Urteil des BGH vom 13.07.2010

BGH (stand der technik, patentanspruch, bundesrepublik deutschland, gewebe, bezug, linie, patentgericht, veröffentlichung, form, zustand)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Xa ZR 129/07
Verkündet am:
13. Juli 2010
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
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Der Xa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13.
Juli 2010 durch die Richter Prof. Dr. Meier-Beck,
Keukenschrijver, Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 15. Mai 2007 verkündete Urteil des
4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf
Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des am 6. Dezember 1994 unter Inanspruch-
nahme der Priorität einer Voranmeldung in den Vereinigten Staaten von Ameri-
ka vom 6. Dezember 1993 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patents 657 139 (Streitpatents), das ein
chirurgisches Klammerinstrument betrifft und 15 Patentansprüche umfasst. Pa-
tentanspruch 1 hat in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut:
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"A surgical instrument (50) for applying one or more surgical fas-
teners (65) to tissue (55), comprising:
a fastener applying assembly (60) including a fastener holder
(64) for receiving one or more surgical fasteners (65), an anvil
(68) for clamping the tissue against said fastener holder, and a
driver (320) for driving the fasteners from said fastener holder
into the tissue clamped by said anvil against said fastener holder;
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an actuator handle assembly (80) including means (86, 148) for
actuating said driver; and a shaft assembly (70) for mounting said
fastener applying assembly on said actuator handle assembly
which is rotatable about its longitudinal axis to orient said fas-
tener applying assembly in different angular orientations relative
to said actuator handle assembly,
section (74), connected to a flexible shaft section (76), adapted to
be bent in any radial direction relative to the longitudinal axis (54)
of said shaft assembly."
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei
gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die US-
Patentschriften 4 589 582 (NK6), 4 728 020 (NK16) und 5 197 649 (NK19), die
Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 324 636 (NK11) und die
deutsche Offenlegungsschrift 33 18 983 (NK14) nebst der parallelen US-
Patentveröffentlichung (NK14a) sowie das dieser Veröffentlichung entspre-
chende Instrument 3M Precise Flexistapler bildeten, nicht patentfähig. Die Be-
klagte hat Patentanspruch 1 des Streitpatents in einer eingeschränkten Fas-
sung in deutscher Sprache und hilfsweise in noch weiter eingeschränkten Fas-
sungen verteidigt, auf die sich die nachgeordneten Patentansprüche 3, 4 und 6
bis 15 zurückbeziehen sollen.
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Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß in vollem Umfang
für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die in ers-
ter Linie begehrt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent
die in erster Instanz hauptsächlich verteidigte Fassung, hilfsweise noch weiter
eingeschränkte Fassungen erhält. Patentanspruch 1 soll danach unter Weglas-
sung der Bezugszeichen lauten (Einfügungen in der verteidigten Fassung un-
terstrichen, nach Hilfsantrag I unterstrichen und kursiv):
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"Chirurgisches Instrument zum Anbringen einer
chirurgischen Klammer oder mehrerer chirurgischer Klammern in
einem Gewebe umfassend:
eine Klammer-Anbringungs-Baugruppe, welche einen Klammer-
halter zur Aufnahme einer chirurgischen Klammer oder mehrerer
chirurgischen Klammern, einen Amboss zum Klemmen des Ge-
webes gegen den Klammerhalter und einen Drücker zum Eindrü-
cken der Klammern aus dem Klammerhalter in das zwischen
dem Amboss und dem Klammerhalter geklemmte Gewebe auf-
weist; eine Betätigungsgriff-Baugruppe mit Einrichtungen zum
Betätigen des Drückers und eine Schaft-Baugruppe zum Verbin-
den Anbringen der Klammer-Anbringungs-Baugruppe mit an der
Betätigungsgriff-Baugruppe, welche um ihre Längsachse drehbar
ist, um die Klammer-Anbringungs-Baugruppe in unterschiedli-
chen Winkelausrichtungen in bezug auf die Betätigungsgriff-
Baugruppe auszurichten, dadurch gekennzeichnet, dass die
Schaft-Baugruppe einen Trägerschaft-Abschnitt aufweist, der mit
einem flexiblen Schaft-Abschnitt verbunden ist, wobei der flexible
Schaft-Abschnitt in bezug auf die Längsachse der Schaft-
Baugruppe in jede radiale Richtung gebogen werden kann, wobei
der flexible Schaft-Abschnitt am distalen Ende der Schaft-
Baugruppe benachbart zur Klammer-Anbringungs-Baugruppe
angeordnet ist, und wobei der flexible Schaft-Abschnitt derart
eingerichtet ist, dass er seine gebogene Form beibehält und ei-
ner Auslenkung widersteht, wenn die Klammer-Anbringungs-
Baugruppe betätigt wird."
Nach Hilfsantrag II soll der Eingang des sonst unveränderten Patentan-
spruchs 1 folgendermaßen ersetzt werden:
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"Verwendung eines chirurgischen Linear-Klammerinstruments
zum Anbringen einer chirurgischen Klammer oder mehrerer chi-
rurgischer Klammern in dem Beckenbereich des menschlichen
Körpers, wobei das Klammerinstrument umfasst: ..."
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. R. T. G. , ehe-
mals wissenschaftlich-medizinischer Direktor der Kreiskliniken A.
, B. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der
mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat eine gut-
achterliche Stellungnahme von Dr. med. K. P. , Chefarzt am Knappschafts-
krankenhaus B. , Zentrum für Minimal Invasive Chirurgie, vorgelegt.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat
das Patentgericht erkannt, dass das Streitpatent in seiner zulässigerweise nach
Hauptantrag eingeschränkt in deutscher Sprache verteidigte Streitpatent in die-
ser Fassung nicht patentfähig ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG; Art. 138
Abs. 1 Buchst. a, Art. 54 EPÜ). Das gilt auch für die zulässigerweise hilfsweise
verteidigten Fassungen des Streitpatents.
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I. Das Streitpatent betrifft ein chirurgisches Klammerinstrument mit ge-
lenkigem Heftkopf auf einem drehbaren und biegsamen Stützschaft. Derartige
Instrumente dienen zum Anbringen chirurgischer Klammern an inneren Orga-
nen und Geweben wie Lunge, Magen, Speiseröhre, Zwölffingerdarm usw. Sie
umfassen üblicherweise am proximalen Ende einen Handgriff, der über einen
Schaft mit einem Kopf am distalen Ende verbunden ist, wo eine feste, einen
Amboss tragende und eine bewegliche, ein Klammermagazin tragende Backe
angeordnet sind. Zu dem Klammermagazin ausgerichtet ist ein Treiber ange-
ordnet. Dabei wird das zu klammernde Gewebe in dem Spalt zwischen fester
und beweglicher Backe angeordnet und der Spalt wird mit Hilfe eines Dreh-
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knopfs am Handgriff auf den Arbeitsabstand der Klammern eingestellt. An-
schließend werden über den Auslösemechanismus der Treiber in die Taschen
des Klammermagazins und dadurch die Klammern durch das Gewebe gegen
den Amboss gedrückt, wobei die Beinchen der Klammern verformt werden.
Durch das Streitpatent soll ein anpassungsfähiges Instrument geschaffen
werden, das eine einfache und genaue Hinführung zu schwer zugänglichen
Operationsstellen im Körperinneren (etwa im Beckenbereich) und eine genaue
Ausrichtung auf diese ermöglicht (vgl. Beschr. Abs. 3, 17).
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Hierzu begehrt Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner verteidigten
Fassung Schutz (mit zwei Korrekturen gegenüber der deutschen Übersetzung
der Patentschrift und unter Einfügung des ergänzten Merkmals 3.2.2.1 aus Pa-
tentanspruch 2 und des letztgenannten Merkmals aus Patentanspruch 5 des
erteilten Patents) für ein chirurgisches Instrument zum Anbringen einer chirurgi-
schen Klammer oder mehrerer chirurgischer Klammern in einem Gewebe, das
umfasst (Merkmalsgliederung des Bundespatentgerichts kursiv in Klammern):
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(1) eine
Klammeranbringungsbaugruppe
weist:
(1.1)
einen Klammerhalter zur Aufnahme einer oder mehre-
rer chirurgischer Klammern
(1.2)
einen Amboss zum Klemmen des Gewebes gegen den
Klammerhalter und
(1.3) einen
Drücker
(Treiber;
"driver") zum Eindrücken der
Klammern aus dem Klammerhalter in das zwischen
dem Amboss und dem Klammerhalter geklemmte Ge-
webe ;
(2) eine
Betätigungsgriffbaugruppe
zum Betätigen des Drückers () und
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(3) eine
Schaftbaugruppe
der Klammeranbringungsbaugruppe an der Betäti-
gungsgriffbaugruppe (), die
(3.1)
drehbar
bringungsbaugruppe in unterschiedlichen Winkelaus-
richtungen in Bezug auf die Betätigungsgriffbaugruppe
auszurichten (),
(3.2)
und aufweist:
(3.2.1) einen
Trägerschaftabschnitt
(3.2.2) einen
flexiblen Schaftabschnitt
(3.2.2.1) mit dem Trägerschaftabschnitt verbunden und am dista-
len Ende der Schaftbaugruppe benachbart zur Klam-
meranbringungsbaugruppe angeordnet ist (),
(3.2.2.2) in Bezug auf die Längsachse der Schaftbaugruppe in
gebogen
gebogene Form
beibehält
Klammeranbringungsbaugruppe betätigt wird ().
In der in erster Linie hilfsweise verteidigten Fassung wird Patentanspruch
1 auf Linearklammerinstrumente beschränkt, in der in zweiter Linie hilfsweise
verteidigten Fassung auf eine Verwendung solcher im menschlichen Beckenbe-
reich.
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II. Dem Patentgericht ist darin beizutreten, dass die deutsche Offenle-
gungsschrift 33 18 983 (NK14) den Gegenstand des zulässigerweise be-
schränkt verteidigten Patentanspruchs 1 des Streitpatents neuheitsschädlich
trifft (Art. 54 EPÜ).
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1. Die Entgegenhaltung betrifft eine biegsame Klammernsetzvorrich-
tung. Figur 1 zeigt ein verkleinert wiedergegebenes Ausführungsbeispiel,
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Figur 4 ein Detail:
Demnach und nach der Beschreibung (insbesondere in Sp. 9 und
Sp. 14) besitzt die gezeigte Vorrichtung eine Baugruppe, die zur Anbringung
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der Klammern dient, mit einem Klammernhalter (13), einem als Setzelement
bezeichneten Amboss (15) und einer Einrichtung, die die Klammern durch die
Gewebelagen drückt und in den Schließzustand biegt, also - da entgegen der
Auffassung der Beklagten nach Merkmal 2 auch eine indirekte Betätigung aus-
reicht - einem Drücker im Sinn des Patentanspruchs 1 des Streitpatents. Damit
ist die Merkmalsgruppe 1 vollständig verwirklicht. Weiterhin wird eine Baugrup-
pe (10) mit einem handbetätigbaren Hebel (82) gezeigt, mit dem der Drücker
betätigt wird (vgl. Beschr. Sp. 15, Merkmal 2). Vorhanden ist schließlich auch
die Schaftbaugruppe, mit der die Klammerausbringungsbaugruppe an der Betä-
tigungsbaugruppe angebracht ("mounted") ist (in der Entgegenhaltung als Setz-
anordnung 12 bezeichnet). Diese weist ein kegelstumpfförmiges Element (25)
und ein flexibles Element aus Segmenten (20) mit je einer konvexen und einer
konkaven Stirnfläche auf, die eine versteifbare "Rückgratstruktur" (24) bilden
und durch deren Durchgangsöffnungen eine biegsame Seilanordnung läuft
(Sp. 5 Z. 35-53). Dieses flexible Element ist am distalen Ende des kegelstumpf-
förmigen Elements gelagert und mit diesem verbunden, wobei sich die Bau-
gruppe zur Klammeranbringung nochmals distal anschließt. Nachdem Patent-
anspruch 1 des Streitpatents in keiner seiner im Berufungsverfahren verteidig-
ten Fassungen Angaben zur Größe oder zu den Größenverhältnissen von Trä-
gerschaftabschnitt und flexiblem Schaftabschnitt macht, stellen die genannten
Teile der Entgegenhaltung solche Abschnitte im Sinn der Merkmale 3.2.1, 3.2.2
und 3.2.2.1 des Streitpatents dar. Dass die Schaftbaugruppe um ihre Längs-
achse drehbar ist, um die Baugruppe zur Klammerausbringung in unterschiedli-
chen Winkelausrichtungen in Bezug auf die Baugruppe mit dem Betätigungsgriff
auszurichten, verlangt dabei nur eine Drehbarkeit der Schaftbaugruppe insge-
samt, nicht aber eine (separate) Drehbarkeit des Trägerschaftabschnitts oder
des flexiblen Elements (Merkmal 3.1). Diese Verdrehbarkeit ist bei der Entge-
genhaltung jedenfalls insofern gegeben, als die korrespondierenden Verzah-
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nungen (62, 63) am Anschlagteil (61) der Betätigungsmechanik (11) einerseits
und am kegelstumpfförmigen Element (25) andererseits in verschiedene, als
Drehstellungen bezeichnete Winkelstellungen zueinander gebracht werden
können (Beschr. Sp. 9 Z. 9-19). Dass der flexible Schaftabschnitt im Sinn des
Merkmals 3.2.2.2 in jede Richtung gebogen werden kann, ist (in Sp. 9 Z. 36-48:
Biegen mit gewünschter Orientierung und in Sp. 14 Z. 35-42) mit den Worten
beschrieben, dass der Benutzer die Rückgratstruktur in ihrem biegsamen Zu-
stand belassen könne, während er für die im Einzelfall zu erfüllende operative
Aufgabe eine bestimmte Orientierung zwischen der Kopfanordnung und der
Betätigungseinrichtung einstelle, um dann erwünschtenfalls die Rückgratstruk-
tur zu versteifen. Daraus erhellt zugleich, dass der Schaftabschnitt so eingerich-
tet ist, dass er seine gebogene Form beibehält und zugleich durch die Verstei-
fung einer Auslenkung widersteht; dies gilt auch, wenn die Klammeranbrin-
gungsbaugruppe betätigt wird, bis nämlich die Rückgratstruktur über das Frei-
gabeelement (76) erneut flexibel gemacht wird (Beschr. Sp. 14 Z. 53-59). Damit
ist auch Merkmal 3.2.2.3 aus der Entgegenhaltung bekannt.
2. Der Argumentation der Beklagten, dass eine Drehbarkeit nur beim
Zusammenbau gegeben sei, kann nicht beigetreten werden. Die Beschreibung
erwähnt zwar Vorteile beim Zusammenbau (Sp. 9 Z. 20-24). Daraus, dass dort
von verschiedenen "Drehstellungen" die Rede ist, folgt jedoch bereits, dass die
Teile gegeneinander verdreht werden können, d.h. dazu nicht (vollständig) von-
einander gelöst werden müssen. Es ist zwar richtig, dass die Zuordnung (nach
Sp. 12 Z. 26-33) mittels der ineinander greifenden Verzahnungen fixiert wird,
und dass durch einen Sicherheitsknopf (130) "eine unbeabsichtigte Bewegung
des Trägers (86) und Kolbens (66) in ihre Freigabestellungen" verhindert wer-
den soll, "was während einer Operation problematisch wäre" (Sp. 13 Z. 38-47).
Daraus folgt jedoch nicht, dass ein Lösen der ineinander greifenden Verzah-
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nungen ein (vollständiges) Lösen der Setzanordnung von der Betätigungsein-
richtung erfordert und folglich im zusammengebauten Zustand nicht mehr mög-
lich ist. Aus dem Vorhandensein eines Sicherheitsknopfs und aus dem Abstel-
len auf eine Bewegung folgt jedoch, dass dem Operateur ein
willentliches Verstellen des Drehwinkels jedenfalls außerhalb des Klammervor-
gangs ermöglicht werden soll. Zwar legt die Beschreibung insbesondere in
Spalte 15 Zeilen 20 bis 37 das Verständnis nahe, dass die Vorrichtung zum
Verdrehen der Schaftbaugruppe in die Freigabestellung gebracht werden muss,
in der die Baugruppe auch abgenommen werden kann. Dies ändert aber nichts
daran, dass sie in dieser Position nicht nur abgenommen, sondern stattdessen
auch gedreht werden kann.
Dem Patentgericht ist auch darin beizutreten, dass auch eine Drehbar-
keit, für die die Betätigungsgriffbaugruppe kurzfristig von der Schaftbaugruppe
gelöst werden muss (jedenfalls dergestalt, dass die Sicherung gegen ein Aus-
einandernehmen der Vorrichtung aufgehoben werden muss), Merkmal 3.1 aus-
füllt, sofern nur eine Fixierung in verschiedenen Winkelstellungen zueinander
überhaupt möglich ist. Zwar erwähnt die Streitpatentschrift, dass Drehbarkeit
und Flexibilität einen besseren Zugang zur Operationsstelle schaffen sollen
(Sp. 1 Abs. 1) und beschreibt, dass der Chirurg erfindungsgemäß die Klammer-
anbringungsbaugruppe in geeigneter Ausrichtung positionieren und das Instru-
ment ohne Behinderung betätigen könne (Sp. 4 Abs. 17). Daraus folgt jedoch
nicht, dass das Verstellen auch während des Klammerns möglich sein muss.
Eine Ausgestaltung, bei der ein (kontrolliertes) Lösen der Verbindung zwischen
Schaftbaugruppe und Betätigungsbaugruppe erforderlich ist, fällt somit eben-
falls unter das Streitpatent.
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III.
Dass sich aus den nachgeordneten, zusammen mit Patentan-
spruch 1 verteidigten Patentansprüchen ein schutzfähiger Überschuss ergeben
könnte, ist nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
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IV.
Mit den Hilfsanträgen soll der Schutz durch Patentanspruch 1 in
unterschiedlicher Weise (nach Hilfsantrag 1 durch eine entsprechende Ein-
schränkung des Sachschutzes, nach Hilfsantrag 2 durch Formulierung eines
entsprechenden Verwendungsanspruchs) auf Längsklammernahtinstrumente
eingeschränkt werden. Dies hat zum Hintergrund, dass die NK14 in erster Linie
Zirkularklammernahtgeräte betrifft, wie sich aus der Ausgestaltung des flexiblen
Schafts ergibt. Dies zeigt z.B. die zylindrische Ausgestaltung der Kopfanord-
nung 17 in Figur 1. Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit des nach Hauptan-
trag verteidigten Patentsanspruchs 1 hat dies wegen der vollständigen merk-
malsmäßigen Übereinstimmung keine Bedeutung. Jedoch kann auch die Be-
schränkung auf Längsklammernahtinstrumente die Schutzfähigkeit des Patent-
anspruchs 1 nicht stützen, denn solche werden von der NK14 ebenfalls erfasst.
Dies folgt aus der mehrfachen Bezugnahme in der NK14 (Sp. 4 Z. 67 - Sp. 5 Z.
11; Sp. 9 Z. 25-30) auf die US-Patentschrift 4 671 445 (NK22), die Längsklam-
mernahtinstrumente betrifft und solche jedenfalls mit der Formulierung, dass es
möglich sei, die Klammern in verschiedenen Mustern, und zwar auch geradlinig,
zu setzen, unmittelbar und eindeutig in ihren Offenbarungsgehalt einbezieht
(vgl. Sen.Urt. v. 8.7.2010 - Xa ZR 124/07 - fälschungssicheres Dokument, zur
Veröffentlichung vorgesehen). Dass bei Einsatz und Anwendung von Längs-
und Zirkularklammernahtinstrumenten Unterschiede bestehen, wie dies auch
der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, ist deshalb nicht maßgeblich; die
NK14 beschreibt auch geradlinig arbeitende Klammernahtgeräte.
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V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 97
Abs. 1 ZPO
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Meier-Beck
Keukenschrijver
Grabinski
Bacher Richter
am
Bundesgerichts-
hof
Hoffmann
kann
wegen
Urlaubsabwesenheit
nicht
unterschreiben.
Meier-Beck
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 15.05.2007 - 4 Ni 53/05 -