Urteil des BFH vom 09.07.2002

BFH (treu und glauben, wohnung, darlehen, haus, vertrauensschutz, zulassung, beschwerde, eingriff, grad, zukunft)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 22.10.2008, IX B 128/08
Grundsätzliche Bedeutung: Vertrauensschutz hinsichtlich des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher
Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen im Streitfall nicht vor.
2 Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass der
Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit
an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten
Streitfall klärbar ist. Es kann offenbleiben, ob die Ausführungen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) den
insoweit gestellten Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügen; denn jedenfalls sind die von der
Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfragen durch die Rechtsprechung geklärt.
3 Die Klägerin macht sinngemäß geltend, dass eine Berücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten bei ihren
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in dem geltend gemachten Umfang mit Blick auf den Grundsatz von Treu
und Glauben geboten sei, da sie nach dem Auslaufen der sog. "großen Übergangsregelung" (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m.
§ 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- a.F.) im Jahr 1998 alles Erforderliche und ihr Zumutbare
getan habe, um nachträglich eine Aufteilung der auf ihre selbst genutzte Wohnung im eigenen Haus entfallenden
Schuldzinsen einerseits und der auf den vermieteten Teil entfallenden Schuldzinsen andererseits vorzunehmen. Sie
habe damit in gebotener Weise versucht, den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung für den
Schuldzinsenabzug bei Darlehen für die Anschaffung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten
Gebäudes (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389)
gerecht zu werden. Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn die rechtlichen Voraussetzungen
und Grenzen eines dahingehenden Vertrauensschutzes sind durch die Rechtsprechung bereits geklärt.
4 Soweit der Gesetzgeber bestehende Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse aufhebt oder ändert, muss
er den Eingriff in schutzwürdige Vertrauenstatbestände, insbesondere das Ausmaß des Vertrauensschadens, nach
Möglichkeit in geeigneter Weise durch eine angemessene Übergangsregelung abmildern oder ausgleichen. Bei der
Ausgestaltung einer hiernach erforderlichen Übergangsregelung steht dem Gesetzgeber ein weiter
Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, alle denkbaren Sonderfälle zu erfassen; er
kann vielmehr --und muss notwendigerweise-- bis zu einem gewissen Grad pauschalieren (Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 30. September 1987 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 359; BFH-Urteil vom
23. November 1994 X R 124/92, BFHE 177, 246, BStBl II 1995, 824). Dies hat der Gesetzgeber beim Wegfall der
Nutzungswertbesteuerung mit der Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 EStG a.F. in einer dem Vertrauensschutz
genügenden Weise getan. Es ist von Verfassungs wegen weder zu beanstanden, dass nach Auslaufen der sog.
"großen Übergangsregelung" der mit der Nutzung einer Wohnung im eigenen Haus verbundene Mietwert nicht mehr
der Besteuerung unterliegt und damit auch die dadurch veranlassten Aufwendungen grundsätzlich nicht steuerwirksam
sind, noch, dass dem Steuerpflichtigen keine zusätzliche Möglichkeit für einen weitergehenden Schuldzinsenabzug bei
Darlehen für die Anschaffung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes eingeräumt wird,
obwohl er die hierfür von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellten Anforderungen nicht erfüllt. Denn der
Steuerpflichtige kann nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerrechtliche Freiräume für alle
Zukunft aufrechterhält und eine für den Steuerpflichtigen günstige Rechtslage dauerhaft erhalten bleibt (BVerfG-
Beschluss in BVerfGE 76, 256, 348).