Urteil des BFH vom 19.10.2010

Gewerblicher Grundstückshandel: Nachhaltigkeit der Tätigkeit in "Ein-Objekt-Fällen" bei Einschaltung eines Generalunternehmers - Keine Prüfung von Verfahrensfehlern bei Zurückverweisung der Streitsache an das FG - Berücksichtigung der Übergangserlasse der

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 19.10.2010, X R 41/08
Gewerblicher Grundstückshandel: Nachhaltigkeit der Tätigkeit in "Ein-Objekt-Fällen" bei Einschaltung eines
Generalunternehmers - Keine Prüfung von Verfahrensfehlern bei Zurückverweisung der Streitsache an das FG -
Berücksichtigung der Übergangserlasse der Finanzverwaltung von den Steuergerichten
Tatbestand
1
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und werden im Streitjahr 1994 zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt.
2
Der Kläger hatte bis zum 1. Januar 1994 ein Architekturbüro betrieben. Ab 1991 errichtete und vermietete er in den
neuen Bundesländern auf eigene Rechnung 16 Verbrauchermärkte sowie mehrere Büro- und Wohnhäuser. Diese
Immobilien befanden sich jedenfalls im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch im Eigentum des Klägers.
3
Mit notariellem Vertrag vom 10. Juni 1991 erwarb der Kläger ein Grundstück in P. Nach Einwerbung entsprechender
Mietverträge sollte auch dieses Grundstück mit einem Verbrauchermarkt bebaut und anschließend vermietet werden.
Vor Stellung des Bauantrags waren bis auf eine Ausnahme alle Ladengeschäfte vermietet. Da der Boden
ausgetauscht werden musste, zog sich die Baureifmachung des Grundstücks bis 1992 hin. Die Baugenehmigung
wurde am 5. November 1992 erteilt. Der Beginn der Bauarbeiten wurde gegenüber dem Hauptmieter am 14. Januar
1993 angezeigt.
4
Anfang 1993 trat die spätere Käuferin des Verbrauchermarktes über einen Grundstücksmakler an den Kläger mit der
Bitte heran, den im Bau befindlichen, noch fertig zu stellenden Verbrauchermarkt zu verkaufen. Der Kläger ging auf
dieses Angebot ein und veräußerte mit notariellem Kaufvertrag vom 30. März 1993 den Verbrauchermarkt. Da dieser
Vertrag aus formellen Gründen unwirksam war, wurde ein weiterer notarieller Vertrag am 21. Mai 1993 geschlossen.
In diesem Vertrag sicherte der Kläger die Fertigstellung zum 1. April 1994 sowie eine mangelfreie Ausführung zu. Der
Kaufpreis betrug … DM. Vereinbart war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) die förmliche Abnahme der
Bauleistungen. Zudem verpflichtete sich der Kläger, die vorläufige baubehördliche Schlussabnahme herbeizuführen
und eine vorläufige Betriebserlaubnis zu beschaffen. Der Kläger übernahm vertraglich Gewährleistungspflichten über
einen Zeitraum von fünf Jahren, für das Flachdach von zehn Jahren. 2,5 % des Kaufpreises konnte die Käuferin als
Sicherheitsleistung einbehalten.
5
Vor Abschluss des Kaufvertrags hatte der Kläger nach den Feststellungen des FG am 15. März 1993 einen
Generalunternehmer-Pauschalvertrag geschlossen, nach dem das Bauunternehmen verpflichtet war, den
Verbrauchermarkt zu einem Festpreis von 5.634.310 DM zu errichten.
6
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1994 erklärte der Kläger hinsichtlich des An- und Verkaufs des
Grund und Bodens für das Grundstück in P einen schätzungsweise ermittelten Spekulationsgewinn in Höhe von …
DM sowie einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … DM. Er wurde antragsgemäß veranlagt.
7
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) kam nach einer in den Jahren 1998 und 1999
durchgeführten Außenprüfung zu dem Ergebnis, der Kläger habe zumindest während der Bauzeit in bedingter
Veräußerungsabsicht gehandelt. Der durch die Veräußerung des Grundstücks entstandene Gewinn führe deshalb zu
gewerblichen Einkünften in Höhe von … DM. Das FA änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1994 und setzte erstmalig mit Bescheid
vom 9. Juli 1999 den Gewerbesteuermessbetrag auf … DM fest.
8
Vorverfahren und Klage blieben erfolglos.
9
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Errichtung weiterer
Verbrauchermärkte in besseren Lagen und der Verlegung der Umgehungsstraße habe der Kläger Anfang 1993
erkennen müssen, dass der Bau eines Verbrauchermarktes zu Vermietungszwecken eine wirtschaftliche
Fehlinvestition wäre. Ein Steuerpflichtiger, der ausschließlich sein eigenes Vermögen verwalte, müsse ein solches
Anlageobjekt veräußern können, ohne zum gewerblichen Grundstückshändler zu werden. Der Kläger habe nicht
nachhaltig gehandelt. Zwar könne nach der Rechtsprechung auch die Errichtung eines einzigen Objekts nachhaltig
sein. Diese Voraussetzung liege aber nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige über einen längeren Zeitraum
Aktivitäten entwickle, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Gebäude notwendig seien,
nicht zurückblieben. Derartige Aktivitäten habe das FG nicht festgestellt und auch nicht feststellen können. Die
Bauplanung und die Vergabe an den Generalunternehmer seien im Zeitpunkt des Abschlusses des ersten
gescheiterten Vertrags abgeschlossen gewesen. Der Kläger habe lediglich die Baudurchführung überwachen
müssen. Diese Tätigkeit sei beim Bau jedes Hauses erforderlich. Die Wertschöpfung einer Immobilie setze sich aus
drei Komponenten zusammen: vorhandenes Grundstück, vorhandene Baugenehmigung, vorhandene Mietverträge.
Diese Voraussetzungen hätten lange vor dem Verkauf des Verbrauchermarktes vorgelegen. Die Mietverträge seien
bereits abgeschlossen gewesen, der Kaufpreis des noch zu errichtenden Gebäudes sei nach einem Vielfachen des
Netto-Jahresmietwerts festgelegt worden. Das Argument des FG der Wertschöpfung nach Vertragsschluss sei deshalb
nicht stichhaltig.
10 Darüber hinaus machen die Kläger geltend, das angefochtene Urteil leide an Verfahrensfehlern. Das Gericht habe
seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt.
11 Die Kläger beantragen,
das FG-Urteil aufzuheben und den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1994
um … DM höher festzustellen sowie den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1994
aufzuheben.
12 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
13 Der Kläger habe nachhaltig gehandelt, weil er verpflichtet gewesen sei, einen mangelfreien betriebsbereiten
Verbrauchermarkt zu erstellen. Die Übernahme der Gewährleistungspflichten lasse den Vergleich mit dem Bild eines
Bauträgers geradezu zwingend erscheinen. Wegen des Insolvenzrisikos des Generalunternehmers sowie des
Prozessrisikos könne dem nicht entgegengehalten werden, dass es sich im Ergebnis nur um eine Weitergabe der sich
aus dem Generalunternehmervertrag ergebenden Gewährleistung handele. Zudem habe der Kläger das Bestehen
einer unbedingten Veräußerungsabsicht bei Bebauung des Grundstücks dadurch verdeutlicht, dass er die
Wirksamkeit des Generalunternehmervertrags vom 15. März 1993 in dessen § 11 vom Verkauf des Grundstücks
abhängig gemacht habe. Er habe damit unmissverständlich gezeigt, dass ihm an der Errichtung des Objekts nicht
gelegen gewesen wäre, wenn er es anschließend als Vermieter in seinem Vermögen hätte halten müssen. Das FG sei
in seinem Urteil von einer Kontaktaufnahme der späteren Käuferin des Verbrauchermarktes zum Kläger nach
Baubeginn ausgegangen und habe damit eine Tatsachenfeststellung getroffen, die der Regelung in § 11 des
Generalunternehmervertrags widerspreche. Der Kläger habe über die Feststellungen des FG hinaus weitere
Verpflichtungen gegenüber der Käuferin im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundbesitzes
übernommen. Er habe im Kaufvertrag zugesichert, einen zahlungskräftigen Mieter für ein noch unvermietetes
Ladengeschäft zu werben. Dies sei ihm nicht gelungen und daraus habe sich letztendlich eine zehnjährige
Mietübernahmeverpflichtung ergeben. Im Zeitraum 1996 bis 2007 seien dem Kläger dadurch einschließlich der
Kosten der Rechtsverfolgung Aufwendungen in Höhe von insgesamt … EUR entstanden. Diese habe er erstmals mit
Schreiben vom 22. Dezember 2009 gegenüber dem FA steuerlich geltend gemacht. Darüber hinaus habe der Kläger
den Bestand der bereits abgeschlossenen Mietverträge bei Objektübergabe, die Übernahme des Kaufgegenstandes
durch die Mieter und die Mietzahlungen für die ersten drei Monate nach Übergabe garantiert.
Entscheidungsgründe
14 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an
das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
15 1. Nach § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige
Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass
es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --
BFH-- vom 1. Dezember 2005 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259).
16 2. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum
Gewerbebetrieb überschritten, wenn (bei Vorliegen der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen) nach dem
Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller
Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu
erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl.
z.B. Senatsurteil vom 24. Juni 2009 X R 36/06, BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
17 a) Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat der BFH mit
Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82 (BFHE 148, 480, 483, BStBl II 1988, 244) die sog. Drei-Objekt-Grenze
eingeführt. Sie besagt, dass regelmäßig von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen ist, wenn innerhalb
eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert
werden. Kein gewerblicher Grundstückshandel liegt dagegen im Regelfall vor, sofern weniger als vier Objekte
veräußert werden. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des Großen Senats des BFH (vgl. Beschluss vom 10.
Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) auch in den sog. Errichtungsfällen. Die Rechtsprechung
des BFH unterscheidet nicht danach, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Objekte lediglich angeschafft oder ob er
sie errichtet hat.
18 b) Der Drei-Objekt-Grenze kommt allerdings nur Indizwirkung zu. Steht aufgrund objektiver Umstände fest, dass der
Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn innerhalb kurzer Zeit zu verkaufen, ist
ein gewerblicher Grundstückshandel selbst dann zu bejahen, wenn weniger als vier Objekte veräußert werden
(Senatsurteil in BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
19 Die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung sind überschritten, wenn beispielsweise das im zeitlichen
Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft
worden ist, wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung und nach den Wünschen des Erwerbers
bebaut wird oder das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen für
den Bau erbringt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Neben diesen vom
Großen Senat des BFH ausdrücklich genannten Ausnahmefällen können andere gewichtige Umstände auf eine
gewerbliche Betätigung auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen, und zwar dann,
wenn sich aus diesen Umständen ergibt, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter
Veräußerungsabsicht vorgenommen worden sind.
20 Hierbei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Wurde das Bauvorhaben beispielsweise nur kurzfristig
finanziert, hat der Steuerpflichtige bereits während der Bauzeit eine Maklerfirma mit dem Verkauf des Objekts
beauftragt oder selbst Veräußerungsannoncen geschaltet, wurde gar vor Fertigstellung des Bauwerks ein Vorvertrag
mit dem künftigen Erwerber geschlossen oder hat er Gewährleistungspflichten über den bei Privatverkäufen üblichen
Rahmen hinaus übernommen, kann selbst dann eine unbedingte Veräußerungsabsicht vorliegen, wenn keiner der
vom Großen Senat des BFH (Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) angesprochenen Ausnahmefälle greift
(Senatsurteil in BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
21 c) Der unbedingte Veräußerungsentschluss muss im Fall der Bebauung eines danach verkauften Grundstücks
spätestens in dem Zeitpunkt gefasst sein, in dem sich der Unternehmer rechtlich bindet, etwa durch Abschluss der auf
Bebauung gerichteten Verträge (Senatsurteil in BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
22 3. Gewerbesteuerrechtlich gelten dieselben Grundsätze für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels
wie für die Einkommensteuer (BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 118/97, BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28).
23 4. Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Rechtsauffassung des FG, dass im Streitfall sowohl
einkommensteuerrechtlich als auch gewerbesteuerrechtlich die Voraussetzungen eines gewerblichen
Grundstückshandels vorlägen und deshalb der Gewinn aus der Veräußerung der unbebauten Grundstücke als
laufender gewerblicher Gewinn steuerpflichtig sei.
24 a) Zwar sind die Tatbestandsmerkmale der Selbständigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht erfüllt. Ohne
Rechtsverstoß konnte das FG auch davon ausgehen, dass sich der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
beteiligt hat. Für den Bereich des gewerblichen Grundstückhandels hat es der BFH genügen lassen, dass die
Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen --unter Umständen auch nur einer einzigen Person-- bekannt
wird, und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen (BFH-Urteil vom 12. Juli 1991
III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143). Nach der neueren Rechtsprechung kann eine Teilnahme am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr selbst dann vorliegen, wenn Geschäftsbeziehungen zu anderen Personen
vertraglich ausgeschlossen sind. Maßgeblich ist allein, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild
einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht (BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 IV R 10/06, BFHE 224, 321,
BStBl II 2009, 533, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Der Kläger hat
sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren vorgetragen, dass er Anfang 1993 erkennen musste, dass die
Vermietung des geplanten Verbrauchermarktes wegen des Baus anderer Einkaufszentren in besseren Lagen und
einer Umgehungsstraße eine Fehlinvestition sei und er deshalb das Grundstück verkauft habe. In dieser Situation
hätte der Kläger das Grundstück auch an jeden anderen Interessenten verkauft, der die von ihm geforderten
Konditionen erfüllt hätte.
25 b) Die Feststellungen des FG erlauben aber nicht zu beurteilen, ob der Kläger auch nachhaltig tätig geworden ist.
26 aa) Grundsätzlich ist eine Tätigkeit nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine
Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind (Senatsurteil vom 26. September
2006 X R 27/03, BFH/NV 2007, 412).
27 bb) Ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung Nachhaltigkeit selbst dann zu bejahen sein, wenn der
Steuerpflichtige nur ein einziges Geschäft oder einen einzigen Vertrag abschließt und sich keine
Wiederholungsabsicht feststellen lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts oder Vertrags eine
Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der
Steuerpflichtige sei nachhaltig tätig geworden. So hat der VIII. Senat des BFH im Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R
40/01 (BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294) eine Nachhaltigkeit aus zahlreichen und mit unbedingter
Veräußerungsabsicht entfalteten Aktivitäten im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundbesitzes
abgeleitet. Der IV. Senat des BFH hat im Urteil vom 28. April 2005 IV R 17/04 (BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606)
darauf verwiesen, dass für die Annahme der Nachhaltigkeit Einzeltätigkeiten nicht ausreichen, die beim Bau eines
jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll. Andernfalls
wäre die Nachhaltigkeit bei der Veräußerung eines einzigen selbst bebauten Grundstücks nicht die Ausnahme,
sondern die Regel. Nur wenn ein Steuerpflichtiger beim Verkauf eines selbst bebauten Grundstücks über einen
längeren Zeitraum Aktivitäten entwickelt, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Objekte
notwendig sind, nicht zurückbleiben, kann die Gesamttätigkeit als nachhaltig beurteilt werden.
28 cc) Im Streitfall erlauben die Feststellungen des FG nicht den Schluss, der Kläger sei nachhaltig tätig geworden. Die
vom Kläger aufgewendeten Baukosten in Höhe von 5.634.210 DM sind nicht so hoch, dass aus ihnen allein
geschlossen werden müsste, er wäre beim Verkauf des Verbrauchermarktes nachhaltig i.S. des § 15 Abs. 2 EStG tätig
geworden (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259). Auch die Tatsache, dass der Kläger noch bis
1. Januar 1994 als Architekt und somit branchennah tätig war (dies ist nach dem BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 IV
R 8, 9/07, BFH/NV 2009, 923 lediglich ein schwaches Beweisanzeichen), er Gewährleistungspflichten übernommen
hat und nach den Regelungen im Kaufvertrag verpflichtet war, eine vorläufige baubehördliche Schlussabnahme
herbeizuführen sowie eine vorläufige Betriebserlaubnis zu beschaffen, führen allein nicht dazu, dass das Handeln des
Klägers als nachhaltig zu qualifizieren wäre. Die Vertragsleistungen des Generalunternehmers könnten dem
Auftraggeber (hier: dem Kläger) für die Prüfung der Nachhaltigkeit dann nicht zugerechnet werden, wenn --wie vom
FG festgestellt, jedoch vom FA als unzutreffend gerügt-- der Generalunternehmervertrag bedingungslos zu einem
Zeitpunkt geschlossen worden wäre, in dem der Kläger noch nicht zum Verkauf des Verbrauchermarktes entschlossen
war und somit keine unbedingte Veräußerungsabsicht hatte.
29 Von einer nachhaltigen Tätigkeit des Klägers wäre aber auszugehen, wenn er über die Feststellungen des FG hinaus
weitere Aktivitäten zur bestmöglichen Verwertung seines Grundbesitzes entfaltet hätte. Hätte er --wie vom FA im
Revisionsverfahren vorgetragen-- die Wirksamkeit des Generalunternehmervertrags vom Zustandekommen eines
Kaufvertrags abhängig gemacht, wären ihm die Vertragsleistungen des Generalunternehmers, den er auch zu
überwachen hatte, gesondert zuzurechnen (BFH-Urteile vom 14. November 1972 VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II
1973, 239; vom 6. Februar 1986 IV R 133/85, BFHE 146, 244, BStBl II 1986, 666; vom 12. Februar 1990 X B 124/88,
BFH/NV 1990, 640; vom 20. September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302; in BFHE 224, 321, BStBl II 2009, 533).
In diesem Fall hätte er Einzeltätigkeiten entfaltet, die weit über das hinausgehen, was zum Bau eines jeden Hauses
erforderlich ist; er wäre damit nachhaltig tätig geworden, selbst wenn er sich nicht --wie vom FA ebenfalls vorgetragen-
- zur Einwerbung eines zahlungskräftigen Mieters für ein im Zeitpunkt des Zustandekommens des Kaufvertrags noch
nicht vermietetes Ladengeschäft zu einem vertraglich bestimmten Mietzins verpflichtet sowie den Bestand der bereits
abgeschlossenen Mietverträge bei Objektübergabe und die Mietzahlungen für einen festgelegten Zeitraum garantiert
hätte. Der Kläger hätte in einer Weise am Marktgeschehen teilgenommen, das dem Bild eines Gewerbetreibenden --
nämlich eines Bauträgers-- entspricht. Das FG wird im zweiten Rechtsgang entsprechende Feststellungen zu treffen
haben.
30 5. Kommt das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, der Kläger sei nachhaltig tätig geworden, weil die
Wirksamkeit des Generalunternehmervertrags vom Zustandekommen eines Kaufvertrags abhängig war, kann der
Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, seine Tätigkeit sei über eine private Vermögensverwaltung nicht
hinausgegangen. In diesem Fall hätte er im Interesse einer bestmöglichen Verwertung seines Grundbesitzes in
unbedingter Veräußerungsabsicht so viele Einzelaktivitäten entwickelt, dass --trotz der Besonderheiten des Streitfalls--
von einer bloßen Vermögensverwaltung nicht mehr gesprochen werden könnte. Er hätte sich dann als Bauträger
betätigt, nämlich als Bauherr im eigenen Namen für eigene Rechnung ein Bauvorhaben durchgeführt und dazu
Vermögenswerte (das zuvor veräußerte Grundstück) der Käuferin verwendet (§ 34c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der
Gewerbeordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung). Insofern indiziert bereits seine im Zusammenhang mit der
Bebauung ausgeübte Tätigkeit die Gewerblichkeit (vgl. hierzu auch Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE
197, 240, BStBl II 2002, 291; oben unter 2.b).
31 6. Sofern das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommt, der Kläger habe sowohl nachhaltig gehandelt als
auch die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten, unterliegt
der gesamte Veräußerungsgewinn der Besteuerung. Die Frage, ob die Wertschöpfung vor oder nach Einlage des
Grundstücks in den Grundstückshandelsbetrieb (durch die Baugenehmigung für den Verbrauchermarkt und den
Abschluss der Mietverträge --so die Einlassung der Kläger; durch die Aktivitäten nach Abschluss des Kaufvertrags-- so
das FG und das FA) zurückzuführen ist, kann im Streitfall dahinstehen. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns
wären in jedem Fall die Anschaffungskosten des Grundstücks anzusetzen, da der Kläger das Grundstück innerhalb
von drei Jahren nach Anschaffung (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG) in das Betriebsvermögen seines gewerblichen
Grundstückshandels eingelegt hätte.
32 7. Da die Revision aus anderen Gründen zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG führt, ist nicht darüber zu
entscheiden, ob die Kläger auch infolge eines Verfahrensfehlers in ihren Rechten verletzt sind (BFH-Urteil vom 15.
Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316).
33 8. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Tz 36 Satz 3 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen
(BMF) vom 26. März 2004 IV A 6 -S 2240- 46/04 (BStBl I 2004, 434), wonach Regelungen der Tz 28, aus denen sich
nachteilige Folgen für den Steuerpflichtigen ergeben, erst auf Veräußerungen nach dem 31. Mai 2002 anzuwenden
sind, im vorliegenden Verfahren nicht zur Anwendung kommen kann. Zum einen gilt Tz 28 nur für Wohnobjekte, so
dass im Streitfall Tz 29 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 434 einschlägig wäre. Zum anderen konnte auch nach Tz
9 Abs. 2 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 1990 IV B 2 -S 2240- 61/90 (BStBl I 1990, 884) die Veräußerung von
weniger als vier "anderen Objekten" (z.B. Mehrfamilienhäuser, Büro-, Hotel-, Fabrik- oder Lagergrundstücke) einen
gewerblichen Grundstückshandel begründen. Zudem sind Übergangserlasse der Finanzverwaltung zwar auch von
den Steuergerichten zu beachten (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom
19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BStBl II 1972, 603, 609; BFH-Urteil vom 15. Januar 1986 II R 141/83, BFHE 145,
453, BStBl II 1986, 418, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Januar 1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990,
261). Seit Inkrafttreten der Abgabenordnung (AO) können die Steuergerichte diese jedoch nicht mehr im
Anfechtungsverfahren gegen Steuerbescheide bzw. Feststellungsbescheide berücksichtigen (BFH-Urteile vom 28.
November 1980 VI R 226/77, BFHE 132, 264, BStBl II 1981, 319, und vom 28. April 1987 IX R 40/81, BFH/NV 1987,
712). Daran hat sich auch durch die am 1. Januar 1996 in Kraft getretene Regelung, wonach auch die Ablehnung
einer Billigkeitsmaßnahme mit einem Einspruch angefochten wird (vgl. § 347 AO i.d.F. des Grenzpendlergesetzes vom
24. Juni 1994, BStBl I 1994, 440), nichts geändert (vgl. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 227 AO Rz 376).