung des Verfahrens nach § 207 InsO gewährt § 216
Abs. 1 InsO dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger das Recht zur Be-
schwerde. Wird die Einstellung des Verfahrens nach § 207 InsO abgelehnt und
das Insolvenzverfahren fortgesetzt, so kommt dagegen zwar nach § 11 Abs. 2
RpflG die Erinnerung in Betracht, eine Überprüfung der richterlichen Entschei-
dung in einem (weiteren) Rechtsmittelverfahren findet jedoch nicht statt, selbst
wenn ein förmlicher Beschluss ergeht (vgl. Kübler/Prütting/Pape, InsO § 207
Rn. 29; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 207 Rn. 50, § 216 Rn. 10; anders noch
zum früheren Recht beim Ergehen eines förmlichen Beschlusses
Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 204 Rn. 9). Ohnehin steht dem Verwalter nach
allgemeiner Ansicht in Übereinstimmung mit dem Gesetzeswortlaut gegen die
Einstellungsentscheidung des Insolvenzgerichts gemäß § 216 Abs. 1 InsO kein
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Beschwerderecht zu (vgl. Uhlenbruck, InsO 12.
Aufl. §
216 Rn.
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InsO/Landfermann, 4. Aufl. §§ 215, 216 Rn. 5 am Ende; Westphal in Ner-
lich/Römermann, InsO §
216 Rn.
7; MünchKomm-InsO/Hefermehl, §
216
Rn. 9).
Der Insolvenzverwalter ist materiell durch die versagte Verfahrenseinstel-
lung mangels kostendeckender Masse auch nicht beschwert. Ihm verbleibt die
Möglichkeit, nach § 208 InsO die Masseunzulänglichkeit anzuzeigen. Die De-
ckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO) hat gemäß §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 1
InsO in jedem Fall Vorrang (BGHZ 167, 178, 184 ff). Sie ist bei einer nach
§ 207 InsO zulänglichen Masse nicht gefährdet. Die weitere Tätigkeit des Ver-
walters gemäß § 208 Abs. 3 InsO wird damit gleichfalls abgegolten. Deckt die
verfügbare Masse den Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters nebst
Auslagen nicht mehr vollen Umfanges, so fällt dem Verwalter zur Last, dass er
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nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt Masseunzulänglichkeit angezeigt hat
und damit auf die besondere Verteilungsordnung des § 209 InsO übergegangen
ist.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak
Lohmann
Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 08.06.2004 - 7 IN 75/99 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 16.09.2004 - 3 T 58/04 -