Urteil des BGH vom 08.11.2007

BGH (eintritt des versicherungsfalles, abweisung der klage, satzung, berechnung, eintritt, auskunft, zuteilung, höhe, zusatzrente, betrag)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 310/07
Verkündet
am:
2.
Juni
2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als
Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsit-
zenden Richter Terno, den Richter Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richter Felsch und Lehmann im schriftlichen Verfahren gemäß § 128
Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 7. Mai 2010 eingereicht werden
konnten,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zi-
vilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 8. Novem-
ber 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
der Antrag auf Auskunft über die in den Geschäftsjah-
ren 2002 und 2003 erzielten Gewinne und Überschüs-
se auf die Berufung der Beklagten zurückgewiesen
worden ist.
2. Auf die Revision der Beklagten wird das genannte Ur-
teil aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit das
Landgericht festgestellt hat, die Beklagte sei verpflich-
tet, der Klägerin bei Eintritt des Versicherungsfalles
mindestens eine Betriebsrente zu gewähren, die dem
geringeren Betrag der Berechnung der Zusatzrente
nach ihrer Satzung in der Fassung der 41. Änderung
zum 31. Dezember 2001 oder zum Eintritt des Versi-
cherungsfalles entspricht.
3. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückge-
wiesen.
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4. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens wird die Sache
zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Beru-
fungsgericht zurückverwiesen.
5. Streitwert: 3.500,- €
Von Rechts wegen
Tatbestand:
I. Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
(VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten
Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versi-
cherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebe-
nenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. No-
vember 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003, im Folgenden: VBLS) hat
die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezem-
ber 2001 (Umstellungsstichtag) umgestellt. Den Systemwechsel hatten
die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Al-
tersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frü-
here - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 beruhen-
de - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und
durch ein auf einem Punktemodell nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
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II. In dem eingeführten Betriebsrentensystem beruht die Berech-
nung der monatlichen Betriebsrente auf der Summe der bis zum Beginn
der Betriebsrente erworbenen Versorgungspunkte, die sich unter ande-
rem für das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, für soziale Komponen-
ten und - im Rahmen einer Überschussbeteiligung nach §§ 19 ATV, 68 f.
VBLS - als Bonuspunkte ergeben können.
In Versorgungspunkte umgerechnet wurden auch die bis zur Sys-
temumstellung erworbenen Rentenanwartschaften der Versicherten, die
die Beklagte wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften
auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen hat. Da-
bei unterscheiden die Übergangsregelungen die Versicherten, deren
Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne
Versicherte. Rentennah ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebens-
jahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem
Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversi-
cherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorwei-
sen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 rentennahen Versicherten
wurden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertra-
gen.
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III. Die Beklagte hat der am 27. September 1944 geborenen Kläge-
rin eine Startgutschrift für rentennahe Versicherte zum 31. Dezember
2001 in Höhe von 42,80 Punkten erteilt (das entspricht einem Wert von
monatlich 171,20 €). Seit dem 1. Oktober 2004 erhält die Klägerin aus
der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente für schwerbehin-
derte Menschen und von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von
144,47 € netto. Bei der Berechnung der Betriebsrente sind Bonuspunkte
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nicht einbezogen und sind auch in den von der Beklagten erteilten so
genannten Versicherungsnachweisen nicht ausgewiesen. Der Verwal-
tungsrat der Beklagten hat für die Geschäftsjahre 2002 und 2003 ent-
schieden, dass dem das Versorgungskonto I betreffenden Abrechnungs-
verband, dem die Klägerin angehört, keine Bonuspunkte zugeteilt wer-
den.
Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte ihr eine höhere
monatliche Rente zu zahlen. Ihre Betriebsrente sei nach den früheren
vor der Systemumstellung geltenden Satzungsbestimmungen zu ermit-
teln. Durch die Berechnung der Startgutschrift nach den Regeln für ren-
tennahe Versicherte werde sie in ihrem unter Geltung der alten Satzung
erdienten Besitzstand verletzt, ohne dass hierfür hinreichende Rechtfer-
tigungsgründe dargetan und nachgewiesen seien. Zudem hält sie die
jährliche Anpassung der Betriebsrente um 1% gemäß § 39 VBLS nicht
für ausreichend. Darüber hinaus verlangt sie Auskunft über die von der
Beklagten in den Geschäftsjahren 2002 und 2003 erzielten Überschüsse,
um einen ihrer Ansicht nach gegebenen Anspruch auf konkrete Gut-
schrift von Bonuspunkten verfolgen und um überprüfen zu können, ob
die "Ermessensentscheidung" der Beklagten über die Zuteilung von Bo-
nuspunkten den satzungsgemäßen Vorgaben entspricht. Ihrer Ansicht
nach hätte eine zeitnahe Zuteilung von Bonuspunkten aus den in den
Geschäftsjahren 2002 und 2003 erzielten Überschüssen erfolgen müs-
sen. Zudem hätten die Überschüsse nicht durch im Einzelnen nicht
nachvollziehbare "technische Austritte" aufgrund der im Laufe des jewei-
ligen Geschäftsjahres eingetretenen Versicherungsfälle verringert wer-
den dürfen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, welche Rechengrößen der
Überschussermittlung zugrunde lägen.
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Das
Amtsgericht
hat
unter Abweisung der Klage im Übrigen fest-
gestellt, die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin für 2002 und 2003
über die erzielten Gewinne und Überschüsse Auskunft zu erteilen. Auf
die Berufung der Klägerin hat das Landgericht festgestellt, die Beklagte
sei verpflichtet, der Klägerin bei Eintritt des Versicherungsfalles mindes-
tens eine Betriebsrente zu gewähren, die dem geringeren Betrag der Be-
rechnung der Zusatzrente nach ihrer Satzung in der Fassung der 41. Än-
derung zum 31. Dezember 2001 oder zum Eintritt des Versicherungsfal-
les entspricht; die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurück-
gewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es die Klage im Übrigen
abgewiesen. Mit ihren Revisionen verfolgen die Parteien ihre bisherigen
Begehren weiter mit Ausnahme der von der Klägerin ursprünglich zusätz-
lich beantragten Gewährung eines halben Bonuspunktes für das Ge-
schäftsjahr 2002 und eines Bonuspunktes für das Geschäftsjahr 2003;
der entsprechende Antrag war nicht mehr Gegenstand des Berufungsver-
fahrens.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat insoweit Erfolg, als das Berufungs-
gericht die Klage im Hinblick auf das geltend gemachte Auskunftsbegeh-
ren abgewiesen hat; im Übrigen ist die Revision der Klägerin unbegrün-
det. Die Revision der Beklagten wendet sich erfolgreich gegen die Fest-
stellung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei verpflichtet, der Kläge-
rin bei Eintritt des Versicherungsfalles mindestens eine Betriebsrente zu
gewähren, die dem geringeren Betrag der Berechnung der Zusatzrente
nach ihrer Satzung in der Fassung der 41. Änderung zum 31. Dezember
2001 oder zum Eintritt des Versicherungsfalles entspricht.
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I. Die Klägerin kann nicht verlangen, dass ihre Betriebsrente nach
den früheren, vor der Systemumstellung geltenden Satzungsbestimmun-
gen ermittelt wird. Das Berufungsgericht hat die Systemumstellung viel-
mehr zu Recht für zulässig erachtet und die entsprechenden Übergangs-
regelungen für rentennahe Versicherte als wirksam angesehen.
1. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 (
Tz. 25 ff.) entschieden, dass die Satzung der Be-
klagten auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer um-
fassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Mit Urteil vom
24. September 2008 (
tigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von
den rentennahen Versicherten erworbenen Rentenanwartschaften sowie
deren Übertragung in das neu geschaffene Betriebsrentensystem gebil-
ligt. Die von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres weiten Gestal-
tungsspielraums getroffene Regelung ist jedenfalls vertretbar und schon
aus diesem Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt
insbesondere auch für die Zugrundelegung der fiktiven, sich bei Vollen-
dung des 63. Lebensjahres ergebenden Versorgungsrente (
Tz. 39-45), die Festschreibung der Rechengrößen, wie etwa des
Entgelts, des Familienstandes und der Steuerklasse zum Umstellungs-
stichtag (BGHZ aaO Tz. 46 ff.). Zudem begegnet es keinen durchgrei-
fenden rechtlichen Bedenken, dass den rentennahen Versicherten ledig-
lich im Rahmen einer Besitzstandsregelung die Vorteile aus der Halban-
rechnung von Vordienstzeiten belassen werden, eine Vollanrechnung
aber nicht stattfindet (BGHZ aaO Tz. 54-59). Im Einzelnen wird ergän-
zend auf die Ausführungen in den genannten Senatsurteilen verwiesen.
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Die Klägerin kann sich ferner nicht mit Erfolg auf die Berücksichti-
gung unterschiedlicher Nettoversorgungssätze bei der Gesamtversor-
gung berufen. Zu ihren Gunsten greift die Übergangsregelung des § 98
Abs. 5 VBLS a.F., die hinsichtlich der die so genannte Linearisierung der
Versorgungssätze einführenden 25. Satzungsänderung galt, und die über
§ 79 Abs. 2 Satz 3 VBLS auch für die Berechnung der Startgutschriften
der rentennahen Versicherten anzuwenden ist. Entsprechend der An-
nahme des Berufungsgerichts ist für eine von der Klägerin angestrebte
noch günstigere Kombination aus unterschiedlichen Versorgungssätzen
eine nachvollziehbare Grundlage weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Auch die Revision führt hierfür nichts an.
2. Darüber hinaus ist die gemäß § 39 VBLS auf 1% pro Jahr be-
schränkte Rentenanpassung nicht zu beanstanden. Der Senat hat im Ur-
teil vom 17. September 2008 ( - der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugestimmt, wonach die Än-
derung des Anpassungsmaßstabs gegenüber der früheren Anknüpfung
an die Erhöhung oder Verminderung der Versorgungsbezüge der Versor-
gungsempfänger des Bundes jedenfalls derzeit den Zweck der Existenz-
sicherung des Versicherten im Alter nicht beeinträchtigt. Es ist Sache der
Tarifvertragsparteien, im Rahmen ihres Beurteilungs- und Gestaltungs-
spielraums auf eine eventuelle Änderung der Verhältnisse angemessen
zu reagieren.
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3. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Kla-
geanträge Ziff. 1 bis 6 - wie vom Berufungsgericht angenommen - zu-
rückzuweisen waren. Soweit das Berufungsgericht - ohne darauf gerich-
teten ausdrücklichen Klageantrag - festgestellt hat, die Beklagte sei ver-
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pflichtet, der Klägerin bei Eintritt des Versicherungsfalles mindestens ei-
ne Betriebsrente zu gewähren, die dem geringeren Betrag der Berech-
nung der Zusatzrente nach ihrer Satzung in der Fassung der
41. Änderung zum 31. Dezember 2001 oder zum Eintritt des Versiche-
rungsfalles entspricht, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
Auch insoweit war die Klage abzuweisen. Die Beklagte weist in ihrer Re-
visionsbegründung dabei zutreffend darauf hin, dass es dem Berufungs-
gericht nicht nachvollziehbar gelungen ist, eine greifbare Renteneinbuße
festzustellen, nachdem insbesondere der vom Berufungsgericht regel-
mäßig gewählte Vergleich der tatsächlich gezahlten Zusatzrente mit dem
von der vierten Fiktivberechnung ausgewiesenen Wert eine Besserstel-
lung der Klägerin ergibt. Es ist nicht ersichtlich, worin bei der Klägerin
der Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen liegen
soll.
II. Der von der Klägerin geltend gemachte Auskunftsanspruch durf-
te nicht abgewiesen werden. Das Berufungsgericht hat lediglich zu Recht
den die Vorlage der versicherungstechnischen Bilanzen betreffenden
(Hilfs-)Antrag Ziff. 7 zurückgewiesen.
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1. Zwar kann die Klägerin keine Auskunft zur Vorbereitung eines
Anspruches auf Gewährung von Bonuspunkten für die Geschäftsjahre
2002 bzw. 2003 verlangen. Wie der Senat mit Urteilen vom 24. März
2010 (u.a. IV ZR 69/08 unter II 1 a aa und IV ZR 296/07 unter II 1 [je-
weils zur Veröffentlichung vorgesehen]) entschieden hat, besteht für ein
solches Leistungsbegehren nach der hierfür allein maßgeblichen Sat-
zung der Beklagten keine rechtliche Grundlage, wovon auch das Beru-
fungsgericht zutreffend ausgegangen ist. Die Beklagte konnte und muss-
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te einen Anspruch auf Zuteilung und Gutschrift von Bonuspunkten in be-
stimmter Höhe nicht einräumen (Senatsurteile aaO IV ZR 69/08 unter II 1
b bb und IV ZR 296/07 unter II 2).
2. Das Berufungsgericht hat aber nicht erkannt, dass die Klägerin
mit Hilfe der Auskunft nicht nur einen solchen - nicht gegebenen - An-
spruch auf konkrete Gutschrift von Bonuspunkten verfolgen, sondern,
wie sie ausdrücklich hervorgehoben hat, allgemein die "Ermessensent-
scheidung" der Beklagten über die Zuteilung von Bonuspunkten überprü-
fen will.
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a) Durch die Satzung der Beklagten wird den Versicherten ein An-
spruch auf Zuteilung von Bonuspunkten lediglich dem Grunde nach ein-
geräumt, der das Recht umfasst, entsprechend den satzungsgemäßen
Vorgaben an Überschüssen beteiligt zu werden. Soweit die Beklagte die-
sen Vorgaben nicht nachgekommen sein sollte, bleibt es den Versicher-
ten grundsätzlich unbenommen, die gerichtliche Feststellung zu begeh-
ren, dass die ihnen erteilten Versicherungsnachweise in Bezug auf die
(nicht) ausgewiesenen Bonuspunkte unverbindlich oder unwirksam sind.
Andernfalls wäre der für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem
Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes abgeleitete wirkungsvolle
Rechtsschutz nicht gewährleistet (vgl. BVerfG VersR 2000, 214, 215 und
VersR 2006, 489 Tz. 61, 66, 70).
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b) Fehlen den Versicherten die für die Überprüfung des satzungs-
gemäßen Vorgehens der Beklagten erforderlichen Informationen, ist die-
se insoweit zur Auskunft verpflichtet.
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aa) Der Auskunftsanspruch ist aus der Regelung des § 51 Abs. 2
VBLS abzuleiten. Diese sieht vor, dass die nach § 51 Abs. 1 Satz 1
VBLS zu erstellenden Versicherungsnachweise über die von den Versi-
cherten erworbenen Anwartschaften auf Betriebsrente wegen Alters auch
in Bezug auf die ausgewiesenen Bonuspunkte nur binnen einer Aus-
schlussfrist von sechs Monaten - wobei die Wirksamkeit dieser Fristbe-
stimmung zweifelhaft ist, hier aber offen bleiben kann - beanstandet wer-
den können (vgl. § 51 Abs. 2 Satz 2 VBLS). Schon daraus folgt grund-
sätzlich auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung;
andernfalls liefe das Beanstandungsrecht der Versicherten leer. Jeden-
falls besteht eine solche Verpflichtung im Hinblick auf einen effektiven
Rechtsschutz nach § 242 BGB.
bb) Umfang und Inhalt der Auskunft richten sich danach, welche
Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend ma-
chen zu können (MünchKomm-BGB/Krüger, 5. Aufl. § 260 Rdn. 40
m.w.N.). Demgemäß hat der Versicherte, der die Entscheidung der Be-
klagten über die Zuteilung von Bonuspunkten daraufhin überprüfen will,
ob sie der Satzung entspricht, einen Anspruch auf Auskunft über die Er-
mittlung und die Verteilung des Überschusses auf der Grundlage der fik-
tiven versicherungstechnischen Bilanz. Dazu gehören unter anderem
Angaben darüber, welches (fiktive) Kassenvermögen zugrunde gelegt
wurde, wie sich das (fiktive) Kassenvermögen im Geschäftsjahr fortent-
wickelt hat, welcher Rechnungs-/Garantie-/"Ausgangszins" und welcher
Zins für (fiktive) Kapitalerträge angesetzt wurde, über die Höhe der (fikti-
ven) Netto-Deckungsrückstellung, der - aus den jeweils vorangegange-
nen Geschäftsjahren vorgetragenen - Rückstellung für Überschussvertei-
lung und des Überschusses, die Auswirkung der "technischen Austritte"
auf die Höhe des Überschusses und die Rückstellung für Überschussver-
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teilung, über die Verminderung des Überschusses um den Aufwand für
soziale Komponenten und (fiktive) Verwaltungskosten und welche (künf-
tigen) Risiken bei der Entscheidung über die Verwendung der Rückstel-
lung für Überschussverteilung berücksichtigt wurden.
cc) Der Auskunftsanspruch umfasst dagegen grundsätzlich nicht
die Verpflichtung zur Vorlage der fiktiven versicherungstechnischen Bi-
lanzen oder anderer Geschäftsunterlagen und auch kein Einsichtsrecht
(vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2002 - I ZR 140/99 - NJW-RR 2002,
1119 unter II 3 b und vom 31. März 1971 - VIII ZR 198/69 - LM § 810
BGB Nr. 5).
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III. Wegen des vom Berufungsgericht abgewiesenen Auskunftsan-
spruchs ist die Sache zurückzuverweisen, weil der Senat darüber nicht
abschließend entscheiden kann. Die Parteien müssen Gelegenheit erhal-
ten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats ergänzend
vorzutragen. Dabei wird zunächst die Klägerin sachdienliche Anträge zu
stellen haben. Sodann liegt es an der Beklagten zu entscheiden, ob die
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beantragten Auskünfte erteilt werden, damit die zwischen der Arbeitneh-
merseite und der Arbeitgeberseite streitige Frage der Zuteilung von Bo-
nuspunkten alsbald in der Sache entschieden werden kann.
Terno Wendt Dr. Kessal-Wulf
Felsch Lehmann
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 24.10.2006 - 2 C 145/05 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.11.2007 - 6 S 55/06 -