Urteil des BGH vom 24.01.2001

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZB 24/00
vom
24. Januar 2001
in der Erbscheinssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
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BGB §§ 2032 ff.; DDR: ZGB §§ 400 ff.; DDR: RAnwG § 25 Abs. 2
Ist der nach BGB beerbte Erblasser nicht Eigentümer eines Grundstücks
in der DDR, sondern daran nur gesamthänderisch im Rahmen einer Er-
bengemeinschaft beteiligt, tritt insoweit grundsätzlich eine Nachlaß-
spaltung nicht ein.
BGH, Beschl. vom 24. Januar 2001 - IV ZB 24/00 - KG Berlin
LG Berlin
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsit-
zenden Richter Dr. Schmitz, die Richter Dr. Schlichting, Terno, Seiffert
und die Richterin Ambrosius
am 24. Januar 2001
beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der
Beschluß der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom
29. Januar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Erörterung und Entschei-
dung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an
das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe:
A.
Die Beteiligten streiten um die Erbfolge hinsichtlich des Anteils
des am 4. März 1980 mit letztem W ohnsitz im damaligen W estteil Berlins
gestorbenen Erblassers an einer ungeteilten Erbengemeinschaft, zu der
ein Grundstück in der ehemaligen DDR gehörte. Dieses Grundstück
stand ursprünglich im Eigentum der ebenfalls in W estberlin wohnenden
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Eltern des Erblassers. Der Vater starb 1974 und wurde von der Mutter
allein beerbt. Diese starb am 15. Mai 1978. Kraft Gesetzes wurden ihre
drei Söhne, darunter der Erblasser, ihre Erben. Der Erblasser errichtete
am 4. Juli 1978 das folgende eigenhändige Testament:
“Hiermit setze ich ... meine Freundin (Braut) ...[die Betei-
ligte zu 2)] und die Tochter meines Bruders ...[die Betei-
ligte zu 1)] als Erben ein. Meine W ohnung, Sparkonto, Gi-
rokonto, BSV-Konto, Bausparvertrag, Aktien und Schmuck.
Das soll zu 2 gleichen Teilen geteilt werden ...”
Die Beteiligte zu 1) hat die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2)
gemäß § 2078 BGB mit der Begründung angefochten, das Verlöbnis des
Erblassers mit dieser sei im Jahre 1979 aufgelöst worden. Das Amtsge-
richt hat der Beteiligten zu 1) am 26. September 1980 einen Erbschein
erteilt, der sie als Alleinerbin auswies. Im Verfahren über die gegen die-
sen Erbschein gerichtete Beschwerde schlossen die Beteiligten am
3. Februar 1981 einen Vergleich.
Im April 1997 beantragte die Beteiligte zu 1), ihr einen ergänzen-
den, gegenständlich beschränkten Erbschein als Alleinerbin für im Bei-
trittsgebiet belegenes Grundvermögen zu erteilen. Das Amtsgericht hat
den Antrag zurückgewiesen. Ihre Beschwerde wurde vom Landgericht
zurückgewiesen, weil sich die Erbeinsetzung im Testament vom 4. Juli
1978 gemäß § 2088 BGB auf das W estvermögen des Erblassers be-
schränke; falls sich das Testament aber auch auf Vermögen auf dem
Gebiet der ehemaligen DDR erstrecke, könne die Beteiligte zu 1) inso-
weit nicht Alleinerbin geworden sein, weil eine dem § 2077 Abs. 2 BGB
entsprechende Vorschrift im Zivilgesetzbuch fehle.
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Gegen diesen Beschluß des Landgerichts hat die Beteiligte zu 1)
weitere Beschwerde eingelegt. Diese hat das Kammergericht gemäß
§ 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorgelegt (ZEV 2000, 505).
Nach Ansicht des Kammergerichts kommt es darauf an, ob der Anteil des
Erblassers an der Erbengemeinschaft, zu der das in der ehemaligen
DDR belegene Grundstück gehört, aufgrund einer Nachlaßspaltung nach
dem Zivilgesetzbuch der DDR vererbt worden ist. Nur in diesem Fall sei
ein Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten zu 1) an einem gegenständlich
beschränkten Erbschein gegeben. An einer Entscheidung in diesem Sin-
ne sieht sich das Kammergericht jedoch durch gegenteilige Beschlüsse
des Oberlandesgerichts Dresden (MittRheinNotK 1997, 267) und des
Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1998, 242) gehindert,
die jeweils im Verfahren der weiteren Beschwerde ergangen sind.
B.
I. 1. Die Voraussetzungen der Vorlage an den Bundesgerichtshof
gemäß § 28 Abs. 2 FGG sind gegeben. Die genannten Beschlüsse des
Oberlandesgerichts Dresden und des Bayerischen Obersten Landesge-
richts weichen von der im Vorlagebeschluß des Kammergerichts vertre-
tenen Auffassung ab in der Frage, ob der Anteil eines mit letztem W ohn-
sitz im W esten Deutschlands in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1976
und dem 3. Oktober 1990 gestorbenen Erblassers an einer Erbenge-
meinschaft, zu der Grundvermögen in der ehemaligen DDR gehört, der
Nachlaßspaltung unterliegt. Von dieser Vorlagefrage hängen die Ent-
scheidung des vorliegenden Falles und deren konkrete Tragweite ab,
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auch wenn sich die Vorlagefrage letzten Endes nach den Besonderhei-
ten des vorliegenden Sachverhalts nicht auf das Endergebnis auswirkt.
§ 28 Abs. 2 FGG setzt nicht voraus, daß die Lösung der Vorlagefrage
zur Erledigung der weiteren Beschwerde unerläßlich wäre (BGHZ 134,
230, 233).
2. Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG zulässig. Ei-
ne Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich schon aus der
Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags und ihrer dagegen gerichteten
Beschwerde (§ 20 FGG).
II. Die weitere Beschwerde ist begründet und führt zur Zurückver-
weisung der Sache an das Landgericht.
1. Allerdings stimmt der Senat in der Vorlagefrage der Gegenan-
sicht zu. W enn der nach bürgerlichem Recht beerbte Erblasser nicht Ei-
gentümer eines Grundstücks in der DDR, sondern daran nur gesamthän-
derisch im Rahmen einer Erbengemeinschaft beteiligt war, tritt insoweit
grundsätzlich eine Nachlaßspaltung nicht ein (so OLG Dresden
MittRheinNotK 1997, 267; BayObLGZ 1998, 242; MünchKomm/Leipold,
BGB 3. Aufl. Art. 235 EGBGB Rdn. 17; Palandt/Edenhofer, BGB 59. Aufl.
§ 1922 Rdn. 8; Schotten/Johnen, DtZ 1991, 257, 260; zum internationa-
len Privatrecht MünchKomm/Birk, Art. 25 EGBGB Rdn. 67 m.w.N.; a.A.
OLG Oldenburg MittRheinNotK 1998, 136 m. abl. Anm. Schmellenkamp;
Andrae, NJ 1998, 113, 117; dies., NJ 1999, 147, 148 f.; dies., IPRax
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2000, 300, 303 f.; zum internationalen Privatrecht Staudinger/Dörner,
13. Aufl., Art. 25 EGBGB Rdn. 485 m.w.N.).
a) Gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt für die erbrechtlichen
Verhältnisse das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor
dem W irksamwerden des Beitritts gestorben ist. W elches Sachrecht da-
nach anzuwenden ist, bestimmt sich nach dem damals in der Bundesre-
publik geltenden interlokalen Kollisionsrecht (BGHZ 124, 270, 272 ff.).
Der im Jahre 1980 gestorbene Erblasser hatte seinen letzten gewöhnli-
chen Aufenthalt im ehemaligen W estteil Berlins. Die Erbfolge richtete
sich daher grundsätzlich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Gegen-
über diesem Gesamtstatut kam jedoch dem Belegenheitsstatut Vorrang
zu, soweit dieses für die in seinem Gebiet befindlichen Vermögenswerte
besondere Vorschriften aufstellte (vgl. Art. 28 EGBGB a.F., der mit Art. 3
Abs. 3 EGBGB n.F. sachlich übereinstimmt). Danach war für Erbfälle seit
Inkrafttreten des ZGB und des Rechtsanwendungsgesetzes der DDR (im
folgenden: RAG-DDR) am 1. Januar 1976 § 25 Abs. 2 RAG-DDR zu be-
achten, wonach sich die erbrechtlichen Verhältnisse in bezug auf das
Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, die sich
in der Deutschen Demokratischen Republik befinden, nach dem Zivilge-
setzbuch richten (vgl. BGHZ 131, 22, 26 f.).
b) Soweit zum Vermögen des Erblassers im vorliegenden Fall ein
Anteil an einer Erbengemeinschaft nach seiner Mutter gehört, die Ei-
gentümerin eines Grundstücks in der DDR war, treffen das Zivilgesetz-
buch und das Bürgerliche Gesetzbuch sachlich im wesentlichen überein-
stimmende Regelungen hinsichtlich der Rechte des einzelnen Miterben
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(vgl. W esten/Schleider, Zivilrecht im Systemvergleich 1984 S. 823 ff.;
MünchKomm/Leipold, Einl. Bd. 9 Erbrecht Rdn. 277, 291 ff.): Nach bür-
gerlichem Recht steht das Eigentum an dem zur Erbengemeinschaft ge-
hörenden Grundstück den Miterben nur zur gesamten Hand zu. Über den
Anteil an den einzelnen Nachlaßgegenständen kann ein Miterbe nicht
verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB); dies ist den Miterben nur gemeinschaft-
lich möglich (§ 2040 Abs. 1 BGB). Leistungen Dritter kann der Miterbe
nur zugunsten aller Miterben einfordern (§ 2039 BGB). Der einzelne Mit-
erbe kann aber über seinen Anteil an der Erbengemeinschaft als solchen
verfügen (§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch das Zivilgesetzbuch kennt
neben dem Miteigentum das nur allen Eigentümern gemeinsam zuste-
hende Gesamteigentum (§ 34 Abs. 2 Satz 4), für das § 42 Abs. 2 ZGB
auf die jeweilige gesetzliche Regelung verweist. Für die Erbengemein-
schaft gilt nach § 400 Abs. 1 Satz 2 ZGB, daß die einzelnen Miterben bis
zur Auflösung der Erbengemeinschaft über die einzelnen Nachlaßgegen-
stände nur gemeinschaftlich verfügen können. Zur Erbschaft gehörende
Forderungen kann der Miterbe nur für alle geltend machen (§ 400 Abs. 3
ZGB). Jeder Miterbe kann aber über seinen Erbteil verfügen (§ 401
ZGB). Die Erbengemeinschaft ist nach beiden Gesetzen auf ihre Auflö-
sung angelegt; jeder Miterbe kann ihre Auseinandersetzung verlangen,
bei der nach Tilgung der Nachlaßverbindlichkeiten der Rest unter den
Miterben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile aufzuteilen ist (§§ 2042 ff.
BGB; § 423 ZGB). Das Zivilgesetzbuch hat mithin die Rechtsstellung der
Miterben im Vergleich zur Rechtslage nach dem BGB der Sache nach
nicht geändert (BGH, Urteil vom 7. Juli 2000 - V ZR 287/99 - ZEV 2000,
498).
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c) Die ungeteilte Gesamtberechtigung am Nachlaß vermittelt dem
einzelnen Miterben keine unmittelbare dingliche Berechtigung am ein-
zelnen Nachlaßgegenstand, auch wenn der Nachlaß nur noch aus einer
Sache besteht (BGH, Urteil vom 17. November 2000 - V ZR 487/99 -
noch unveröffentlicht - unter III 1 b; anders der Vorlagebeschluß des
Kammergerichts und OLG Oldenburg aaO unter Bezug u.a. auf RGZ 94,
239, 243 und BayObLGZ 1982, 59, 67; vgl. MünchKomm/Dütz BGB
§ 2032 Rdn. 10, 11). Also kann es nur um die Frage gehen, welches
Sachrecht auf den in den Nachlaß gefallenen, vererblichen Anteil des
Erblassers an der nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft nach
seiner Mutter anzuwenden ist. Schon in BGHZ 24, 352, 367 f. ist ent-
schieden worden, daß der gesamthänderische Anteil an einer deutschen
Personalgesellschaft des bürgerlichen und des Handelsrechts auch dann
nicht zum unbeweglichen Vermögen und dem dafür nach EGBGB maß-
gebenden Belegenheitsstatut gehört, wenn zum Gesellschaftsvermögen
Grundstücke gehören (vgl. zum Anteil eines Erblassers am Gesamtgut
der - Grundstücke umfassenden - ehelichen Gütergemeinschaft BGHZ
26, 378, 382; Beschluß vom 10. März 1976 - V ZB 7/72 - NJW 1976,
893). W as insofern für den Anteil an einer Personalgesellschaft gilt, ist
auch für den Anteil an der in ihrer gesamthänderischen Grundstruktur
ähnlichen Erbengemeinschaft maßgebend. Der Anteil des einzelnen
Teilhabers ist bewegliches Vermögen. Er verschafft seinem Inhaber im
wesentlichen einen Anspruch auf Auseinandersetzung gegen den oder
die anderen Teilhaber. Selbst wenn sich der Anspruch auf Auseinander-
setzung im Einzelfall auf Übertragung eines Grundstücks, eines Grund-
stücksteils oder dinglichen Rechts richtet, ändert das nichts an der Qua-
lifikation dieses Anspruchs als bewegliches Vermögen (vgl. BGHZ 131,
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22, 27 f.; Senat, Urteil vom 10. Mai 2000 - IV ZR 171/99 - NJW 2000,
2421 unter 3 b, zur Veröffentlichung in BGHZ 144, 251 vorgesehen).
d) § 25 Abs. 2 RAG-DDR unterstellt zwar nicht nur das Eigentum,
sondern auch "andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden" dem
Recht der Deutschen Demokratischen Republik, wenn sie sich dort be-
finden. Zu diesen anderen Rechten wurden neben dinglichen Rechten
auch bestimmte, gegen den Eigentümer gerichtete, mit dem Grundstück
verbundene Forderungen (Steuern, Abgaben, Versicherungsbeiträge)
sowie Guthaben aus Haus- oder Grundstückserträgen gerechnet (BGHZ
131, 22, 28 m.w.N.). Der Anteil eines Miterben an einer Erbengemein-
schaft, zu der ein Grundstück gehört, begründet aber weder ein selb-
ständiges dingliches Recht des einzelnen Miterben am Grundstück noch
ist sein Auseinandersetzungsanspruch nach Zweck und Inhalt mit den
genannten anderen Rechten an Grundstücken und Gebäuden vergleich-
bar. Nur für die Berechtigung am Grundstück selbst und die ihm zuzu-
ordnenden anderen Rechte gilt die aus Gründen des Vertrauensschutzes
auch nach der Vereinigung Deutschlands weiterhin zu beachtende
Nachlaßspaltung (BGHZ 131, 22, 30). Eine Nachlaßspaltung auch für
die Übertragung oder Vererbung von Anteilen an einer Erbengemein-
schaft, zu der ein Grundstück in der ehemaligen DDR gehörte, wird von
§ 25 Abs. 2 RAG-DDR nicht angeordnet. Insoweit ist schutzwürdiges
Vertrauen auch nicht begründet worden.
Daß in der DDR auch die Übertragung eines Erbteils einer Ge-
nehmigung bedurfte, wenn ein Grundstück oder Grundstücksrecht zum
Nachlaß gehörte (§ 2 Abs. 1 Buchst. i der Grundstücksverkehrsordnung
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der DDR vom 15. Dezember 1977, GBl. I 1978 S. 73), gibt entgegen der
Ansicht des Kammergerichts nichts für die Auslegung von § 25 Abs. 2
RAG-DDR her. Diese Genehmigungspflicht erfaßt auch die Übertragung
von Anteilen an Erbengemeinschaften, die vor Inkrafttreten des § 25
Abs. 2 RAG-DDR am 1. Januar 1976 entstanden waren und für die eine
Nachlaßspaltung schon deshalb nicht in Betracht kam (dazu BayObLGZ
1998, 242, 246).
2. Der vorliegende Fall unterscheidet sich indessen wesentlich von
den Fällen, die den abweichenden Entscheidungen des Oberlandesge-
richts Dresden und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (wie auch
der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg) zugrunde lagen.
In jenen Fällen war die Erbengemeinschaft, um die es ging, schon vor
Inkrafttreten des § 25 Abs. 2 RAG-DDR am 1. Januar 1976 durch einen
vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Erbfall entstanden, so daß von vorn-
herein nur in Frage stand, ob ein schon vorhandener Erbanteil eines
einzelnen Miterben bei dessen Tod der Nachlaßspaltung unterlag. Hier
ist jedoch die Mutter des Erblassers, der das in der DDR belegene
Grundstück als Alleinerbin des mit letztem W ohnsitz im W esten Berlins
im Jahre 1974 vorverstorbenen Vaters gehörte, erst im Jahre 1978 ge-
storben. Bei dieser Erbfolge nach der Mutter trat hinsichtlich des Grund-
stücks in der DDR gemäß § 25 Abs. 2 RAG-DDR Nachlaßspaltung ein,
wie das Kammergericht mit Recht erkannt hat. Die Mutter hat kein Te-
stament hinterlassen, sondern ist von ihren drei Söhnen kraft Gesetzes
beerbt worden (§ 1924 BGB, § 365 Abs. 1 ZGB). Aus diesem Grund gab
es neben der Erbengemeinschaft, zu der ihr im W esten belegener
Nachlaß gehörte, eine personengleiche weitere Erbengemeinschaft, die
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das Gesamteigentum im Sinne von § 400 Abs. 1 ZGB an dem Grund-
stück in der DDR innehatte. Auch dieser Erbengemeinschaft gehörte der
Erblasser an.
Als er mit letztem W ohnsitz im ehemaligen W estteil Berlins im Jah-
re 1980 starb, wurde er nach bürgerlichem Recht beerbt. Das galt gemäß
§ 25 Abs. 1 RAG-DDR auch aus der Sicht der DDR. Die Erbfolge erfaßte
gemäß § 1922 BGB als Universalsukzession auch seinen Anteil als Mit-
glied der Erbengemeinschaft, die Inhaberin des abgespaltenen, auf der
Erbfolge nach dem Zivilgesetzbuch beruhenden Grundstücksnachlasses
in der DDR war. Auch nach der Rechtsordnung der DDR sind Bedenken
gegen die Vererblichkeit dieses Anteils, der gemäß § 401 Abs. 1 ZGB
veräußerlich war, nicht ersichtlich; zum vererblichen Eigentum gehörte
alles, was persönliches Eigentum des verstorbenen Bürgers im Sinne
von § 23 ZGB war, aber auch Eigentum und Rechte an Miethäusern, die
nicht der Befriedigung der W ohn- und Erholungsbedürfnisse des Eigen-
tümers und seiner Familie dienten (Kommentar zum Zivilgesetzbuch,
herausgegeben vom Ministerium der Justiz, § 362 Anm. 2.1;
MünchKomm/
Leipold, Einl. zu Bd. 9 Erbrecht Rdn. 231, 233).
Danach hätte die Beteiligte zu 1) jedenfalls ein Rechtsschutzinter-
esse an einem gegenständlich auf den abgespaltenen Nachlaß be-
schränkten Erbschein, der die nach dem Tod der Mutter des Erblassers
eingetretene Erbfolge auf der Grundlage des Zivilgesetzbuchs bezeugt
(vgl. BayObLGZ 1998, 242, 245; Palandt/Edenhofer, BGB 59. Aufl.
§ 2353 Rdn. 7). Ihr kann im Hinblick auf eine Grundbuchberichtigung ein
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Rechtsschutzinteresse aber auch nicht abgesprochen werden an einem
Erbschein, der die nach dem Erblasser eingetretene, gegenständlich auf
den abgespaltenen Nachlaß beschränkte Erbfolge bezeugt. Daß diese
Erbfolge auf bürgerlichem Recht beruht, ändert nichts daran, daß das in
der ehemaligen DDR belegene Grundstück weiterhin als besonderer
Nachlaß gilt. Deshalb ist es gerechtfertigt, auch für Veränderungen der
für diesen Sondernachlaß bestehenden besonderen Erbengemeinschaft
einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu erteilen.
3. Das Verfahren ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil
seine Auslegung des Testaments rechtsfehlerhaft ist und weitere Ermitt-
lungen erforderlich sind.
a) Mit Recht führt das Kammergericht in seinem Vorlagebeschluß
aus, daß gegen eine Beschränkung der letztwilligen Erbeinsetzung auf
das W estvermögen des Erblassers (§ 2088 Abs. 1 BGB) der vom Land-
gericht nicht gewürdigte erste Satz des Testaments spricht. Darin wer-
den die Beteiligten zu 1) und 2) zu Erben berufen, ohne daß der Umfang
dieser Einsetzung eingegrenzt wird. Die sich im zweiten Satz des Te-
staments anschließende Aufzählung vom Erblasser für wesentlich ge-
haltener Vermögensteile enthält den Anteil an der Erbengemeinschaft,
zu der das in der DDR gelegene Grundstück gehört, zwar nicht. Diesem
Anteil kam unter den im Jahre 1980 dort herrschenden Verhältnissen
aber kein wirtschaftlich erheblicher W ert für den Erblasser zu. Bei dieser
Sachlage fehlen hinreichende Anhaltspunkte für eine Auslegung, daß die
testamentarische Erbeinsetzung auf das Vermögen des Erblassers im
W esten beschränkt sei.
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b) Soweit der Erblasser die Beteiligte zu 2) im Testament als seine
"Freundin (Braut)" bezeichnet hat, hat das Landgericht zu Unrecht ange-
nommen, § 2077 Abs. 2 BGB sei nicht zu prüfen, weil es an einer ent-
sprechenden Vorschrift in dem vom Landgericht für maßgeblich gehalte-
nen Zivilgesetzbuch der DDR fehle. Abgesehen davon, daß die Auflö-
sung des Verlöbnisses auch nach dem Zivilgesetzbuch unter dem Ge-
sichtspunkt der ergänzenden Testamentsauslegung Bedeutung gewin-
nen könnte, wie das Kammergericht in seinem Vorlagebeschluß mit
Recht hervorgehoben hat, ist auf die Vererbung des Anteils des Erblas-
sers an der Erbengemeinschaft, der das in der DDR belegene Grund-
stück zustand, bürgerliches Recht anzuwenden.
Dabei ist der Vortrag der Beteiligten zu 2) zu prüfen, der Zusatz
"(Braut)" im Testament könne nicht als Hinweis auf ein Verlöbnis im
Rechtssinne gewertet werden, weil es ein ernsthaftes gegenseitiges Hei-
ratsversprechen nie gegeben habe. Außerdem bliebe im Hinblick auf die
von der Beteiligten zu 2) vorgetragenen, über den angeblichen Ab-
schiedsbrief vom 15. Januar 1979 hinaus fortbestehenden Kontakte des
Erblassers zu ihr auch § 2077 Abs. 3 BGB zu prüfen.
c) Soweit eine testamentarische Erbfolge der Beteiligten zu 2) in
Betracht kommt, wird das Landgericht auch den Vergleich der beiden
Beteiligten vom 3. Februar 1981 auszulegen haben. Er verpflichtet die
Beteiligte zu 2), "die Richtigkeit" des Erbscheins vom 26. September
1980, der die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin auswies, "nicht länger an-
zuzweifeln". Damit kann eine verfahrensrechtliche Position gemeint sein,
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aber auch die materiellrechtliche Frage der Erbfolge selbst. W eiter wäre
zu fragen, ob sich die Beteiligte zu 1) auf den Vergleich noch berufen
kann, soweit es um die Beteiligung des Erblassers an dem in der dama-
ligen DDR gelegenen Grundstück geht (vgl. BGHZ 123, 76, 81 f.).
Dr. Schmitz Dr. Schlichting Terno
Seiffert Ambrosius