Urteil des BGH vom 06.05.2010
BGH (forderung, eröffnung, schuldner, zpo, vollstreckbarkeit, öffentlich, ausnahme, begründung, verletzung, vollziehung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 176/09
vom
6. Mai 2010
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 6. Mai 2010
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 23. Juni 2009 wird auf Kosten des
Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
5.000 € festgesetzt.
Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in
Verbindung mit § 6, 7, 26, 34 Abs. 1 InsO), jedoch unzulässig; weder hat die
Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entschei-
dung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
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1. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene, als rechtsgrundsätzlich
angesehene Frage, ob die den Insolvenzantrag stellende Finanzbehörde den
Anforderungen an die Glaubhaftmachung bzw. den Nachweis ihrer Forderun-
gen gegen den Schuldner gemäß § 14 InsO durch Vorlage der Steuerbeschei-
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de genügt, wenn über die den Steuerbescheiden zugrundeliegenden Steuerfor-
derungen ein finanzgerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem auch über die
Frage zu entscheiden ist, ob der Schuldner rechtzeitig Einspruch eingelegt hat,
ist nicht klärungsbedürftig.
Ebenso wenig ist klärungsbedürftig die von der Rechtsbeschwerde auf-
geworfene, als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage, ob das Insolvenzgericht
einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Sinne des § 16 InsO
annehmen darf, wenn über die Forderungen, auf die der Eröffnungsantrag ge-
stützt wird, ein finanzgerichtliches Verfahren anhängig ist.
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Beide Fragen sind geklärt (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 - IX ZB
177/09, ZIP 2010, 291, 292 Rn. 6 ff m.w.N.).
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Nach § 14 Abs. 1 InsO muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den
Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Eröffnet wird das Verfahren, wenn ein Er-
öffnungsgrund gegeben ist (§ 16 InsO). Soll der Eröffnungsgrund aus einer ein-
zigen Forderung des antragstellenden Gläubigers abgeleitet werden und ist die-
se Forderung bestritten, muss sie für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
bewiesen sein (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, ZIP 2006, 1452,
1453 f Rn. 11; BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 aaO S. 292 Rn. 6).
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Ist die Forderung des die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreiben-
den Gläubigers tituliert, muss der Schuldner Einwendungen gegen die Voll-
streckbarkeit in dem dafür vorgesehenen Verfahren verfolgen (BGH, Beschl. v.
29. November 2007 - IX ZB 12/07, ZIP 2008, 281, 282 Rn. 9; v. 14. Januar
2010 aaO). Solange die Vollstreckbarkeit nicht auf diese Weise beseitigt ist,
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braucht das Insolvenzgericht die Einwendungen des Schuldners nicht zu be-
rücksichtigen (BGH, Beschl. v. 17. September 2009 - IX ZB 26/08, ZInsO 2009,
2072 Rn. 5 m.w.N.; v. 14. Januar 2010 aaO).
Dies gilt auch für vollstreckbare öffentlich-rechtliche Forderungen (BGH,
Beschl. v. 17. September 2009 aaO). Ob hiervon bei unstreitigen oder offen-
sichtlichen Sachverhalten eine Ausnahme zu machen ist, bedarf keiner Klärung,
denn der Sachverhalt ist streitig und das Ergebnis des finanzgerichtlichen Ver-
fahrens nicht offensichtlich.
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Der Schuldner hat nicht dargelegt, dass die Vollziehung der Steuerbe-
scheide, die weder durch die behaupteten Einsprüche (vgl. § 361 Abs. 1 AO)
noch durch die (Untätigkeits-) Klage gehemmt worden war (vgl. § 69 Abs. 1
FGO), ausgesetzt worden wäre (§ 361 Abs. 2 AO, § 69 Abs. 2 bis 4 FGO). Er
hat nicht einmal entsprechende Anträge dargelegt.
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2. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Schuldners lag schon
deshalb nicht vor, weil das nach seiner Auffassung übergangene Vorbringen
- insbesondere die von ihm erhobene Klage vor dem Finanzgericht und sein
dortiger Vortrag zur rechtzeitigen Einlegung der Einsprüche - aus den dargeleg-
ten Gründen nicht entscheidungserheblich war.
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3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO
abgesehen.
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Ganter Gehrlein Vill
Lohmann
Fischer
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 20.03.2008 - 72 IN 102/07 -
LG Köln, Entscheidung vom 23.06.2009 - 1 T 30/09 -