Urteil des BGH vom 18.01.2005

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 17/04
Verkündet am:
18. Januar 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_________________
VerbrKrG a.F. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. e und f, § 4 Abs. 2 Satz 2, § 6
Abs. 2 Satz 3;
PreisangabenVO § 4 Abs. 3 Nr. 5 a.F.
a) Prämien für eine Kapitallebensversicherung, die der Tilgung eines endfälligen
Darlehens dienen soll, sind bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses
des Kredits im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. gemäß § 4 Abs. 3
Nr. 5 Preisangabenverordnung a.F. nicht zu berücksichtigen.
b) Ist eine Kapitallebensversicherung mit einem Darlehensvertrag in der Weise
verbunden, daß die Versicherungssumme der Kapitallebensversicherung der
Tilgung des endfälligen Darlehens dienen soll, hat der Darlehensnehmer aus
§ 6 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG a.F. gegen den Darlehensgeber weder einen An-
spruch auf Erstattung bereits gezahlter Lebensversicherungsprämien noch ei-
nen Freistellungsanspruch hinsichtlich zukünftig fällig werdender Lebensversi-
cherungsprämien, wenn die Höhe der Prämien für die Kapitallebensversiche-
rung nicht als Kosten einer sonstigen Versicherung im Darlehensvertrag ange-
geben ist.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 - XI ZR 17/04 - KG Berlin
LG Berlin
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 18. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und
die
Richter
Dr. Müller,
Dr. Wassermann,
Dr. Appl
und
Dr. Ellenberger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des
Kammergerichts vom 9. Dezember 2003 wird auf Ko-
sten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstrek-
kung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender
Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger und seine Ehefrau wurden Anfang 1996 von der beklag-
ten Bank über die Aufnahme eines Darlehens zur Begleichung von
Pflichtteilsansprüchen beraten. Mit Schreiben vom 22. März 1996 über-
sandte die Beklagte dem Kläger einen "Finanzierungsvergleich als Mo-
dellrechnung", in dem die Konditionen, die Kosten und der Verlauf eines
Annuitätendarlehens sowie eines mit einer Kapitallebensversicherung
verbundenen Festdarlehens in Höhe von jeweils 300.000 DM über eine
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Laufzeit von 15 Jahren dargestellt waren. Am 13. Mai 1996 nahmen der
Kläger und seine Ehefrau bei der Beklagten ein endfälliges, mit Hilfe ei-
ner anzusparenden Kapitallebensversicherung zu tilgendes Darlehen
über 300.000 DM zu 6,75% Zinsen fest für zehn Jahre auf. Der anfängli-
che effektive Jahreszins gemäß Preisangabenverordnung war mit 7,11%
angegeben.
Vereinbarungsgemäß schloß der Kläger eine Kapitallebensversi-
cherung über 208.222 DM mit einer Jahresprämie von 11.533 DM und
einem vorgesehenen Ablauf am 1. Juni 2011 ab, trat die Rechte daraus
an die Beklagte ab, bestellte ihr eine Grundschuld über 300.000 DM,
übernahm dafür die persönliche Haftung und unterwarf sich der soforti-
gen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
Nach erfolglosen Zahlungsaufforderungen kündigte die Beklagte
das vereinbarungsgemäß ausgezahlte Darlehen mit Schreiben vom
3. September 2001 wegen rückständiger Zinsraten fristlos und beantrag-
te alsdann die Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks.
Mit seiner Vollstreckungsgegenklage macht der Kläger geltend, die
Beklagte könne Zinsen nur in geringerer als der vereinbarten Höhe ver-
langen, da der anfängliche effektive Jahreszins mit 7,11% zu niedrig an-
gegeben worden sei. In den anfänglichen effektiven Jahreszins seien
auch die von ihm für die Kapitallebensversicherung zu zahlenden Versi-
cherungsprämien einzurechnen. Jedenfalls hätten die Prämien im Darle-
hensvertrag angegeben werden müssen. Darüber hinaus stehe ihm ein
Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß zu, da die
Beklagte ihn über die Nachteile des mit einer Kapitallebensversicherung
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gekoppelten tilgungsfreien Festdarlehens nicht hinreichend aufgeklärt
habe.
Das Landgericht hat die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beru-
fungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
wesentlichen ausgeführt:
Der im Vertrag ausgewiesene Effektivzinssatz sei ohne Verstoß
gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 e VerbrKrG a.F. ermittelt worden. Versi-
cherungsprämien für eine zum Zweck der späteren Tilgung des Darle-
hens abgeschlossene Kapitallebensversicherung seien in die Berech-
nung des Effektivzinssatzes nicht einzubeziehen. Es handele sich dabei
nicht um echte Kreditkosten, sondern um Leistungen mit tilgungserset-
zendem Charakter, die bei der Berechnung des Effektivzinses nicht zu
berücksichtigen seien. § 4 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. verweise für des-
sen Berechnung auf den früheren § 4 der Preisangabenverordnung. Ge-
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mäß § 4 Abs. 3 Nr. 5 Preisangabenverordnung a.F. seien Kosten für
Versicherungen mit Ausnahme solcher für den Fall des Todes, der Inva-
lidität, Krankheit oder Arbeitslosigkeit abgeschlossenen nicht in die Be-
rechnung des Effektivzinssatzes einzubeziehen. Nach den dazu im De-
zember 1992 erlassenen Ausführungshinweisen seien Prämien einer Ka-
pitallebensversicherung, die der späteren Tilgung des Kredits diene,
nicht in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einzubeziehen. Dies
habe der Verordnungsgeber in der amtlichen Begründung zur Verord-
nung zur Änderung der Preisangabenverordnung und der Fertigpak-
kungsverordnung nochmals ausdrücklich klargestellt. Dem Schutzzweck,
dem Kunden einen Überblick über die auf ihn zukommenden Kosten der
Darlehensaufnahme zu verschaffen, werde durch die Angabepflicht nach
§ 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 f VerbrKrG a.F., der sich auch auf die Kosten ei-
ner Kapitallebensversicherung beziehe, ausreichend Rechnung getra-
gen. Auch eine teilweise Berücksichtigung der in den Prämien enthalte-
nen Risikoanteile bei der Effektivzinsberechnung komme nicht in Be-
tracht. Die Nichtberücksichtigung verstoße auch nicht gegen Art. 1
Abs. 2 Buchst. b der Verbraucherkreditrichtlinie vom 22. Dezember 1986
und Art. 1 a Abs. 1 der Änderungsrichtlinie vom 22. Februar 1990. Unter
dem Begriff der "Gesamtkosten des Kredits" im Sinne des Art. 1 Abs. 2
Buchst. d der Verbraucherkreditrichtlinie fielen keine Leistungen auf eine
zum Zwecke der Tilgung abgeschlossene Kapitallebensversicherung.
Zwar fehle es an einer Angabe der Versicherungsprämien im Dar-
lehensvertrag als Kosten einer Restschuld- oder sonstigen Versicherung.
Ein etwaiger Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. f VerbrKrG
a.F. führe nach § 6 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG a.F. nur dazu, daß nicht an-
gegebene Kosten nicht geschuldet seien. Dies betreffe aber nur Kosten,
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die dem Kreditgeber selbst geschuldet seien, und führe nicht zu einem
Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Freistellung von den Prä-
mien der Kapitallebensversicherung.
Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch wegen un-
zureichender Aufklärung bei Abschluß des Darlehensvertrages. Er habe
nicht schlüssig vorgetragen, daß die Verbindung eines Festkredits mit
einer Kapitallebensversicherung für ihn wirtschaftlich ungünstiger gewe-
sen sei. Insbesondere habe er nicht dargetan, daß er seinerzeit ein ver-
gleichbares Annuitätendarlehen bei der Beklagten ebenfalls zu einem
Nominalzinssatz von 6,75% erhalten hätte. Im übrigen liege in dem
Schreiben der Beklagten vom 22. März 1996 eine zunächst ausreichende
Aufklärung des Klägers und es habe ihm oblegen, bei weiterem Aufklä-
rungsbedarf und zur Prüfung weiterer Einzelheiten das angebotene per-
sönliche Beratungsgespräch wahrzunehmen.
II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung in allen
wesentlichen Punkten stand. Ein Anspruch auf Verminderung des ver-
einbarten Zinssatzes wegen zu niedriger Angabe des effektiven Jahres-
zinses steht dem Kläger nicht zu (1.). Er kann sich auch nicht mit Erfolg
darauf berufen, daß die auf die Kapitallebensversicherung zu zahlenden
Prämien im Darlehensvertrag nicht als Kosten einer sonstigen Versiche-
rung angegeben sind (2.). Schließlich steht dem Kläger auch ein Scha-
densersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß nicht zu (3.).
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1. Der von der Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckung vermag
der Kläger einen Anspruch auf Verminderung des vertraglich vereinbar-
ten Zinssatzes aus § 6 Abs. 4 VerbrKrG in der bis zum 30. September
2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) nicht entgegenzusetzen.
Der im Darlehensvertrag mit 7,11% bezifferte anfängliche effektive Jah-
reszins ist nicht zu niedrig angegeben. Bei dessen Berechnung sind die
für die Kapitallebensversicherung zu zahlenden Prämien nicht zu be-
rücksichtigen.
a) Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG a.F. ist der effektive Jahres-
zins die in einem Vomhundertsatz des Nettokreditbetrages anzugebende
Gesamtbelastung pro Jahr. § 4 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. sah vor, daß
sich die Berechnung des effektiven Jahreszinses nach § 4 der Verord-
nung zur Regelung der Preisangaben richtet. § 4 Abs. 3 Nr. 5 Halbs. 1
Preisangabenverordnung in der Fassung der Ersten Verordnung zur Än-
derung der Preisangabenverordnung vom 3. April 1992 (BGBl. I S. 846;
im folgenden: a.F.) ordnet an, daß in die Berechnung des anzugebenden
Vomhundertsatzes die Gesamtkosten des Kredits für den Kreditnehmer
mit Ausnahme der Kosten - unter anderem - für Versicherungen einzube-
ziehen sind. Nach dem Halbs. 2 dieser Vorschrift werden lediglich die
Kosten einer Versicherung einbezogen, die die Rückzahlung an den Dar-
lehensgeber bei Tod, Invalidität, Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Kre-
ditnehmers zum Ziel haben und die der Darlehensgeber zwingend als
Bedingung für die Gewährung des Kredits vorschreibt.
Bei einer Kapitallebensversicherung handelt es sich nicht um eine
solche (Restschuld-)Versicherung, auch wenn eine Risikolebensversi-
cherung als in einer Kapitallebensversicherung mitenthalten gedacht
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werden kann. Eine Kapitallebensversicherung stellt vielmehr im wesentli-
chen einen Ansparvorgang dar, der im Erlebensfalle zur Tilgung des zu-
gleich aufgenommenen Darlehens dienen soll. Die ganz herrschende
Meinung nimmt deshalb an, daß Zahlungen für eine Kapitallebensversi-
cherung bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses nicht zu be-
rücksichtigen sind (OLG Stuttgart, Urteil vom 10. November 2004 - 9 U
124/04, veröffentlicht in Juris; OLG Frankfurt BKR 2002, 271, 272; LG
Bonn ZIP 2004, 2276, 2277; Völker, Preisangabenrecht 2. Aufl. § 6
PAngV Rdn. 72; Gerhard/Langbein, PAngV '93, S. 44; v. Rottenburg, in:
v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. § 4 Rdn. 125;
Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl.
§ 78 Rdn. 28 a; Wimmer/Stöckl-Pukall, Die Preisangabenverordnung der
Banken, S. 41; Sievi FLF 1997, 45, 46; Bohner W M 2001, 2227 f.; a.A.
Boest NJW 1993, 40, 41; Hemmerde/v. Rottenburg W M 1993, 181, 182;
Reifner ZBB 1999, 349, 356 f. und VuR 2002, 367, 372 f.). Diese Auffas-
sung
entspricht
den
Ausführungshinweisen
des
Bund-Länder-
Ausschusses "Preisangaben" zu § 4 PAngV vom 18. Dezember 1992
(GABl. Bad.-Württ. 1993, S. 27 unter 2.2 Buchst. d) und ist vom Bun-
desministerium für Wirtschaft und Technologie anläßlich des Erlasses
der Verordnung zur Änderung der Preisangaben- und der Fertigpak-
kungsverordnung (BR-Drucks. 180/00, S. 28 f.) geteilt worden.
Der Senat schließt sich der ganz herrschenden Meinung an. Nur
sie trägt dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 5 Preisangabenverordnung a.F.
und dem Sinn und Zweck der Kapitallebensversicherung, die der späte-
ren Tilgung des endfälligen Festkredits dient, Rechnung. Die von einem
Teil der Mindermeinung befürwortete Berücksichtigung jedenfalls des in
den Versicherungsprämien enthaltenen Kostenanteils für die Vermittlung
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der Kapitallebensversicherung sowie des Risikoanteils (vgl. Boest
NJW 1993, 40, 41; Reifner ZBB 1999, 349, 356 f.) scheidet schon man-
gels Praktikabilität aus. Diese rein kalkulatorischen Anteile werden von
Lebensversicherungsgesellschaften nicht getrennt ausgewiesen und sind
den kreditgebenden Banken, die bei Abschluß des Kreditvertrages häufig
nicht einmal die Versicherungsgesellschaft kennen, unbekannt. Die An-
nahme, die genannten kalkulatorischen Prämienanteile entsprächen der
Höhe nach der Prämie für eine isolierte Risikolebensversicherung, ist
durch nichts belegt.
b) Mit der Nichtberücksichtigung der Prämien für die Kapitalle-
bensversicherung bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses setzt
sich der Senat nicht etwa in Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, daß
Lebensversicherungsbeiträge nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b
VerbrKrG a.F. bei der Angabe des Gesamtbetrages aller vom Verbrau-
cher für einen durch eine Kapitallebensversicherung zu tilgenden Kredit
zu entrichtenden Teilzahlungen zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 149,
302, 306; Senatsurteile vom 8. Juni 2004 - XI ZR 150/03, W M 2004,
1542, 1543 f., vom 14. September 2004 - XI ZR 11/04, W M 2004, 2306,
2307 f. und vom 19. Oktober 2004 - XI ZR 337/03, W M 2004, 2436,
2437 f.). Daraus folgt nicht, daß Zahlungen auf eine Kapitallebensversi-
cherung auch bei der Ermittlung des effektiven Jahreszinses zu berück-
sichtigen wären, zumal § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG a.F.
bei einem Realkredit - wie hier - nicht anwendbar ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 2
VerbrKrG a.F.). Entgegen der Ansicht der Revision ist auch das Senats-
urteil vom 3. April 1990 (BGHZ 111, 117, 122) für die hier zu entschei-
dende Frage ohne Bedeutung. Das Urteil ist vor Inkrafttreten des Ver-
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braucherkreditgesetzes ergangen und befaßt sich mit der Preisangaben-
verordnung nicht.
c) Die Revision kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die
Prämien für die Kapitallebensversicherung seien als tilgungsersetzende
Leistungen den Kreditraten bei Annuitätendarlehen gleichzustellen, es
handele sich deshalb nicht um Versicherungen im Sinne des § 4 Abs. 3
Nr. 5 Halbs. 1 Preisangabenverordnung a.F.. Diese Erwägung rechtfer-
tigt es nicht, die Prämien entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 4
Abs. 3 Nr. 5 Halbs. 1 Preisangabenverordnung a.F. in die Berechnung
des effektiven Jahreszinses einzubeziehen. Die Revision verkennt au-
ßerdem, daß rechtlich gesehen eine Tilgung des Kredits nicht stattfindet.
Die Lebensversicherungsprämien werden nicht an den Kreditgeber ge-
zahlt und nicht laufend mit dessen Forderungen verrechnet. Vielmehr
stellen die an den Versicherer erfolgenden Zahlungen einen Ansparvor-
gang dar. Ansparleistungen - wie z.B. auch bei Bausparkrediten - sind
jedoch preisangaberechtlich nicht zu berücksichtigen (Staudinger/
Kessal-Wulf, BGB (2004) § 492 Rdn. 83; Vortmann, VerbrKrG § 4
Rdn. 26; Bruchner, aaO), wenn sie nur die Voraussetzung für die Kredit-
gewährung bilden, die Abwicklung des eigentlichen Kredits aber nicht
unmittelbar beeinflussen (so auch die Ausführungshinweise des Bund-
Länder-Ausschusses "Preisangaben" zu § 4 PAngV aaO unter 2.2
Buchst. c sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
BR-Drucks. 180/00 S. 28).
d) Die Nichtberücksichtigung von Prämien für eine Kapitallebens-
versicherung bei der Ermittlung des effektiven Jahreszinses verstößt
entgegen der Auffassung der Revision auch nicht gegen die Richtlinie
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87/102 EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungs-
vorschriften der Mitgliedsstaaten vom 22. Dezember 1986 (ABl.
EG 1987, L Nr. 42 S. 48) i.d.F. der Änderungsrichtlinie 90/88/EWG des
Rates vom 22. Februar 1990 (ABl. EG L Nr. 61, S. 14). Art. 4 Abs. 2 der
Verbraucherkreditrichtlinie, der die Angabe des effektiven Jahreszinses
vorschreibt, findet nämlich nach deren Art. 2 Abs. 3 auf durch Grund-
pfandrechte gesicherte Kreditverträge keine Anwendung.
2. Der Kläger kann sich der Zwangsvollstreckung der Beklagten
gegenüber auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ihm wegen der
Nichtangabe der Kosten für die Kapitallebensversicherung im Darlehens-
vertrag insoweit ein Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zustehe.
a) Allerdings sieht § 6 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG a.F. für den Fall,
daß nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG vorgeschriebene Angaben fehlen, der
Kreditvertrag aber gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG a.F. durch Inan-
spruchnahme des Kredits wirksam geworden ist, vor, daß im Darlehens-
vertrag nicht angegebene Kosten vom Verbraucher nicht geschuldet
werden. Die für eine Kapitallebensversicherung zu zahlenden Prämien
sind nach herrschender Meinung als Kosten einer "sonstigen Versiche-
rung" gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. f VerbrKrG a.F. im Darle-
hensvertrag anzugeben (v. Rottenburg, in: v. Westphalen/Emmerich/
v. Rottenburg, aaO § 4 Rdn. 138; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 4
VerbrKrG Rdn. 53; Gößmann, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 3/460; Wag-
ner-Wieduwilt, in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG 2. Aufl. § 4
Rdn. 120; Bülow, Verbraucherkreditrecht 5. Aufl. § 492 BGB Rdn. 128;
Staudinger/Kessal-Wulf, aaO § 492 BGB Rdn. 64; Soergel/Häuser, BGB
12. Aufl. § 4 VerbrKrG Rdn. 54; Erman/Saenger, BGB 11. Aufl. § 492
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Rdn. 39; Metz, VerbrKrG § 4 Rdn. 29; Seibert, Handbuch zum Verbrau-
cherkreditgesetz § 4 Rdn. 14; a.A. Schwintowski/Schäfer, Bankrecht
2. Aufl. § 15 Rdn. 81; Bohner W M 2001, 2227, 2228). Für den Fall, daß
erforderliche Angaben im Darlehensvertrag nicht gemacht worden sind,
nimmt die überwiegende Meinung weiter an, daß dem Darlehensnehmer
aus § 6 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG a.F. ein Erstattungs- bzw. Freistellungs-
anspruch hinsichtlich der Kosten erwächst, die nicht an den Kreditgeber,
sondern im Zusammenhang mit der Darlehensaufnahme an einen Dritten
zu entrichten sind (Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bank-
rechts-Handbuch 2. Aufl. § 81 Rdn. 100; MünchKommBGB/Ulmer, aaO
§ 6 VerbrKrG Rdn. 25; v. Rottenburg, in: v. Westphalen/Emmerich/
v. Rottenburg aaO § 6 Rdn. 28-30; Seibert, aaO § 6 Rdn. 7; Staudin-
ger/Kessal-Wulf, aaO § 494 Rdn. 30; Wagner-Wieduwilt, in: Bruch-
ner/Ott/Wagner-Wieduwilt, aaO § 6 Rdn. 18; Bamberger/Roth/Möller/
Wendelhorst, BGB § 494 Rdn. 11; Erman/Saenger, aaO § 494 Rdn. 14;
a.A. Münstermann/Hannes, VerbrKrG Rdn. 302 f.; Scholz, Verbraucher-
kreditverträge 2. Aufl. Rdn. 241; Steppeler, Das neue Verbraucherkredit-
recht, 3. Aufl. S. 208 f.; Drescher, Verbraucherkreditgesetz und Bank-
praxis Rdn. 162, 167; Bohner WM 2001, 2227, 2229; s. auch OLG Frank-
furt BKR 2002, 271, 273).
b) Der Senat vermag der überwiegenden Ansicht, die eine rechts-
dogmatische Begründung für den von ihr befürworteten originären, im
Verbraucherkreditgesetz nicht geregelten Erstattungs- bzw. Freistel-
lungsanspruch des Kreditnehmers vermissen läßt, für die im Darlehens-
vertrag nicht angegebenen Kosten einer Kapitallebensversicherung nicht
zu folgen. Das Verbraucherkreditgesetz, das die Rechte und Pflichten
der Kreditvertragsparteien regelt, nicht aber in Rechtsbeziehungen der
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Parteien zu Dritten eingreifen kann, sanktioniert die Nichtangabe der Ko-
sten einer mit dem Kreditvertrag in Zusammenhang stehenden Kapitalle-
bensversicherung in § 6 Abs. 1 VerbrKrG a.F. mit der Nichtigkeit des
Kreditvertrages. Ohne die Regelung des § 6 Abs. 2 VerbrKrG müßte der
Kreditnehmer ein empfangenes Darlehen nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
BGB sofort an den Kreditgeber, der im übrigen lediglich Nutzungszinsen
beanspruchen könnte (§ 818 Abs. 1 BGB), zurückzahlen. Um dem Inter-
esse des Kreditnehmers, der sich auf die Nutzung des Kapitals einge-
stellt hat, als auch dem Interesse des Kreditgebers an dem Erhalt von
Zinsen und sonstigen Kosten Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber
in § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG die Heilung des nichtigen Kreditvertrages
angeordnet, soweit der Kreditnehmer den Kredit empfangen oder in An-
spruch genommen hat (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des
Verbraucherkreditgesetzes, BT-Drucks. 11/5462 S. 21), die Ansprüche
des Kreditgebers auf Zinsen und Kosten aber in § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3
VerbrKrG begrenzt.
Das erklärte Ziel des Gesetzgebers, einen "angemessenen Kom-
promiß" (BT-Drucks. 11/5462 aaO) zwischen den Interessen der Kredit-
vertragsparteien herbeizuführen, würde verfehlt, würde man dem Kredit-
nehmer der herrschenden Meinung folgend einen Anspruch auf Erstat-
tung der von ihm bereits gezahlten Kapitallebensversicherungsprämien
sowie einen Freistellungsanspruch bezüglich der künftig fällig werdenden
Prämien gewähren. Dies würde, wie die Revisionserwiderung zu Recht
geltend macht, dazu führen, daß der Kreditgeber den von ihm ausge-
reichten Kredit mit Hilfe der ausschließlich von ihm anzusparenden Kapi-
tallebensversicherung selbst tilgen müßte (Bohner W M 2001, 2227,
2229). Er stünde damit ungleich schlechter als ein Kreditgeber, der ein
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Darlehen zu wucherisch überhöhten Zinsen ausreicht; ein solcher Kredit-
geber kann nämlich die Rückzahlung des Darlehensnettobetrages nach
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen (Senatsurteil vom 15. Juni
1993 - XI ZR 172/92, WM 1993, 1323, 1324). Ein solches der Intention
des Gesetzgebers widersprechendes widersinniges Ergebnis ist grob
unangemessen (vgl. OLG Frankfurt BKR 2002, 271, 273; Scholz, Ver-
braucherkreditverträge 2. Aufl. Rdn. 241; Steppeler, Verbraucherkredit-
gesetz 3. Aufl. S. 209; Bohner aaO). Der Senat schließt sich deshalb der
Mindermeinung an.
3. Der von der Beklagten beabsichtigten Zwangsvollstreckung ge-
genüber kann sich der Kläger auch nicht auf einen Schadensersatzan-
spruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen berufen. Zu
Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Be-
klagte ihre aus dem geschlossenen Finanzierungsberatungsvertrag fol-
gende Verpflichtung zur Aufklärung über die spezifischen Nachteile und
Risiken der Verbindung einer Kapitallebensversicherung mit einem hier-
mit endfällig zu tilgenden Darlehensvertrag nicht verletzt hat. Entgegen
der Ansicht der Revision enthält das Schreiben der Beklagten vom
22. März 1996 für den Anfang alle erforderlichen Informationen über die
vertragsspezifischen Besonderheiten eines mit einer Kapitallebensversi-
cherung kombinierten Festdarlehens. Das gilt insbesondere für die Ver-
pflichtung zur Zahlung von Zinsen für die gesamte Laufzeit auf die volle
Darlehensvaluta, das Risiko der Zinserhöhung nach Ablauf der zehnjäh-
rigen Zinsbindungsfrist, die Höhe der monatlichen Gesamtbelastung, die
höhere Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Beendigung des Dar-
lehensvertrages infolge Kündigung, den in den ersten Jahren die Summe
der eingezahlten Beiträge unterschreitenden Rückkaufswert der Lebens-
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versicherung und den Umstand, daß für einen Festkredit insgesamt mehr
Zinsen zu zahlen sind als für ein Annuitätendarlehen.
Zu Unrecht hält die Revision die Aufklärung für irreführend, da sie
"unter dem Strich" Vorteile eines Festdarlehens suggeriere. Zutreffend
hat das Berufungsgericht insoweit darauf verwiesen, der übersandte "Fi-
nanzierungsvergleich als Modellrechnung" erwecke nicht den Eindruck,
daß ein derartiges Festdarlehen keine Nachteile habe. Vor allem aber
berücksichtigt die Revision nicht hinreichend, daß das Schreiben der Be-
klagten vom 22. März 1996 als erste Information und Grundlage für ein
umfassendes Beratungsgespräch über die verschiedenen Finanzierungs-
möglichkeiten zu verstehen ist. Ein solches persönliches Beratungsge-
spräch hat die Beklagte dem Kläger ausdrücklich angeboten und als
"notwendig" bezeichnet. Wenn der Kläger davon abgesehen hat, dieses
zu führen, so kann dies nicht zu Lasten der Beklagten gehen (vgl. OLG
Köln WM 2000, 127, 129).
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III.
Die Revision war somit zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger