Urteil des BFH vom 21.07.2008

BFH: ablauf der frist, umdeutung, gemeinde, rechtsmittelbelehrung, ausnahme, auszahlung, einspruch, unterhaltspflicht

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 21.7.2008, III R 19/08
Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde
Tatbestand
1 I. Das zugunsten des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) rückwirkend festgesetzte Kindergeld für seine zwei, bei
deren Mutter lebenden Kinder wurde an die Gemeinde ausgezahlt, die der Mutter und den Kindern Leistungen nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt hatte. Durch Abrechnungsbescheid vom 24. August 2005 stellte die
Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) fest, dass der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des
Kindergeldes nach § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 107 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch als
erfüllt gelte. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
2 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage --mit Ausnahme des Kindergeldanspruchs für einen Monat-- ab und ließ die
Revision nicht zu. Es führte aus, der Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig, da die Gemeinde als Trägerin der
Sozialleistungen für die Mutter und die Kinder einen Erstattungsanspruch habe; die Sozialleistungen seien gegenüber
dem Kindergeldanspruch nachrangige Leistungen. Ob der Kläger seiner Unterhaltspflicht nachgekommen sei, habe
keine Bedeutung.
3 Dagegen richtet sich die Revision, mit der geltend gemacht wird, der Kläger habe zum notwendigen Unterhalt der
Kinder beigetragen. Die Mutter der Kinder habe dies dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger verschwiegen.
4 Nach Ablauf der Frist für die Einlegung, aber vor Ablauf der Frist für die Begründung der Revision bzw. der
Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--, § 120 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO) hat der Kläger gebeten, die Revision für den Fall, dass das FG sie nicht zugelassen
habe, als Nichtzulassungsbeschwerde zu behandeln.
Entscheidungsgründe
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II. 1. Die Revision ist unzulässig.
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Gemäß § 115 Abs. 1 FGO steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) nur zu, wenn das FG oder
auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat. Hierauf hat das FG in der
Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen.
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Im Streitfall haben weder das FG noch der BFH die Revision zugelassen. Wird die Revision weder im Tenor noch in
den Gründen des Urteils zugelassen, so ist ihre Zulassung nach ständiger Rechtsprechung des BFH versagt (vgl.
BFH-Beschluss vom 26. September 2007 X R 23/07, BFH/NV 2007, 2333). Das Fehlen des ausdrücklichen
Ausspruchs der Nichtzulassung der Revision im erstinstanzlichen Urteil bedeutet somit nicht, dass die Revision vom
FG zugelassen worden ist (BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2007 IX R 57/07, juris).
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2. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten ist.
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a) Die nach Ablauf der Einlegungsfrist vom Kläger hilfsweise beantragte Umdeutung in eine
Nichtzulassungsbeschwerde kommt im Streitfall nach bisheriger Rechtsprechung des BFH schon deshalb nicht in
Betracht, weil ein Rechtsanwalt --bei dem die Kenntnis der Prozessordnung vorausgesetzt wird-- das Rechtsmittel
eingelegt und ausdrücklich als Revision bezeichnet hat (BFH-Beschlüsse vom 21. März 1995 VIII R 7/95, BFH/NV
1995, 995; in BFH/NV 2007, 2333, m.w.N.; vgl. auch BFH-Beschluss vom 25. Januar 2008 VIII R 9/08, juris, betr.
Umdeutung einer Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde).
10 b) Auch durch eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde würde das eingelegte Rechtsmittel nicht zulässig,
denn der Kläger hat keine Zulassungsgründe (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO) dargelegt. Mit seinen
Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils wird kein Zulassungsgrund dargetan (§
116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO), denn die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die
Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.