Urteil des BAG vom 10.09.2020

Insolvenzrechtliche Einordnung der Urlaubsabgeltung

Bundesarbeitsgericht
Teilurteil vom 10. September 2020
Sechster Senat
- 6 AZR 94/19 (A) -
ECLI:DE:BAG:2020:100920.U.6AZR94.19A.0
I. Arbeitsgericht Potsdam
Urteil vom 6. März 2018
- 3 Ca 1881/17 -
II. Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg
Urteil vom 10. Oktober 2018
- 23 Sa 505/18 -
Entscheidungsstichwort:
Insolvenzrechtliche Einordnung der Urlaubsabgeltung
Leitsätze:
1. Die Urlaubsabgeltung ist eine (Neu-)Masseverbindlichkeit, wenn der Ar-
beitnehmer vom (starken vorläufigen) Insolvenzverwalter bis zur Beendi-
gung des Arbeitsverhältnisses zur Arbeitsleistung herangezogen worden
ist.
2. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts will die Auffassung ver-
treten, dass eine quotale Berichtigung dieser Verbindlichkeit der Systema-
tik der Insolvenzordnung widerspricht. Er sieht sich an einer entsprechen-
den Entscheidung durch das Urteil des Neunten Senats des Bundesar-
beitsgerichts vom 21. November 2006
gehindert und fragt daher gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG beim Neunten
Senat an, ob dieser an seiner Rechtsprechung festhält.
ECLI:DE:BAG:2020:100920.U.6AZR94.19A.0
- 2 -
BUNDESARBEITSGERICHT
6 AZR 94/19 (A)
23 Sa 505/18
Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
10. September 2020
TEILURTEIL
Schuchardt, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,
pp.
Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ver-
handlung vom 10. September 2020 durch die Vorsitzende Richterin am Bundes-
arbeitsgericht Spelge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krumbiegel und
Dr. Heinkel sowie die ehrenamtliche Richterin Klar und den ehrenamtlichen
Richter Klapproth für Recht erkannt:
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6 AZR 94/19 (A)
ECLI:DE:BAG:2020:100920.U.6AZR94.19A.0
- 3 -
I.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts
Berlin-Brandenburg
vom
10. Oktober 2018 - 23 Sa 505/18 - wird zurückgewie-
sen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf
Zahlung von Entgelt für den Monat Oktober 2017 rich-
tet.
II. Im Übrigen wird die Verhandlung ausgesetzt.
1. Der Sechste Senat möchte die Auffassung vertreten,
dass bei Insolvenz des Arbeitgebers im Falle der
Masseunzulänglichkeit oder der vorläufigen starken
Insolvenzverwaltung der Anspruch des Arbeitneh-
mers auf Urlaubsabgeltung vollständig als Neu-
masseverbindlichkeit zu berichtigen ist, falls der
(starke vorläufige) Insolvenzverwalter die Arbeits-
leistung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeits-
verhältnisses nach § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO oder
nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO in Anspruch genom-
men hat.
2. Damit weicht der Senat von der Rechtsprechung des
Neunten Senats ab, wonach im Anwendungsbereich
des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur der auf die Dauer
der nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit tat-
sächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung ent-
fallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs eine Neu-
masseverbindlichkeit darstellt
.
3. Der Sechste Senat fragt nach § 45 Abs. 3 Satz 1
ArbGG an, ob der Neunte Senat an seiner Rechts-
auffassung festhält.
III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vor-
behalten.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Urlaubsabgeltung
und Entgelt für geleistete Arbeit.
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Der Kläger war seit 2003 bei der gemäß Handelsregistereintragung vom
29. Dezember 2017 zwischenzeitlich in Abwicklungsgesellschaft H AG umfirmier-
ten Firma g AG (im Folgenden Schuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängerin be-
schäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrags idF vom 6. Juni 2017 war der Kläger
als Montageleiter für eine Vergütung von 3.900,00 Euro brutto monatlich tätig.
Nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
Schuldnerin beantragt worden war, wurde die Beklagte mit Beschluss des Insol-
venzgerichts vom 16. August 2017 zunächst als sog. schwache vorläufige Insol-
venzverwalterin eingesetzt
. Mit Beschluss
des Insolvenzgerichts vom 6. September 2017 wurde die Beklagte zur sog. star-
ken vorläufigen Insolvenzverwalterin mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Der Schuldnerin wurde ein allge-
meines Verfügungsverbot auferlegt
.
Der Kläger erbrachte seine Arbeitsleistung jedenfalls bis zum 29. Sep-
tember 2017. Mit Schreiben vom 29. September 2017, welches er am selben Tag
dem in der Kanzlei der Beklagten tätigen Rechtsanwalt B übergab, kündigte der
Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos und erklärte für den Fall, dass eine fristlose
Kündigung aus wichtigem Grund „wider Erwarten nicht gerechtfertigt sein sollte“,
vorsorglich hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeit-
punkt. Zur Begründung der Kündigung führte er an, dass ihm wegen der drohen-
den Insolvenz „eine Zukunft in dem Unternehmen nicht über den 1. November
2017 hinaus garantiert werden könne“. Aus unternehmerischer Sicht sei wegen
des Verhaltens der Insolvenzverwaltung ein Fortbestehen des Unternehmens
nicht mehr gewährleistet. Nach Aussage der Beklagten würden nur noch Projekte
weitergeführt, die bis zum 30. November 2017 fertiggestellt werden könnten. Die
Kunden seien durch den Produktionsstillstand der letzten acht Wochen verunsi-
chert. Sein Vertrauen in die Beklagte als Arbeitgeberin sei zutiefst erschüttert.
Am 13. und 15. September 2017 sowie am 2. Oktober 2017 erhielt der
Kläger Auslagenvorschüsse iHv. insgesamt 1.200,00 Euro, welche die Beklagte
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im September 2017 bewilligt hatte. Am 5. und 6. Oktober 2017 schrieb er in
dienstlichen Angelegenheiten E-Mails an einen Kollegen bzw. an einen Kunden.
Ab dem 9. Oktober 2017 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Dennoch sandte
er am 11. Oktober 2017 wiederum eine dienstliche E-Mail an einen Kollegen. Mit
Schreiben vom 11.
Oktober 2017 „bestätigte“ die Beklagte den Eingang des
Schreibens des Klägers vom 29.
September 2017 und „akzeptierte (ohne Präju-
diz für die Sach- und Rechtslage) die darin ausgesprochene fristlose Kündigung
des Arbeitsverhältnisses“. Am 23. Oktober 2017 gab der Kläger seine Arbeitsmit-
tel und das Dienstfahrzeug zurück.
Am 1. November 2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermö-
gen der Schuldnerin eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt.
Mit seiner Zahlungsklage hat der Kläger für die ihm zum Zeitpunkt seiner
außerordentlichen Kündigung noch unstreitig zustehenden 20 Tage Erholungs-
urlaub eine Urlaubsabgeltung iHv. 3.391,30 Euro brutto sowie Arbeitsentgelt für
den Monat Oktober 2017 iHv. zuletzt 1.418,18 Euro brutto verlangt.
Das Arbeitsverhältnis habe erst mit der Akzeptanz der außerordentlichen
Kündigung durch die Beklagte am 11. Oktober 2017 geendet, da offensichtlich
keine hinreichenden Gründe für eine fristlose Kündigung vorgelegen hätten. Dem
stehe nicht entgegen, dass Rechtsanwalt B die fristlose Kündigung am
29. September 2017 wegen Fehlens eines wichtigen Grundes mündlich zurück-
gewiesen habe. Dieser habe bezüglich der Frage der Wirksamkeit der Kündigung
stets auf die Entscheidungsbefugnis der Beklagten verwiesen und den Kläger
aufgefordert, einstweilen weiterhin seine Arbeitsleistung zu erbringen. Ab dem
29. September 2017 habe er daher entsprechend seiner Aufgabenstellung wei-
terhin die Montageeinsätze koordiniert und sei von ca. 08:00 Uhr bis ca.
17:00 Uhr täglich in seinem Büro auf dem Gelände der Schuldnerin gewesen.
Die Fortsetzung seiner Tätigkeit sei durch den E-Mail-Verkehr sowie die Auszah-
lung der Vorschüsse dokumentiert.
Die Beklagte schulde sowohl die Urlaubsabgeltung als auch die anteilige
Vergütung für den Monat Oktober 2017 als Masseverbindlichkeit, weil sie seine
Arbeitsleistung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als starke vorläufige
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Insolvenzverwalterin in Anspruch genommen habe. Eine Einordnung der Ur-
laubsabgeltungsansprüche als bloße Insolvenzforderung sei auch mit dem
unionsrechtlich gewährleisteten Schutz der Urlaubsansprüche nicht vereinbar.
Der Kläger hat daher zuletzt beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Be-
trag iHv. 3.391,30 Euro brutto zzgl. Zinsen iHv. fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
15. Dezember 2017 zu zahlen sowie
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Be-
trag iHv. 1.418,18 Euro brutto zzgl. Zinsen iHv. fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
15. Dezember 2017 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage als unbegründet beantragt.
Das Arbeitsverhältnis sei durch die fristlose Eigenkündigung des Klägers bereits
am 29. September 2017 beendet worden. Rechtsanwalt B sei nicht berechtigt
gewesen, eine Kündigung zu „akzeptieren“ oder sie zurückzuweisen. Er habe
dies auch nicht getan, sondern lediglich erklärt, dass er die Kündigung entgegen-
nehme und den Kläger gebeten, seine Entscheidung zu überdenken. Der Kläger
habe aber ausdrücklich an seiner Kündigung festgehalten. Über die Akzeptanz
der fristlosen Kündigung habe nur sie selbst entscheiden können. Ob und ggf.
welche Arbeitsleistungen der Kläger auf wessen Veranlassung hin ab dem
29. September 2017 für die Schuldnerin erbracht habe, entziehe sich ihrer Kennt-
nis. Die Erbringung solcher Leistungen werde bestritten.
Jedenfalls handle es sich bei etwaigen Ansprüchen des Klägers allenfalls
um Insolvenzforderungen und nicht um Masseverbindlichkeiten. Das Arbeitsver-
hältnis sei vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Senat hat mit Be-
schluss vom 14. März 2019 die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Klä-
ger seine Klageziele weiter.
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Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der
Entgeltansprüche für Oktober 2017 richtet. Bezogen auf die streitgegenständli-
che Urlaubsabgeltung ist dem Senat eine abschließende Entscheidung noch
nicht möglich. Der Senat möchte die Auffassung vertreten, dass bei Insolvenz
des Arbeitgebers im Falle der Masseunzulänglichkeit oder der vorläufigen star-
ken Insolvenzverwaltung der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung
vollständig als (Neu-)Masseverbindlichkeit zu berichtigen ist, falls der (starke vor-
läufige) Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses nach § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO oder nach § 55 Abs. 2
Satz 2 InsO in Anspruch genommen hat. Damit weicht der Senat von der Recht-
sprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts ab, wonach im An-
wendungsbereich des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur der auf die Dauer der nach
Anzeige der Masseunzulänglichkeit tatsächlich entgegengenommenen Arbeits-
leistung entfallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs eine Neumasseverbindlich-
keit darstellt
. Daher bedarf es hinsichtlich dieses Streitgegenstands nach § 45 Abs. 3
Satz 1 ArbGG einer Anfrage bei diesem Senat, ob er an seiner bisherigen
Rechtsauffassung festhält. Bis zu dessen Entscheidung ist die Verhandlung in-
soweit entsprechend § 148 Abs. 1 ZPO auszusetzen.
I.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger behauptet, die eingeklagten Forderun-
gen stünden ihm als Masseverbindlichkeiten zu. Beruft sich der Arbeitnehmer auf
eine vorweg zu berichtigende Masseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 55 InsO, ist die
Klage nicht unzulässig, sondern unbegründet, wenn es sich tatsächlich um eine
Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO handelt, die unter den in §§ 179,
180 InsO geregelten Voraussetzungen mit einer Feststellungsklage zu verfolgen
wäre
.
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II.
Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger Vergütung für den Monat
Oktober 2017 verlangt. Hierfür besteht keine Anspruchsgrundlage.
1.
Mangels Bestands eines Arbeitsverhältnisses hat der Kläger für diesen
Monat weder einen Anspruch auf Entgelt für geleistete Arbeit gemäß § 611a
Abs. 2 BGB noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 EFZG. Das
Landesarbeitsgericht hat ohne revisiblen Rechtsfehler angenommen, das Ar-
beitsverhältnis habe aufgrund der fristlosen Eigenkündigung des Klägers vom
29. September 2017 an diesem Tag geendet.
a)
Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob für die fristlose Ei-
genkündigung des Klägers ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vorgele-
gen und der Kläger die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt habe. Jedenfalls sei
es ihm nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ver-
wehrt, sich auf die Unwirksamkeit seiner außerordentlichen Kündigung vom
29. September 2017 zu berufen. Dies verstoße gegen das Verbot widersprüchli-
chen Verhaltens. Der Kläger habe in seinem Kündigungsschreiben ausführlich
dargelegt, aus welchen Gründen er keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit
mit der Beklagten mehr sehe. Für die Zeit nach dem 29. September 2017 sei
weder eine einvernehmliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch der Ab-
schluss eines neuen Arbeitsvertrags erfolgt. Der Kläger habe diesbezüglich kei-
nen hinreichenden Tatsachenvortrag erbracht. Bezüglich der behaupteten Ar-
beitsleistung ab dem 1. Oktober 2017 sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte
Kenntnis von einer solchen Arbeitsleistung gehabt habe. Soweit der Kläger be-
haupte, dass Rechtsanwalt B ihn bei der Übergabe des Kündigungsschreibens
zur Weiterarbeit aufgefordert habe, liege darin keine bindende Erklärung für die
Beklagte, die nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien allein die
verbindliche Entscheidung darüber habe treffen können. Es sei auch nicht er-
sichtlich, dass Rechtsanwalt B Kenntnis von der behaupteten Fortsetzung
der Arbeitstätigkeit gehabt habe. Hinsichtlich der Vorschusszahlungen, welche
zuletzt am 2. Oktober 2017 iHv. 400,00 Euro erfolgt seien, führt das Landesar-
beitsgericht an, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zah-
lung des Auslagenvorschusses im September 2017 noch keine Kenntnis von der
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außerordentlichen Eigenkündigung des Klägers gehabt habe, da diese erst am
letzten Arbeitstag dieses Monats erklärt worden sei.
b)
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung
stand.
aa)
Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sach-
lage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung
vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechts-
begriffs nur eingeschränkt überprüfbar. Die Kontrolle durch das Bundesarbeits-
gericht beschränkt sich darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht den
Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es sich bei der Unterordnung des Sachver-
halts unter die maßgebliche Rechtsnorm den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO
entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine
Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich wider-
spruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze
verstößt
.
bb)
Zugunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass für seine
außerordentliche Kündigung vom 29. September 2017 kein wichtiger Grund iSd.
§ 626 Abs. 1 BGB bestand. Es verstößt jedoch gegen das Verbot widersprüchli-
chen Verhaltens, wenn er nunmehr geltend macht, die außerordentliche Kündi-
gung vom 29. September 2017 habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Dies
hat das Landesarbeitsgericht ohne revisiblen Rechtsfehler erkannt.
(1)
Auch die vom Arbeitnehmer ausgesprochene außerordentliche Kündi-
gung bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines wichtigen Grundes. Es gelten dieselben
Maßstäbe wie für die Kündigung des Arbeitgebers
. Fehlt es an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB oder
ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten, so zeigt die außerordentliche
Kündigung als solche keine Wirkung
. Eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers kann auch
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nicht gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gelten, weil eine Kün-
digungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG eine Eigenkündigung des Arbeitneh-
mers nicht zum Gegenstand haben kann
.
(2)
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine von ihm erklärte außeror-
dentliche Kündigung sei wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 626 BGB
unwirksam, so kann dieses Recht nur in den Schranken von Treu und Glauben
ausgeübt werden. Aus § 242 BGB folgt ua. der Grundsatz des Verbots wider-
sprüchlichen Verhaltens (sog. „venire contra factum proprium“). Eine gemäß
§ 623 BGB schriftlich und ohne jedes Drängen des Arbeitgebers abgegebene
Kündigungserklärung spricht regelmäßig für eine ernsthafte und endgültige Lö-
sungsabsicht. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer schriftlich erklärten
Eigenkündigung ist daher regelmäßig treuwidrig. Es obliegt regelmäßig allein
dem Kündigungsempfänger, ob er eine unberechtigte fristlose Kündigung seines
Vertragspartners hinnimmt oder ob er ihre Unwirksamkeit geltend macht. Ent-
schließt er sich, eine mit ernsthaftem Lösungswillen ausgesprochene fristlose
Kündigung gegen sich gelten zu lassen, so liegt darin grundsätzlich eine hinzu-
nehmende schutzwerte Disposition
.
(3)
Ausgehend von diesen Grundsätzen greifen die Rügen der Revision be-
zogen auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. September 2017
nicht durch.
(a)
Das Landesarbeitsgericht hat mit Blick auf die ausführliche Begründung
der Eigenkündigung zu Recht einen ernsthaften Lösungswillen des Klägers an-
genommen.
(b)
Die Beklagte hat die fristlose Kündigung ausweislich ihres Schreibens
vom 11. Oktober 2017 akzeptiert. Die Erklärungen von Rechtsanwalt B hat
das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als unbeachtlich angesehen. Hinsicht-
lich der Frage einer Akzeptanz der Kündigung gehen beide Parteien davon aus,
dass Rechtsanwalt B diesbezüglich auf die alleinige Entscheidungskompetenz
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der Beklagten verwiesen hat. Dabei ist nicht entscheidend, ob die außerordentli-
che Kündigung offensichtlich unwirksam war. Bezogen auf das Gespräch mit
Rechtsanwalt B ist vielmehr maßgeblich, dass diesem auch nach Einschätzung
des Klägers keine Entscheidungskompetenz bezüglich des Bestands des Ar-
beitsverhältnisses zukam und er auch nicht den Anschein erweckte, über eine
solche zu verfügen. Dem Kläger musste daher nach seinem eigenen Vortrag klar
sein, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, wenn auch nur während
des Laufs der Kündigungsfrist, unabhängig von den behaupteten Äußerungen
von Rechtsanwalt B ohne Zustimmung der Beklagten nicht möglich war.
(4)
Die bezüglich des Gesprächsverlaufs mit Rechtsanwalt B angebotenen
Beweise des Klägers mussten deshalb entgegen der Rügen der Revision nicht
erhoben werden.
cc)
Eine konkludente Vereinbarung mit der allein entscheidungsbefugten Be-
klagten über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumindest bis zum Ablauf
der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist bzw. über eine Neubegrün-
dung des Arbeitsverhältnisses ist nicht zustande gekommen. Dem Vortrag des
Klägers sind weder entsprechende Erklärungen noch Verhaltensweisen der Be-
klagten zu entnehmen. Dies gilt auch bezüglich des am 2. Oktober 2017 geleis-
teten Auslagenvorschusses. Das Landesarbeitsgericht hat dieser Zahlung mit
Blick auf die zeitlichen Abläufe insoweit keinen Erklärungswert beigemessen. Es
hat angenommen, der Kläger habe am Freitag, den 29. September 2017, gekün-
digt. Der Zahlungseingang sei am darauffolgenden Montag erfolgt. Die Schluss-
folgerung des Landesarbeitsgerichts, der Vorschuss sei vor der Eigenkündigung
beschlossen worden, entspricht der Lebenswahrscheinlichkeit und lässt darum
keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision erhebt diesbezüglich auch keine Rü-
gen.
dd)
Das Arbeitsverhältnis gilt auch nicht gemäß § 625 BGB als auf unbe-
stimmte Zeit verlängert.
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(1)
Wird das Dienstverhältnis nach dem Ablauf der Dienstzeit von dem Ver-
pflichteten mit Wissen des anderen Teils fortgesetzt, so gilt es gemäß § 625 BGB
als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Teil unverzüglich
widerspricht. Die Vorschrift regelt die stillschweigende (unveränderte) Verlänge-
rung von Dienstverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien
. Die fingierte Bereitschaft des Dienstbe-
rechtigten, das Dienstverhältnis fortzusetzen, setzt voraus, dass ihm bekannt ist,
dass der Dienstverpflichtete für ihn weitere Dienstleistungen erbringt. Es kommt
auf die Kenntnis des geschäftsfähigen Dienstberechtigten oder seines Vertreters
an, wobei sich die Vertretungsmacht auf den Abschluss eines Dienst- bzw. Ar-
beitsvertrags beziehen muss. Ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit kommt
zB dann nicht zustande, wenn lediglich Kollegen des Arbeitnehmers über dessen
weiteres Verbleiben am Arbeitsplatz unterrichtet sind, die den Endzeitpunkt des
Arbeitsverhältnisses nicht kennen und nicht zur Entscheidung über das weitere
Verbleiben des Arbeitnehmers befugt sind
.
(2)
Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er unmittelbar
über den 29. September 2017 hinaus seine Arbeitsleistung tatsächlich erbracht
hat. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, es sei nicht ersichtlich, dass die
Beklagte die erforderliche Kenntnis von der behaupteten Arbeitsleistung gehabt
habe. Gleiches gelte bezüglich etwaiger einstellungsberechtigter Vertreter. Dies
greift die Revision nicht an.
2.
Der Kläger kann Entgeltansprüche für Oktober 2017 auch nicht auf der
Grundlage eines faktischen oder fehlerhaften Arbeitsverhältnisses verlangen.
a)
Ein faktisches (genauer: fehlerhaftes) Arbeitsverhältnis besteht, wenn ein
Arbeitnehmer ohne wirksame Vertragsgrundlage Arbeit geleistet hat. Vorausset-
zung eines solchen fehlerhaften Arbeitsverhältnisses ist zunächst eine Willensei-
nigung als tatsächlicher Akt, dh. es müssen zwei korrespondierende, auf den Ab-
schluss eines Arbeitsvertrags gerichtete, allerdings unwirksame oder anfecht-
bare Willenserklärungen vorliegen. Fehlt dagegen bereits eine - wenn auch feh-
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lerhafte - rechtsgeschäftliche Übereinkunft, liegt kein fehlerhaftes Arbeitsverhält-
nis vor. Der in diesem Zu
sammenhang oftmals verwendete Begriff des „fakti-
schen Arbeitsverhältnisses“ ist missverständlich, weil es in jedem Falle eines,
wenn auch gestörten Vertragsschlusses bedarf, dh. der Vertrag nicht lediglich
durch die Arbeitsleistung zustande kommt
. Anderenfalls
könnte das bloße Aufdrängen einer Arbeitsleistung zu vertraglichen Ansprüchen
führen
.
.
b)
Der Kläger hat hier, wie bereits ausgeführt, nicht hinreichend dargelegt,
dass eine rechtsgeschäftliche Übereinkunft mit der Beklagten bezüglich der Fort-
setzung des Arbeitsverhältnisses über den 29. September 2017 hinaus erzielt
worden ist.
3.
In der Konsequenz können Entgeltansprüche für rechtsgrundlos er-
brachte Arbeitsleistungen auch nicht als Ansprüche aus ungerechtfertigter Berei-
cherung
geltend gemacht werden. Es handelt sich
allenfalls um eine aufgedrängte Bereicherung
.
III.
Ob dem Kläger die Urlaubsabgeltung in vollem Umfang als Massever-
bindlichkeit zusteht, kann der Senat noch nicht abschließend entscheiden.
1.
Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz
oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzu-
gelten. Die Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist hier er-
füllt, denn das Arbeitsverhältnis endete wie dargelegt am 29. September 2017.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass dem Kläger zu diesem Zeitpunkt
noch ein Anspruch auf Erholungsurlaub im Umfang von 20 Arbeitstagen zustand.
Er kann demzufolge eine entsprechende Urlaubsabgeltung verlangen. Dieser
Abgeltungsanspruch ist eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO.
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a)
Die von einer Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffenen Arbeitnehmer
können ihre Entgeltansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfah-
rens grundsätzlich nur als Insolvenzgläubiger geltend machen
. Sie haben ihre Forderungen insoweit nach §§ 174 ff. InsO zur Insolvenz-
tabelle anzumelden. Dies beruht auf dem in § 1 Satz 1 InsO ausgedrückten Ziel
des Insolvenzverfahrens, alle Gläubiger des Schuldners im Regelfall gemein-
schaftlich zu befriedigen
. Insol-
venzforderungen sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begrün-
dete Forderungen des Gläubigers gegen den Schuldner. Der Zeitpunkt der Ent-
stehung der Forderung sowie deren Fälligkeit sind für diese Einordnung unmaß-
geblich. Entscheidend ist, dass ihr Rechtsgrund zum Zeitpunkt der Verfahrenser-
öffnung bereits gelegt war bzw. der den Anspruch begründende Tatbestand be-
reits vor der Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen
war
.
b)
Der Rechtsgrund für den Urlaubsabgeltungsanspruch war hier zum Zeit-
punkt der Verfahrenseröffnung am 1. November 2017 wegen der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses am 29. September 2017 bereits gelegt. Demnach wäre
der streitgegenständliche Abgeltungsanspruch eine Insolvenzforderung.
c)
Der Abgeltungsanspruch steht jedoch gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 iVm.
Abs. 2 Satz 1 InsO im Rang einer Masseverbindlichkeit.
aa)
Auch wenn ausgehend vom oben genannten Ziel des Insolvenzverfah-
rens die Annahme einer Insolvenzforderung die Regel und die Begründung einer
Masseverbindlichkeit die Ausnahme ist
, gelten Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen In-
solvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über
das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, kraft gesetzlicher Anordnung
nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten
. Gleiches gilt gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO für Verbindlichkeiten
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für
das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen
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hat. Selbst ein aufschiebend bedingter Anspruch kann eine Verbindlichkeit iSv.
§ 55 Abs. 2 Satz 2 InsO darstellen
. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO bezieht sich ebenso wie § 55 Abs. 2
Satz 1 InsO aber allein auf eine Leistung an den sog. starken vorläufigen Insol-
venzverwalter mit Verfügungsbefugnis iSv. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 iVm.
§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO
.
bb)
§ 55 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht die Begründung von Masseverbindlichkei-
ten vor, „soweit“ der starke vorläufige Insolvenzverwalter die Gegenleistung
in Anspruch genommen hat. Der Begriff „soweit“ bedingt entgegen der Ansicht
der Revision bezogen auf Arbeitsverhältnisse keine Einschränkung in dem Sinne,
dass nur Ansprüche des Arbeitnehmers erfasst werden sollen, welche unmittel-
bar auf einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beruhen
. Als restriktive Subjunktion
schränkt dieser Begriff vielmehr den übergeordneten Sachverhalt ein und stellt
sicher, dass nicht jeder Anspruch aus einem Dauerschuldverhältnis eine Masse-
verbindlichkeit ist, sondern das nur für den Fall gilt
, dass der starke vorläufige Insolvenzverwalter
die Arbeitsleistung als Hauptpflicht des Arbeitnehmers in Anspruch nimmt. Er
grenzt nach seinem unmissverständlichen grammatikalischen Zusammenhang
also nur die Entscheidung zur Inanspruchnahme des Arbeitnehmers von der zu
dessen Freistellung ab. Über die Fiktion des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO werden die
Ansprüche des zur Arbeitsleistung herangezogenen Arbeitnehmers so behan-
delt, als ob der starke vorläufige Verwalter das Arbeitsverhältnis selbst durch
Neuabschluss begründet hätte, und deshalb als Masseverbindlichkeit eingeord-
net
. Mit dieser Entscheidung steht
nach der Konzeption der Insolvenzordnung also zugleich fest, dass im Gegenzug
für die Arbeitsleistung alle Verpflichtungen aus dem nach § 108 Abs. 1 Satz 1
InsO fortbestehenden Arbeitsverhältnis vom späteren Insolvenzverwalter nach
Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeit zu erfüllen sind. Dies gilt unabhän-
gig davon, ob die Verpflichtungen gesetzlich, tariflich oder vertraglich begründet
sind und ob sie auf eine tatsächliche, konkrete Arbeitsleistung zurückzuführen
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sind. Es handelt sich um ein „Gesamtpaket“ im Sinne eines Pflichtenbündels. Die
Insolvenzordnung sieht diesbezüglich keine Einschränkung der Arbeitgeber-
pflichten zugunsten der Masse vor. Im Arbeitsverhältnis sind deshalb bei der Ver-
gütung der Arbeitsleistung auch entgeltfortzahlungspflichtige „unproduktive“ Aus-
fallzeiten (zB aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Urlaub) zu
berücksichtigen
.
cc)
Dies gilt ebenso für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4
BUrlG, auch wenn dieser nicht mehr als Surrogat des auf bezahlte Freistellung
gerichteten Urlaubsanspruchs angesehen wird
. Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt eine
dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis auf gesetzlicher Grundlage zu-
stehende Geldleistung dar
und ist
damit Teil der vom Arbeitgeber zu erfüllenden Verpflichtungen. Dem steht nicht
entgegen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht durch eine hierauf bezo-
gene Arbeitsleistung verdient werden muss, weil er nur an die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses anknüpft
dd)
Die Einordnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs als Masseverbindlich-
keit entspricht dem Zweck des § 55 Abs. 2 InsO und seinem systematischen Zu-
sammenhang mit § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.
(1)
Ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter hat gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 InsO die Pflicht, das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer
Stilllegung zustimmt
. Die Aufgabe
der Fortführung eines insolventen Unternehmens wäre ohne einen Schutz der
Vertragspartner nicht zu erfüllen, denn diese wären typischerweise nicht bereit,
ihre Leistungen für bloße Insolvenzforderungen zu erbringen. § 55 Abs. 2 InsO
dient daher dem Schutz der Personen, die Geschäfte mit einem starken vorläufi-
gen Insolvenzverwalter abschließen oder ihm gegenüber ein Dauerschuldver-
hältnis erfüllen, das sie mit dem Schuldner vereinbart hatten
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. Ohne einen adä-
quaten Schutz ihrer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis würden Arbeitnehmer
oftmals die Eigenkündigung einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorzie-
hen. Damit könnte die von der Insolvenzordnung angestrebte Fortführung des
Unternehmens unmöglich werden. Das Arbeitsverhältnis ist jedoch von einer
Vielzahl gegenseitiger Pflichten gekennzeichnet, die nicht uneingeschränkt in ei-
nem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Der vom Gesetzgeber be-
zweckte Ausgleich der Interessen der Gläubigergesamtheit durch eine Unterneh-
mensfortführung und der Interessen der für diese Fortführung benötigten Arbeit-
nehmer bedingt deshalb, dass auch „unproduktive“ Ausfallzeiten insolvenzrecht-
lich als Masseverbindlichkeit eingeordnet werden. Entsprechend dieser Zielset-
zung beinhaltet § 55 Abs. 2 InsO daher keine Privilegierung der Insolvenzmasse
bezüglich einzelner Ansprüche des Arbeitnehmers. Nimmt der starke vorläufige
Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung in Anspruch, muss er folglich auch die ur-
laubsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers erfüllen. Dies bedeutet entweder
die Gewährung des Urlaubs in natura, dh. Freistellung von der Arbeitspflicht und
Zahlung von Urlaubsentgelt als Masseverbindlichkeit, oder die Leistung von Ur-
laubsabgeltung, falls das Arbeitsverhältnis unmittelbar im Anschluss an die Inan-
spruchnahme der Arbeitsleistung beendet wird.
(2)
§ 55 Abs. 2 InsO ergänzt damit zur Vermeidung eines Wertungswider-
spruchs § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO, wonach Verbindlichkeiten aus gegenseiti-
gen Verträgen Masseverbindlichkeiten sind, soweit deren Erfüllung für die Zeit
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Für den Urlaubsabgel-
tungsanspruch ist dies der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens beendet wird
.
Ist der Urlaubsabgeltungsanspruch ebenfalls eine Masseverbindlichkeit, falls der
starke vorläufige Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Been-
digung des Arbeitsverhältnisses nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO in Anspruch ge-
nommen hat, ist in beiden Konstellationen dem Umstand Rechnung getragen,
dass es sich bei § 7 Abs. 4 BUrlG letztlich um eine Stichtagsregelung handelt,
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denn der Abgeltungsanspruch entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Ar-
beitsverhältnisses und wird gleichzeitig fällig
. Auch für die
insolvenzrechtliche Einordnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs sind die Ver-
hältnisse am Stichtag der Beendigung entscheidend.
(3)
Dies kann wie jede Stichtagsregelung zu Härten führen. Denkbar ist die
Fallgestaltung, dass ein Arbeitnehmer während des Eröffnungsverfahrens zu-
nächst durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter zur Arbeit herangezo-
gen, dann aber kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt wurde.
Es wird dann vielmehr der Beurteilung im Einzelfall bedürfen, ob ein entsprechen-
des Freistellungsrecht bestand
. Der vorliegende Fall gibt hierzu keinen Anlass.
ee)
Entgegen der Auffassung der Beklagten wird mit diesem Verständnis des
§ 55 Abs. 2 Satz 2 InsO der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung
nicht verletzt. Der Gesetzgeber hat die Rechte der Gläubiger durch
die Regelungen der Insolvenzordnung differenziert ausgestaltet und sich dafür
entschieden, den Inhalt des jeweiligen Rechtsverhältnisses bei der Einordnung
der Verbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO bzw. § 55 Abs. 2 Satz 2
InsO unangetastet zu lassen.
ff)
Die Beklagte hat die Arbeitsleistung des Klägers nach ihrer Bestellung
zur starken vorläufigen Insolvenzverwalterin am 6. September 2017 unstreitig bis
zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 29. September 2017 in Anspruch
genommen. Deshalb kann der Kläger nach § 55 Abs. 2 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1
InsO nicht nur die für die erbrachte Arbeitsleistung unstreitig geleisteten Entgelt-
zahlungen als Masseverbindlichkeit beanspruchen, sondern auch die streitge-
genständliche Urlaubsabgeltung.
2.
Nach Auffassung des erkennenden Senats wäre der Abgeltungsan-
spruch in voller Höhe als Masseverbindlichkeit zu begleichen. Er sieht sich inso-
weit an einer abschließenden Entscheidung jedoch wegen einer zu § 209 Abs. 2
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Nr. 3 InsO ergangenen Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeits-
gerichts, welche auf § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO zu übertragen ist, gehindert.
a)
Bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach Insolvenzeröffnung
bestimmt sich die Befriedigung der Massegläubiger nach der in § 209 InsO
geregelten Rangfolge. Die Masse dient nunmehr vorrangig der Befriedigung der
vom Insolvenzverwalter eingegangenen neuen Verbindlichkeiten, um ihm so den
Handlungsspielraum zu geben, den er benötigt, um die Verwertung auch bei
Masseunzulänglichkeit zum Abschluss zu bringen. Darum hat sich der Gesetz-
geber zu einer Neuordnung der insolvenzrechtlichen Rangfolge der Massever-
bindlichkeiten durch Einführung einer in Alt-
und Neumasseverbindlichkeiten „ge-
spa
ltenen“ Rangordnung entschieden
. Nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind die Verbindlichkeiten,
die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, nach den
Kosten des Insolvenzverfahrens vorrangig zu befriedigende Neumasseverbind-
lichkeiten. Für Dauerschuldverhältnisse konkretisieren § 209 Abs. 2 Nr. 2 und
Nr. 3 InsO die Abgrenzung zwischen Alt- und Neumasseverbindlichkeiten
. Gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO gelten als Neumasse-
verbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Verbindlichkeiten aus einem
Dauerschuldverhältnis, soweit der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Mas-
seunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch ge-
nommen hat. Bezogen auf Arbeitsverhältnisse ist das der Fall, wenn der Insol-
venzverwalter den Arbeitnehmer zur Arbeit heranzieht
. Die Einordnung von Vergütungsan-
sprüchen als Neumasseverbindlichkeiten rechtfertigt sich regelmäßig nur, wenn
der Arbeitnehmer durch tatsächliche Arbeitsleistung zur Anreicherung der Masse
beiträgt. Der Masse muss ein wirtschaftlicher Wert zufließen. Das setzt voraus,
dass das Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt ist
.
Ist das der Fall, sind allerdings auch die entgeltfortzahlungs-
pflichtigen „unproduktiven“ Ausfallzeiten als Neumasseverbindlichkeit zu vergü-
ten
.
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b)
Bezogen auf Urlaubsansprüche hat der Neunte Senat des Bundesar-
beitsgerichts angenommen, Ansprüche auf Urlaubsabgeltung könnten nicht in
voller Höhe als Neumasseverbindlichkeit berichtigt werden, weil dadurch die
Masse nicht angereichert werde. Eine völlige Vernachlässigung der tatsächlichen
Arbeitsleistung für sog. geldwerte Urlaubsansprüche auf Urlaubsentgelt und Ur-
laubsabgeltung sei jedoch nicht mit dem Wortlaut des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO
vereinbar. Sie entspreche auch nicht der Zielsetzung, im Interesse der ordnungs-
gemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens die Entgeltansprüche der weiter-
beschäftigten Arbeitnehmer zu sichern. Abweichend von der Konzeption des ge-
setzlichen Urlaubsrechts sei deswegen im Anwendungsbereich des § 209 Abs. 2
Nr. 3 InsO der auf die Dauer der tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleis-
tung entfallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs als Neumasseverbindlichkeit
zu berichtigen. Maßgeblich sei das Verhältnis der möglichen Arbeitstage im Jahr
zu den vom Arbeitnehmer nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit geleisteten
Arbeitstagen
.
c)
In der Literatur wird eine Ausweitung dieser Rechtsprechung auf den
nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu bestimmenden Rang der Urlaubsabgeltung be-
fürwortet
d)
Auf § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO wäre die angeführte Rechtsprechung des
Neunten Senats zu übertragen, weil sowohl § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO als auch
§ 55 Abs. 2 Satz
2 InsO Gläubiger privilegieren, „soweit“ der (starke vorläufige)
Insolvenzverwalter „die Gegenleistung in Anspruch genommen hat“. Schon diese
Identität des Wortlauts bedingt ein gleiches Verständnis der Tatbestandsvoraus-
setzung
.
e)
Eine Aufteilung der Urlaubsansprüche in Masseverbindlichkeit und Insol-
venzforderung wäre zwar auch in den Fällen einer Masseverbindlichkeit nach
§ 55 Abs. 2 Satz 2 InsO rechnerisch möglich. Der Senat ist jedoch der Ansicht,
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dass an der angeführten Rechtsprechung des Neunten Senats zum Urlaubsab-
geltungsanspruch bei Masseunzulänglichkeit nicht festgehalten werden sollte.
aa)
Die quotale Einordnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs hat keine in-
solvenzrechtliche Grundlage. Sie hat Rangänderungen von Forderungen zur
Folge, die der Insolvenzordnung fremd sind. Die Insolvenzordnung sieht keine
Sonderregelungen zum arbeitsrechtlichen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsan-
spruch vor. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO bzw. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO verbinden mit
der Inanspruchnahme der Leistung des Vertragspartners, hier des Arbeitneh-
mers, vielmehr die ungeschmälerte
Belastung der Masse mit dem „Gesamtpaket“
der geschuldeten Gegenleistung. Keine der beiden Normen sieht ihrem Wortlaut
nach die Begründung anteiliger Masse- bzw. Neumasseverbindlichkeiten vor
. Es bleibt daher nach dem Konzept der Insolvenz-
ordnung bei der Ausgestaltung des Urlaubsrechts nach den urlaubsrechtlichen
Regelungen mit den sich dadurch insolvenzrechtlich ergebenden Konsequenzen.
bb)
Wird der Arbeitnehmer vom starken vorläufigen Insolvenzverwalter bzw.
nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vom Insolvenzverwalter bis zur Been-
digung des Arbeitsverhältnisses zur Arbeitsleistung herangezogen, wäre die Ur-
laubsabgeltung daher nach Auffassung des Sechsten Senats nur dann nicht in
vollem Umfang als (Neu-)Masseverbindlichkeit zu berichtigen, wenn sie ratierlich
verdient würde. Eine derartige Aufteilung des Urlaubsabgeltungsanspruchs lässt
sich nach der Rechtsprechung des Neunten Senats jedoch aus dem Urlaubs-
recht nicht ableiten. Der Urlaubsanspruch ist keine Gegenleistung für eine be-
stimmte Arbeitsleistung und kann deshalb keinem bestimmten insolvenzrechtli-
chen Zeitraum zugeordnet werden
. Bezogen auf den Urlaubsabgeltungsanspruch ist allein der
Stichtag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebend.
cc)
Letztlich gründet sich die bisher vorgenommene Aufteilung des Urlaubs-
abgeltungsanspruchs nur auf wirtschaftliche Überlegungen zur Schonung der
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Masse, um einen vermeintlichen Widerspruch zur Systematik der Insolvenzord-
nung zu vermeiden, den der Neunte Senat in der Belastung der Masse mit den
Kosten der vollen Urlaubsabgeltung bei Inanspruchnahme der Arbeitsleistung bis
zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesehen hat. Ein solcher Widerspruch
liegt jedoch nicht vor
. Diese Argumentation führt zudem zu unüber-
sehbaren Folgeproblemen, denn mit diesem Argument könnten in Dauerschuld-
verhältnissen auch andere Ansprüche des Vertragspartners unabhängig von ei-
ner ratierlichen Ausgestaltung aufgeteilt werden. Dies ist mit den insolvenzrecht-
lichen Vorgaben nicht vereinbar.
dd)
Der erkennende Senat hat allerdings die Rechtsprechung des Neunten
Senats zum Urlaubsabgeltungsanspruch als Begründungselement dafür heran-
gezogen, dass alle Sonderzahlungen nur anteilig für den Zeitraum geleisteter Ar-
beit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit als Neumasseverbindlichkeiten
nach § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO zu berichtigen sind
. Der Senat beabsichtigt aus
den vorgenannten Gründen, an dieser Rechtsprechung nicht festzuhalten. Bei
Sonderzahlungen kann nur deren vertragliche oder tarifvertragliche Ausgestal-
tung, welche das Insolvenzrecht nicht abändert, für ihren insolvenzrechtlichen
Rang maßgeblich sein. Wie bei der Einordnung des Urlaubsabgeltungsan-
spruchs ist damit bei stichtagsbezogenen Sonderzahlungen allein der Stichtag
entscheidend für die Zuordnung zu einem insolvenzrechtlich relevanten Zeit-
raum. Liegt dem Anspruch auf eine Sonderzahlung nach seiner (tarif-)vertragli-
chen Ausgestaltung hingegen die Erbringung von Arbeitsleistung in bestimmten
Zeiträumen zu Grunde („pro rata temporis“) und wird der Anspruch nur zu einem
anderen Zeitpunkt insgesamt fällig, sind solche arbeitsleistungsbezogenen Son-
derzahlungen unverändert dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleis-
tung geschuldet sind
.
3.
Es bedarf daher einer Anfrage nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG beim
Neunten Senat, ob dieser an seiner Rechtsauffassung, wonach im Anwendungs-
bereich des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur der auf die Dauer der nach Anzeige der
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Masseunzulänglichkeit tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung entfal-
lende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs eine Neumasseverbindlichkeit darstellt,
festhält. Es besteht eine entscheidungserhebliche Abweichung. Wäre der auf die
Dauer der Inanspruchnahme der Arbeitsleistung des Klägers nach der Bestellung
der Beklagten zur starken vorläufigen Insolvenzverwalterin entfallende „anteilige“
Geldwert maßgeblich, wäre die Klage bezüglich des streitbefangenen Urlaubs-
abgeltungsanspruchs nur teilweise begründet. Der Senat geht aus den genann-
ten Gründen demgegenüber davon aus, dass der Anspruch in der vollen einge-
klagten Höhe als Masseverbindlichkeit zu erfüllen ist.
IV.
Bis zur Entscheidung des Neunten Senats wird die Verhandlung entspre-
chend § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt.
V.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Spelge
Heinkel
Krumbiegel
C. Klar
Klapproth
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