Urteil des BGH vom 17.07.2009

BGH (universität, projekt, vertrag, neue medien, hochschule, höhe, freispruch, stpo, zeuge, sparkasse)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 150/10
vom
30. September 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Untreue u. a.
zu 2.: Betruges
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30. September 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte Prof. Dr. F. in Person,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten Prof. Dr. F. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1.
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil
des Landgerichts vom 17. Juli 2009 mit den
Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit es den Angeklagten Prof. Dr. F.
betrifft, hinsichtlich der Tatkomplexe IV. 1. b. aa.
(Vertrag "TPW"), IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-
System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II"),
IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster"), IV. 2. a. (Projekt
"In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit"),
b)
soweit es den Angeklagten Dr. K. betrifft, hin-
sichtlich der Tatkomplexe IV. 2. a. (Projekt
"In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit").
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Subventionsbe-
truges, den Angeklagten Prof. Dr. F. auch, soweit es um Förderpro-
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- 4 -
jekte zugunsten der Firma S. GmbH & Co. KG (S. KG) geht,
vom Vorwurf der Untreue, sowie beide Angeklagte, soweit es um zwei Förder-
projekte zugunsten der Universität geht, vom Vorwurf des Betruges
freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren auf die Verletzung
formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen – wie der Begründung
der Rechtsmittel zu entnehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 –
3 StR 293/09 und vom 12. April 1989 – 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1
Antrag 3) – allein gegen den Freispruch des Angeklagten Prof. Dr.
F. vom Vorwurf der Untreue in den Tatkomplexen IV. 1. b. aa. (Ver-
trag "TPW"), IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hyb-
rid-System II"), IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") sowie gegen den Freispruch
beider Angeklagter in den Komplexen IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b.
(Projekt "math-kit") der Urteilsgründe. Die wirksam beschränkten – vom Gene-
ralbundesanwalt vertretenen – Rechtsmittel haben bereits mit der Sachrüge
Erfolg, so dass es auf die Verfahrensbeschwerden der Staatsanwaltschaft nicht
ankommt.
I.
1. Der Angeklagte Prof. Dr. F. war im Tatzeitraum Professor
für Mathematik an der Universität . Seine Beschäftigung mit soge-
nannter Computeralgebra mündete im Jahre 1987 in der Gründung der– so-
dann von ihm geleiteten – M. -Forschungsgruppe
; seit Anfang der 1990er Jahre war diese ein Teil des Instituts
, das "A. " genannt und
vom Angeklagten sowie zwei weiteren Professoren geleitet wurde. In der M.
-Forschungsgruppe waren weitere Wissenschaftler tätig, unter ihnen der
Angeklagte Dr. K. . Mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Februar 1997 gründete
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- 5 -
der Angeklagte Prof. Dr. F. die S. KG mit Sitz in
und zwar als Ausgründung aus der Universität. Als alleiniger Kom-
manditist übernahm er eine Beteiligung von 100.000 DM. Komplementärin wur-
de die S. Verwaltungs GmbH, deren alleiniger Gesellschafter
ebenfalls der Angeklagte Prof. Dr. F. war. Hintergrund für die Grün-
dung der Kommanditgesellschaft war, dass die Entwicklungen der "M. -
Forschungsgruppe" kommerziell verwertet und vermarktet werden sollten. Der
Angeklagte Dr. K. übernahm ab dem 1. Oktober 1997 die Stellung als allei-
niger Geschäftsführer der S. Verwaltungs GmbH.
Gegenstand der zugelassenen Anklage waren zum einen – soweit in der
Revisionsinstanz noch von Interesse – zwei Förderprojekte des Landes Nord-
rhein-Westfalen zugunsten der S. KG, die hinsichtlich aller Projekte Un-
teraufträge an die Universität vergeben hat, und zum anderen zwei
weitere Förderprojekte, in welchen die Universität Fördermittel erhalten und ih-
rerseits Unteraufträge an die S. KG erteilt hat. Die Anklage hat den Ange-
klagten zur Last gelegt, dass die Fördermittel, welche die Universität aufgrund
der abgeschlossenen Fremdleistungsverträge mit der S. KG erhalten
hat, (größtenteils) nicht projektbezogen verwendet worden seien. Im Hinblick
auf die Förderprojekte des Bundes zugunsten der Universität seien Entwick-
lungsleistungen der S. KG abgerechnet worden, denen kein entsprechen-
der Personal- oder Arbeitsaufwand zugrunde gelegen habe.
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2. Zu diesen in der Anklage als Subventionsbetrug bzw. Beihilfe hierzu
gewerteten Vorwürfen hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
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a) Tatkomplex IV. 1. b. der Urteilsgründe – TPW – Multimediale mathe-
matisch-technische Arbeitsumgebung für Ingenieure, Mathematiker und Natur-
wissenschaftler basierend auf einem mathematisch-technischen Expertensys-
tem
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Bei dieser Fördermaßnahme handelt es sich um eine Zuwendung des
Landes Nordrhein-Westfalen an die S. KG im Rahmen des Technologie-
programms Wirtschaft (TPW NW). Nach dem Zuwendungsbescheid des Minis-
teriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 19. De-
zember 1997 wurde das Projekt in Höhe von 684.159 DM gefördert. Der mehr-
fach verlängerte Bewilligungszeitraum endete am 31. Dezember 2002. Die Uni-
versität wurde aufgrund von drei Fremdleistungsverträgen mit der
S. KG tätig.
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aa) Tatkomplex IV. 1. b. aa: Namensräume für Computer-Algebra-
Systeme mit lexikalischer Variabelenbildung (Kennwort: TPW)
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Zunächst wurde am 1. Dezember 2000 ein Vertrag – unterzeichnet vom
Angeklagten Dr. K. und vom Zeugen P. in Vertretung der Kanzlerin der
Universität – über die Durchführung des vorgenannten Forschungs-
und Entwicklungsvorhabens abgeschlossen. Die Vergütung aus diesem Vertrag
in Höhe von 125.000 DM ist am 26. Januar 2001 an die Universitätskasse
unter Angabe der Projekt Nr. und des Kennworts "TPW" über-
wiesen worden.
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In dieser Zeit kam es zwischen dem Angeklagten Prof. Dr. F.
und der Universitätsverwaltung zu Unstimmigkeiten über die Verwaltung von
Drittmittelkonten. Die Universitätsverwaltung hatte von Sachmittelkonten des
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- 7 -
Angeklagten pauschale Abbuchungen vorgenommen, um damit andere Projek-
te der Universität zu fördern. Er beschloss deshalb, ihm gewährte Drittmittel
dem Zugriff der Universitätsverwaltung zu entziehen (UA 24) und diese auf ei-
genen Konten selbständig zu verwalten sowie unabhängig von der Kontrolle der
Universität auszugeben. Weiterhin plante er, die Gelder zeitweise auf Festgeld-
konten mit höheren Zinsen einzuzahlen, um die Gelder später für seine For-
schungen an der Universität zu verwenden und die aufgelaufenen Zinsen sei-
nen Universitätsprojekten als Spende zukommen zu lassen. Dieses Vorhaben,
dem der Angeklagte Dr. K. "als Projektförderer" bereits mit Schreiben vom
4. Dezember 2001 zugestimmt hatte, war Gegenstand einer E-Mail des Ange-
klagten Prof. Dr. F. vom 16. Mai 2002 an den Zeugen Sch. , den
zuständigen Dezernenten der Hochschule für die Drittmittelverwaltung. Der An-
geklagte führte aus, dass weder der Hochschule noch dem Projekt durch diese
Handhabung ein Nachteil entstünde, denn das Projekt werde zielstrebig durch
Nutzung von Synergien und auch durch Substitution vorangetrieben. Die Gelder
selbst würden der Hochschule zur Verfügung stehen, sobald das Projekt abge-
schlossen wäre, d. h. die Mittel frei verfügbare Drittmittel wären. Mit Schreiben
vom 29. Mai 2002 erklärte sich der Zeuge Sch. mit der Selbstverwaltung der
Drittmittel einverstanden. Bereits mit Schreiben vom 5. April 2002 an die Kanz-
lerin der Universität hatte der Angeklagte Prof. Dr. F. ausgeführt,
dass die Drittmittel von ihm "als sichere Festgelder/Geldmarktfonds" angelegt
und bei dem schon genau geplanten Bedarf nur über die Hochschulkasse
zweckgebunden verausgabt würden.
bb) Tatkomplex IV. 1. b. bb: hybrides symbolisch-numerisches System
(Kennwort: Hybrid-System)
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- 8 -
Nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer schlossen das Un-
ternehmen S. KG und die Universität am 1. November 2001 einen Ver-
trag über die Durchführung des vorgenannten Forschungs- und Entwicklungs-
vorhabens. Die Vergütung aus diesem Vertrag in Höhe von 120.000 DM
(61.355,03 €) überwies die S. KG am 6. Februar 2002 an den Angeklag-
ten Prof. Dr. F. auf dessen Konto Nr. bei der Sparkasse
.
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cc) Tatkomplex IV. 1. b. cc: hybrides symbolisch-numerisches System II
(Kennwort Hybrid-System II)
12
Über die Durchführung dieses Forschungs- und Entwicklungsvorhabens
wurde am 2. September 2002 ein Fremdleistungsvertrag zwischen der S.
KG und der Universität abgeschlossen. Die Vergütung aus dem Vertrag in Höhe
von 60.000 € wurde am 27. Dezember 2002 an den Angeklagten Prof. Dr.
F. auf dessen vorgenanntes Sparkassenkonto überwiesen.
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Nach den aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge getroffenen Feststel-
lungen sind die aus den Verträgen "Hybrid-System" und "Hybrid-System II"
stammenden Gelder in den Jahren 2002 und 2003 zunächst in vollem Umfang
zum Kauf von Wertpapieren bei der D. bank verwendet worden, die zum 30.
Dezember 2004 wieder verkauft wurden. Der aus dem Verkauf resultierende
Erlös von 124.144,92 € wurde auf ein Festgeldkonto des Angeklagten Prof. Dr.
F. mit der Nr. bei der Sparkasse umgebucht.
Am 7. Dezember 2005 überwies der Angeklagte einen Teilbetrag in Höhe von
23.000 € von dort auf sein Sammelkonto Nr. bei der Universität
. Das übrige Festgeldguthaben wurde in den Jahren 2006 und 2007 in
mehreren Teilbeträgen auf das weitere Kontokorrentkonto des Angeklagten bei
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- 9 -
der Sparkasse mit der Nr. umgebucht und von dort – wie-
derum in mehreren Teilbeträgen – auf das oben genannte Sammelkonto des
Angeklagten bei der Universität transferiert.
b) Tatkomplex IV. 1. c. – PSS – mathematisch-technische Expertensys-
teme für Handheld-Computer
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Im Rahmen dieser Fördermaßnahme des Ministerpräsidenten des Lan-
des Nordrhein-Westfalen aus dem Programm "Industrieregionen im Struktur-
wandel" (PSS) erging der Zuwendungsbescheid zugunsten der S. KG am
15. November 2000. Antragsgemäß wurde für den Bewilligungszeitraum vom
1. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2002 eine Anteilsfinanzierung in Höhe von
254.454 DM (130.100,26 €) bewilligt. Im Blick auf dieses Projekt schloss die
S. KG am 1. Dezember 2000 einen Fremdleistungsvertrag mit der Uni-
versität über die Durchführung eines Forschungs- und Entwick-
lungsvorhabens zum Thema "Mathematische Expertensysteme für Handheld-
Computer (Kennwort: InnoCluster)". Als Vergütung war ein Betrag von
193.800 DM vorgesehen, der nach einem Auszahlungsplan in sechs Teilbeträ-
gen auf ein Konto der Universitätskasse überwiesen werden sollte.
Dort sind lediglich zwei Zahlungen von jeweils 24.225 DM eingegangen, und
zwar am 26. Januar und am 26. April 2001. Aus diesem Guthaben wurden kei-
ne Projektausgaben bestritten. Es wurde vielmehr unangetastet auf dem Pro-
jektkonto weitergeführt und schließlich am 26. August 2004 auf das bereits er-
wähnte Sammelkonto des Angeklagten Prof. Dr. F. mit der Nr.
umgebucht. Im Jahr 2005 wurde das Guthaben für Personalausga-
ben verwendet.
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- 10 -
Die weitere aus dem Vertrag "InnoCluster" stammende Vergütung in Hö-
he von insgesamt 145.350 DM (74.316,28 €) ist in drei Teilbeträgen, am 7. Feb-
ruar 2002 in Höhe von 33.415,48 €, am 11. Juli 2002 in Höhe von 28.514,75 €
und am 18. November 2002 in Höhe von 12.386,05 € auf das Konto
Nr. des Angeklagten Prof. Dr. F. bei der Sparkasse
zur Gutschrift gelangt. Von dort wurden auch diese Forschungsmittel
auf das Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität mit der
Nr. transferiert. Insgesamt sind auf diesem Sammelkonto 168.780 €
eingegangen.
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c) Tatkomplexe IV. 2. a. (Projekt "In2Math: Interaktive Mathematik- und
Informatik-Grundausbildung") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit")
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Nach den Feststellungen der Strafkammer zu diesen Tatkomplexen war
die S. KG bei den beiden Förderprojekten "In2Math" und "math-kit" für
die – unmittelbar mit anderen Projektpartnern geförderte – Universität
als Unterauftragnehmerin tätig. Für das Projekt "In2Math" wurden am
17. Januar 2001 491.284 DM bewilligt; für Unteraufträge an die S. KG
wurden – gegenüber im Zuwendungsantrag veranschlagten 157.600 DM –
182.900 DM (93.515,29 €) abgerechnet. Das Projekt "math-kit" wurde am
29. Januar 2001 mit 1.824.468 DM unterstützt (Projektförderung auf Ausgaben-
basis), wobei für Fremdarbeiten auf der Grundlage eines aktualisierten Ange-
bots der S. KG 668.650 DM veranschlagt und von dem Unternehmen
gegenüber der Universität mit zehn Rechnungen über insgesamt
700.053,90 DM (357.931,88 €) abgerechnet wurde. Beide Projekte wurden im
Rahmen des Förderprogramms "Neue Medien in der Bildung" des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt. Nach den diesem
Programm zugrunde liegenden Richtlinien war Zuwendungszweck die Förde-
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- 11 -
rung von Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und Einführung innovativer und
multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschulen. Mit der Prüfung und
Durchführung der Fördervorhaben beauftragte das BMBF als Projektträger die
Fraunhofer-Gesellschaft e.V., St. Augustin ("In2Math") bzw. das Deutsche Zent-
rum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Bonn ("math-kit"). Der Zeuge N.
betreute beim DLR das Bewilligungsverfahren.
3. a) Hinsichtlich der zwei Förderprojekte des Landes Nordrhein-
Westfalen zugunsten der S. KG hat das Landgericht beide Angeklagte
von dem ursprünglich erhobenen Vorwurf des Subventionsbetruges, den Ange-
klagten Prof. Dr. F. auch vom Vorwurf der Untreue freigesprochen.
Letzterer habe sich nicht dadurch der Untreue schuldig gemacht, dass er die im
Rahmen der Fremdleistungsverträge gezahlten Entgelte nicht unmittelbar für
die Ausführung dieser Unteraufträge verwendet, sondern auf Festgeldkonten
bei der Sparkasse angelegt und erst später wieder dem Universitätshaushalt
zugeführt habe. Zwar habe die Hochschule auch im Tatzeitraum bei Drittmittel-
projekten ein angemessenes Entgelt u.a. für die Inanspruchnahme ihres Perso-
nals verlangen können. Die bei den Projekten "TPW" und "PSS" für das Perso-
nal angefallenen Kosten seien teilweise aus dem Personalkostenetat der Hoch-
schule finanziert worden. Dadurch, dass er es der Hochschule nicht ermöglicht
habe, ein entsprechendes Entgelt einzufordern, könnte der Angeklagte seine
Vermögensbetreuungspflichten verletzt haben. Der Universität sei aber kein
Schaden entstanden. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass man auf Sei-
ten der Universität die von dem Angeklagten auf den Sparkassenkonten "ge-
parkten" Gelder ohnehin nicht als Entgelt für die Tätigkeit der Universitätsmitar-
beiter bei der Abwicklung der Unteraufträge einbehalten hätte. Daher könne
auch nicht festgestellt werden, dass dem Angeklagten Prof. Dr. F. be-
20
- 12 -
wusst gewesen sei, sein Verhalten verstoße möglicherweise gegen seine Pflich-
ten nach dem Hochschulgesetz.
b) Hinsichtlich der Projekte "In2Math" und "math-kit" hat das Landgericht
die Angeklagten von dem ursprünglich gegen sie erhobenen Vorwurf des Sub-
ventionsbetruges bzw. der Beihilfe hierzu sowie vom Vorwurf des Betruges frei-
gesprochen. Durch die Verwendung und Abrechnung von Software, die zumin-
dest teilweise bereits in dem durch das Land Nordrhein-Westfalen geförderten
Projekt "TPW" entwickelt worden sei, hätten sich die Angeklagten insbesondere
nicht des Betruges schuldig gemacht. Zwar sei durch die Angebote der S.
KG im Rahmen des Projektes "math-kit" sowie in den späteren Beschaffungs-
anträgen und den Zwischenverwendungsnachweisen der Eindruck erweckt
worden, dass es sich bei den Leistungen der S. KG um zeitnahe Entwick-
lungen handele, die konkret für dieses Projekt erbracht worden und für die kon-
krete Arbeitsstunden während der Projektlaufzeit angefallen seien. Auch sei bei
den zuständigen Mitarbeitern des DLR ein entsprechender Irrtum entstanden.
Es könne aber schon nicht mit der "entsprechenden" Sicherheit gesagt werden,
dass dieser Irrtum ursächlich für die Förderung des Projekts "math-kit" gewesen
sei. Zudem könne nicht festgestellt werden, dass dem Förderungsgeber ein
Schaden entstanden sei; der Zweck der Förderung, nämlich die Entwicklung
von innovativen Lehr- und Lernkonzepten unter Verwendung moderner Medien,
sei nämlich erreicht worden.
21
II.
Das Urteil hat schon deshalb keinen Bestand, weil es nicht den Anforde-
rungen an ein freisprechendes Urteil nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genügt.
Die Urteilsbegründung muss aus sich heraus verständlich sein (vgl. BGH, Urtei-
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- 13 -
le vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Frei-
spruch 2; vom 26. April 1990 – 4 StR 24/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Frei-
spruch 3 und vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5
Freispruch 10). Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt
sich nicht, welche strafbaren Handlungen dem Angeklagten Prof. Dr.
F. konkret im Zusammenhang mit den beiden Förderprojekten zu-
gunsten der Firma S. KG und den diesbezüglich mit der Universität abge-
schlossenen Fremdleistungsverträgen "TPW", "Hybrid-System", "Hybrid-System
II" und "InnoCluster" vorgeworfen werden. Zu dem Vertrag "TPW" führt das
Landgericht lediglich aus, dass die Vergütung am 26. Januar 2001 an die Uni-
versitätskasse überwiesen worden sei. Feststellungen dahingehend,
ob diese Forschungsmittel überhaupt projektbezogen eingesetzt wurden, wer-
den dagegen nicht getroffen. In Bezug auf den Fremdleistungsvertrag "InnoC-
luster" stellt die Strafkammer zwar noch fest, dass die an die Universitätskasse
geleisteten Teilzahlungen in Höhe von 48.450 DM nicht projektrelevant einge-
setzt wurden. Im Rahmen der Beweiswürdigung stützt der Tatrichter die mögli-
che Untreuehandlung des Angeklagten aber nur darauf, dass er die erzielten
Entgelte nicht unmittelbar für die Ausführung der Unteraufträge verwendet,
sondern auf Festgeldkonten bei der Sparkasse angelegt und erst später wieder
dem Universitätshaushalt zugeführt habe. Es bleibt somit unklar, ob das Land-
gericht auch hinsichtlich der von der S. KG an die Universitätskasse ge-
leisteten Zahlungen eine Untreuehandlung überhaupt in Erwägung gezogen
hat.
Zudem wird die Urteilsbegründung den Anforderungen an eine zusam-
menhängende Wiedergabe der Einlassung der Angeklagten und deren Würdi-
gung unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerecht. Im Rahmen der er-
forderlichen Beweiswürdigung muss das Landgericht von der Einlassung des
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- 14 -
Angeklagten ausgehen und diese so vollständig und genau wiedergeben, wie
es erforderlich ist, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob der Tatrichter
unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu Recht die Einlassung als
unwiderlegbar seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom
4. Juli 1991 – 4 StR 233/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7). Es bedarf
somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens
der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um diese einer
umfassenden Würdigung unterziehen zu können (BGH, Urteile vom 17. Mai
1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4 und vom 10. Au-
gust 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10; BGH, Be-
schluss vom 24. August 1990 – 3 StR 311/90). Das Landgericht teilt die Einlas-
sungen der Angeklagten jedoch lediglich bruchstückhaft und verstreut über ver-
schiedene Abschnitte der Urteilsbegründung mit. So hat es etwa in Bezug auf
die Förderprojekte zugunsten der S. KG lediglich angegeben, dass die
Feststellungen zu den Finanztransaktionen auch auf den Angaben des Ange-
klagten Prof. Dr. F. beruhten. Des Weiteren führt es aus, dass nach
den unwiderlegbaren Angaben dieses Angeklagten die insoweit angefallenen
Personalkosten teilweise aus dem Personalkostenetat der Hochschule und im
Übrigen aus freien Drittmitteln aufgebracht worden seien. Auch die Feststellung,
dass die in den Projekten "In2Math" und "math-kit" durch die S. KG in
Rechnung gestellten Entwicklungskosten teilweise nicht direkte Arbeiten im
Rahmen dieser Projekte, sondern eine Lieferung von Software beträfen, die in
dem Projekt "TPW" entwickelt worden sei, würden auf den eigenen Einlassun-
gen der Angeklagten beruhen. Zwar ist die Mitteilung der Einlassung des Ange-
klagten kein Selbstzweck, sondern dient vielmehr dazu, dem Revisionsgericht
die Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung auf Rechtsfehler zu er-
möglichen (BGH, Urteil vom 1. April 1992 – 2 StR 614/91, BGHR StPO § 267
Abs. 5 Freispruch 8). Hier fehlt es aber nicht nur an einer zusammenhängenden
- 15 -
Wiedergabe der Einlassungen der Angeklagten, sondern es werden nicht ein-
mal deren wesentliche Grundzüge mitgeteilt.
III.
Das angefochtene Urteil begegnet auch im Weiteren durchgreifenden
rechtlichen Bedenken.
24
1. Soweit das Landgericht in den Tatkomplexen IV. 1. b. bb. (Vertrag
"Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II") und IV. 1. c. (Vertrag
"InnoCluster") eine Strafbarkeit des Angeklagten Prof. Dr. F. wegen
Untreue verneint hat, hält bereits die Beweiswürdigung des Landgerichts recht-
licher Nachprüfung nicht stand.
25
a) Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters.
Sie ist aber rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche
Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen
nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze
oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung
erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st.
Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 31. März 1999 – 5 StR 689/98, BGHR StPO
§ 261 Überzeugungsbildung 33; vom 30. März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR
2004, 238 f. und vom 7. Januar 2010 – 4 StR 413/09, NStZ 2010, 407, 408).
Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen
unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzu-
setzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Be-
weiswürdigung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist
rechtsfehlerhaft (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – 1 StR 247/09).
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b) Nach diesen Grundsätzen kann das Urteil in den Tatkomplexen IV. 1.
b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II") und
IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") keinen Bestand haben. Die Beweiswürdigung
des Landgerichts erweist sich als lückenhaft, da wesentliche Umstände, die für
eine Untreue des Angeklagten Prof. Dr. F. sprechen könnten, nicht
erörtert werden. Betrachtet man die Beträge, die für die drei genannten Fremd-
leistungsverträge zunächst auf Konten dieses Angeklagten bei der Sparkasse
gelangt sind, so ergibt sich zwischen diesen Beträgen in Höhe von 61.355,03 €
("Hybrid-System"), von 60.000 € ("Hybrid-System II") bzw. von 74.316,28 €
("InnoCluster") und dem auf das Sammelkonto des Angeklagten bei der Univer-
sität im Jahr 2006 insgesamt überwiesenen Geldbetrag in Höhe von 168.780 €
(einschließlich des bereits am 7. Dezember 2005 dorthin überwiesenen Betra-
ges von 23.000 € und der am 27. Februar 2007 erfolgten Schlusszahlung von
1.000 €) ein Differenzbetrag von 26.891,31 €. Auf diesen Differenzbetrag geht
die Strafkammer in der Beweiswürdigung nicht ein, obwohl hinsichtlich dieser
Tatkomplexe eine mögliche Untreuehandlung auch darin bestehen könnte, dass
hoheitliche Mittel für private Zwecke verwendet worden sein könnten (vgl. BGH,
Urteil vom 27. Juli 1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881;
MünchKomm/StGB/Dierlamm § 266 Rn. 220).
27
2. Soweit das Landgericht bei den Förderprojekten zugunsten der S.
KG nur darauf abgestellt hat, dass ein Untreueschaden nicht darin zu sehen
ist, dass die Universität kein Entgelt für die Durchführung der Drittmittelprojekte
unter Inanspruchnahme ihres Personals und ihrer Sachmittel erhalten hat, be-
gegnet dies ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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a) Das Landgericht hat insoweit den Regelungsgehalt des zur Tatzeit
geltenden § 101 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-
29
- 17 -
Westfalen (HG NRW) vom 14. März 2000 (GV. NRW. 2000, S. 190) nicht hin-
reichend berücksichtigt. Nach § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 (entspricht dem gel-
tenden § 71 Abs. 6 HG NRW) stehen finanzielle Erträge der Hochschule aus
(drittmittelfinanzierten) Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchge-
führt werden, insbesondere aus Einnahmen, die der Hochschule als Entgelt für
die Inanspruchnahme von Personal, Sachmitteln und Einrichtungen zufließen,
der Hochschule für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Die als zwin-
gende Regelung formulierte Norm hat vor allem den Sinn klarzustellen, dass
finanzielle Erträge oder auch "freie" Drittmittelreste weder dem Drittmittelgeber
noch dem Drittmittelforscher zufließen, sondern der Hochschule haushaltsrecht-
lich verbleiben (vgl. Detmer in Leuze/Epping Gesetz über die Hochschulen des
Landes Nordrhein-Westfalen § 71 Rn. 184 [Stand: Oktober 2008]; Reich Hoch-
schulrahmengesetz mit Wissenschaftszeitvertragsgesetz, 10. Aufl., § 25 Rn.
18). Erfasst sind Erträgnisse aus der Forschung ganz allgemein (Löwer in
Hailbronner/Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern § 25 Rn. 83 [Stand:
September 2004]). Ein Vermögensschaden könnte daher auch darin liegen,
dass noch nahezu vollständig vorhandene und damit "freie" Drittmittel nicht dem
Haushalt der Universität nach Abschluss der Projekte zugeführt wurden.
b) Der neue Tatrichter wird deshalb bei der Prüfung des § 266 StGB ins-
besondere Folgendes zu beachten haben:
30
aa) Der Angeklagte Prof. Dr. F. als Lehrstuhlinhaber hat auf
der Grundlage der bisherigen Feststellungen seine Vermögensbetreuungspflicht
(vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881) verletzt,
indem er es unterlassen hat, der Hochschule gegenüber die nach Abschluss
der jeweiligen Projekte noch verbleibenden Drittmittel zu offenbaren. Nach dem
Regelungsgehalt des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 gehörte es zum Kernbereich
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- 18 -
der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten, der Universität bislang un-
bekannte, ihr zustehende Vermögenswerte offenzulegen (vgl. auch BGH, Urteil
vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 333 f.).
bb) Ein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis der Treu-
geberin, welche eine Pflichtwidrigkeit hätte ausschließen können (vgl. BGH,
Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09), hat das Landgericht nicht festge-
stellt. Freilich hat der Zeuge Sch. , der zuständige Dezernent für die Drittmit-
telverwaltung, angegeben, dass es häufiger vorgekommen sei, dass nach Be-
endigung von Projekten auf den jeweiligen Drittmittelkonten noch größere
Geldbeträge vorhanden gewesen seien, die von der Universität nicht verein-
nahmt, sondern auf das Sammelkonto des jeweiligen Professors umgebucht
worden seien. Auch der Zeuge V. , ein Sachbearbeiter in der Drittmittelverwal-
tung, hat bekundet, dass die auf dem Drittmittelkonto verbliebenen ersparten
Aufwendungen dem jeweiligen Professor als freie Drittmittel auf seinem Sam-
melkonto zur Verfügung gestellt worden seien.
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Abgesehen davon, dass sich gerade auch vor dem Hintergrund des
zwingenden Charakters des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 dem Urteil nicht ent-
nehmen lässt, wer in der Universität für derartige Entscheidungen
über den Verbleib nicht verbrauchter Drittmittel zuständig war (vgl. §§ 18 ff. HG
NRW 2000) und ob solche getroffen wurden, setzt eine solche Handhabung in
jedem Fall die Kenntnis der zuständigen Stelle voraus, dass freie Drittmittel vor-
handen sind. Dies ist im Hinblick auf die Forschungsmittel, die auf den privaten
Sparkassenkonten des Angeklagten Prof. Dr. F. eingegangen sind,
jedenfalls nicht hinreichend belegt. In diesem Zusammenhang ist die E-Mail des
Angeklagten vom 16. Mai 2002 an den Zeugen Sch. von Bedeutung, mit wel-
cher er die Selbstverwaltung der Drittmittel beantragte und insoweit zusicherte,
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dass die Gelder der Hochschule als frei verfügbare Drittmittel zur Verfügung
stünden, sobald das Projekt abgeschlossen sei. Der Angeklagte kündigte somit
eine projektbezogene Verwendung der Drittmittel an. Auch verhält sich das Ur-
teil nicht dazu, für welche der verschiedenen Fremdleistungsverträge er eine
Selbstverwaltung der Drittmittel gemäß dem – auf das jeweilige Projekt bezo-
genen – § 101 Abs. 4 Satz 4 HG NRW 2000 beantragt hatte, so dass nach den
Feststellungen bereits fraglich bleibt, in welchem Umfang die Universität über-
haupt Kenntnis vom Eingang der Fördergelder auf Privatkonten des Angeklag-
ten hatte. Des Weiteren ist hinsichtlich einer Kenntnis der zuständigen Organe
der Universität zu bedenken, dass bereits vor der Entscheidung über die
Selbstverwaltung der Drittmittel am 29. Mai 2002 ein Geldtransfer auf die Pri-
vatkonten stattgefunden hat. So sind am 6. und 7. Februar 2002 Vergütungen
aus den Verträgen "Hybrid-System" und "InnoCluster" auf Privatkonten des An-
geklagten gutgeschrieben worden. Die Universität hatte auch durchaus ein ma-
terielles Interesse an den Drittmitteln; sie hatte nämlich von Sachmittelkonten
des Angeklagten pauschale Abbuchungen vorgenommen, um andere Projekte
der Universität zu fördern. Dieses Vorgehen war Auslöser für den Entschluss
des Angeklagten, ihm gewährte Drittmittel dem Zugriff der Universitätsverwal-
tung zu entziehen (UA 24). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nach den
Feststellungen zu den Fremdleistungsverträgen "Hybrid-System", "Hybrid-
System II" und "InnoCluster" sämtliche Forschungsmittel nicht projektrelevant
verwendet wurden, auch soweit ein Teilbetrag von der S. KG an die Uni-
versitätskasse gezahlt wurde. Es geht also nicht darum, dass noch Drittmittel
nach Projektabschluss vorhanden sind, sondern es standen sämtliche For-
schungsmittel weiterhin zur Verfügung.
cc) Durch das Nichtoffenbaren der (vollständig) vorhandenen Drittmittel
ist der Universität auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ein
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Vermögensnachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB entstanden. Diese konnte
auf ihr gemäß § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 zustehende Vermögenswerte kei-
nen Zugriff nehmen, da sie keine Kenntnis von diesen Geldmitteln hatte. Der
Angeklagte hielt insoweit auch nicht eigenes Vermögen zum Einsatz bereit,
sondern verheimlichte gegenüber der Universität jedenfalls über einen erhebli-
chen Zeitraum Geldvermögen, um dieses nach Maßgabe eigener Zweckmäßig-
keitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für mögli-
cherweise nützliche Zwecke einzusetzen. Die eventuelle Rückführung der ent-
zogenen Mittel ist allenfalls eine Schadenswiedergutmachung (vgl. BGH, Urteil
vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff.; bestätigt durch
BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08; BGH, Urteil vom
27. August 2010 – 2 StR 111/09).
dd) Vor diesem rechtlichen Hintergrund wird auch der subjektive Tatbe-
stand neu zu bewerten sein.
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3. Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Tatkomplexen IV. 2. a.
(Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit") der Urteilsgründe vom Vor-
wurf des Betruges freigesprochen hat, leidet das Urteil ebenfalls an durchgrei-
fenden Rechtsfehlern.
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a) Das Landgericht hat im Hinblick auf das Projekt "math-kit" zwar ange-
nommen, dass "durch die Angebote der Firma S. im Rahmen des Pro-
jekts … sowie in den späteren Beschaffungsanträgen und den Zwischenver-
wendungsnachweisen der Eindruck erweckt worden (ist), dass es sich bei den
Leistungen der Firma S. um zeitnahe Entwicklungen handelte, die kon-
kret für dieses Projekt erbracht worden sind und für die konkrete Arbeitsstunden
während der Projektlaufzeit angefallen sind"; der Zeuge Dr. So. hatte auf
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Anweisung des Angeklagten Dr. K. die Entwicklungskosten für das Angebot
aufgeschlüsselt. Das Tatgericht hat sodann aber einen zu strengen Maßstab
hinsichtlich der Kausalität des Irrtums für die getroffene Vermögensverfügung
angelegt. Es hat mit rechtsfehlerhafter, jedenfalls unklarer Begründung den An-
gaben des Zeugen N. als Betreuer des Bewilligungsverfahrens die
ihnen zukommende rechtliche Bedeutung abgesprochen. Dieser Zeuge hat be-
kundet, dass von seiner Seite das Projekt nicht befürwortet worden wäre, wenn
er gewusst hätte, dass in größerem Maße bereits vorhandene oder von dritter
Seite noch zu erstellende Standardsoftware verwendet worden wäre. Der Zeu-
ge L. hat dagegen zwar die Zuwendungsbescheide unterzeichnet, da-
bei aber keine eigene detaillierte Prüfung der in Rede stehenden Punkte vorge-
nommen, sondern seine Unterschrift nach der Empfehlung des DLR und einer
Diskussion im Beirat im BMBF geleistet. Auch wenn erst die letzte Verfügung
durch den Zeugen L. die Vermögensminderung ermöglichte, war diese
eine zwingende bzw. wirtschaftliche Folge des durch die Täuschung beim Zeu-
gen N. hervorgerufenen Irrtums (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991
– 2 StR 421/90, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29).
Ebenso hält die Begründung, mit der die Strafkammer im Tatkomplex
"math-kit" einen Vermögensschaden verneint hat, rechtlicher Nachprüfung nicht
stand. Liegt ein zweckwidriger Einsatz öffentlicher Mittel vor, so kann darin be-
reits ein Schaden liegen, weil die zweckgebundenen Mittel verringert wurden,
ohne dass der Zweck erreicht wurde (BGH, Urteile vom 4. November 1997
- 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 297 f. und vom 14. Dezember 2000 – 5 StR
123/00, NStZ 2001, 248, 251; vgl. auch Wagner NStZ 2003, 543). Das Projekt
"math-kit" wurde nach den Feststellungen im Rahmen des Förderprogramms
des BMBF "Neue Medien in der Bildung" durchgeführt. Diesem Programm lag
eine Bekanntmachung des BMBF vom 27. März 2000 zugrunde, wonach Zu-
wendungszweck die Förderung von Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und
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Einführung innovativer und multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschu-
len war. Der Einkauf von bereits vorhandener und damit entwickelter Software
verwirklicht dagegen diesen Förderzweck nicht; der Erwerb von zur Durchfüh-
rung des Projekts erforderlichen Betriebsmitteln ist ein der Zweckerreichung
vorgelagerter Vorgang. Die Strafkammer stellt zwar darauf ab, dass die Zweck-
erreichung eingetreten sei, da das Projekt erfolgreich durchgeführt worden sei
und noch heute von verschiedenen Universitäten angewendet werde. Insoweit
hat sie bei der Schadensprüfung aber auf den falschen Zeitpunkt abgestellt.
Maßgebend war der Zeitpunkt, zu dem die Gelder beim Zuwendungsempfänger
bzw. bei der S. KG eingegangen sind (vgl. BGH, Urteile vom 21. Oktober
1994 - 2 StR 328/94, BGHSt 40, 287, 298 und vom 14. Dezember 2000 – 5 StR
123/00, NStZ 2001, 248, 251). Der Umstand, dass das Projekt letztendlich als
erfolgreich durchgeführt zu bewerten sein mag, hat demgegenüber allenfalls für
die Strafzumessung Bedeutung. Außerdem könnte ein Schaden auch darin lie-
gen, dass die bereits vorhandene Software überbezahlt worden ist.
Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das
Landgericht eine vorsätzliche Täuschung der zuständigen Mitarbeiter des DLR
durch den Angeklagten Prof. Dr. F. über seine weitere Mitarbeit in
diesem Projekt rechtsfehlerfrei verneint hat.
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b) Für den Freispruch vom Vorwurf des Betruges im Komplex "In2Math"
gibt die Strafkammer keine Begründung; daher entbehrt das Urteil insoweit der
erforderlichen Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit (vgl. oben II.).
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IV.
Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird gegebenenfalls
auch die Frage der Verjährung anhand der nach den Rechtsausführungen des
Senats neu zu treffenden Feststellungen einer erneuten Prüfung zu unterziehen
haben.
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Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Bender