Urteil des BFH vom 26.03.2008

BFH: gerichtshof der europäischen gemeinschaften, ablauf der frist, durchgriff, rechtsform, gestaltung, vorabentscheidungsverfahren, kapitalgesellschaft, liechtenstein, domizilgesellschaft

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 26.3.2008, XI B 203/07
Darlegungsanforderungen bei behaupteter grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache - Einwände gegen materielle
Rechtsauffassung des FG - zur Bestimmung des Leistenden bei Einschaltung einer liechtensteinischen Domizilgesellschaft
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat einen Grund für die Zulassung der
Revision nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
2 1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
--FGO--) muss der Beschwerdeführer schlüssig und substantiiert vortragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene
Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es,
wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet
werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der
Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. August
2003 VII B 260/02, BFH/NV 2004, 69, und vom 13. Juni 2005 I B 239/04, BFH/NV 2005, 1840, beide jeweils m.w.N.). Zur
ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gehört insbesondere auch, dass sich
der Beschwerdeführer mit der bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der für klärungsbedürftig
gehaltenen Rechtsfrage auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese
Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (BFH-Beschluss vom 3. Mai 2005 X B 2/05, BFH/NV 2005,
1601).
3 a) Der Kläger trägt zunächst vor, es stelle sich die grundsätzliche Frage, ob Zahlungen an eine Kapitalgesellschaft
einer anderen Person zugerechnet werden könnten. Im Streitfall sei die Zahlungsempfängerin mit Sitz in Liechtenstein
nicht verpflichtet gewesen, Umsatzsteuer abzuführen, da sie von der sog. Nullregelung Gebrauch gemacht habe. Diese
Möglichkeit habe er, der Kläger, nicht gehabt, da das Finanzgericht (FG) einen inländischen Leistungsort angenommen
habe.
4 Dieses Vorbringen genügt nicht, um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzutun. Denn der BFH hat
bereits geklärt, dass jemandem, der im Namen einer von ihm beherrschten nicht rechtsfähigen Domizilgesellschaft
liechtensteinischen Rechts in der Bundesrepublik Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt, diese Leistungen
umsatzsteuerrechtlich als eigene zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 26. April 2001 V R 50/99, BFHE 194, 536). Mit
dieser Rechtsprechung setzt sich der Kläger in keiner Weise auseinander. Dies wäre aber vor allem deshalb
besonders angezeigt gewesen, weil das FG seine Entscheidung ausdrücklich auf das genannte BFH-Urteil gestützt hat.
5 b) Der Kläger führt ferner aus, es sei grundsätzlich zu klären, ob es mit Art. 43, 48 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft (EG) vereinbar sei, dass das Vorhandensein einer liechtensteinischen Gesellschaft
"negiert" werde und deren Umsätze einer anderen Person zugerechnet würden. Zu dieser Rechtsfrage sei ein
Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG durchzuführen.
6 Dieser allgemein gehaltene Vortrag genügt gleichfalls nicht, um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
darzutun. Denn auch insoweit fehlt jegliche Auseinandersetzung des Klägers mit den in Rechtsprechung und Literatur
zu dieser Rechtsfrage vertretenen Auffassungen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 194, 536, 539, m.w.N.).
7 c) Soweit der Kläger in einem späteren Schriftsatz im Zusammenhang mit der seines Erachtens unzutreffenden
Beurteilung des Leistungsorts durch das FG weitere Vorlagefragen für den Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften formuliert, muss sein Vorbringen schon deshalb außer Betracht bleiben, weil der genannte Schriftsatz
erst nach Ablauf der Frist zur Beschwerdebegründung eingegangen ist.
8 2. Auch der Vortrag, ein Durchgriff durch die Rechtsform sei nicht zulässig gewesen, die gewählte steuerliche
Gestaltung sei anzuerkennen und der Leistungsort abweichend von der Rechtsauffassung des FG zu bestimmen, führt
gleichfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Denn der Kläger wendet sich mit diesen Ausführungen im Kern gegen die
materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils, wobei er seine Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des FG setzt. Dies
vermag die Zulassung der Revision aber nicht zu rechtfertigen. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch kein
offensichtlicher Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar
gesetzwidrigen Entscheidung, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
FGO führt.