Urteil des BGH vom 24.10.2007

BGH (stgb, unterbringung, anordnung, menge, strafe, stpo, einfuhr, freiheitsstrafe, sicherung, teil)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 481/07
vom
24. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Augsburg vom 21. Mai 2007
a) in der Urteilsformel dahingehend berichtigt, dass der Ange-
klagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmit-
teln in nicht geringer Menge und mit Besitz von Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt und der Vorwegvollzug einer Frei-
heitsstrafe von 16 Monaten angeordnet wurden.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückver-
wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1. Die im Protokoll (Bl. 104 d. A.) niedergelegte Urteilsformel stimmt mit
der obigen Fassung überein und geht in Übereinstimmung mit den Urteilsgrün-
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den von vier Fällen aus. Der offenbare Übertragungsfehler war daher zu berich-
tigen (so schon BGHSt 5, 5, 7).
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat
weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen den Angeklagten beschwe-
renden Rechtsfehler ergeben. Dagegen war der Maßregelausspruch aufzuhe-
ben. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt stellt eine
zusätzliche Beschwer des Verurteilten dar, wie sich schon aus der gesetzlichen
Regelung in § 331 Abs. 2, § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ergibt.
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Nach der landgerichtlichen Entscheidung ist das Gesetz zur Sicherung
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entzie-
hungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) am 20. Juli 2007 in Kraft getreten.
Dies hat zu einer Neufassung von § 64 StGB und § 67 StGB geführt. Das
Landgericht hat über die Anordnung der Maßregel und die Reihenfolge der
Vollstreckung im Einklang mit dem damals geltenden Recht entschieden. Nach
§ 2 Abs. 6 StGB muss aber bei Maßregeln der Besserung und Sicherung das
neue Recht in jeder Lage des Verfahrens Anwendung finden.
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Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt war nach § 64 StGB aF
zwingend, wenn dessen Voraussetzungen vorlagen (BGHSt 37, 5, 6). § 64 nF
enthält eine Sollvorschrift, "so soll das Gericht … anordnen". Danach wird dem
Tatrichter ein Ermessensspielraum eingeräumt. Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2
StGB nF soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entzie-
hungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestim-
men, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach Satz 3
dieses Absatzes ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner
Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung über
die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB
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möglich ist. Hiernach ist dies möglich, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist
(vgl. dazu BGH, Beschl. vom 24. Juli 2007 - 3 StR 231/07). Das Landgericht hat
sich am Zwei-Drittel-Zeitpunkt orientiert. Der Senat kann nicht ausschließen,
dass der Tatrichter bei Anwendung des neuen Rechts auch eine andere Ent-
scheidung über die Anordnung der Maßregel getroffen hätte, zumal der Ange-
klagte seit April 2007 kein Heroin mehr konsumiert und seiner Ehefrau, mit der
er seit 2006 - nach den Taten - verheiratet ist, versprochen hat, keine Drogen
mehr zu nehmen. Über die Anordnung und gegebenenfalls die Bestimmung
einer etwaigen Vollstreckungsreihenfolge ist unter Hinzuziehung eines Sach-
verständigen neu zu befinden (§§ 354a, 354 StPO).
Nack Wahl Boetticher
Kolz Elf