Urteil des BGH vom 08.11.2000

BGH (beschwerde, antragsteller, elterliche sorge, gutachten, sache, sorgerecht, empfehlung, zpo, annahme, privatgutachten)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 9/00
vom
8. November 2000
in der Familiensache
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2000 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber,
Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz
beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß
des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für
Familiensachen vom 29. November 1999 im Kostenpunkt und in-
soweit aufgehoben, als die Beschwerde des Antragstellers gegen
das Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 21. Juni
1999 als unzulässig verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Beschwerdege-
richt zur weiteren Behandlung und Entscheidung - auch über die
Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde - zurückgege-
ben.
Beschwerdewert: 1.500 DM.
Gründe:
I.
Durch Verbundurteil vom 21. Juni 1999 hat das Familiengericht die Ehe
der Parteien geschieden, die elterliche Sorge für die beiden aus der Ehe her-
vorgegangenen Kinder der Parteien der Antragsgegnerin übertragen und den
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Umgang des Antragstellers mit den Kindern dahin geregelt, daß der Antrag-
steller berechtigt ist, mit ihnen an jedem dritten Samstag eines Monats in der
Zeit von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr zusammen zu sein.
Gegen die Entscheidung zum Sorgerecht und zum Umgangsrecht hat
der Antragsteller fristgerecht Beschwerde eingelegt. Durch den angefochtenen
Beschluß hat das Oberlandesgericht die Beschwerde als unbegründet zurück-
gewiesen, soweit sie sich gegen die Entscheidung zum Sorgerecht richtet. So-
weit sie sich gegen die Entscheidung zum Umgangsrecht richtet, hat es die
Beschwerde als unzulässig verworfen.
Mit der weiteren Beschwerde will der Antragsteller erreichen, daß der
angefochtene Beschluß, soweit er die Umgangsregelung betrifft, aufgehoben
und ihm - dem Antragsteller - ein weitergehendes Umgangsrecht eingeräumt
wird.
II.
Die weitere Beschwerde ist nach § 621 e Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft
und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesge-
richt hat die Beschwerde des Antragstellers, soweit sie sich gegen die Ent-
scheidung des Familiengerichts zum Umgangsrecht richtet, zu Unrecht als un-
zulässig verworfen. Die Sache muß an das Beschwerdegericht zurückgegeben
werden, damit es bezüglich des Umgangsrechts die notwendigen tatsächlichen
Feststellungen treffen und in der Sache entscheiden kann.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Beschwerdebegründung des
Antragstellers entspreche, soweit das Umgangsrecht betroffen sei, nicht den
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gesetzlichen Anforderungen. Nach § 621 e Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 519 Abs. 1
ZPO müsse die Beschwerde begründet werden. Der Beschwerdeführer müsse
darstellen, warum er sich durch die Entscheidung beschwert fühle, was er an
ihr mißbillige. Der Antragsteller habe zwar aufgezeigt, welche Änderung er be-
züglich des Umgangsrechts mit seinem Rechtsmittel erreichen wolle. Er habe
aber nicht vorgetragen, weshalb die ergangene Entscheidung seiner Ansicht
nach nicht gerechtfertigt sei und aufgehoben werden müsse. Diese Ausführun-
gen des Beschwerdegerichts halten, wie die weitere Beschwerde zu Recht
geltend macht, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Richtig ist zwar, daß der Beschwerdeführer - und sei es auch nur in
kurzer Form - in der Beschwerdebegründung ausführen muß, was er an der
angefochtenen Entscheidung mißbilligt (Senatsbeschluß vom 18. Dezember
1991 - XII ZB 128/91 - FamRZ 1992, 538 m.N.). Entgegen der Annahme des
Berufungsgerichts wird die von dem Antragsteller eingereichte Beschwerdebe-
gründung aber auch bezüglich der Entscheidung zum Umgangsrecht diesen
Anforderungen gerecht.
Das Familiengericht hat sowohl seine Entscheidung zum Sorgerecht als
auch seine Entscheidung zum Umgangsrecht gestützt auf ein Gutachten des
Diplompsychologen H.. Der Antragsteller hat sich in seiner sieben Seiten um-
fassenden Beschwerdebegründung ausführlich mit diesem Gutachten ausein-
andergesetzt und die Ansicht vertreten, es sei unbrauchbar und das Familien-
gericht habe es nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen dürfen. Um
diese Ansicht zu stützen, hat er ein von ihm eingeholtes Privatgutachten des
Diplompsychologen Prof. Dr. K. vorgelegt, das eine kritische Stellungnahme zu
dem Sachverständigengutachten H. enthält. Der Antragsteller hat ausdrücklich
beantragt, ein neues Sachverständigengutachten einzuholen.
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Zwar befaßt sich die Beschwerdebegründung mit dem eingeholten Gut-
achten innerhalb ihrer Angriffe gegen die Sorgerechtsentscheidung. Sie läßt
aber eindeutig erkennen, daß diese Angriffe gegen das Gutachten ebenso von
Bedeutung sind für den Angriff gegen die Entscheidung zum Umgangsrecht.
Die weitere Beschwerde weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin,
daß es am Ende der Beschwerdebegründung ausdrücklich heißt, "durch die
Empfehlung des unqualifizierten Gutachters" und die Übernahme dieser Emp-
fehlung durch das Erstgericht sei das Umgangsrecht des Antragstellers "auf
einmal monatlich für wenige Stunden zusammengeschrumpft" und für Ferien-
zeiten gänzlich ausgeschlossen worden. Der Antragsteller hat damit klarge-
stellt, daß er die Entscheidung des Familiengerichts zum Umgangsrecht des-
halb mißbilligt, weil das Familiengericht seiner Entscheidung ein unzutreffen-
des Gutachten zugrunde gelegt und ihm - dem Antragsteller - nur deshalb le-
diglich ein unüblich eingeschränktes Umgangsrecht zugebilligt habe. Diese
Ausführungen erfüllen die an eine Rechtsmittelbegründung zu stellenden An-
forderungen.
Blumenröhr Krohn Gerber
Weber-Monecke Wagenitz