Urteil des BFH vom 19.01.2010

Dieser BFH-Beschluss ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangen und deshalb mit BFH-Beschluss vom 24.11.2010 IV B 136/08 ersatzlos aufgehoben worden; er ist wirkungslos

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 19.1.2010, IV B 136/08
Dieser BFH-Beschluss ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangen und deshalb mit BFH-Beschluss vom
24.11.2010 IV B 136/08 ersatzlos aufgehoben worden; er ist wirkungslos
Gründe
1
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) keinen Revisionsgrund i.S. von § 116
Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt hat.
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1. Der Kläger hätte zur Darlegung der geltend gemachten Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) einander
widersprechende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und den
Entscheidungen andererseits, von denen die Vorinstanz abgewichen sein soll, gegenüberstellen müssen (vgl. z.B.
Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Mai 2009 IV B 55/08, BFH/NV 2009, 1432, m.w.N.). Das setzt voraus,
dass die Entscheidungen des BFH, zu denen das Urteil des FG nach Auffassung des Klägers im Widerspruch steht,
zur gleichen rechtlichen Problematik ergangen sind (BFH-Beschluss vom 28. November 2006 VII B 97/06, BFH/NV
2007, 647).
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Die vom Kläger zitierten Urteile sind allerdings zur Teilwertabschreibung eines nach damaliger Rechtslage nicht
abnutzbaren Firmenwertes ergangen (früher: § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Vorliegend ist
das FG jedoch von einer Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) ausgegangen. Der
Kläger hätte für eine Divergenz darlegen müssen, dass das FG-Urteil von einer hierzu ergangenen Entscheidung des
BFH abgewichen ist.
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2. Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass die zu seiner Begründung
vorgetragenen Tatsachen --ihre Richtigkeit unterstellt-- einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO
ergeben (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Februar 2008 IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974, m.w.N.). Hieran fehlt es im
Streitfall.
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a) Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, das FG habe durch eine Überraschungsentscheidung oder eine
Verletzung der Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des
Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO).
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Eine Überraschungsentscheidung ist anzunehmen, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten
rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein
gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen
nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren,
verpflichtet das Gericht indes nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten
umfassend zu erörtern oder sie ihnen im Voraus anzudeuten. Auf naheliegende tatsächliche oder rechtliche
Gesichtspunkte braucht das Gericht zumindest dann nicht hinzuweisen (§ 76 Abs. 2 FGO), wenn die Beteiligten --wie
im Streitfall-- fachkundig vertreten sind. Abgesehen davon muss ein Beteiligter bei unklarer Sach- und/oder
Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht
ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (BFH-Beschluss vom 7. Mai 2009 IX B 13/09, BFH/NV 2009, 1266,
m.w.N.).
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Es ist bereits zweifelhaft, ob demnach der Vortrag des Klägers eine Überraschungsentscheidung oder eine Verletzung
der Hinweispflicht hinreichend darlegt. Dies kann aber dahinstehen. Denn der Kläger hätte jedenfalls auch darlegen
müssen, was er noch vorgetragen hätte, wenn ihm rechtliches Gehör gewährt worden wäre (BFH-Beschlüsse vom 25.
Januar 2008 X B 179/06, BFH/NV 2008, 608; vom 21. November 2003 III B 43/03, BFH/NV 2004, 371). Dies hat er
aber nicht getan. Vielmehr trägt er vor, weshalb er von vorneherein keine weiteren Ausführungen gemacht hat.
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b) Soweit der Kläger darüber hinaus die Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) rügt, genügt
seine Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.
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Danach muss dargelegt werden, weshalb sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG eine
weitere Aufklärung des Sachverhaltes hätte aufdrängen müssen. Da es sich insoweit um einen verzichtbaren Mangel
handelt (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), muss der Beschwerdeführer auch vortragen, dass die
Nichterhebung der Beweismittel bei nächster sich bietender Gelegenheit gerügt worden ist oder nicht gerügt werden
konnte (BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).
10 Der Kläger bringt lediglich vor, das FG hätte bei Zweifeln über die Angemessenheit des Unternehmerlohns ein
Gutachten darüber einholen müssen. Genaue Ausführungen fehlen, weshalb sich dem FG eine weitere Aufklärung
hätte aufdrängen müssen. Die Begründung enthält außerdem keine schlüssigen Angaben, weshalb der Kläger dies in
der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat. Denn der Kläger trägt selbst vor, der Einzelrichter habe seine --des
Klägers-- Berechnung des angemessenen Unternehmerlohns in einem Gesichtspunkt in Frage gestellt. Demnach war
für den fachkundig vertretenen Kläger bereits nach seinem eigenen Vortrag erkennbar, dass seine Berechnung für
das Gericht zweifelhaft war. Er hätte demnach einen entsprechenden Beweisantrag stellen oder zumindest die bislang
unterlassene, nach seiner Auffassung notwendige Sachaufklärung von Amts wegen rügen können und müssen.