Urteil des BFH vom 07.08.2018

Grundsätzliche Bedeutung - Darlegung der Verletzung der Sachaufklärungspflicht

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 7.8.2018, IX B 118/17
ECLI:DE:BFH:2018:B.070818.IXB118.17.0
Grundsätzliche Bedeutung - Darlegung der Verletzung der
Sachaufklärungspflicht
Leitsätze
1. NV: Es ist höchstrichterlich geklärt und damit nicht mehr von
grundsätzlicher Bedeutung, ob und in welcher Höhe der Ausfall eines
kapitalersetzenden, in der Krise "stehen gelassenen Darlehens" des
Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft als nachträgliche
Anschaffungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 EStG
zu berücksichtigen ist.
2. NV: Wird die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1
Satz 1 FGO gerügt, muss dargelegt werden, weshalb sich auf der
Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG eine weitere
Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen
das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. September
2017 3 K 3239/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß
§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht
gegeben. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher
Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, dazu unter 1.) noch wegen
eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, dazu unter 2.)
zuzulassen.
3 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
4 a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für
die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das
Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und
Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss
klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren
klärungsfähig sein (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung,
8. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).
5 b) Daran fehlt es hier. Es ist für das Streitjahr höchstrichterlich
geklärt und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung, ob
und in welcher Höhe der Ausfall eines kapitalersetzenden, in der
Krise "stehen gelassenen Darlehens" des Gesellschafters an
seine Kapitalgesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten
i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist.
Ebenfalls ist höchstrichterlich geklärt, dass der Wert der
Darlehensforderung im Zeitpunkt des Eintritts der Krise nach dem
Grad der Wahrscheinlichkeit ihrer Werthaltigkeit zu schätzen ist
(vgl. u.a. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. November
1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, unter 2.b,
Rz 25; vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II 1999,
817, unter II.2.c, Rz 20 ff., und vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98,
BFH/NV 2011, 589). Diese Grundsätze hat der BFH zudem mit
Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 36/15 (BFHE 258, 427, BFH/NV
2017, 1501) für alle bis einschließlich 27. September 2017
hingegebenen Darlehen und Finanzierungshilfen bestätigt.
6 Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sich gegen die
Annahme des Finanzgerichts (FG) wendet, wonach ein "stehen
gelassenes Darlehen" vorliegt und demgegenüber vorbringt, das
Darlehen sei als "krisenbestimmtes Darlehen" einzuordnen, richtet
sich sein Vortrag gegen die rechtliche und tatsächliche Würdigung
des FG. Das Gleiche gilt für sein Vorbringen, das FG habe
unzutreffend den Teilwert mit 0 EUR geschätzt. Damit kann die
Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht
erreicht werden.
7 Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf die BFH-
Entscheidung vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90 (BFHE 168, 551,
BStBl II 1993, 333) und dort die Ausführungen unter 2.b aa a.E.,
Rz 33 beruft, ist damit das Vorliegen der grundsätzlichen
Bedeutung nicht schlüssig dargelegt. Unabhängig davon, ob es
sich bei der zitierten Passage um einen tragenden Rechtssatz
dieser Entscheidung handelt und ob er sich überhaupt auf ein
"stehen gelassenes Darlehen" wie im Streitfall und nicht auf ein
"krisenbestimmtes Darlehen" bezieht, wäre der Verstoß dagegen
im Rahmen einer Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2
Nr. 2 2. Alternative FGO) geltend zu machen gewesen. Eine
solche hat der Kläger aber nicht erhoben.
8 2. Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Denn
die vom Kläger vorgebrachte Rüge der Verletzung der
Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) wurde mangels
hinreichender Angaben und Ausführungen nicht i.S. des § 116
Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan.
9 a) Wird die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76
Abs. 1 Satz 1 FGO gerügt, muss dargelegt werden, weshalb sich
auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG
eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen
müssen. Dies erfordert nicht nur die genaue Angabe des
Beweisthemas und der Beweismittel, die das Gericht nicht
berücksichtigt hat. Geboten ist darüber hinaus die Darlegung,
welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach
Auffassung des Klägers erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis
zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl.
Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 116 Rz 48 f.;
Hendricks, Die Unternehmensbesteuerung 2018, 416, 418).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des
Klägers nicht. Der Kläger benennt kein Beweismittel, dem das FG
--trotz seiner umfangreichen Beweisaufnahme in zwei
Erörterungsterminen und in der mündlichen Verhandlung-- noch
hätte nachkommen müssen. Stattdessen wendet er sich gegen
die Würdigung der Beweise seitens des FG und damit die
inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung. Damit ist eine Verletzung
der Sachaufklärungspflicht nicht dargelegt.
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Anders als der Kläger anführt, hat sich dem FG auch nicht eine
weitere Beweiserhebung aufgedrängt. Dem FG haben
umfangreiche Unterlagen zur Feststellung des
entscheidungserheblichen Sachverhalts vorgelegen. Mit
mehreren und zum Teil sehr umfangreichen Hinweisen an die
Beteiligten hat es die Ermittlung des streitigen Sachverhalts
gefördert. Es hat in zwei Erörterungsterminen und in der
mündlichen Verhandlung eine umfangreiche Beweisaufnahme mit
zahlreichen Zeugenvernehmungen durchgeführt und die
erhobenen Beweise gewürdigt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG
hat damit aus seiner Sicht den Sachverhalt erschöpfend
aufgeklärt. Dies zeigt sich auch daran, dass ausweislich des
Protokolls der mündlichen Verhandlung die Prozessbeteiligten
keine weitere Beweiserhebung mehr beantragt hatten.
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3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116
Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.