Urteil des BGH vom 18.10.2012

Taxibestellung Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 191/11
Verkündet am:
18. Oktober 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Taxibestellung
UWG § 4 Nr. 11; PBefG § 47 Abs. 2 Satz 1
a) Die Bestimmungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 PBefG sind Marktverhal-
tensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.
b) Es verstößt gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 Satz 1
PBefG, wenn ein Taxiunternehmer für Fahraufträge, die unter der Tele-
fonnummer eines seiner Betriebssitze eingegangen sind, ohne ausdrückli-
chen Auftrag des Kunden Taxen einsetzt, die er an einem weiteren Be-
triebssitz in einer anderen Gemeinde bereithält.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - I ZR 191/11 - OLG Frankfurt am Main
LG Limburg an der Lahn
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 18. Oktober 2012 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant,
Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2011 unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Klage mit dem Unterlassungs-
antrag und mit dem Zahlungsantrag in Höhe von 859,80
€ nebst
Zinsen abgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Limburg an der Lahn vom
12. Februar 2010 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übri-
gen abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung eines 859,80
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins-
satz seit dem 16. September 2009 übersteigenden Betrages ver-
urteilt worden ist.
Im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Der Kläger ist Taxiunternehmer in Limburg an der Lahn und verfügt dort
über zwei von 17 Taxikonzessionen. Die Beklagte hält an ihrer Niederlassung in
Limburg fünf und an ihrem Hauptsitz in Hadamar sieben Taxikonzessionen.
Im August und November 2009 beförderte die Beklagte in drei Fällen
Fahrgäste aus dem Bereich Limburg, die zuvor in der Limburger Niederlassung
der Beklagten unter der Rufnummer dieser Niederlassung ein Taxi bestellt hat-
ten, mit einem für Hadamar konzessionierten Taxi an ihr jeweiliges Fahrziel.
Jeweils zur gleichen Zeit hielt die Beklagte in Limburg konzessionierte Taxen an
dem Taxenstand vor dem Limburger Bahnhof zur Beförderung dort erscheinen-
der Kunden vor.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unter-
lassen, im Geschäftsverkehr zum Zwecke des Wettbewerbs einen Kunden, der
telefonisch über die Telefonnummer ein Taxi bestellt, nicht mit ei-
nem Taxi aus Limburg, sondern mit einem Taxi aus Hadamar zu bedienen und
zu befördern.
Außerdem hat er die Erstattung von Abmahnkosten begehrt.
Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abge-
wiesen (OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Mai 2011 - 6 U 55/10, juris).
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-
weisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hier-
zu ausgeführt:
Das beanstandete Verhalten der Klägerin sei nicht irreführend im Sinne
von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG. Der Kunde, der die Telefonnummer der Lim-
burger Niederlassung der Beklagten wähle, werde tatsächlich von einem (auch)
in Limburg ansässigen Taxiunternehmen bedient. Indem die Beklagte für von
der Zweigniederlassung in Limburg angenommene Beförderungsaufträge nicht
nur auf ihre fünf für Limburg, sondern auch auf die sieben in Hadamar zugelas-
senen Taxen zurückgreife, könne sie im Zweifel eingehende Beförderungsauf-
träge rascher abwickeln, weil sie von ihren insgesamt zwölf Taxen das jeweils
am schnellsten verfügbare Taxi aussuchen könne. Es liege auch fern, dass ein
relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Beklagte in ihrer Lim-
burger Zweigniederlassung anrufe, weil er erwarte, von einem für Limburg kon-
zessionierten Taxi gefahren zu werden.
Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch nicht aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11
UWG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 PBefG. Es könne dahinstehen, ob das be-
anstandete Verhalten bereits von § 47 Abs. 2 Satz 2 PBefG gedeckt sei, weil es
sich um Fahrten auf vorherige Bestellung handele. Jedenfalls verstoße die Be-
klagte nicht gegen das Verbot in Satz 1 dieser Bestimmung, weil sie in Hada-
mar konzessionierte Taxen nicht physisch in Limburg vorhalte, um von dort aus
Fahrgastaufträge entgegenzunehmen.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg und führt
- bis auf einen Teil der Abmahnkosten - zur Wiederherstellung der vom Landge-
richt ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten.
1. Die Revision des Klägers ist entgegen der Ansicht der Revisionserwi-
derung uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision im
Tenor seines Urteils ohne Einschränkung zugelassen. Auch aus der vom Beru-
fungsgericht in den Gründen seines Urteils gegebenen Begründung für die Zu-
lassung der Revision ergibt sich mit der gebotenen Deutlichkeit keine Be-
schränkung der Zulassung der Revision.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht in dem beanstandeten Verhalten
der Beklagten allerdings keine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne
des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG gesehen. Indem die Beklagte für Bestellun-
gen, die unter ihrer Limburger Telefonnummer eingehen, auch in Hadamar kon-
zessionierte Taxen einsetzt, macht sie keine unwahren Angaben über Eigen-
schaften oder Rechte ihres Unternehmens. Der durch die Limburger Telefon-
nummer angesprochene Verkehr wird zwar die Vorstellung haben, dass er dar-
unter ein - zumindest auch - in Limburg ansässiges Taxiunternehmen erreichen
kann. Diese Vorstellung trifft jedoch zu, weil die Beklagte über eine Zweignie-
derlassung in Limburg verfügt. Der Angabe der Telefonnummer ist dagegen für
sich allein nicht die Aussage zu entnehmen, alle darunter bestellten Taxen sei-
en für Limburg konzessioniert.
Auch soweit ein Kunde davon ausgeht, ein bei der Beklagten in Limburg
bestelltes Taxi werde innerhalb einer üblichen Zeitspanne bei ihm eintreffen,
fehlt es an einer Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 oder § 5a Abs. 1 UWG.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne für ihre Zweignie-
derlassung in Limburg erteilte Beförderungsaufträge nicht allein ihre fünf in
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Limburg, sondern auch die sieben in Hadamar zugelassenen Taxen einsetzen
und so im Zweifel eingehende Beförderungsaufträge rascher abwickeln, weil sie
von ihren insgesamt zwölf Taxen das aufgrund seines jeweiligen Standortes am
schnellsten verfügbare Taxi aussuchen könne. Diese Beurteilung lässt keinen
Rechtsfehler erkennen.
3. Der Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich aber aus §§ 8, 3,
4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 PBefG.
a) Die Bestimmungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 PBefG sind Markt-
verhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (ebenso für Satz 2 OLG
Schleswig, OLG-Rep Schleswig 2002, 279, 280). Sie regeln das Marktverhalten
der Taxiunternehmer, indem sie festlegen, wo welche Taxen eingesetzt werden
dürfen. Sie sind dazu bestimmt, auch im Interesse der Marktteilnehmer, nämlich
der Verbraucher und Mitbewerber, ein funktionsfähiges örtliches Taxigewerbe
zu erhalten.
aa) Zweck des § 47 Abs. 2 PBefG ist es, eine Umgehung des Genehmi-
gungserfordernisses gemäß § 13 Abs. 1, 4 PBefG zu verhindern (vgl. auch
Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 47 Rn. 5). Nach § 13 Abs. 4
PBefG ist die Genehmigung zum Verkehr mit Taxen zu versagen, wenn ihre
Erteilung die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes bedrohen würde.
Diese Zulassungsschranke würde ausgehöhlt, wenn uneingeschränkt Fahrten
in einem bestimmten Konzessionsgebiet auch durch in anderen Gebieten kon-
zessionierte Taxen ausgeführt werden dürften. § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG be-
stimmt deshalb als Grundsatz, dass Taxen nur in der Gemeinde bereitgehalten
werden dürfen, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Nur auf vorheri-
ge Bestellung können Fahrten nach Satz 2 dieser Vorschrift auch von anderen
Gemeinden aus durchgeführt werden. Ebenso wie das Genehmigungserforder-
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nis des § 13 PBefG (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 4
Rn. 11.83; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 137; Ebert-Weidenfeller
in Götting/Nordemann, UWG, § 4 Rn. 11, 61) enthält danach auch § 47 Abs. 2
PBefG, der eine Umgehung des § 13 PBefG verhindern soll, eine Marktverhal-
tensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.
bb) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich Abwei-
chendes auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
8. Juni 1960 (1 BvL 53/55, BVerfGE 11, 168). Das Bundesverfassungsgericht
hat dort als verfassungswidrig beanstandet, dass § 9 Abs. 2 PBefG in der sei-
nerzeit gültigen Fassung die Zulassung neuer Taxiunternehmen schon dann
ausschloss, wenn der Verkehr mit den bereits zugelassenen Taxen befriedi-
gend bedient werden konnte. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt,
Konkurrenzschutz für die bereits im Beruf Tätigen dürfe niemals Zweck einer
Zulassungsregelung sein und müsse auch als Nebenwirkung vermieden wer-
den, wo er nicht wirklich unvermeidlich sei (BVerfGE 11, 168, 188 f.). Das Bun-
desverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung aber die Regelung des § 9
Abs. 1 PBefG aF - bei verfassungskonformer Auslegung - in Bezug auf den Ta-
xenverkehr ausdrücklich für zulässig gehalten. Danach war die Konzession zu
versagen, wenn sie den Interessen des öffentlichen Verkehrs zuwiderlief (BVer-
fGE 11, 168, 190). Der Gesetzgeber hat daraufhin das Genehmigungserforder-
nis entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts konkretisiert
(nunmehr § 13 Abs. 4 PBefG). Die Genehmigung zum Verkehr mit Taxen ist nur
noch dann zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch be-
einträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das
örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Die Regelung
schützt damit zugleich das entsprechende Interesse der Verbraucher. Soweit
sich als Nebenfolge daraus auch ein Schutz der Unternehmen, die in der jewei-
ligen Gemeinde über eine Genehmigung verfügen, gegenüber dort ohne Ge-
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nehmigung tätigen Konkurrenten ergibt, ist das verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Dasselbe gilt dann aber auch für die Vorschrift des § 47 Abs. 2
PBefG, die Umgehungen der Genehmigungspflicht verhindern soll.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verstößt die vom Kläger
beanstandete Geschäftspraktik der Beklagten gegen § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG.
aa) Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG darf ein Taxi nur in der Gemeinde
bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. "Bereit-
halten" bedeutet das physische Vorhalten einer Taxe am Betriebssitz des Un-
ternehmers, durch Aufstellen an behördlich zugelassenen Stellen oder durch
Leerfahrt mit beleuchtetem Taxi-Zeichen und darüber hinaus jedes andere Ver-
halten des Taxifahrers oder -unternehmers, das die Bereitschaft zur Aufnahme
eines Fahrgastes zum Ausdruck bringt (vgl. Bauer, Personenbeförderungsge-
setz, 2010, § 47 Rn. 8; Heinze aaO § 47 Rn. 5).
bb) Der Kläger behauptet zwar nicht, die Beklagte halte für Hadamar
konzessionierte Taxen außerhalb dieses Gebiets, insbesondere in Limburg,
physisch vor, um von dort Fahrgastaufträge entgegenzunehmen. Wie das Beru-
fungsgericht zutreffend erkannt hat, unterscheidet sich der Streitfall insofern von
den vom OLG Koblenz (Urteil vom 19. Dezember 2000 - 4 U 1000/00, juris) und
vom OLG Schleswig (OLG-Rep Schleswig 2002, 279) entschiedenen Fällen.
Dort hatten jeweils Veranstalter Taxen aus anderen Gemeinden für den Veran-
staltungsort angefordert, damit die ein Taxi benötigenden Fahrgäste zu ihren
jeweiligen Zielen gefahren werden konnten. Da die Taxen ihre konkreten Fahr-
aufträge erst von den Veranstaltungsgästen erhielten, wurden sie am Veranstal-
tungsort bereitgehalten und führten keine Fahrten auf vorherige Bestellung im
Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 PBefG aus.
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cc) § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG enthält aber auch das Verbot, am Be-
triebssitz eines Unternehmers eingehende Bestellungen mit Taxen auszufüh-
ren, die in einer anderen Gemeinde bereitgehalten werden. Dies gilt auch dann,
wenn der Unternehmer in der anderen Gemeinde über einen weiteren Betriebs-
sitz verfügt.
Nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 und 8 PBefG wird die Genehmigung zum Verkehr
mit Taxen für ein konkretes Kraftfahrzeug an einem bestimmten Betriebssitz
des Unternehmens erteilt. In § 47 Abs. 1 PBefG ist geregelt, wo der Unterneh-
mer Fahraufträge entgegennehmen kann. Dies kann an behördlich zugelasse-
nen Stellen, während der Fahrt oder am Betriebssitz sein. Bei Bestellung einer
Taxe unter einer Festnetznummer, auf die der Klageantrag beschränkt ist,
kommt allein die Annahme des Auftrags am Betriebssitz in Betracht. Für die
Ausführung eines solchen Auftrags dürfen nach § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG nur
die Taxen eingesetzt werden, die in zulässiger Weise in der Gemeinde dieses
Betriebssitzes bereitgehalten werden. Ein Unternehmer darf außerhalb der
Gemeinde seines Betriebssitzes - von der hier nicht interessierenden Ausnah-
me des § 47 Abs. 2 Satz 3 PBefG abgesehen - keine Taxen bereithalten. Er ist
deshalb auch nicht berechtigt, für an seinem Betriebssitz eingehende Bestel-
lungen auf in anderen Gemeinden bereitgehaltene Taxen zurückzugreifen.
Nichts anderes gilt, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Taxiunterneh-
mer mehrere Betriebssitze in benachbarten Gemeinden hat. Aus § 17 Abs. 1
Nr. 1 PBefG folgt, dass ein konkretes Taxi nur einem bestimmten Betriebssitz
zugeordnet sein kann. Eine am Betriebssitz der Beklagten in Limburg einge-
gangene Bestellung kann deshalb nicht so behandelt werden, als wäre sie
(auch) am Betriebssitz in Hadamar für die dort konzessionierten Taxen einge-
gangen. Andernfalls würde entgegen dem ausdrücklichen Umgehungsverbot
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des § 6 PBefG die Bestimmung des § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG durch gesell-
schaftsrechtliche Gestaltungen bei einem Taxiunternehmen umgangen.
dd)Abweichendes folgt auch nicht aus § 47 Abs. 2 Satz 2 PBefG. Da-
nach dürfen Fahrten auf vorherige Bestellung auch von anderen Gemeinden
aus durchgeführt werden. Dafür kommen alle Taxen in Betracht, die zulässi-
gerweise in der anderen Gemeinde bereitgehalten werden. Das können gemäß
§ 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG nur Taxen sein, deren Betriebssitz in jener anderen
Gemeinde liegt. Daraus folgt, dass die Ausnahmebestimmung des § 47 Abs. 2
Satz 2 PBefG nur zur Anwendung kommt, wenn das für die Durchführung der
Fahrt verwendete auswärtige Taxi in der Gemeinde des Betriebssitzes bestellt
worden ist.
Die unternehmensinterne Weitergabe eines Fahrauftrags für ein Taxi,
das zu einem Betriebssitz in einer anderen Gemeinde gehört, kann wegen der
territorialen Beschränkung der Taxikonzessionen nicht anders behandelt wer-
den als die Weitergabe des Auftrags an einen selbständigen auswärtigen Ta-
xiunternehmer. Eine solche Weitergabe unter Unternehmen wird von § 47
Abs. 2 Satz 2 PBefG nicht gestattet, der allein vorherige Bestellungen durch
Kunden auch in anderen Gemeinden ermöglichen soll.
Diese schon nach Wortlaut und Systematik der Regelung ermittelte Aus-
legung ist auch nach ihrem Sinn und Zweck geboten. Wäre es dem Taxiunter-
nehmer überlassen, für ihm in einer bestimmten Gemeinde telefonisch erteilte
Fahraufträge auch in anderen Gemeinden konzessionierte Taxen einzusetzen,
könnte die Zahl der im Gemeindegebiet verfügbaren Taxen ohne entsprechen-
de Genehmigung deutlich erhöht werden. Der Unternehmer könnte die für das
Gemeindegebiet konzessionierten Taxen weiter dort an Taxistandplätzen be-
reithalten, während auswärtige Taxen die bestellten Fahrten im Gemeindege-
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biet ausführen. Dadurch würde das mit der Konzessionspflicht des § 13 Abs. 4
PBefG verfolgte Ziel vereitelt oder jedenfalls gefährdet, eine Bedrohung der
Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes durch Erhöhung der Taxen-
dichte zu verhindern. Dies wäre mit Sinn und Zweck von § 47 Abs. 2 PBefG
unvereinbar, der darauf abzielt, Umgehungen der Genehmigungspflicht zu ver-
hindern.
Ein Fahrgast in Limburg kann somit ein Taxiunternehmen in Hadamar
anrufen, um sich von einem dort konzessionierten Taxi fahren zu lassen. Be-
stellt der Fahrgast dagegen ein Taxi am Betriebssitz der Beklagten in Limburg,
darf die Fahrt nicht ohne ausdrücklichen Auftrag des Kunden unternehmensin-
tern an ein Taxi weitergegeben werden, das am Betriebssitz der Beklagten in
Hadamar konzessioniert ist.
ee) Die Beklagte hat somit gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 47
Abs. 2 Satz 1 PBefG verstoßen, indem sie am Betriebssitz in Hadamar bereit-
gehaltene Taxen zur Ausführung von Fahraufträgen eingesetzt hat, die unter
der Telefonnummer ihres Betriebssitzes in Limburg eingegangen sind. Dieser
Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern spürbar im Sinne
von § 3 Abs. 1 UWG zu beeinträchtigen, weil die Marktposition der Beklagten in
Limburg durch Bereitstellung von sieben in Hadamar zugelassenen Taxen ge-
genüber ihren Wettbewerbern in unzulässiger Weise erheblich verstärkt wird.
4. Abmahnkosten stehen dem Kläger nur auf der Grundlage des von den
Vorinstanzen festgesetzten Streitwerts von 20.000
€ zu. Der Abmahnung des
Klägers lagen keine weiteren Wettbewerbsverstöße der Beklagten zugrunde,
die zu einem höheren Wert der Abmahnung führen könnten. Der Kläger kann
daher eine 1,3fache Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von
20.000
€ in Höhe von 839,80 € (Nr. 2300 VV RVG) zuzüglich einer Auslagen-
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pauschale von 20
€ (Nr. 7002 VV RVG), insgesamt also 859,80 € beanspru-
chen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2
Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher
Pokrant
Schaffert
Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
LG Limburg, Entscheidung vom 12.02.2010 - 5 O 53/09 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 19.05.2011 - 6 U 55/10 -
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