Urteil des BFH vom 24.06.2008

Aufteilungsmaßstab bei gebäudebezogenen Aufwendungen

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.6.2008, IX R 26/06
Aufteilungsmaßstab bei gebäudebezogenen Aufwendungen
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine damalige Ehefrau erwarben 1984 das Grundstück L-Straße in
einer Innenstadt zu einem Kaufpreis von 700 000 DM. Im Erdgeschoss be-fanden sich zwei Ladengeschäfte (mit
zusammen 138 qm = 42,8 % der Gesamtnutzfläche), die der Kläger vermietete. In den drei Obergeschossen befand
sich insgesamt eine Wohnung (mit 184,4 qm = 57,2 % der Gesamtnutzfläche), die der Kläger selbst bewohnte.
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Das gesamte Objekt finanzierte der Kläger einheitlich durch die Aufnahme von Darlehen, ohne eine Aufteilung des
Kaufprei-ses auf die Ladengeschäfte und die eigengenutzte Wohnung vor-zunehmen. Nach Auslauf der
Nutzungswertbesteuerung für selbst-genutzten Wohnraum teilte der Kläger mit der Einkommensteuer-erklärung 1999
dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt
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--FA--) mit, dass seiner Ansicht nach die Werbungskosten --so-weit nicht direkt zuzuordnen-- entsprechend dem
Verhältnis der 1995 erzielten Miete (86,7 %) und dem von ihm zu versteuernden Mietwert (13,3 %) aufgeteilt werden
müssten. Das FA veranlagte
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den Kläger erklärungsgemäß.
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Im Streitjahr (2000) ordnete der Kläger einzelne Ausgaben Tei-len des Objekts direkt zu und kürzte die übrigen
Werbungsko-sten (im Wesentlichen Schuldzinsen, lineare und erhöhte Abset-zungen) um den auf die eigengenutzte
Wohnung entfallenden An-teil von 13,3 %; danach ergaben sich abziehbare Werbungskosten von 90 601 DM bei
Einnahmen in Höhe von 56 250 DM, also ein Werbungskosten-Überschuss von 34 351 DM. Dieser Aufteilung der
Werbungskosten folgte das FA nicht, sondern rechnete die Wer-bungskosten zunächst zu 54 % der eigengenutzten
Wohnung zu; es ergaben sich Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 2 500 DM.
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Im anschließenden Einspruchsverfahren ermittelte das FA auf der Grundlage der neu und unstreitig festgestellten
Flächen (s. oben) abziehbare Werbungskosten in Höhe von 42 756,97 DM und setzte --nach Verböserungshinweis--
unter Auflistung der einzelnen Werbungskosten die Einkommensteuer für das Streitjahr erhöht fest. Die Klage blieb
erfolglos.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--
) und die Divergenz zum Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Mai 2005 IX R 46/04 (BFH/NV 2006, 261).
Aufgrund der unterschiedlichen Nutzbarkeit der jeweiligen Gebäudeteile habe die Aufteilung der Werbungskosten
nach dem vom Kläger gewählten Maßstab (Verhältnis der erzielten Ladenmieten zum fiktiven Mietwert der
selbstgenutzten Wohnung) zu erfolgen. Nur dieser Maßstab trage den tatsächlichen, an den Verkehrswerten
orientierten Verhältnissen am ehesten Rechnung. Die Aufteilung nach dem Verhältnis der Flächen führe hingegen zu
einem offensichtlich sachwidrigen Ergebnis.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abänderung des
Einkommensteuerbescheids 2000 auf den Betrag festzusetzen, der sich bei einer Berücksichtigung von
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß der in Anlage V zur
Einkommensteuererklärung 2000 eingereichten Berechnung ergibt, soweit die Werbungskosten einen Betrag von 26
287 DM nicht überschreiten.
10 Das FA beantragt,
11 die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
12 II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zu
Recht hat das FG die in ihrer Höhe unstreitigen Aufwendungen für das Wohn- und Geschäftshausgrundstück nur
entsprechend dem Anteil der vermieteten Ladenflächen an der Gesamtnutzfläche des Objekts als Werbungskosten
bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
13 1. Nach § 9 Abs. 1 EStG sind Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten
Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind
Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen.
14 Wird ein Gebäude zum Teil fremdvermietet, zum Teil zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sind gebäudebezogene
Aufwendungen nur insoweit als Werbungskosten abziehbar, als sie auf den vermie-teten Teil entfallen (BFH-Urteil
vom 16. April 2002 IX R 65/98, BFH/NV 2002, 1154, m.w.N.). Soweit die Aufwendungen den verschieden genutzten
Gebäudeteilen nicht eindeutig zugeordnet werden können, werden sie regelmäßig nach dem Verhältnis der
eigengenutzten Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Vermietung und damit der Einkünfteerzielung
dienen, als Werbungskosten berücksichtigt (BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 IX R 29/96, BFHE 187, 284, BStBl II
1999, 680; vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389; BFH-Beschluss vom 7. April 2005 IX B
39/05, BFH/NV 2005, 1543, m.w.N.). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Aufteilung nach Wohn-
/Nutzflächen typischerweise auch die anteiligen in das Objekt investierten Kosten abbildet. Danach kommt der vom
Kläger gewählte Aufteilungsmaßstab nicht in Betracht.
15 2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung aus Rechts-gründen nicht zu beanstanden.
16 Alle gebäudebezogenen Aufwendungen wurden einheitlich durch hypothekengesicherte Darlehen finanziert, ohne
dass der Kläger die Kosten auf die unterschiedlichen Wirtschaftsgüter (vermie-tete Läden, selbstgenutzte Wohnung)
zur Zeit der Anschaffung oder danach entsprechend aufgeteilt hat. Daher war eine Zu-ordnung und Aufteilung der
entstandenen Kosten nur im Wege der Schätzung möglich. Die vom FG vorgenommene Schätzung nach Nutzflächen
basiert auf seinen mit Verfahrensrügen nicht ange-griffenen Feststellungen, dass für die vorzunehmende Auftei-lung
nachprüfbare Unterlagen nicht vorgelegt wurden und "die Kosten auch entsprechend den Flächen tatsächlich
entstanden" sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Aufteilung nach Flächen vorliegend zu einem ersichtlich sachwidrigen
Ergebnis (i.S. des BFH-Urteils in BFH/NV 2006, 261) gelangt, sind weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich.
17 Soweit sich der Kläger auf die Werte im Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1987 für sein Grundstück, auf die
Umbaufinanzierung des gewerblich genutzten …ladens Anfang der neunziger Jahre oder die Ladenmieten im
Streitjahr bezieht, ist dieses erst im Revisionsverfahren erfolgte neue tatsächliche Vorbringen unbeachtlich (vgl. § 118
Abs. 2 FGO; BFH-Urteile vom 19. September 2002 X R 160/97, BFH/NV 2003, 890; vom 14. Dezember 1999 VII R
78/98, BFH/NV 2000, 898, m.w.N.). Zudem fehlt es insoweit auch an einer schlüssigen Darlegung: die im
Einheitswertbescheid enthaltenen Werte weichen nicht unerheblich von der beantragten Aufteilungsquote ab (63 %
statt 86,7 %); die Relevanz der 1990 bis 1992 durchgeführten Umbaufinanzierung für das Streitjahr wird --auch wegen
der Zusammenführung auf einem gemeinsamen Konto-- nicht deutlich; schließlich ergibt sich nicht, dass der
beantragte, auf den Zahlen von 1995 basierende Aufteilungsmaßstab (86,7 % zu 13,3 %) eine annähernd zutreffende
Wiedergabe der tatsächlichen Gegebenheiten im Streitjahr darstellt, in dem nach Aktenlage deutlich geringere
Mieterträge erzielt wurden, denen der Kläger aber einen fiktiven Mietwert aus 1996 gegenüberstellt.