Urteil des BGH vom 13.12.2007

idw Informationsdienst Wissenschaft Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 39/05 Verkündet
am:
13. Dezember 2007
Führinger
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 398 14 720
Nachschlagewerk: ja
BGHZ
: nein
BGHR
:
ja
idw Informationsdienst Wissenschaft
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 26 Abs. 1 und 3, § 43 Abs. 1 und 2, § 48
Besteht eine zusammengesetzte Marke aus einer Buchstabenfolge (hier: idw),
die eine Abkürzung der weiteren Wortbestandteile (hier: Informationsdienst
Wissenschaft) darstellt, kann die Verknüpfung zwischen der Buchstabenfolge
und den Wortbestandteilen einer Neigung des Verkehrs, die Marke bei Benen-
nungen auf die Buchstabenfolge zu verkürzen, insbesondere dann entgegen-
stehen, wenn die Buchstabenfolge dem Verkehr als Abkürzung nicht allgemein
bekannt ist und auch keine Schwierigkeiten bestehen, sich die längeren Wort-
bestandteile einzuprägen.
BGH, Beschl. v. 13. Dezember 2007 - I ZB 39/05 - Bundespatentgericht
- 2 -
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers wird der am
8. März 2005 an Verkündungs Statt zugestellte Beschluss des
32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts
aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 €
festgesetzt.
- 3 -
Gründe:
1
I. Für den Markeninhaber ist die am 16. März 1998 angemeldete Wort-
marke Nr. 398 14 720
am 16. September 1998 für die Waren und Dienstleistungen (für die kursiv ge-
setzten Waren und Dienstleistungen hat das Bundespatentgericht die Löschung
angeordnet bzw. die Löschungsanordnung des Deutschen Patent- und Marken-
amts bestätigt)
Fotografien, Graphiken;
Erstellen von Bildreportagen und Tonreportagen;
Übermittlung von Nachrichten,
Vermietung
von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Presseagenturen,
Sammeln und
- 4 -
Liefern von Pressemeldungen;
Produktion und Aus-
strahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen; Erziehung und
Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Zusammenstellung von Rundfunk- und
Fernsehprogrammen;
und Design von Compu-
ter-Software; Computerberatungsdienste,
Vermietung von Computer-Software; Vermie-
tung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Dienstleistungen eines Graphikers;
Verwaltung von Urheberrechten;
eingetragen worden. Die Eintragung ist am 15. Oktober 1998 veröffentlicht wor-
den.
2
Gegen die Eintragung hat der Widersprechende zu 1 aus seiner seit dem
26. Oktober 1984 als durchgesetzt eingetragenen Wortmarke Nr. 1 069 633
IDW
und seiner seit dem 1. September 1986 eingetragenen Wort-/Bildmarke
Nr. 1 095 846
- 5 -
Widerspruch erhoben. Diese Widerspruchsmarken sind geschützt für die
Dienstleistungen
Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, ins-
besondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte
Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des
Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und
organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere
von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbe-
gleitender Fortbildung, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken, Veröffentli-
chungen von fachlichen Verlautbarungen zu Grundsatzfragen auf dem Tätig-
keitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Erstattung von Stellungnahmen zu
fachlichen und beruflichen Einzelfragen von Wirtschaftsprüfern und Wirt-
schaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern; Er-
stattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen Fragen von Wirtschafts-
prüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen
Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den gesetzgebenden Körperschaf-
- 6 -
ten von Bund und Ländern; wissenschaftliche und finanzielle Förderung von
Hochschularbeiten und Bibliotheken auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Prü-
fungs- und Treuhandwesens; Abschluss von Gruppenversicherungs-Verträ-
gen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für au-
ßerordentliche Mitglieder.
Die Widersprechende zu 2 hat Widerspruch erhoben aus ihrer seit dem
7. Oktober 1994 für die Waren und Dienstleistungen
3
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klas-
se 16 enthalten; Buchbinderartikel, nämlich Buchbindegarn, -leinen und ande-
re textile Stoffe zum Buchbinden; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für
Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel;
Pinsel; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Text-, Ton- und Bildträger,
ausgenommen unbelichtete Filme; Druckereierzeugnisse, nämlich Druck-
schriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Kataloge, Spiele; Lehr- und Un-
terrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten;
Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträ-
gern; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften, Zeitungen, Zeit-
schriften und Büchern; mit Programmen versehene maschinenlesbare Daten-
träger aller Art
eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789
.
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die Teillöschung der Marke beschlossen, und zwar aufgrund der Widersprüche
aus den Marken Nr. 1 069 633 und 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 für
die Dienstleistungen
4
Erziehung und Ausbildung; Veranstaltung und Organisation von Schulungen;
Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informati-
onsangeboten im Internet; Organisation und Veranstaltung von Schulungen,
Konferenzen und Kongressen
- 7 -
sowie aufgrund des Widerspruchs aus der Marke Nr. 2 079 789 der Widerspre-
chenden zu 2 für die Waren und Dienstleistungen
Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informations-
briefe und Zeitungen; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informati-
onsangeboten im Internet.
Im Übrigen hat die Markenstelle die Widersprüche zurückgewiesen.
5
Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt.
Der Markeninhaber hat ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor-
gelegt, das hilfsweise der Entscheidung zugrunde gelegt werden soll und in
dem er einen näher bezeichneten Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem
Zusatz "außerhalb des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen
hat.
6
Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde des Widersprechen-
den zu 1 die gegenüber der Entscheidung des Deutschen Patent- und Marken-
amts zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienstleistungen
7
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiederga-
begeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträ-
ger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogram-
me, Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informati-
onsbriefe und Zeitungen, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Appara-
te); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Informa-
tionen aus Wissenschaft und Forschung; Recherchieren, nutzerorientierte
Auswahl und Überarbeitung von Informationen gegen Entgelt für Dritte; Her-
ausgabe und Veröffentlichung von Schulungsmaterial; Dienstleistungen eines
Redakteurs; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von
Informationen für Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus
Wissenschaft und Forschung per Internet
- 8 -
angeordnet. Auf die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 hat das Bundes-
patentgericht die zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienst-
leistungen
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiederga-
begeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträ-
ger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogram-
me, Computerbetriebsprogramme; Computerperipheriegeräte; Telekommuni-
kationsgeräte; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in
Klasse 16 enthalten; Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrich-
ten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nach-
richtenübermittlung; Übermittlung von Audiodateien, Bildschirmtext, Fern-
schreibdienst, Fernsprechdienst; Erstellen von Programmen für die Datenver-
arbeitung, insbesondere Aktualisieren von Computer-Software, Erstellen von
Ton- und Bildreportagen; Betrieb von Datenbanken; Bereitstellung von Re-
cherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen über Wissenschaft
und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft und Forschung per
Internet
beschlossen. Auf die Beschwerde des Markeninhabers hat das Bundespatent-
gericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts insoweit aufge-
hoben, als die Marke für die Dienstleistung "Erziehung" gelöscht worden ist. Die
weitergehenden Beschwerden der Beteiligten hat das Bundespatentgericht zu-
rückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit der (zugelassenen)
Rechtsbeschwerde. Die Widersprechenden beantragen, die Rechtsbeschwerde
zurückzuweisen.
8
9
II. Das Bundespatentgericht hat die Widersprüche teilweise für begründet
erachtet und sie im Übrigen zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken beste-
he für einen Teil der Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslun-
- 9 -
gen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr
seien nur diejenigen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken zu
berücksichtigen, für die eine Benutzung während der nach § 43 Abs. 1
MarkenG maßgeblichen Benutzungszeiträume von Oktober 1993 bis Oktober
1998 und von Juli 1999 bis Juli 2004 bei den Widerspruchsmarken
Nr. 1 069 633 und 1 095 846 und während des Zeitraums vom 14. Juli 1999 bis
14. Juli 2004 bei der Widerspruchsmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht wor-
den sei. Dies sei für eine Reihe näher bezeichneter Waren und Dienstleistun-
gen durch die eidesstattlichen Versicherungen der Organe der Widersprechen-
den und durch Vorlage von Unterlagen geschehen. Der Annahme einer rechts-
erhaltenden Benutzung stehe nicht entgegen, dass häufig beschreibende An-
gaben im Zusammenhang mit den Widerspruchsmarken verwendet worden sei-
en. Zwischen den Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke und den
Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke geschützt und die
Benutzung glaubhaft gemacht worden sei, bestehe teilweise Identität oder Ähn-
lichkeit.
Bei der angegriffenen Marke sei der Bestandteil "Informationsdienst Wis-
senschaft" glatt beschreibend und werde bei der Benennung der Marke nicht
mitverwendet. Die angegriffene Marke und die Wortmarke Nr. 1 069 633 stimm-
ten klanglich überein. Innerhalb des Bereichs der Dienstleistungsidentität oder
-ähnlichkeit bestehe bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke und klanglicher Zeichenidentität Verwechslungsgefahr.
11
Für die Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 lasse
sich ebenfalls nicht ausschließen, dass auch diese Marke von einem erhebli-
chen Teil des Verkehrs bei der Benennung auf "IDW" verkürzt werde. Der
Wortbestandteil "INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER" sei als Firmenmar-
ke nicht geeignet, die Marke mitzuprägen.
12
- 10 -
13
Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft, Ähnlichkeit der wechselseiti-
gen Waren und Dienstleistungen und klanglicher Zeichenidentität bestehe Ver-
wechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Eine Verwechslungsge-
fahr sei unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens auch
gegeben, soweit Teile des Verkehrs die Marke nicht verkürzten, sondern mit
"INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER IDW" bezeichneten. Die kollidieren-
den Marken würden wegen Übereinstimmungen in den prägenden Bestandtei-
len irrig einem Unternehmen zugeordnet.
Bei der angegriffenen Marke und der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der
Widersprechenden zu 2 seien die Wortbestandteile "Informationsdienst Wis-
senschaft" und "Verlag GmbH" glatt beschreibend und prägten den Gesamtein-
druck nicht mit. Es bestehe deshalb klangliche Zeichenidentität. Soweit von ei-
ner Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen zwischen dieser
Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke auszugehen sei, liege bei
durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und klanglicher
Zeichenidentität eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor. Aber auch bei den
Teilen des Verkehrs, die die Widerspruchsmarke mit "IDW Verlag GmbH" be-
zeichneten, könne die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens nicht
ausgeschlossen werden.
14
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Markeninhabers hat in der Sa-
che Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
15
- 11 -
1. Widerspruch aus der Wortmarke Nr. 1 069 633 "IDW"
16
17
Das Bundespatentgericht hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr
i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den kollidierenden Marken für ei-
nen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke einge-
tragen ist, bejaht. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die
Frage, ob eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt
ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände
des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung
zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen,
dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der priori-
tätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähn-
lichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähn-
lichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älte-
ren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Beschl. v.
11.5.2006 - I ZB 28/04, GRUR 2006, 859 Tz. 16 = WRP 2006, 1227 - Malteser-
kreuz; BGHZ 171, 89 Tz. 33 - Pralinenform).
18
b) Das Bundespatentgericht hat eine Ähnlichkeit zwischen denjenigen
Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, die von der Löschungs-
anordnung erfasst werden, und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke,
deren Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, rechtsfehlerfrei bejaht.
19
aa) Der Markeninhaber hat die Einrede mangelnder Benutzung i.S. von
§ 43 Abs. 1 MarkenG erhoben. Bei der Entscheidung dürfen deshalb nur dieje-
nigen Waren oder Dienstleistungen der Widerspruchsmarke berücksichtigt wer-
den, für die der Widersprechende zu 1 eine Benutzung glaubhaft gemacht hat
20
- 12 -
(§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Maßgeblich für die Frage der Benutzung in zeit-
licher Hinsicht sind vorliegend nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Fünfjah-
reszeitraum vor Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am
15. Oktober 1998 und nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG der weitere Fünfjah-
reszeitraum vor der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am
14. Juli 2004 (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96, GRUR 1998, 938,
939 f. = WRP 1998, 993 - DRAGON; Beschl. v. 10.11.1999 - I ZB 53/98, GRUR
2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura; Beschl. v. 15.9.2005 - I ZB 10/03,
GRUR 2006, 150 Tz. 8 = WRP 2006, 241 - NORMA).
bb) Das Bundespatentgericht ist für diese Zeiträume zu Recht von der
Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke "IDW"
ausgegangen. Es hat angenommen, dass die Benutzung der Widerspruchs-
marke "IDW" für den Zeitraum von Oktober 1993 bis Oktober 1998 durch die
eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers K. des Widersprechenden
zu 1 vom 17. Dezember 1999 und die Anlagen 2 bis 9, 11, 15 und 18 und für
den Zeitraum vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004 durch die eidesstattliche Ver-
sicherung des Vorstandssprechers Prof. Dr. N. vom 10. Februar 2004 nebst
Anlagen glaubhaft gemacht worden ist.
21
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg
mit der Begründung, aus den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezem-
ber 1999 und 10. Februar 2004 folge nicht, welche der verschiedenen Wider-
spruchsmarken benutzt worden seien. Aus den beigefügten Anlagen ergebe
sich kein einheitliches Bild einer ernsthaften Benutzung.
22
(1) Eine Unterscheidung zwischen den Widerspruchsmarken ist vorlie-
gend allerdings erforderlich.
23
- 13 -
Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1
MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Wa-
ren oder Dienstleistungen verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Wird die
Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine
rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Ab-
weichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das
ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade
bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der
eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch diesel-
be Marke sieht (BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515
= WRP 2005, 620 - FERROSIL; Urt. v. 8.2.2007 - I ZR 71/04, GRUR 2007, 592
Tz. 12 = WRP 2007, 958 - bodo Blue Night). Diese Beurteilung ist grundsätzlich
dem Tatrichter vorbehalten. In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist sie nur einge-
schränkt überprüfbar. Feststellungen dazu, dass der Verkehr die Wortmarke
Nr. 1 069 633 und die Wort-/Bildmarken Nr. 1 095 846 und Nr. 2 079 789 als ein
und dasselbe Zeichen ansieht, hat das Bundespatentgericht nicht getroffen.
Dazu müsste der Verkehr den in den Wort-/Bildmarken gegenüber dem Mar-
kenwort "IDW" der Wortmarke Nr. 1 069 633 hinzugefügten Wortbestandteilen
und den weiteren Bildbestandteilen keine eigene maßgebende kennzeichnende
Wirkung beimessen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR
2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; GRUR 2005, 515 - FERROSIL).
Für eine derartige Annahme ist vorliegend nichts ersichtlich.
24
Die Benutzung der für Waren und Dienstleistungen eingetragenen Marke
wirkt zudem nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht,
dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantie-
ren, indem sie ihm ermöglicht, die Waren und Dienstleistungen von Waren oder
Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Eine rechtserhaltende Be-
nutzung i.S. von § 26 MarkenG liegt dementsprechend nicht vor, wenn das Zei-
25
- 14 -
chen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen Verwendung findet (BGH,
Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 253/00, GRUR 2003, 428, 430 = WRP 2003, 647 - BIG
BERTHA; Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP
2005, 1527 - OTTO).
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(2) Die erforderliche Unterscheidung zwischen den einzelnen Wider-
spruchsmarken hat das Bundespatentgericht getroffen. Es ist auch zutreffend
davon ausgegangen, dass durch die eidesstattlichen Versicherungen vom
17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 und die beigefügten Anlagen eine
rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S. von § 26 MarkenG für
folgende Dienstleistungen glaubhaft gemacht worden ist:
Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, ins-
besondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte
Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des
Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und
organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere
von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbe-
gleitender Fortbildung, Veröffentlichungen von fachlichen Verlautbarungen zu
Grundsatzfragen auf dem Tätigkeitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Er-
stattung von Stellungnahmen zu fachlichen und beruflichen Einzelfragen von
Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außeror-
dentlichen Mitgliedern; Erstattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen
Fragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie
von außerordentlichen Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den ge-
setzgebenden Körperschaften von Bund und Ländern.
In den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und
10. Februar 2004 wird zwar zwischen den Widerspruchsmarken nicht im Ein-
zelnen unterschieden. Vielmehr ist in der eidesstattlichen Versicherung vom
17. Dezember 1999 nur allgemein von der Widerspruchsmarke die Rede. Auf
welche Widerspruchsmarke sich die Angaben in dieser eidesstattlichen Versi-
cherung beziehen, wird jedoch durch die beigefügten Anlagen hinreichend deut-
lich, auf die sich das Bundespatentgericht bezogen hat. Aufgrund der Angaben
in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. Dezember 1999 und der Anlagen
27
- 15 -
(Anl. 2 bis 9, 11, 15 und 18) ist das Bundespatentgericht zu Recht davon aus-
gegangen, dass eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke "IDW" von
dem Widersprechenden zu 1 im Zeitraum vom 15. Oktober 1993 bis 15. Okto-
ber 1998 glaubhaft gemacht worden ist. Entsprechendes gilt für den Zeitraum
vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004, für den das Bundespatentgericht zutreffend
angenommen hat, die rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S.
von § 26 MarkenG sei durch die eidesstattliche Versicherung vom 10. Februar
2004 und die beigefügten Anlagen glaubhaft gemacht.
cc) Ebenso wenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das Bun-
despatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der Wider-
spruchsmarke "IDW", für die es eine rechtserhaltende Benutzung festgestellt
hat, und den zu löschenden Waren und Dienstleistungen der angegriffenen
Marke bejaht hat.
28
(1) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen
sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen
den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere
die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung
sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende
Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Wa-
ren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter
ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Be-
rührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleis-
tungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der
Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der
Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es
eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit, die auch bei Identität
der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren
29
- 16 -
Marke ausgeglichen werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - C-39/97, Slg.
1998, I-5507 = GRUR 1998, 922 Tz. 15 - Canon; BGH, Beschl. v. 28.9.2006
- I ZB 100/05, GRUR 2007, 321 Tz. 20 = WRP 2007, 321 - COHIBA).
30
(2) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass zwischen den Wa-
ren und Dienstleistungen, für die die Löschung der angegriffenen Marke ange-
ordnet worden ist, und den Dienstleistungen "Fachliche Beratung von Wirt-
schaftsprüfern; Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen; Veröffentlichung
von Verlautbarungen, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken" jedenfalls Ähn-
lichkeit gegeben ist.
Gegen diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beur-
teilung macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, das Bundespatentge-
richt habe rechtsfehlerhaft angenommen, es gehe jeweils um Aus- oder Fortbil-
dung. Sie rügt, das Bundespatentgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt ge-
lassen, dass sich die durch die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistun-
gen an eine hoch spezialisierte Zielgruppe richteten, während die Waren und
Dienstleistungen der angegriffenen Marke ein allgemeines Publikum mit erhöh-
tem Bildungsstand ansprächen. Das hat das Bundespatentgericht ebenfalls
seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Es hat zu Recht angenommen, dass die
wechselseitigen Dienstleistungen dem Bereich Wissenschaft und Forschung
zuzurechnen sind und der größere Kreis der durch die Waren und Dienstleis-
tungen der angegriffenen Marke angesprochenen Verkehrskreise die Annahme
einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit nicht hindere.
31
(3) Schließlich steht der vom Bundespatentgericht angenommenen Ähn-
lichkeit der Waren oder Dienstleistungen auch nicht der Umstand entgegen,
dass der Markeninhaber ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor-
gelegt hat, das der Entscheidung hilfsweise zugrunde gelegt werden soll und in
32
- 17 -
dem er einen Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem Zusatz "Außerhalb
des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen hat. Die teilweise
Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffe-
nen Marke um den Bereich der "Wirtschafts- und Steuerberatung" stellt einen
Teilverzicht auf die angegriffene Marke i.S. von § 48 MarkenG dar. Dieser Teil-
verzicht ist schon deshalb unwirksam, weil die Verzichtserklärung, die ohne
weiteres zum vollständigen oder teilweisen Erlöschen der Marke führt (vgl.
BGH, Beschl. v. 19.10.2000 - I ZB 62/98, GRUR 2001, 337, 338 = WRP 2001,
408 - EASYPRESS), nicht bedingt abgegeben werden kann (Fezer, Marken-
recht, 3. Aufl., § 48 Rdn. 7; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 48 Rdn. 6),
wie dies vorliegend geschehen ist.
c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die
als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragene Widerspruchsmarke "IDW"
mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über durchschnittliche Kennzeich-
nungskraft verfügt (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 35 - Pralinenform).
33
d) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme des Bundespa-
tentgerichts, es liege klangliche Zeichenidentität zwischen den kollidierenden
Marken vor. Mit der gebotenen Sicherheit sei nicht auszuschließen, dass die
angegriffene Marke auf "idw" verkürzt werde.
34
Das Abstellen auf die Zeichenidentität in klanglicher Hinsicht ist aller-
dings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofs
ist nicht auszuschließen, dass allein die klangliche Zeichenähnlichkeit der Mar-
ken eine Verwechslungsgefahr begründen kann (EuGH, Urt. v. 22.6.1999
- C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 27 f. = WRP 1999,
35
- 18 -
806 - Lloyd; Urt. v. 23.3.2006 - C-206/04, Slg. 2006, I-2717 = GRUR 2006, 413
Tz. 21 - ZIRH/SIR; BGHZ 139, 340, 347 - Lions).
36
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang
geltend, der klanglichen Zeichenähnlichkeit komme für die Annahme einer Ver-
wechslungsgefahr vorliegend keine Bedeutung zu. Nähere Darlegungen, wa-
rum die klangliche Zeichenähnlichkeit ausnahmsweise außer Betracht bleiben
soll, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Allein der Hinweis der Rechtsbe-
schwerde, der Widersprechende zu 1 kommuniziere mit seinen Mitgliedern zum
weitaus überwiegenden Teil in schriftlicher Form, rechtfertigt nicht die vollstän-
dige Außerachtlassung der klanglichen Zeichenähnlichkeit.
Das Bundespatentgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, der
Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde ausschließlich durch "idw" ge-
prägt. Zwar kann der Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke durch ein-
zelne Wortbestandteile geprägt werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings,
dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den
Gesamteindruck einer Marke nicht mitbestimmen. Anders als das Bundespa-
tentgericht angenommen hat, genügt dazu aber nicht, dass nur nicht ausge-
schlossen werden kann, der Verkehr werde die angegriffene Marke auf "idw"
verkürzen und den weiteren Wortbestandteil "Informationsdienst Wissenschaft"
weglassen. Auch ein Bestandteil, der eine beschreibende Angabe enthält, kann
zum Gesamteindruck beitragen (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 223/01, GRUR
2004, 783, 785 = WRP 2004, 1043 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).
Ob dies der Fall ist, muss der Tatrichter im Rahmen der Beurteilung des Ge-
samteindrucks feststellen. Daran fehlt es vorliegend. Dafür, dass der Verkehr
die angegriffene Marke nicht auf "idw" verkürzt, spricht, dass die Buchstaben-
folge - anders als bei einer Phantasiebezeichnung - die Abkürzung der weiteren
Wortbestandteile "Informationsdienst Wissenschaft" der zusammengesetzten
37
- 19 -
Marke darstellt. Der sachliche Bezug der Buchstabenfolge zu den weiteren
Wortbestandteilen kann einer Neigung des Verkehrs zur Verkürzung entgegen-
stehen. Etwas anderes könnte sich dann ergeben, wenn der Verkehr Schwie-
rigkeiten hat, sich die längeren Wortbestandteile einzuprägen, und deshalb da-
zu neigt, die Bezeichnung in einer die Merkbarkeit und Ansprechbarkeit erleich-
ternden Weise zu verkürzen (BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 139/99, GRUR
2002, 626, 628 = WRP 2002, 705 - IMS), oder wenn die Buchstabenfolge "idw"
dem Verkehr als Abkürzung für die weiteren Angaben "Informationsdienst Wis-
senschaft" allgemein bekannt ist. Entsprechendes hat das Bundespatentgericht
aber nicht festgestellt; hierfür ist auch nach dem Parteivortrag nichts ersichtlich.
2. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846
38
Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, dass zwischen der Wider-
spruchsmarke Nr. 1 095 846 und der angegriffenen Marke im Hinblick auf einen
Teil der Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht, hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nach-
prüfung stand.
39
a) Zu Recht hat das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen den
von der Anordnung der Löschung erfassten Waren und Dienstleistungen der
angegriffenen Marke und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke bejaht,
deren Benutzung glaubhaft gemacht worden ist.
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aa) Der Markeninhaber hat auch im Hinblick auf diese Widerspruchsmar-
ke die Einrede mangelnder Benutzung erhoben. Das Bundespatentgericht ist
jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Widersprechende zu 1 die
rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 26 MarkenG auf-
grund der eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und 10. Fe-
41
- 20 -
bruar 2004 und den vom Bundespatentgericht zu diesen eidesstattlichen Versi-
cherungen in Bezug genommenen Anlagen glaubhaft gemacht hat. Hierzu wird
auf die Ausführungen unter III 1 b aa und bb Bezug genommen, die entspre-
chend gelten. Aus den Anlagen zu den eidesstattlichen Versicherungen, auf die
das Bundespatentgericht zur Begründung der Glaubhaftmachung der rechtser-
haltenden Benutzung dieser Widerspruchsmarke verwiesen hat, folgt eine Be-
nutzung der Widerspruchsmarke entweder in der eingetragenen Form oder in
einer Form, in der die zwei Rechtecke nicht grau, sondern hell unterlegt sind
und die den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke i.S. von § 26
Abs. 3 MarkenG nicht verändert. Dies reicht für die Glaubhaftmachung einer
ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke i.S. von § 26 MarkenG aus.
bb) Zur Ähnlichkeit der von der angegriffenen Marke erfassten Waren
und Dienstleistungen mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gelten
die Ausführungen unter III 1 b cc entsprechend.
42
b) Das Bundespatentgericht ist zutreffend von einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Dagegen erinnern
die Beteiligten nichts.
43
c) Nicht frei von Rechtsfehlern sind aber die Ausführungen des Bundes-
patentgerichts zur Zeichenähnlichkeit.
44
Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, es bestehe klangliche
Zeichenidentität, weil nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen sei,
dass der Verkehr die Vergleichsmarken bei ihrer Benennung auf "IDW" verkür-
ze. Dass dies nicht auszuschließen ist, reicht - wie oben unter III 1 d dargelegt -
für die Annahme einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke
und der komplexen Wort-/Bildmarke allein durch "IDW" nicht aus.
45
- 21 -
46
Das Bundespatentgericht hat weiter angenommen, diejenigen Teile des
Verkehrs, die die Widerspruchsmarke bei der mündlichen Wiedergabe mit
"INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER IDW" bezeichneten, würden zwar
die Unterschiede zwischen den Marken erkennen, bei der Widerspruchsmarke
in "IDW" aber einen Stammbestandteil sehen und die kollidierenden Marken
einem Unternehmen zuordnen.
Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde dagegen geltend, das Bundespa-
tentgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Verkehr Anlass
habe, in dem aus verschiedenen Wort- und Bildbestandteilen zusammenge-
setzten Zeichen "IDW" den Stamm einer Zeichenserie zu sehen (vgl. hierzu
EuGH, Urt. v. 13.9.2007 - C-234/06, GRUR Int. 2007, 1009 Tz. 63 f. = MarkenR
2007, 427 - Bainbridge; BGH, Urt. v. 22.11.2001 - I ZR 111/99, GRUR 2002,
542, 544 = WRP 2002, 534 - BIG; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007,
1066 Tz. 45 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit).
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3. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 IDW Verlag
48
Das Bundespatentgericht hat weiterhin angenommen, dass zwischen der
Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 und der angegriffe-
nen Marke Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Auch dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis mit Erfolg.
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a) Zutreffend ist das Bundespatentgericht allerdings davon ausgegan-
gen, dass die Widersprechende zu 2 eine rechtserhaltende Benutzung der
Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht hat. Zum Zeitpunkt der Veröf-
fentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 15. Oktober 1998 war
die am 7. Oktober 1994 eingetragene Widerspruchsmarke noch keine fünf Jah-
50
- 22 -
re eingetragen. Maßgeblich für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung ist
im Streitfall daher nicht § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, sondern ausschließlich
der Fünfjahreszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG vom 14. Juli 1999 bis
14. Juli 2004. Für diesen Zeitraum hat die Widersprechende zu 2 eine rechtser-
haltende Benutzung für eine Reihe vom Bundespatentgericht näher bezeichne-
ter Waren und Dienstleistungen aufgrund der eidesstattlichen Versicherung ih-
res Geschäftsführers von B. vom 23. Juni 2000 und der vom Bundespatentge-
richt in Bezug genommenen Anlagen glaubhaft gemacht. Dagegen wendet sich
die Rechtsbeschwerde, soweit die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden
Benutzung hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klas-
se 16 enthalten; Text-, Ton- und Bildträger, ausgenommen unbelichtete Filme;
Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträ-
gern; Veröffentlichung und Herausgabe von mit Programmen versehene ma-
schinenlesbare Datenträger aller Art
in Rede steht. Das Bundespatentgericht konnte jedoch zu Recht aufgrund der in
Bezug genommenen Anlagen 25 und 26 von einer rechtserheblichen Benut-
zung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ausgehen. Den
zahlreichen Daten auf den angeführten Anlagen ist auch ein hinreichender Be-
zug zu dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum zu entnehmen. Die Vielzahl der
vorgelegten Anlagen und die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom
23. Juni 2000, die sich auch auf den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum bezie-
hen, belegen, dass die Widerspruchsmarke von der Widersprechenden zu 2
ernsthaft benutzt worden ist. Schließlich hat die Widersprechende zu 2 die Wi-
derspruchsmarke auch in der mit der Eintragung identischen Form oder in einer
Weise benutzt, die den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.
b) Zutreffend hat das Bundespatentgericht auch eine Identität oder Ähn-
lichkeit der kollidierenden Marken für einen Teil der Waren und Dienstleistun-
51
- 23 -
gen bejaht. Die Feststellung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Rechtsbeschwerdeverfah-
ren ist sie nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechts-
begriff zugrunde gelegt, entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen
Lebenserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getrof-
fenen Feststellungen getragen wird (BGH GRUR 2007, 1066 Tz. 23 - Kinder-
zeit).
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es in diesem Zusam-
menhang nicht darauf an, dass die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichne-
ten Waren und Dienstleistungen für Druckereierzeugnisse zum Themengebiet
"Wirtschaftsrecht" benutzt werden und die Widersprechende zu 2 ihre Abneh-
merkreise bei Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsjuristen findet. Die Eintragung
der Widerspruchsmarke ist für die Waren und Dienstleistungen nicht beschränkt
auf Produkte und Dienstleistungen mit wirtschaftsrechtlichem Inhalt erfolgt. Die
Widerspruchsmarke ist für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen
rechtserhaltend benutzt worden, ohne dass es auf den jeweiligen thematischen
Inhalt der Druckerzeugnisse (z.B. Wirtschaftsrecht) ankommt.
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c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht auch von einer durchschnittli-
chen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen.
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d) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme des Bundespa-
tentgerichts, die Kollisionsmarken seien sich so ähnlich, dass zwischen ihnen
eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe.
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Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das Bundespatentgericht
nicht ausschließlich auf eine visuelle Zeichenähnlichkeit abgestellt und eine
klangliche Zeichenähnlichkeit in die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein-
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bezogen hat (hierzu Abschn. III 1 d). Die Rechtsbeschwerde zeigt auch insoweit
nichts dafür auf, dass mündliche Markenbenennungen auf den in Rede stehen-
den Waren- und Dienstleistungssektoren keine Rolle spielen.
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Das Bundespatentgericht hat jedoch bei der Prüfung der Ähnlichkeit der
Widerspruchsmarke mit der angegriffenen Marke rechtsfehlerhaft nicht berück-
sichtigt, dass die Angabe "Informationsdienst Wissenschaft" bei der angegriffe-
nen Marke zum Gesamteindruck beitragen könnte (hierzu Abschn. III 1 d). Es
hat deshalb den Gesamteindruck der kollidierenden Marken und die Zeichen-
ähnlichkeit nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann
Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.03.2005 - 32 W(pat) 79/02 -