Urteil des BAG vom 07.06.2018

Einspruch gegen ein Versäumnisurteil des Bundesarbeitsgerichts - Vertretungszwang

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 7. Juni 2018
Achter Senat
- 8 AZR 26/17 -
ECLI:DE:BAG:2018:070618.U.8AZR26.17.0
I. Arbeitsgericht Frankfurt am Main
Urteil vom 11. Januar 2016
- 9 Ca 4991/15 -
II. Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 1. November 2016
- 8 Sa 301/16 -
Entscheidungsstichworte:
Einspruch gegen ein Versäumnisurteil des Bundesarbeitsgerichts - Ver-
tretungszwang
ECLI:DE:BAG:2018:070618.U.8AZR26.17.0
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BUNDESARBEITSGERICHT
8 AZR 26/17
8 Sa 301/16
Hessisches
Landesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes!
URTEIL
Wirth, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin,
pp.
Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne mündliche Verhandlung
am 7. Juni 2018 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht
Prof. Dr. Schlewing, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winter und den
Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Vogelsang sowie den ehrenamtlichen
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8 AZR 26/17
ECLI:DE:BAG:2018:070618.U.8AZR26.17.0
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Richter von Schuckmann und den ehrenamtlichen Richter Dr. Volz für Recht
erkannt:
Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil
des Senats vom 23. November 2017 - 8 AZR 26/17 - wird
als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Revisionsverfah-
rens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die
Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen von dieser behaup-
teter Diskriminierungen zu zahlen.
Die Klage war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Lan-
desarbeitsgericht erfolglos. In dem im Revisionsverfahren vor dem Bundesar-
beitsgericht bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. November
2017 hat die Klägerin keinen Antrag gestellt. Daraufhin ist gegen die Klägerin
ein ihre Revision zurückweisendes Versäumnisurteil ergangen, das ihr persön-
lich am 2. Dezember 2017 und ihrem Prozessbevollmächtigten am
7. Dezember 2017 zugestellt wurde. Hiergegen hat die Klägerin selbst mit ei-
nem am 4. Dezember 2017 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schrift-
satz vom 30. November 2017 sowie mit einem weiteren, am 7. Dezember 2017
beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. Dezember 2017
Einspruch eingelegt.
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Entscheidungsgründe
I.
Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Senats
vom 23. November 2017 - 8 AZR 26/17 - war gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO
als unzulässig zu verwerfen. Der von der Klägerin selbst eingelegte Einspruch
entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
1.
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 ArbGG müssen sich die Parteien vor dem
Bundesarbeitsgericht grundsätzlich durch Prozessbevollmächtigte vertreten
lassen. Da § 72 Abs. 6 ArbGG - anders als § 64 Abs. 7 ArbGG dies für das Be-
rufungsverfahren bestimmt - die Bestimmung des § 59 Satz 2 ArbGG nicht in
Bezug nimmt, erfasst die Notwendigkeit der Vertretung neben der Revisionsein-
legung und -begründung auch die Einlegung des Einspruchs gegen ein im Re-
visionsverfahren ergangenes Versäumnisurteil
. Die Voraussetzungen, unter denen eine Partei nach § 11
Abs. 4 Satz 2 ArbGG zur Vertretung berechtigt wäre, liegen im Fall der Klägerin
nicht vor. Etwas Abweichendes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin
nicht etwa daraus, dass das Versäumnisurteil des Senats vom 23. November
2017 - 8 AZR 26/17 - keinen Hinweis auf den für die Einlegung des Einspruchs
geltenden Vertretungszwang enthält. Dies folgt bereits daraus, dass der Ein-
spruch gegen ein Versäumnisurteil kein Rechtsmittel iSv. § 9 Abs. 5 ArbGG ist.
2.
Die Klägerin wurde zudem mit gerichtlichem Schreiben vom 11. April
2018, das ihr persönlich am 14. April 2018 und ihrem Prozessbevollmächtigten
am 18. April 2018 zugestellt worden ist, auf ihre fehlende Postulationsfähigkeit
hingewiesen. Selbst wenn man annähme, dass mit der Zustellung dieses Hin-
weises eine neue Frist zur formgerechten Einlegung des Einspruchs nach
§§ 565, 539 Abs. 3, 339 ZPO in Gang gesetzt worden wäre, hätte die Klägerin
diese Frist ebenfalls nicht - durch einen von ihrem Prozessbevollmächtigten
eingelegten Einspruch - gewahrt, obgleich ihr dies möglich gewesen wäre.
Denn die Klägerin war nach wie vor anwaltlich vertreten. Sämtliche Anträge, die
Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gemäß Beschluss des Senats vom
8. Februar 2017
aufzuheben, waren zurückgewiesen worden.
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Ihre hiergegen gerichteten Anhörungsrügen und Gegenvorstellungen waren
erfolglos geblieben.
3.
Die Anträge der Klägerin, sie vom Vertretungszwang für das Einlegen
des Einspruchs zu befreien, waren ebenfalls zurückzuweisen. Das Gesetz sieht
eine derartige Befreiungsmöglichkeit nicht vor.
4.
Da keine verfassungsrechtlich erheblichen Gesichtspunkte ersichtlich
sind, die Anlass geben könnten, an der Verfassungsgemäßheit von § 11 Abs. 4
ArbGG zu zweifeln, bedurfte es auch keiner Aussetzung des Verfahrens wegen
einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG
.
II.
Die Entscheidung konnte nach §§ 565, 539 Abs. 3, 341 Abs. 2 ZPO
durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Schlewing
Winter
Vogelsang
Schuckmann
Volz
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