Urteil des BFH vom 16.07.2003

BFH (unrichtigkeit, kläger, unterlassen, anfechtung, rechtsmittel, bekanntgabe, einspruch, sache, festsetzung, frist)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 5.5.2009, VIII B 56/08
Kein Klärungsbedarf hinsichtlich Verjährung für Folgebescheid, wenn Grundlagenbescheid versehentlich in
Änderungsbescheide nicht übernommen wird oder bei angefochtenem Grundlagenbescheid
Gründe
1 Die Beschwerde ist unbegründet. Revisionszulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben.
2 1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügte Abweichung der angefochtenen Entscheidung vom
Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Juli 2003 X R 37/99 (BFHE 203, 14, BStBl II 2003, 867) liegt nicht vor. Den
von den Klägern angeführten Rechtssatz "Das erneute Unterlassen der Auswertung eines Grundlagenbescheides ist
eine offenbare Unrichtigkeit, die nicht zu einer erneuten Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
führt", hat das Finanzgericht (FG) nicht aufgestellt. In Anknüpfung an das vorstehend genannte BFH-Urteil hat das FG
lediglich ausgeführt, dass das versehentliche Nichtbeachten eines Grundlagenbescheides eine offenbare Unrichtigkeit
i.S. des § 129 AO darstellt. Das FG hat weder darauf abgestellt, ob die offenbare Unrichtigkeit auf einem positiven Tun
oder einem Unterlassen beruht, noch ist es in irgendeiner Weise von der BFH-Entscheidung vom 8. März 1989 X R
116/87 (BFHE 156, 59, BStBl II 1989, 531) abgewichen, in der der BFH darauf hingewiesen hat, dass es in Fällen, in
denen ein Fehler nacheinander in mehreren Änderungsbescheiden bloß wiederholt wird, für den Ablauf der
Festsetzungsfrist allein auf den ursprünglichen Bescheid ankommt, der das Versehen erstmals enthielt. Da diese
Problematik höchstrichterlich entschieden ist und weiterer --über den Einzelfall der Kläger hinausgehender--
Klärungsbedarf nicht erkennbar ist, hat diese Frage auch keine grundsätzliche Bedeutung.
3 2. Nämliches gilt für die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, "Läuft die zweijährige Frist des § 171 Abs. 10 AO
mit Bekanntgabe des Grundlagenbescheides an oder ist der Anlauf gehemmt, bis über Rechtsmittel gegen den
Grundlagenbescheid unanfechtbar entschieden worden ist?". Auch insoweit fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit.
Bereits mit Urteil vom 19. Januar 2005 X R 14/04 (BFHE 208, 410, BStBl II 2005, 242) hat der BFH entschieden, dass
die Anfechtung eines Grundlagenbescheids mit Einspruch oder Klage nicht dazu führt, dass die für die Festsetzung der
Folgesteuern maßgebende Festsetzungsfrist bis zur Unanfechtbarkeit des (geänderten) Feststellungsbescheids
gehemmt wird. Das BFH-Urteil vom 30. November 1999 IX R 41/97 (BFHE 190, 71, BStBl II 2000, 173) widerstreitet dem
nicht, da der IX. BFH-Senat sich der Auffassung des X. BFH-Senats --wie aus dem Urteil in der Sache X R 14/04
erkennbar ist-- angeschlossen hat. Nicht in Widerspruch dazu steht auch das BFH-Urteil vom 28. November 2007 X R
11/07 (BFHE 220, 3, BStBl II 2008, 335). Denn jenes Urteil betrifft lediglich die Feststellungslast für die Änderung eines
Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bei Unklarheiten über die im ursprünglichen Folgebescheid
angesetzten Besteuerungsgrundlagen.
4 3. Soweit die Kläger es für grundsätzlich bedeutsam erachtet haben, dass nach der Rechtsprechung des X. BFH-
Senats "eine Vielzahl von Folgeproblemen nur mit einer analogen Anwendung des § 171 Abs. 10 AO gelöst werden
könnten" und ob die Änderung verfahrensrechtlicher Rechtsprechung rückwirkend zu Ungunsten eines
Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könne, erfüllt die Beschwerdebegründung schon nicht die Anforderungen an
die Darlegung von Revisionszulassungsgründen (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 25 ff. und § 115 Rz 23 ff., jeweils m.w.N.).