Urteil des BGH vom 18.10.2006

BGH (wiedereinsetzung in den vorigen stand, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, beschwerde, wiedereinsetzung, frist, antrag, rechtsmittel, akteneinsicht, zulassung, wirkung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ(B) 115/05
vom
18. Oktober 2006
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzenden
Richter Terno und Basdorf, die Richter Dr. Ernemann und Dr. Frellesen, den
Rechtsanwalt Dr. Wosgien, die Rechtsanwältin Kappelhoff und den Rechtsan-
walt Dr. Martini
am 18. Oktober 2006
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Be-
schluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-
Württemberg vom 23. November 2005 wird unter Zurückweisung
des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzu-
lässig verworfen. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschie-
benden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist damit gegen-
standslos.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstande-
nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
50.000 € festgesetzt.
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Gründe:
I.
Die Antragstellerin wurde am 21. September 1999 zur Rechtsanwalt-
schaft und als Rechtsanwältin beim Amtsgericht K. und
beim Landgericht S. zugelassen. Mit Verfügung vom 4. April 2003 wider-
rief die Antragsgegnerin die Zulassung unter Berufung auf § 14 Abs. 2 Nr. 3
BRAO.
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Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu-
rückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstelle-
rin.
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II.
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
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1. Die Antragstellerin hat die Zwei-Wochen-Frist für die Einlegung der so-
fortigen Beschwerde (§ 42 Abs. 4 Satz 1 BRAO) versäumt. Der angefochtene
Beschluss des Anwaltsgerichtshofs wurde sowohl dem Verfahrensbevollmäch-
tigten der Antragstellerin als auch deren Betreuer am 24. November 2005 zu-
gestellt. Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde lief damit am
8. Dezember 2005 ab. Die Antragstellerin hat das Rechtsmittel jedoch erst mit
Schreiben vom 12. Dezember 2005, eingegangen am folgenden Tag, eingelegt.
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2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der
Rechtsmittelfrist kann der Antragstellerin nicht gewährt werden. Der erst mit
Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 4. Mai 2006 gestellte Wie-
dereinsetzungsantrag war seinerseits verspätet. Er hätte gemäß § 42 Abs. 6
Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG innerhalb einer Frist
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von zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses unter Glaubhaftma-
chung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen gestellt werden
müssen (st.Rspr.; Senatsbeschluss vom 15. August 2000 - AnwZ(B) 40/00,
BRAK-Mitt. 2000, 305 unter II; Senatsbeschluss vom 5.
Oktober 1998
- AnwZ(B) 22/98, nicht veröffentlicht; Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 40
Rdnr. 56; vgl. auch BGHZ 150, 390, 392). Diese Frist ist hier jedenfalls mit der
Kenntnis der Antragstellerin von der Fristversäumung in Gang gesetzt worden.
Die Verfristung ihres persönlich eingelegten Rechtsmittels war der Antragstelle-
rin nach ihrem eigenen Vorbringen im Schreiben an ihren Verfahrensbevoll-
mächtigten vom 19. April 2006 (GA III, 126) bewusst geworden, als sie selbst
am 23. Dezember 2005 in die Hauptakten des vorinstanzlichen Verfahrens Ein-
sicht genommen hatte (GA II, 441). Zur Akteneinsicht hatte sich die Antragstel-
lerin, wie sie in dem genannten Schreiben selbst ausführt, veranlasst gesehen,
nachdem sie von der Geschäftsstelle des Senats für Anwaltssachen des Bun-
desgerichtshofs am 20. Dezember 2005 auf eine mögliche Verfristung ihres
Rechtsmittels und die Möglichkeit der Wiedereinsetzung aufmerksam gemacht
worden war. Die Antragstellerin hätte deshalb spätestens zwei Wochen nach
der am 23. Dezember 2005 erfolgten Akteneinsicht und nicht erst mit Schriftsatz
ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 4. Mai 2006 Wiedereinsetzung beantra-
gen müssen.
3. Das unzulässige Rechtsmittel konnte der Senat ohne mündliche Ver-
handlung verwerfen (BGHZ 44, 25).
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4. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der so-
fortigen Beschwerde ist gegenstandslos, weil die Widerrufsverfügung der An-
tragsgegnerin aus den vorstehend dargelegten Gründen Bestandskraft erlangt.
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Terno
Basdorf Ernemann
Frellesen
Wosgien
Kappelhoff
Martini
Vorinstanzen:
AGH Stuttgart, Entscheidung vom 23.11.2005 - AGH 20/03 (I) -