Urteil des BGH vom 20.11.2008

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 60/08
Verkündet
am:
20. November 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 307 Abs. 1 und 2 Ba, Bh
Die in einem zwischen Unternehmern geschlossenen Grundstückskaufver-
trag enthaltene Klausel, in der sich der Käufer verpflichtet, die seitens des
Verkäufers einem - mit diesem gesellschaftsrechtlich verflochtenen - Dritten
aufgrund eines selbständigen Provisionsversprechens geschuldete Vergü-
tung zu zahlen, ist wirksam, wenn die Verflechtung dem Käufer bekannt ist.
BGH, Urteil vom 20. November 2008 - III ZR 60/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter,
Dörr, Dr. Herrmann, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hanseatischen
Oberlandesgerichts Hamburg, 9. Zivilsenat, vom 1. Februar 2008
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs einschließ-
lich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückforderung einer von der Klägerin an die
Beklagte gezahlten (Makler-)Provision.
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Die Beklagte erhielt von ihrer Streithelferin den Auftrag, das Grundstück
E. -B. -Platz 15 in H. im Wege des Höchstgebots-
verfahrens zum Mindestgebot von 560.000 € zu vermarkten. Die für die Kaufin-
teressenten erstellte "Verkaufsaufgabe" enthielt den näher erläuterten Hinweis,
dass zusätzlich zum Kaufpreis eine Provision in Höhe von 6 % an die Beklagte
zu zahlen sei. Zwischen der Beklagten und ihrer Streithelferin bestand eine ge-
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sellschaftsrechtliche Verflechtung. Die Streithelferin der Beklagten veräußerte
sodann mit notariellem Kaufvertrag vom 1. Juni 2004 das Grundstück an die
Klägerin. Der Kaufpreis betrug 671.000 €. Nr. 13 des Kaufvertrags lautet wie
folgt:
"13.
Eigenständiger Provisionsanspruch
(1) Dieser Vertragsgegenstand wurde aufgrund eines vom Verkäufer
erteilten Auftrages von der H. Projektmanagement und Consult
GmbH vermarktet. Die H. Projektmanagement
und Consult GmbH gehört zu 100 % der H. Bank AG, die
zugleich zu 94 % Gesellschafterin der Verkäuferin ist. Die H.
Projektmanagement und Consult GmbH kann deshalb eine Makler-
tätigkeit im Sinne von § 652 BGB nicht erbringen. In Kenntnis der
die Verflechtung begründenden rechtlichen und tatsächlichen Um-
stände besteht Einvernehmen, dass die H. Projektmanage-
ment und Consult GmbH für Verkäufer und Käufer tätig werden durf-
te. Der Käufer übernimmt hiermit die vom Verkäufer an die H.
Projektmanagement und Consult GmbH zu zahlende Provision in
€ 40.260,00
(2) Der Käufer verspricht dem Verkäufer und der H. Projektmana-
gement und Consult GmbH diese Provision an die H. Projekt-
management und Consult GmbH zu zahlen, die hiermit einen selb-
ständig begründeten und direkten Zahlungsanspruch gegenüber
dem Käufer erhält (abstraktes Schuldversprechen). Der Anspruch
ist mit Abschluss dieses Vertrages fällig. Die Provision ist vom
Käufer spätestens 10 Tage nach Rechnungseingang direkt an die
H. Projektmanagement und Consult GmbH auf deren Konto
Nr. 299 248 000 bei der H. Bank AG (BLZ 210 500 00) zu
zahlen.
(3) Der Notar hat die Vertragsparteien darüber belehrt, dass die Rege-
lung über die vorstehende Provision nicht beurkundungsbedürftig ist
und dass Mehrkosten durch die notarielle Beurkundung der Verein-
barung über die Provision entstehen. Die Vertragsparteien wün-
schen dennoch die Beurkundung der vorstehenden Vereinbarung
betr. die Provision."
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Nachdem die Beklagte entsprechend der Vereinbarung im Grundstücks-
kaufvertrag der Klägerin 40.260 € in Rechnung gestellt und diese gezahlt hatte,
fordert sie nunmehr den Betrag zurück. Bei Nr. 13 des notariellen Kaufvertrags
handelt es sich nach ihrer Rechtsauffassung um eine unwirksame Allgemeine
Geschäftsbedingung. Eine erfolgsunabhängige Provision könne nur in einer
Individualvereinbarung wirksam versprochen werden.
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Die Klägerin hat Teilklage auf Rückzahlung von 8.000 € erhoben. Die
Beklagte hat widerklagend die Feststellung begehrt, dass der Klägerin auch
über die geltend gemachten 8.000 € hinaus kein Rückzahlungsanspruch zu-
steht.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abge-
wiesen.
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Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des
Landgerichts abgeändert, die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgege-
ben.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-
rin ihren Klageantrag weiter und begehrt die Abweisung der Widerklage.
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Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
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I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Klägerin der geltend ge-
machte Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB nicht zu-
stehe. Rechtsgrund für die Zahlung sei Nr. 13 des notariellen Kaufvertrags. Da-
bei handele es sich um eine wirksame Allgemeine Geschäftsbedingung. Mit der
Klausel sei die Klägerin verpflichtet worden, die der Beklagten seitens ihrer
Streithelferin geschuldete Maklerprovision zu übernehmen. Die Klausel sei nicht
am gesetzlichen Leitbild des Maklers zu messen, da sie zwischen den Parteien
des Kaufvertrags vereinbart worden sei. Wesentliche Grundlagen des Kauf-
rechts würden durch die Vereinbarung nicht berührt. Die Klausel sei auch weder
unklar, noch liege ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot nach § 306a BGB
vor.
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II.
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der Klägerin
steht kein Rückzahlungsanspruch bezüglich der an die Beklagte gezahlten Pro-
vision nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB zu. Rechtsgrund für die Zahlung
ist Nr. 13 des zwischen der Klägerin und der Streithelferin der Beklagten ge-
schlossenen Grundstückskaufvertrages.
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1.
Nr. 13 des Vertrages ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2
BGB unwirksam.
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a) Bei der Vertragsbestimmung handelt es sich um eine Allgemeine Ge-
schäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diesen Ausgangspunkt des
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Berufungsgerichts nimmt die Revision als ihr günstig hin. Damit ist die Verein-
barung unbeschadet des Umstandes ihrer notariellen Beurkundung an § 307
BGB zu messen, auch wenn der Grundstückskaufvertrag zwischen Unterneh-
mern geschlossen wurde und es sich nicht um ein Verbrauchergeschäft handelt
(§ 310 Abs. 1, 3 BGB).
b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, Nr. 13 des Grundstückskauf-
vertrages benachteilige sie unangemessen, weil sie von den wesentlichen
Grundgedanken eines Maklervertrages abweiche. Sie verpflichte zur Zahlung
einer erfolgsunabhängigen Provision, da die Beklagte aufgrund ihrer gesell-
schaftsrechtlichen Verflechtung mit der Verkäuferin keine Maklerprovision ver-
dient habe.
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aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt eine unangemes-
sene Benachteilung des Vertragspartners des Verwenders der Allgemeinen
Geschäftsbedingung im Zweifel vor, wenn sie mit den wesentlichen Grundge-
danken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinba-
ren ist. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei Makler-
verträgen anzunehmen, wenn durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eine
erfolgsunabhängige Provision vereinbart wird (BGHZ 119, 32, 33 f; 99, 374
382). Ob es sich bei Nr. 13 des Vertrages um das Versprechen einer erfolgsun-
abhängigen Provision im Sinne dieser Rechtsprechung handelt, kann dahinste-
hen.
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bb) Im vorliegenden Fall handelt es sich nach der revisionsrechtlich nicht
zu beanstandenden Auslegung des Vertrages durch das Berufungsgericht nicht
um eine Klausel zur Bestimmung des Inhalts eines zwischen der Klägerin und
der Beklagten geschlossenen Maklervertrags, sondern des zwischen der Kläge-
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rin und der Streithelferin der Beklagten geschlossenen Grundstückskaufver-
trags.
(1) In den Fällen der provisionshindernden Verflechtung zwischen Makler
und Verkäufer kann gleichwohl eine Provision vereinbart werden und zwar auch
innerhalb des vermittelten Hauptvertrags als Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328
BGB). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Versprechenden die
tatsächlichen Umstände bekannt sind, die einer echten Maklerleistung entge-
genstehen (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 287/02 - NJW 2003, 1249,
1250). Welchen rechtlichen Charakter die Vereinbarung hat, ist durch Ausle-
gung unter Berücksichtigung der konkreten Einzelumstände zu ermitteln (vgl.
Senatsurteile vom 12. Oktober 2006 - III ZR 331/04 - NJW-RR 2007, 55; vom
6. Februar 2003 aaO; BGH, Urteil vom 6.März 1991 - IV ZR 53/90 - NJW-RR
1991, 820, 821). Es kann sich insoweit auch um einen verschleierten Teil des
Kaufpreises handeln (Senatsurteil vom 12. Oktober 2006 aaO; BGH, Urteil vom
15. April 1987 - IVa ZR 53/86 - NJW-RR 1987, 1075). Eine Auslegung in diese
Richtung liegt insbesondere dann nahe, wenn der Käufer sich gegenüber dem
Verkäufer verpflichtet, die dem Verkäufer entstandenen Maklerkosten zu tragen
(Althammer, Die Maklerklausel im notariellen Grundstückskaufvertrag, 2004,
S. 132; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearbeitung 2003, §§ 652, 653 Rn. 184;
MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl., 2009, § 652 Rn. 34; Bethge NZM 2002, 193,
196).
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(2) Hier sprechen alle Umstände dafür, dass die Nr. 13 des Grundstücks-
kaufvertrages die Vereinbarung eines verschleierten Kaufpreises darstellt, der
an die Beklagte zu zahlen war. Die Klägerin verpflichtete sich nicht zur Zahlung
einer Provision für ihr gegenüber geleistete Maklerdienste, sondern übernahm
die Erfüllung des der Beklagten gegen ihre Streithelferin zustehenden Provisi-
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onsanspruchs. Als für die Prüfung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB maßgebenden
gesetzlichen Grundgedanken ist damit auf das Kaufrecht und nicht das Makler-
recht abzustellen. Dabei war der Klägerin die gesellschaftsrechtliche Verflech-
tung zwischen der Beklagten und ihrer Streithelferin bekannt. Durch die "Ver-
kaufsaufgabe" und den Text der Vertragsklausel war sie ausdrücklich darauf
hingewiesen worden, dass dem Provisionsanspruch keine echte Maklerleistung
zugrunde liegt und es sich hierbei um ein selbständiges Provisionsversprechen
handelt (siehe zu dem Gesichtspunkt Senatsurteil vom 12. März 1998 - III ZR
14/97 - NJW 1998, 1552 f).
(3) Von dieser Prämisse ausgehend bestehen - unbeschadet der Frage,
ob unter kaufrechtlichen Aspekten überhaupt eine kontrollfähige Entgeltrege-
lung vorliegt (vgl. Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl.,
2006, § 307 Rn. 71 ff) - keine Bedenken, wenn der Verkäufer den Kaufvertrag
hinsichtlich eines Teils des vom Käufer zu tragenden Gesamtaufwands in der
Weise ausgestalten will, dass der Käufer diesen Teil direkt an den für den Ver-
käufer tätigen Makler zahlt, um die in dem Verhältnis bestehende Forderung zu
tilgen. Unter dem Blickwinkel des Kaufrechts führt auch die Revision keine be-
sonderen Umstände an, die eine andere Beurteilung begründen können.
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Der Umstand, dass zusätzlich ein abstraktes Schuldversprechen verein-
bart ist, ist hier ohne Belang. Ein Rechtsgrund für die Zahlung der Klägerin er-
gibt sich bereits aus der insoweit selbständig zu beurteilenden Übernahme der
Provisionsschuld der Streithelferin der Beklagten und würde durch eine Unwirk-
samkeit des abstrakten Schuldversprechens nicht berührt.
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2.
Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen das Umgehungs-
verbot nach § 306a BGB liegt ebenfalls nicht vor. Nach § 306a BGB finden die
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für die Wirksamkeitskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingung maßgebli-
chen Vorschriften auch dann Anwendung, wenn sie durch andere Gestaltungen
umgangen werden. Hier sind die Vorschriften auch ohne § 306a BGB anzu-
wenden und führen nicht zur Unwirksamkeit. Weitergehende Wirkungen kann
die Klägerin aus der Vorschrift nicht für sich ableiten.
Schlick
Dörr
Herrmann
Wöstmann
Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.01.2007 - 318 O 174/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 01.02.2008 - 9 U 24/07 -