Urteil des BGH vom 17.07.2013

BGH: verfassungsbeschwerde, versorgung, aussetzung, ausschluss, anpassung, tod, rente

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZR 150/12
vom
17. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzen-
de Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 17. Juli 2013
beschlossen:
Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Bundesve r-
fassungsgerichts in dem bei ihm anhängigen Verfahren
1 BvR 1820/13 ausgesetzt.
Gründe:
I. Der am 30. September 1945 geborene und bei der Zusatzversor-
gung der Beklagten pflichtversicherte Kläger begehrt den Wegfall der in-
folge Versorgungsausgleichs vorgenommenen Kürzung seiner Rente bei
der Beklagten nach dem Tod seiner geschiedenen Ehefrau. Durch Urteil
des Amtsgerichts - Familiengerichts - vom 23. März 2005 wurde der Klä-
ger von seiner Ehefrau geschieden. In dem Urteil wurden zu Lasten se i-
ner Versorgung bei der Beklagten auf dem Versicherungskonto seiner
Ehefrau bei der gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften in H ö-
he von 99,01
€ pro Monat begründet. Die geschiedene Ehefrau bezog für
den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Januar 2010 Rentenleistungen.
Am 18. Januar 2010 verstarb sie. Der Kläger erhält seit 1. Oktober 2010
aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Regelaltersrente in Höhe
von 1.033,90
€ brutto monatlich und von der Beklagten eine Betriebsren-
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te von 200,09
€ brutto monatlich. Diese ist wegen des Versorgungsaus-
gleichs um 150,43
€ brutto monatlich gekürzt und würde ohne diese Kür-
zung 350,52
€ brutto monatlich betragen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab
1. Oktober 2010 eine ungekürzte Betriebsrente in Höhe von monatlich
350,52
€ brutto unter Abzug der bisherigen monatlichen Nettozahlungen
ab 1. Oktober 2010 von 166,38
€ zu zahlen, hilfsweise festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab 1. Oktober 2010 eine
Betriebsrente zu zahlen, die nicht um den vom Familiengericht festg e-
stellten Versorgungsausgleich von 150,43
€ zugunsten der geschiedenen
Ehefrau gekürzt wird. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos gebli e-
ben. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
II. Der Rechtsstreit ist in entsprechender Anwendung von § 148
ZPO auszusetzen, weil es für seine Entscheidung auf die Verfassung s-
mäßigkeit von § 32 VersAusglG ankommt. Nach § 37 Abs. 1 VersAusglG
wird, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben ist, ein Anrecht
der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger aufgrund des
Versorgungsausgleichs gekürzt. Die Anpassung fin det nur statt, wenn die
ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgung s-
ausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat
(§ 37 Abs. 2 VersAusglG). Gemäß § 32 VersAusglG gelten die §§ 33 bis
38 nur für die gesetzliche Rentenversicherung sowie die weiteren dort
genannten Regelsicherungssysteme. Im Bereich der ergänzenden A l-
tersvorsorge - wie hier derjenigen der Beklagten - findet § 32 i.V.m. § 37
VersAusglG demgegenüber keine Anwendung. Die Revision macht ge l-
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tend, dass dieser Ausschluss der Zusatzversorgung der Beklagten gegen
Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG verstößt.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom
6. März 2013 entschieden, die Regelung des § 32 VersAusglG sei mit
dem Grundgesetz vereinbar (XII ZB 271/11, FamRZ 2013, 852). Gegen
diese Entscheidung hat der dortige Beschwerdeführer Verfassungsb e-
schwerde eingelegt (1 BvR 1820/13). Ist die Verfassungsmäßigkeit eines
entscheidungserheblichen Gesetzes, wie hier von § 32 VersAusglG, be-
reits Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde, ist die Au s-
setzung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen in entspr e-
chender Anwendung des § 148 ZPO ohne gleichzeitige Vorlage an das
Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) zulässig, solange sich
das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des en t-
scheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat (BGH, Beschluss vom
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18. Juli 2000 - VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20 unter II 1). Diese Voraus-
setzungen sind hier erfüllt, so dass das Verfahren bis zur Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts in dem dort anhängigen Verfahren aus-
zusetzen ist.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.12.2011 - 6 O 382/10 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 03.05.2012 - 12 U 9/12 -