Urteil des BAG vom 22.09.2020

Doppeltreuhand - Insolvenz - Rentenanpassungsbedarf

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 22. September 2020
Dritter Senat
- 3 AZR 303/18 -
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
I. Arbeitsgericht Offenbach am Main
Urteil vom 13. Januar 2017
- 8 Ca 216/16 -
II. Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 13. Dezember 2017
- 6 Sa 463/17 -
Entscheidungsstichworte:
Doppeltreuhand - Insolvenz - Rentenanpassungsbedarf
Leitsatz:
Eine Doppeltreuhand kann nicht nur der Sicherung und Erfüllung, sondern
auch der Begründung und ergänzenden Insolvenzsicherung der gesetzlich
nicht insolvenzgeschützten Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung
dienen. Der Pensions-Sicherungs-Verein wird dadurch keinen weiterge-
henden Ansprüchen ausgesetzt. Ihm werden auch keine Sicherheiten
rechtswidrig entzogen.
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
- 2 -
BUNDESARBEITSGERICHT
3 AZR 303/18
6 Sa 463/17
Hessisches
Landesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
22. September 2020
URTEIL
Kaufhold, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,
pp.
Beklagter, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter,
Nebenintervenient zu 1.,
Nebenintervenient zu 2.,
- 2 -
3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
- 3 -
Nebenintervenientin zu 3.,
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 22. September 2020 durch den Vorsitzenden Richter am
Bundesarbeitsgericht Dr. Zwanziger, den Richter am Bundesarbeitsgericht
Dr. Roloff, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Günther-Gräff sowie die
ehrenamtlichen Richter Wischnath und Dr. Hopfner für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen
Landesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2017 - 6 Sa
463/17 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision sowie der Neben-
intervenienten zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger - Träger der gesetzlichen
Insolvenzsicherung für Betriebsrenten - Ansprüche auf ein vom Beklagten gehal-
tenes Treuhandvermögen erheben kann.
Der Beklagte ist Treuhänder eines Rahmentreuhandvertrags. Diesen
Vertrag hat mit ihm die m AG (im Folgenden Arbeitgeberin), bzw. ihre Rechtsvor-
gängerin, die M Druckmaschinen AG, zur ergänzenden vertraglichen Insolvenz-
sicherung der arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung vereinbart.
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3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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Die Arbeitgeberin erteilte ihren Beschäftigten Direktzusagen auf Leistun-
gen betrieblicher Altersversorgung. Bis zum 15. Mai 2006 gehörte sie dem
M-Konzern an. Dort bestand seit dem 3. November 2005 eine Konzernbetriebs-
vereinbarung zur ergänzenden vertraglichen Sicherung der Versorgungsver-
pflichtungen der Unternehmen des M-Konzerns durch eine doppelseitige Treu-
hand (KBV). Den Konzernunternehmen blieb es überlassen, an dieser ergänzen-
den Sicherung teilzunehmen.
Die KBV hat folgenden Inhalt:
„Konzernbetriebsvereinbarung
zum Outside Funding
zwischen
...
Präambel
A.
Anwartschaften
und
Ansprüche
auf
arbeitgeber-/
arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung im
Sinne von § 7 BetrAVG (zusammen
‚betriebliche Versor-
gungsleistungen
setzlichen Regelungen gegen die Folgen einer etwaigen In-
solvenz des Arbeitgebers geschützt. Der Arbeitgeber ent-
richtet hierfür Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Ver-
ein, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (
‚PSVaG‘
B.
Zur ergänzenden vertraglichen Insolvenzsicherung sowie
zur Sicherstellung der Erfüllung der Versorgungsverpflich-
tungen können die Unternehmen der M-Gruppe für alle Mit-
arbeiter und ehemaligen Mitarbeiter im Geltungsbereich
der in der Anlage aufgeführten Regelungen zur betriebli-
chen Altersversorgung in deren jeweiliger Fassung bzw.
sonstiger Direktzusagen des jeweiligen Unternehmens auf
Basis dieser Konzernbetriebsvereinbarung zum Outside
Funding (
‚KBV‘
gung des Unternehmens, eines Vermögenstreuhänders
und eines Mitarbeitertreuhänders durchführen (
‚ergän-
zende Sicherung
C.
Diese KBV sowie die von den Unternehmen vertraglich ver-
einbarte ergänzende Sicherung gilt ausschließlich nur inso-
weit und nur solange, als die die ergänzende Sicherung ein-
führenden Unternehmen, deren Betriebe oder deren Be-
triebsteile Gesellschaften, Betriebe oder Betriebsteile der
M-Gruppe sind bzw. ...
D.
Wird die Ergänzende Sicherung durchgeführt, so stehen
den Mitarbeitern sowie deren Hinterbliebenen im Siche-
rungsfall nach Maßgabe der im Rahmen der ergänzenden
3
4
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Sicherung abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen ei-
gene Forderungsrechte gegenüber dem Vermögenstreu-
händer zu, soweit und solange die jeweiligen Unternehmen
Gesellschaften der M Gruppe sind.
...
§ 2
Vermögenstreuhänder
2.1
Zum Zwecke der ergänzenden Sicherung für die betriebli-
chen Versorgungsverpflichtungen (einschließlich einer ggf.
erdienten Anwartschaftsdynamik und des Rentenanpas-
sungsbedarfs im Sinne des § 16 BetrAVG, die vom gesetz-
lichen Insolvenzschutz des PSVaG nicht erfasst werden)
kann das Unternehmen nach näherer Maßgabe der im
Rahmen der ergänzenden Sicherung abzuschließenden
Treuhandvereinbarungen Deckungsmittel auf den Vermö-
genstreuhänder im Sinne des § 2.3 übertragen.
2.2
Für das jeweilige Unternehmen besteht keine Verpflich-
tung, Deckungsmittel bereitzustellen oder vorhandene De-
ckungsmittel zu erhöhen. Allerdings kann das Unterneh-
men geleistete Deckungsmittel ausschließlich nach Maß-
gabe der im Rahmen der ergänzenden Sicherung abzu-
schließenden
Treuhandvereinbarungen
zurückfordern
und/oder aus der ergänzenden Sicherung ausscheiden.
2.3
Der
‚Vermögenstreuhänder‘
der nach näherer Maßgabe seiner Satzung sowie nach den
im Rahmen der ergänzenden Sicherung abzuschließenden
Treuhandvereinbarungen ihm nach § 2.1 übertragene De-
ckungsmittel ausschließlich zum Zwecke der ergänzenden
Sicherung verwendet (
‚Treuhandvermögen‘
…“
Die Arbeitgeberin nahm an der ergänzenden Sicherung für die betriebli-
chen Versorgungsverpflichtungen auf der Grundlage der KBV teil. Durch Rah-
men-Treuhandvereinbarung vom 9. Dezember 2005 (RTV 2005) übertrug sie
hierfür Vermögen auf den Treuhänder, den M Trust e.V. Der Treuhänder stellte
nach der RTV 2005 die vereinbarungsgemäße Verwaltung und Abwicklung des
Treuhandvermögens sicher. Im Fall der Insolvenz der Arbeitgeberin sollte den
Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen nach der RTV 2005 für ihre Betriebs-
rentenansprüche ein eigenes Forderungsrecht gegen den Treuhänder zustehen.
Die RTV 2005 hat in Auszügen folgenden Wortlaut:
5
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Rahmen-Treuhandvereinbarung
zur Sicherung arbeitgeberfinanzierter
betrieblicher Altersversorgung
zwischen
1.
M Druckmaschinen AG
- nachfolgend
‚Gesellschaft‘
und
2.
M Trust e. V.
- nachfolgend
‚Vermögenstreuhänder‘
und
3.
D GmbH
hier handelnd in eigenem Namen und als bevollmäch-
tigter Vertreter der in der Präambel unter B. definier-
ten Mitarbeiter der Gesellschaft,
- nachfolgend
‚Mitarbeitertreuhänder‘
- die Gesellschaft, der Vermögenstreuhänder, der Mitarbei-
tertreuhänder sowie die vom Mitarbeitertreuhänder vertre-
tenen Mitarbeiter der Gesellschaft jeweils einzeln nachfol-
gend auch die
‚Partei‘
genannt -.
Präambel
A.
Die Gesellschaft hat gemäß der Konzernbetriebsver-
einbarung zum Outside Funding vom 03.11.2005
(
‚KBV‘
zender vertraglicher Insolvenzschutz ihrer Anwart-
schaften und Ansprüche auf Leistungen der arbeitge-
ber-/arbeitnehmerfinanzierten betrieblichen Alters-
versorgung im Sinne von §
7 BetrAVG der sog. ‚dop-
‚ergän-
zende Sicherung‘
B.
Im Rahmen der Ergänzenden Sicherung soll Vermö-
gen der Gesellschaft auf den Vermögenstreuhänder
übertragen und von diesem nach den Vorgaben ei-
nes Anlageausschusses der Gesellschaft angelegt
werden. Zur Sicherstellung der Verwaltung und der
Abwicklung der ergänzenden Sicherung ist zudem
ein Mitarbeitertreuhänder bestellt, der die Interessen
der Gesamtheit der in den Geltungsbereich der er-
gänzenden Sicherung einbezogenen Mitarbeiter so-
wie deren Hinterbliebenen als deren bevollmächtigter
Vertreter wahrnimmt und gegenüber der Gesellschaft
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sowie gegenüber dem Vermögenstreuhänder vertritt
und für deren Wahrung Sorge trägt.
In dieser Funktion wird der Mitarbeitertreuhänder
auch für die ehemaligen Mitarbeiter der Gesellschaft
sowie deren Hinterbliebenen, die Anwartschafts-
rechte oder Ansprüche aus der arbeitgeberfinanzier-
ten betrieblichen Altersversorgung erworben haben,
oder bereits eine entsprechende Rente erhalten, für
leitende Angestellte sowie für Mitglieder der Ge-
schäftsleitung der Gesellschaft sowie deren Hinter-
bliebene im Sinne der jeweiligen Versorgungszusage
(die Vorgenannten zusammen
‚Mitarbeiter‘
ren bevollmächtigter Vertreter tätig.
C.
Neben der Vereinbarung nach B. begründet der Ver-
mögenstreuhänder mit dieser Treuhandvereinbarung
gegenüber der Gesellschaft einen echten berechti-
genden Vertrag zu Gunsten der Mitarbeiter (echter
berechtigender Vertrag zu Gunsten Dritter), so dass
die Mitarbeiter und deren Hinterbliebenen nach nähe-
rer Maßgabe der Treuhandvereinbarungen aufgrund
dessen eigenständige Forderungsrechte gegenüber
dem Vermögenstreuhänder haben. Die Sicherungs-
rechte werden unmittelbar mit Abschluss dieses
Treuhandvertrages begründet.
Vor diesem Hintergrund und zum Vollzug der ergän-
zenden Sicherung gemäß der KBV vereinbaren die
Gesellschaft, der Vermögenstreuhänder sowie der
Mitarbeitertreuhänder, dieser handelnd als Vertreter
der Mitarbeiter der Gesellschaft und im eigenen Na-
men, was folgt:
§ 1
Geltungsbereich
Diese Rahmen-Treuhandvereinbarung gilt für die Ge-
sellschaft, den Vermögenstreuhänder, den Mitarbei-
tertreuhänder sowie für alle Mitarbeiter der Gesell-
schaft. Ihr Geltungsbereich umfasst ausschließlich
die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversor-
gung der Mitarbeiter der Gesellschaft.
§ 2
Doppelseitige
Treuhand,
Sicherungsabrede
durch echten Vertrag zugunsten Dritter
2.1
Zur Umsetzung der ergänzenden Sicherung im Sinne
dieses Rahmen-Treuhandvertrages werden nach
Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen mit dem
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Vermögenstreuhänder zwei verschiedene Treuhand-
verhältnisse vereinbart, durch die der Vermögens-
treuhänder sowohl gegenüber der Gesellschaft (Ver-
waltungs-Treuhand) als auch gegenüber den Mitar-
beitern (Sicherungs-Treuhand) treuhänderisch ge-
bunden wird (‚doppelte Treuhand‘). Die doppelte
Treuhand wird unmittelbar mit Abschluss dieses Ver-
trages begründet.
2.2
Auf der Grundlage der KBV kann das zur Erfüllung
der Verpflichtungen aus arbeitgeberfinanzierten be-
trieblichen Altersversorgungszusagen der Gesell-
schaft erforderliche Vermögen von der Gesellschaft
auf einen Vermögenstreuhänder übertragen werden.
Aktien der M Aktiengesellschaft oder eigene Anteile
des jeweiligen Trägerunternehmens dürfen allerdings
nicht von der Gesellschaft auf den Vermögens-
treuhänder übertragen werden. Übertragenes Ver-
mögen einschließlich des daraus Erlangten
(‚Treu-
handvermögen‘)
als Treuhandvermögen für arbeitgeberfinanzierte be-
triebliche Altersversorgungsleistungen der Gesell-
schaft
a) für die Gesellschaft und
b) für die Mitarbeiter, vertreten durch den Mitarbei-
tertreuhänder,
zur Sicherung und Erfüllung der Versorgungsansprü-
che der Mitarbeiter gehalten und angelegt. In diesem
Rahmen wird der Vermögenstreuhänder Eigentümer
des übertragenen Vermögens. Der Vermögenstreu-
händer kann sich bei seiner Tätigkeit der Hilfe des
Mitarbeitertreuhänders oder Dritter bedienen. Die
Treuhandbeziehungen zwischen Gesellschaft und
Vermögenstreuhänder
(
‚Verwaltungs-Treuhand‘
richten sich im Übrigen nach den Bestimmungen des
§ 3.
2.3
Der Mitarbeitertreuhänder vertritt die Mitarbeiter als
bevollmächtigter Vertreter nach Maßgabe der KBV
oder aufgrund einer entsprechenden Duldungsvoll-
macht und nimmt die ihm im Rahmen der ergänzen-
den Sicherung zugedachten Verwaltungsaufgaben
für die Mitarbeiter wahr. Bei der Durchführung der
Verwaltungsaufgaben kann sich der Mitarbeitertreu-
händer der Hilfe der Gesellschaft oder der Hilfe Drit-
ter bedienen. Die Treuhandbeziehungen zwischen
Vermögenstreuhänder und Mitarbeitertreuhänder
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(
‚Sicherungs-Treuhand‘
nach den Bestimmungen des § 4.
2.4
Der Mitarbeitertreuhänder und der Vermögens-
treuhänder verpflichten sich hiermit gegenüber der
Gesellschaft, im Wege eines echten Vertrages zu-
gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB, zu folgen-
den Maßnahmen zugunsten der Mitarbeiter:
a) Der Mitarbeitertreuhänder wird die ihm im Rah-
men der ergänzenden Sicherung zugunsten der
Mitarbeiter zugedachten Aufgaben wahrneh-
men.
b) Der Vermögenstreuhänder wird in dem in § 5.1
definierten Sicherungsfall nach näherer Maß-
gabe der Bestimmungen des § 5 zusammen mit
dem Mitarbeitertreuhänder sicherstellen, dass
das
vorhandene
Treuhandvermögen
aus-
schließlich zur Sicherung und Erfüllung der An-
sprüche der Mitarbeiter gegen die Gesellschaft
aus der für den Mitarbeiter jeweils gültigen Re-
gelung zur arbeitgeberfinanzierten betrieblichen
Altersversorgung verwertet und eingesetzt wird
(echter Vertrag zugunsten der Mitarbeiter im
Sinne des § 328 BGB).
c)
Die ergänzende Sicherung für die Erfüllung der
Versorgungsanwartschaften und -ansprüche der
Mitarbeiter gemäß § 2.4 a) und b) ist in jedem
Fall auf das beim Vermögenstreuhänder für die
Gesellschaft jeweils vorhandene Treuhandver-
mögen beschränkt und greift ausschließlich so-
weit und solange wie die Gesellschaft ein Unter-
nehmen der M Gruppe ist bzw. nur soweit und
nur solange die Arbeitsverhältnisse der Mitarbei-
ter des die ergänzende Sicherung einführenden
Unternehmens nicht aufgrund von Maßnahmen
im Sinne des § 613a BGB auf einen anderen Ar-
beitgeber übergegangen sind.
§ 3
Verwaltungs-Treuhand
Die Verwaltungs-Treuhand, d.h. die Rechtsbeziehun-
gen zwischen der Gesellschaft und dem Vermögens-
Anlage 1
Treuhandvereinbarung beigefügten, gesonderten
Verwaltungs-Treuhandvereinbarung im Einzelnen
geregelt.
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§ 4
Sicherungs-Treuhand
4.1
Die Sicherungs-Treuhand, d.h. die Rechtsbeziehun-
gen zwischen dem Vermögenstreuhänder und den
Mitarbeitern sowie dem Mitarbeitertreuhänder sind in
Anlage 2
rung beigefügten, gesonderten Sicherungs-Treu-
handvereinbarung im Einzelnen geregelt.
4.2
In diesem Zusammenhang sind sich die Parteien da-
rin einig und stellen hiermit klar, dass die Sicherungs-
Treuhand fortbesteht, wenn und soweit die Verwal-
tungs-Treuhand, insbesondere im Falle der Insolvenz
der Gesellschaft, erlöschen sollte. Des Weiteren sind
sich die Parteien darin einig, dass der § 334 BGB im
Rahmen der Sicherungs-Treuhand ausgeschlossen
ist.
§ 5
Sicherungsfall, Umsetzung der ergänzenden Si-
cherung im Sicherungsfall
5.1
Eintritt des Sicherungsfalls
Der Sicherungsfall im Sinne dieser Rahmen-Treu-
handvereinbarung liegt vor, wenn und soweit die Vo-
raussetzungen der in § 7 Abs. (1) BetrAVG geregel-
ten Fälle erfüllt sind, unbeschadet einer Einstands-
pflicht des Pensions-Sicherungs-Verein a.G. (
‚PSV‘
auch dann, wenn die Grenzen des § 7 Abs. (3)
BetrAVG überschritten sind, oder in vergleichbaren
Fällen der Nichtleistung durch die Gesellschaft (
‚Si-
cherungsfall‘
tung im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn die Gesell-
schaft außerhalb der Fälle des § 7 Abs. (1) BetrAVG
nach rechtskräftiger Feststellung der Zahlungspflicht
aus einer nach dieser Rahmen-Treuhandvereinba-
rung gesicherten Versorgungszusage und Ablauf ei-
ner Frist von drei (3) Monaten nach Zustellung der
betreffenden Entscheidung nicht leistet (
‚Nichtleis-
tungsfall‘
rung im Sicherungsfall nach Maßgabe der nachfol-
genden Bestimmungen umgesetzt.
5.2
Fortbestehen der Sicherungs-Treuhand im Insol-
venzfall
Für die aufgrund der Verwaltungs-Treuhand im Sinne
des § 3 begründeten Auftrags- und Geschäftsbesor-
gungsverhältnisse gelten die gesetzlichen Bestim-
mungen der §§ 115 ff. lnsO. Danach erlöschen zwar
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mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Ge-
setzes etwaige Auftrags- und Geschäftsbesorgungs-
verhältnisse. Von der Eröffnung des Insolvenzverfah-
rens an bleiben jedoch die nach § 2.2 b) und § 2.3 in
Verbindung mit § 4 aufgrund der Sicherungs-Treu-
hand begründeten Auftrags- und Geschäftsbesor-
gungsverhältnisse einschließlich etwaiger Voll-
machtsregelungen unberührt und bestehen mit Wir-
kung gegenüber der Gesellschaft bzw. dem Insol-
venzverwalter fort.
5.3
Pflichten des Vermögenstreuhänders, Rangfolge
Im Rahmen der gemäß § 4 getroffenen Sicherungs-
Treuhandvereinbarung ist der Vermögenstreuhänder
gegenüber dem Mitarbeitertreuhänder und gegen-
über den Mitarbeitern verpflichtet,
a) vorrangig die Erfüllung der nicht gesetzlich insol-
venzgesicherten Anwartschaften und Ansprüche
auf Leistungen der arbeitgeberfinanzierten be-
trieblichen Altersversorgung sowie
b) nachrangig die Erfüllung der übrigen Versor-
gungsverpflichtungen der Gesellschaft aus der
für den Mitarbeiter jeweils gültigen arbeitgeberfi-
nanzierten betrieblichen Altersversorgungsrege-
lung sicherzustellen.
5.4
Eigenständiges Sicherungsrecht des Mitarbeiters
aufgrund echten Vertrags zugunsten Dritter
Im Rahmen von § 5.2, 5.3 in Verbindung mit der Si-
cherungsabrede gemäß § 2.4 stehen den Mitarbei-
tern aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen bzw.
des echten Vertrags zugunsten Dritter zudem eigene
vertragliche Rechte auf Durchführung der ergänzen-
den Sicherung gegenüber dem Vermögenstreuhän-
der zu. Die Mitarbeiter können insoweit vom Vermö-
genstreuhänder bei Eintritt des Sicherungsfalles, die
Verwertung des Treuhandvermögens der Gesell-
schaft und dessen Auszahlung ausschließlich nach
Maßgabe der §§ 5.5 bis 5.10 verlangen, sofern dem
keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen.
5.5
Sicherungsvermögen, Kosten
Die Parteien sind sich darin einig, dass zur Sicher-
stellung der Abwicklung im Sicherungsfall aus dem
Treuhandvermögen vorrangig die Kosten des Vermö-
gens und Mitarbeitertreuhänders sowie etwaige ge-
setzliche Abgaben zu decken sind. Der danach ver-
bleibende Restbetrag des Treuhandvermögens ist
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das Sicherungsvermögen der Gesellschaft (
‚Siche-
rungsvermögen‘
genden Bestimmungen an die Mitarbeiter ausgezahlt
wird. Soweit das Sicherungsvermögen der Gesell-
schaft nicht ausreicht, um sämtliche Ansprüche der
Mitarbeiter aus Versorgungszusagen der Gesell-
schaft zu erfüllen, erfolgt eine anteilige Erfüllung ge-
mäß der in § 5.3 festgelegten Rangfolge. Tritt der Si-
cherungsfall als Nichtleistungsfall (§ 5.1 Satz 2) ein,
so erbringt der Vermögenstreuhänder abweichend
von den nachstehenden Absätzen aus dem Siche-
rungsvermögen die rechtskräftig festgestellte Leis-
tung solange, bis die Leistung wieder von der Gesell-
schaft erbracht wird; diese gesonderte Leistungser-
bringung auf den Nichtleistungsfall durch den Vermö-
genstreuhänder endet mit Wegfall bzw. der Erfüllung
der zu sichernden Versorgungsverpflichtung, spätes-
tens jedoch, wenn bei der Gesellschaft ein Siche-
rungsfall im Sinne von § 7 Abs. (1) BetrAVG eintritt.
Im Übrigen finden für die Durchführung der Sicherung
im Sicherungsfall die nachstehenden Absätze An-
wendung.
5.6
Sicherungsquote, Berechnung des Sicherungskapi-
tals der gesicherten Mitarbeiter
Die - ggf. anteilige - Sicherung der Mitarbeiter im
Sinne des § 5.3 wird jeweils wie folgt berechnet:
a) Der Betrag der zu sichernden Verpflichtungen
der Gesellschaft ist die zum Zeitpunkt des Ein-
tritts des Sicherungsfalls bei der Gesellschaft
nach den Vorschriften der International Financial
Reporting Standards (
‚IFRS‘
berfinanzierten Direktzusagen ermittelte Defined
Benefit Obligation (
‚DBO‘
z.Zt. International Accounting Standards (
‚IAS‘
19.63 ff. Bei der Ermittlung der DBO ist von den
hierfür zum letzten Ermittlungsstichtag bei der
Gesellschaft (derzeit: 31. Dezember) maßgebli-
chen Rechenprämissen und Annahmen auszu-
gehen.
b) Zur Ermittlung der Sicherungsquote der Mitar-
beiter wird das Sicherungsvermögen der Gesell-
schaft der Summe der vor- bzw. nachrangig zu
sichernden Verpflichtungen gegenübergestellt
und daraus eine Sicherungsquote zunächst für
die vorrangig, anschließend für die nachrangig
zu sichernden Verpflichtungen ermittelt (jeweils
‚Sicherungsquote der Mitarbeiter‘
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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c)
Die Anteile des einzelnen Mitarbeiters am Siche-
rungsvermögen der Gesellschaft ergeben sich
jeweils durch Multiplikation der Sicherungsquo-
ten mit der DBO der ihm gegenüber bestehen-
den vor- bzw. nachrangigen Verpflichtungen der
Gesellschaft (
‚Sicherungskapital‘
5.7
Verwendung und Auszahlung des vorhandenen Si-
cherungskapitals
a) Das Sicherungsvermögen der Gesellschaft wird
grundsätzlich nach der hierfür im Insolvenzplan
vorgesehenen Verwendung eingesetzt.
b) Sofern keine diesbezüglichen Regelungen vor-
handen sind, erhält der Mitarbeiter bei Eintritt der
Fälligkeit seiner Ansprüche aus der arbeitgeber-
finanzierten
betrieblichen
Altersversorgung
(
‚Versorgungsfall‘
leistung aus dem Sicherungskapital, dieses er-
höht oder vermindert in dem Verhältnis, in dem
sich das Sicherungsvermögen aufgrund der ver-
tragsgemäßen Anlage zwischen dem Siche-
rungsfall und dem Versorgungsfall erhöht oder
vermindert hat (
‚vorhandenes Sicherungska-
pital‘
treuhänder aufzustellenden Auszahlungsplan.
c)
Dem Mitarbeiter kann im Versorgungsfall an-
stelle der Auszahlung des vorhandenen Siche-
rungskapitals nach § 5.7 b) auf seinen Antrag
eine Einmalzahlung in Höhe des vorhandenen
Sicherungskapitals angeboten werden; das Ent-
scheidungsrecht bezüglich der Einmalzahlung
liegt ausschließlich beim Vermögenstreuhänder.
5.8
Verwendungsalternativen für das Sicherungskapital
Der Vermögenstreuhänder ist in jedem Einzelfall be-
rechtigt, anstelle der Verwendung des vorhandenen
Sicherungskapitals im Sinne des § 5.7 die ergän-
zende Sicherung im Sicherungsfall wie folgt durchzu-
führen:
a) Der Mitarbeiter erhält bei Eintritt eines Versor-
gungsfalles im Sinne der für den Mitarbeiter je-
weils gültigen arbeitgeberfinanzierten betriebli-
chen Altersversorgungsregelung als Insolvenz-
sicherungsleistung die Leistungen, die sich er-
geben würden, wenn bei Eintritt des Sicherungs-
falles bei der Gesellschaft auf sein Leben eine
Rentenversicherung gegen Einmalprämie in
Höhe des Sicherungskapitals abgeschlossen
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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worden wäre. Der Vermögenstreuhänder ist in
diesem Fall berechtigt, zur Rückdeckung der Si-
cherungsleistung entsprechende Rentenversi-
cherungen bei einer Versicherungsgesellschaft
abzuschließen; aus abgeschlossenen Rückde-
ckungsversicherungen ist ausschließlich der
Vermögenstreuhänder verpflichtet und berech-
tigt. Die Auswahl der Rentenversicherungen er-
folgt durch den Vermögenstreuhänder im Ein-
vernehmen mit dem Mitarbeitertreuhänder.
b) Dem Mitarbeiter kann bei Insolvenz der Gesell-
schaft auf Antrag eine Einmalzahlung in Höhe
des vorhandenen Sicherungskapitals angeboten
werden. Das Entscheidungsrecht bezüglich der
Einmalzahlung liegt ausschließlich beim Vermö-
genstreuhänder.
5.9
Übertragung des Treuhandvermögens auf den PSV,
Pensionsfonds, Hinterlegung
Die Übertragung des Treuhandvermögens auf den
PSV oder einen Pensionsfonds oder die Hinterlegung
des Treuhandvermögens ist in den nachfolgend auf-
geführten Fällen zulässig:
a) Im Rahmen der ergänzenden Sicherung nach
den §§ 5.1 bis 5.8 ist der Vermögenstreuhänder
berechtigt, das Treuhandvermögen für die ar-
beitgeberfinanzierte betriebliche Altersversor-
gung der Gesellschaft auf den PSV zu übertra-
gen, soweit dieser nach den gesetzlichen Be-
stimmungen Versorgungsansprüche und Ver-
sorgungsanwartschaften sichert und deswegen
nach den Regeln des BetrAVG ein Übertra-
gungsanspruch des PSV besteht.
b) § 5.9 a) gilt entsprechend für die Übertragung
von Treuhandvermögen auf einen Pensions-
fonds (§ 112 VAG), soweit dieser schuldbefrei-
end die Versorgungsverpflichtungen der Gesell-
schaft übernimmt.
c)
Im Rahmen der ergänzenden Sicherung nach
§ 5.9 a) und b) bestehen Zahlungspflichten des
Vermögenstreuhänders gegenüber den Mitar-
beitern nicht, soweit das Vermögen auf den PSV
oder einen Pensionsfonds übertragen wurde.
d) Soweit nach den vorstehenden Bestimmungen
Übertragungen des Sicherungsvermögens erfol-
gen bzw. vom Vermögenstreuhänder eine Hin-
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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terlegung des Sicherungsvermögens vorgenom-
men wird, wird der Vermögenstreuhänder von
seiner Verpflichtung zur Sicherung gegenüber
den betroffenen Mitarbeitern
frei.“
Am 16. Mai 2006 erwarb die A GmbH die Mehrheit der Aktien der Arbeit-
geberin, wodurch sie aus dem M-Konzern ausschied. Am 14. Juli 2006 schloss
die Arbeitgeberin mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbe-
triebsvereinbarung (GBV) mit folgendem Inhalt ab:
„Gesamtbetriebsvereinbarung
zum Outside Funding
zwischen der M Druckmaschinen AG
(nachfolgend MR)
und
dem Gesamtbetriebsrat der M Druckmaschinen AG
(nachfolgend GBR)
A.
Anwartschaften und Ansprüche auf arbeitgeber-/
arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung
im Sinne von § 7 BetrAVG sind entsprechend den gel-
tenden gesetzlichen Regelungen gegen die Folgen
einer etwaigen Insolvenz des Arbeitgebers geschützt.
MR entrichtet hierfür Beiträge an den Pensions-Siche-
PSVaG
B.
Für alle Unternehmen der M Gruppe wurde auf Grund-
lage der Konzernbetriebsvereinbarung zum Outside
Funding vom 3. November 2005 die Möglichkeit ein-
geführt, Pensionsverpflichtungen gegenüber ihren
Mitarbeitern mit Kapital zu unterlegen und damit ins-
besondere auch für den Fall der Insolvenz des Unter-
nehmens ergänzend abzusichern (ergänzende Siche-
rung).
Dieser ergänzenden Sicherung innerhalb der M
Gruppe, die im Wege der so genannten doppelseiti-
gen Treuhand verwirklicht wurde, ist MR Ende 2005
als Trägerunternehmen beigetreten und hat hierzu be-
reits Vermögenswerte auf den eigens zu diesem
Zweck gegründeten M Trust e. V. übertragen.
C.
MR ist kürzlich mehrheitlich durch ein Tochterunter-
nehmen der A Gruppe erworben worden. Mit Vollzug
dieser Transaktion scheidet die MR daher aus dem
Geltungsbereich der vorstehend genannten Konzern-
betriebsvereinbarung zum Outside Funding vom
3. November 2005 aus. Dies ändert aber nichts an der
6
- 15 -
3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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Entscheidung von MR, die ergänzende Sicherung im
Wege der doppelseitigen Treuhand im Interesse sei-
ner aktiven und ehemaligen Mitarbeiter beziehungs-
weise deren Hinterbliebenen, welchen Anwartschaf-
ten oder Ansprüche aus betrieblicher Altersversor-
gung gegenüber MR auf der Grundlage der in der An-
lage aufgeführten Regelungen beziehungsweise
Pensionsansprüche
Versorgungsberechtigte
zuführen. Auf Basis der nachfolgenden Gesamtbe-
GBV
MR daher zur ergänzenden vertraglichen Insolvenzsi-
cherung der Pensionsansprüche für die Versorgungs-
berechtigten eine doppelseitige Treuhand unter Betei-
ligung eines Vermögenstreuhänders und eines Mitar-
Ergänzende Siche-
rung
D.
Wird die Ergänzende Sicherung durchgeführt, so ste-
hen den Versorgungsberechtigten im Sicherungsfall
nach Maßgabe der im Rahmen der Ergänzenden Si-
cherung abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen
eigene Forderungsrechte gegenüber dem Ver-
mögenstreuhänder zu.
1.
Geltungsbereich
Diese GBV gilt ausschließlich für MR, ihre Betriebe
und Betriebsteile sowie die Versorgungsberechtigten.
Für die aktiven Mitarbeiter von MR gilt die GBV nur
soweit und solange als deren Arbeitsverhältnisse
nicht aufgrund von Maßnahmen i.S.d. UmwG oder
aufgrund von Einzelübertragungen gemäß § 613 a
BGB von MR auf einen anderen Arbeitgeber überge-
gangen sind.
2.
Vermögenstreuhänder
2.1.
sionsansprüche der Versorgungsberechtigten kann
MR nach Maßgabe der im Rahmen der Ergänzenden
Sicherung abzuschließenden Treuhandvereinbarun-
gen Deckungsmittel auf den Vermögenstreuhänder im
Sinne von Ziffer 2.3 übertragen.
2.2.
bereitzustellen oder vorhandene Deckungsmittel zu
erhöhen. Allerdings kann MR geleistete Deckungsmit-
tel ausschließlich nach Maßgabe der im Rahmen der
Ergänzenden Sicherung abzuschließenden Treu-
handvereinbarungen zurückfordern und/oder aus der
Ergänzenden Sicherung ausscheiden.
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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Vor diesem Hintergrund ist es beabsichtigt, dass die
bislang durch MR auf den M Trust e.V. übertragenen
Vermögenswerte auf den Vermögenstreuhänder
überführt werden, so dass diese Vermögenswerte zu-
künftig weiterhin ausschließlich der Sicherung der den
Versorgungsberechtigten gegenüber MR zustehen-
den Pensionsansprüche dienen.
2.3.
Sitz in M, der nach näherer Maßgabe seiner Satzung
sowie nach den im Rahmen der Ergänzenden Siche-
rung abzuschließenden Treuhandvereinbarungen ihm
Ziffer 2.1
schließlich zum Zwecke der Ergänzenden Sicherung
Treuhandvermögen
3.
Mitarbeitertreuhänder
3.1.
gänzenden Sicherung nach näherer Maßgabe eines
weiteren Treuhandvertrages sowie einer gesonderten
Verwaltungsvereinbarung mit MR die vereinbarungs-
gemäße Verwaltung und Abwicklung sicher, wo-
bei - außer im Fall der Insolvenz - in diesem Rahmen
auch MR die Verwaltung übernehmen kann. Aufwen-
dungen des Mitarbeitertreuhänders trägt MR, im Insol-
venzfall der Vermögenstreuhänder aus dem Treu-
handvermögen.
3.2. Mitarbeitertreuhänder
Jeder Versorgungsberechtigte erteilt dem Mitarbeiter-
treuhänder bzw. dem neuen Mitarbeitertreuhänder im
Ziffer 3.5
men der Ergänzenden Sicherung in den Geltungsbe-
reich der zum Vollzug der doppelseitigen Treuhand
geschlossenen Treuhandvereinbarungen einzubezie-
hen sowie alle im Rahmen dieser Treuhandverhält-
nisse erforderlichen Handlungen vorzunehmen bzw.
Erklärungen abzugeben sowie ggf. ergänzend die Be-
stellung rechtsgeschäftlicher Pfandrechte mit MR ver-
einbaren zu können.
3.3.
einer Änderung des Mitarbeitertreuhänders - einer et-
waigen Übertragung der Vollmacht auf einen anderen
Ziffer 3.2
wenn der Versorgungsberechtigte nicht unverzüglich
widerspricht, sobald er zum Kreis der Versorgungsbe-
rechtigten zählt.
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3.4.
gungsberechtigten und von MR alle Angaben zu ma-
chen und Nachweise beizubringen, die für die Prüfung
und Abwicklung eines Pensionsanspruchs erforder-
lich sind.
3.5.
eine andere Gesellschaft ersetzen. Die dem bisheri-
Ziffer 3.2
macht wird in diesem Fall auf den neuen Mitarbeiter-
treuhänder übertragen.
4.
Schlussvorschriften
4.1.
nicht mehr ein Tochterunternehmen der M Aktienge-
sellschaft ist. MR und GBR sind sich darin einig, dass
diese Betriebsvereinbarung jedoch nicht vor dem
23. Juni 2006 in Kraft treten soll. Zum Zwecke der
Klarstellung werden die Parteien im Rahmen einer
Protokollnotiz den konkreten Zeitpunkt des Inkrafttre-
tens der Betriebsvereinbarung bestätigen.
…“
Die Umsetzung der GBV
erfolgte durch die „Rahmen-Treuhandvereinba-
rung zur Sicherung arbeitgeberfinanzierter betrie
blicher Altersversorgung“ vom
13./17. Juli 2006 (RTV) mit folgendem Inhalt:
„Rahmen-Treuhandvereinbarung
zur Sicherung arbeitgeberfinanzierter
betrieblicher Altersversorgung
zwischen
1.
M Druckmaschinen Aktiengesellschaft
- nachfolgend
‚Gesellschaft‘
und
2.
M R Trust e.V.
Ungererstraße 69, 80805 München
- nachfolgend
‚Vermögenstreuhänder‘
und
3.
D GmbH
hier handelnd im eigenen Namen und als bevollmäch-
tigter Vertreter der in der Präambel unter B. definierten
Versorgungsberechtigen der Gesellschaft,
- nachfolgend
‚Mitarbeitertreuhänder‘
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- die Gesellschaft, der Vermögenstreuhänder, der Mit-
arbeitertreuhänder sowie die vom Mitarbeitertreuhän-
der vertretenen Versorgungsberechtigten der Gesell-
schaft jeweils einzeln nachfolgend auch die
‚Partei‘
und zusammen auch die
‚Parteien‘
Präambel
A.
Die Gesellschaft hat gemäß der Gesamtbetriebsver-
einbarung zum Outside Funding vom 14. Juli 2006
(
‚GBV‘
(einschließlich Organmitgliedern) bzw. deren Hinter-
bliebenen zugesagt, dass ein ergänzender vertragli-
cher Insolvenzschutz ihrer Anwartschaften und An-
sprüche auf Leistungen der arbeitgeberfinanzierten
betrieblichen
Altersversorgung in Form der sog. ‚Dop-
pelten Treuhand‘ (wie in § 2.1 definiert) eingeführt
werden kann (
‚Ergänzende Sicherung‘
B.
Im Rahmen der Ergänzenden Sicherung soll Vermö-
gen der Gesellschaft auf den Vermögenstreuhänder
übertragen und von diesem nach den Vorgaben ei-
nes Anlageausschusses der Gesellschaft angelegt
werden. Zur Sicherstellung der Verwaltung und der
Abwicklung der Ergänzenden Sicherung ist zudem
ein Mitarbeitertreuhänder bestellt, der die Interessen
der Gesamtheit der in den Geltungsbereich der Er-
gänzenden Sicherung einbezogenen aktiven und
ehemaligen Mitarbeiter (einschließlich Organmitglie-
der) bzw. deren Hinterbliebenen, die Anwartschaften
oder Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung
gegenüber der Gesellschaft auf der Grundlage der in
Anlage 1
Direktzusagen (
‚Pensionsansprüche‘
haben (die Vorgenannten zusammen
‚Versorgungs-
berechtigte‘
wahrnimmt und gegenüber der Gesellschaft sowie
gegenüber dem Vermögenstreuhänder vertritt und für
deren Wahrung Sorge trägt.
C.
Neben der Vereinbarung nach B. begründet der Ver-
mögenstreuhänder mit dieser Rahmen-Treuhandver-
einbarung gegenüber der Gesellschaft einen echten
berechtigenden Vertrag zu Gunsten der Versor-
gungsberechtigten (echter berechtigender Vertrag zu
Gunsten Dritter), so dass die Versorgungsberechtig-
ten nach näherer Maßgabe der nach dieser Rahmen-
Treuhandvereinbarung abzuschließenden Treuhand-
vereinbarungen aufgrund dessen eigenständige For-
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derungsrechte gegenüber dem Vermögenstreuhän-
der haben. Die Sicherungsrechte werden unmittelbar
mit Abschluss dieses Treuhandvertrages begründet.
Vor diesem Hintergrund und zum Vollzug der Ergän-
zenden Sicherung gemäß der GBV vereinbaren die
Gesellschaft, der Vermögenstreuhänder sowie der
Mitarbeitertreuhänder, dieser handelnd als Vertreter
der Versorgungsberechtigten der Gesellschaft und im
eigenen Namen, was folgt:
§ 1
Geltungsbereich
Diese Rahmen-Treuhandvereinbarung gilt für die Ge-
sellschaft, den Vermögenstreuhänder, den Mitarbei-
tertreuhänder sowie für alle Versorgungsberechtigten
der Gesellschaft. Ihr Geltungsbereich umfasst aus-
schließlich die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Al-
tersversorgung der Versorgungsberechtigten der Ge-
sellschaft.
§ 2
Doppelseitige
Treuhand,
Sicherungsabrede
durch echten Vertrag zu Gunsten Dritter
2.1
Zur Umsetzung der Ergänzenden Sicherung im Sinne
dieser Rahmen-Treuhandvereinbarung werden nach
Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen mit dem
Vermögenstreuhänder zwei verschiedene Treuhand-
verhältnisse vereinbart, durch die der Vermögens-
treuhänder sowohl gegenüber der Gesellschaft (Ver-
waltungs-Treuhand) als auch gegenüber den Versor-
gungsberechtigten und dem Mitarbeitertreuhänder
(Sicherungs-Treuhand) treuhänderisch gebunden
wird (
‚Doppelte Treuhand‘
wird unmittelbar mit Abschluss dieses Vertrages be-
gründet.
2.2
Auf der Grundlage der GBV kann das zur Erfüllung
der Verpflichtungen aus arbeitgeberfinanzierten be-
trieblichen Altersversorgungszusagen der Gesell-
schaft erforderliche Vermögen von der Gesellschaft
auf einen Vermögenstreuhänder übertragen werden.
Aktien der Gesellschaft dürfen allerdings nicht von
der Gesellschaft auf den Vermögenstreuhänder über-
tragen werden. Übertragenes Vermögen einschließ-
lich des daraus Erlangten (
‚Treuhandvermögen‘
wird vom Vermögenstreuhänder als Treuhandvermö-
gen für arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersver-
sorgungsleistungen der Gesellschaft
a) für die Gesellschaft und
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
- 21 -
b) für die Versorgungsberechtigten vertreten durch
den Mitarbeitertreuhänder,
zur Sicherung und Erfüllung der Versorgungsansprü-
che und Versorgungsanwartschaften der Versor-
gungsberechtigten gehalten und angelegt. In diesem
Rahmen wird der Vermögenstreuhänder Eigentümer
des übertragenen Vermögens. Der Vermögenstreu-
händer kann sich bei seiner Tätigkeit der Hilfe des
Mitarbeitertreuhänders oder Dritter bedienen. Die
Treuhandbeziehungen zwischen Gesellschaft und
Vermögenstreuhänder
(
‚Verwaltungs-Treuhand‘
richten sich im Übrigen nach den Bestimmungen des
§ 3.
2.3
Der Mitarbeitertreuhänder vertritt die Versorgungsbe-
rechtigten als bevollmächtigter Vertreter nach Maß-
gabe der GBV oder aufgrund einer entsprechenden
Duldungsvollmacht und nimmt die ihm im Rahmen
der Ergänzenden Sicherung zugedachten Verwal-
tungsaufgaben für die Versorgungsberechtigten
wahr. Bei der Durchführung der Verwaltungsaufga-
ben kann sich der Mitarbeitertreuhänder der Hilfe der
Gesellschaft oder der Hilfe Dritter bedienen. Die
Treuhandbeziehungen zwischen dem Vermögens-
treuhänder und dem Mitarbeitertreuhänder (im eige-
nen Namen und als Vertreter der Versorgungsbe-
rechtigten) (
‚Sicherungs-Treuhand‘
Übrigen nach den Bestimmungen des § 4.
2.4
Der Mitarbeitertreuhänder und der Vermögenstreu-
händer verpflichten sich hiermit gegenüber der Ge-
sellschaft, im Wege eines echten Vertrages zu Guns-
ten Dritter im Sinne des § 328 BGB, zu folgenden
Maßnahmen zu Gunsten der Versorgungsberechtig-
ten:
a) Der Mitarbeitertreuhänder wird die ihm im Rah-
men der Ergänzenden Sicherung zu Gunsten
der Versorgungsberechtigten zugedachten Auf-
gaben wahrnehmen.
b) Der Vermögenstreuhänder wird in dem in § 5.1
definierten Sicherungsfall nach näherer Maß-
gabe der Bestimmungen des § 5 zusammen mit
dem Mitarbeitertreuhänder sicherstellen, dass
das
vorhandene
Treuhandvermögen
aus-
schließlich zur Sicherung und Erfüllung der An-
sprüche der Versorgungsberechtigten gegen die
Gesellschaft aus der für den Versorgungsbe-
rechtigten jeweils gültigen Regelung zur arbeit-
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geberfinanzierten betrieblichen Altersversor-
gung verwertet und eingesetzt wird (echter Ver-
trag zu Gunsten der Versorgungsberechtigten
im Sinne des § 328 BGB).
c)
Die Ergänzende Sicherung für die Erfüllung der
Versorgungsanwartschaften und -ansprüche der
Versorgungsberechtigten gemäß § 2.4 a) und b)
ist in jedem Fall auf das beim Vermögenstreu-
händer für die Gesellschaft jeweils vorhandene
Treuhandvermögen beschränkt und greift nach
Maßgabe der Regelungen in § 8 ausschließlich
soweit und solange wie die Gesellschaft ein Kon-
zernunternehmen der M Druckmaschinen Akti-
engesellschaft im Sinne von § 18 AktG ist (sämt-
liche Konzernunternehmen (‚M Gruppe‘) bzw.
nur soweit und nur solange die Arbeitsverhält-
nisse der aktiven Mitarbeiter des die Ergänzende
Sicherung einführenden Unternehmens nicht
aufgrund von Maßnahmen im Sinne des § 613a
BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergegan-
gen sind.
§ 3
Verwaltungs-Treuhand
Die Verwaltungs-Treuhand, d.h. die Rechtsbeziehun-
gen zwischen der Gesellschaft und dem Vermögens-
Anlage 2
Treuhandvereinbarung beigefügten, gesonderten
Verwaltungs-Treuhandvereinbarung im Einzelnen
geregelt.
§ 4
Sicherungs-Treuhand
4.1
Die Sicherungs-Treuhand, d.h. die Rechtsbeziehun-
gen zwischen dem Vermögenstreuhänder und den
Versorgungsberechtigten sowie dem Mitarbeitertreu-
Anlage 3
handvereinbarung beigefügten, gesonderten Siche-
rungs-Treuhandvereinbarung im Einzelnen geregelt.
4.2
In diesem Zusammenhang sind sich die Parteien da-
rin einig und stellen hiermit klar, dass die Sicherungs-
Treuhand fortbesteht, wenn und soweit die Verwal-
tungs-Treuhand, insbesondere im Falle der Insolvenz
der Gesellschaft, erlöschen sollte. Des Weiteren sind
sich die Parteien darin einig, dass der § 334 BGB im
Rahmen der Sicherungs-Treuhand ausgeschlossen
ist.
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§ 5
Sicherungsfall, Umsetzung der Ergänzenden Si-
cherung im Sicherungsfall
5.1
Eintritt des Sicherungsfalls
Der Sicherungsfall im Sinne dieser Rahmen-Treu-
handvereinbarung liegt vor, wenn und soweit die Vo-
raussetzungen der in § 7 Abs. (1) BetrAVG geregel-
ten Fälle erfüllt sind, unbeschadet einer Einstands-
pflicht
des
Pensions-Sicherungs-Verein
VVaG
(
‚PSV‘
Abs. (3) BetrAVG überschritten sind, oder in ver-
gleichbaren Fällen der Nichtleistung durch die Gesell-
schaft (
‚Sicherungsfall‘
Nichtleistung im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn die
Gesellschaft außerhalb der Fälle des § 7 Abs. (1)
BetrAVG nach rechtskräftiger Feststellung der Zah-
lungspflicht aus einer nach dieser Rahmen-Treu-
handvereinbarung gesicherten Versorgungszusage
und Ablauf einer Frist von drei (3) Monaten nach Zu-
stellung der betreffenden Entscheidung nicht leistet
(
‚Nichtleistungsfall‘
zende Sicherung im Sicherungsfall nach Maßgabe
der nachfolgenden Bestimmungen umgesetzt.
5.2
Fortbestehen der Sicherungs-Treuhand im Insol-
venzfall
Für die aufgrund der Verwaltungs-Treuhand im Sinne
des § 3 begründeten Auftrags- und Geschäftsbesor-
gungsverhältnisse gelten die gesetzlichen Bestim-
mungen der §§ 115 ff. lnsO. Danach erlöschen zwar
mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Ge-
setzes etwaige Auftrags- und Geschäftsbesorgungs-
verhältnisse zwischen dem Vermögenstreuhänder
und der Gesellschaft.
Von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleiben
jedoch die nach § 2.2b) und § 2.3 in Verbindung mit
§ 4 aufgrund der Sicherungs-Treuhand begründeten
Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverhältnisse zwi-
schen dem Vermögenstreuhänder und den Versor-
gungsberechtigten sowie dem Mitarbeitertreuhänder
einschließlich etwaiger Vollmachtsregelungen unbe-
rührt und bestehen mit Wirkung gegenüber der Ge-
sellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter fort.
5.3
Pflichten des Vermögenstreuhänders, Rangfolge
Im Rahmen der gemäß § 4 getroffenen Sicherungs-
Treuhandvereinbarung ist der Vermögenstreuhänder
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gegenüber dem Mitarbeitertreuhänder und gegen-
über den Versorgungsberechtigten nach Maßgabe
von § 5.5 verpflichtet,
a) vorrangig die Erfüllung der nicht gesetzlich insol-
venzgesicherten Anwartschaften und Ansprüche
auf Leistungen der arbeitgeberfinanzierten be-
trieblichen Altersversorgung sowie
b) nachrangig die Erfüllung der übrigen Versor-
gungsverpflichtungen der Gesellschaft aus der
für die Versorgungsberechtigten jeweils gültigen
arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersver-
sorgungsregelung sicherzustellen.
5.4
Eigenständiges Sicherungsrecht der Versorgungsbe-
rechtigten aufgrund echten Vertrags zu Gunsten Drit-
ter
Im Rahmen von §§ 5.2 und 5.3 in Verbindung mit der
Sicherungsabrede gemäß § 2.4 stehen den Versor-
gungsberechtigten aufgrund der vertraglichen Ver-
einbarungen bzw. des in dieser Rahmen-Treuhand-
vereinbarung geregelten echten Vertrags zu Gunsten
Dritter im Sinne des § 328 BGB zudem eigene ver-
tragliche Rechte auf Durchführung der Ergänzenden
Sicherung gegenüber dem Vermögenstreuhänder
zu. Die Versorgungsberechtigten können insoweit
vom Vermögenstreuhänder bei Eintritt des Siche-
rungsfalles die Verwertung des Treuhandvermögens
der Gesellschaft und dessen Auszahlung ausschließ-
lich nach Maßgabe der §§ 5.5 bis 5.10 verlangen, so-
fern dem keine gesetzlichen Vorschriften entgegen-
stehen.
5.5
Sicherungsvermögen, Kosten
Die Parteien sind sich darin einig, dass zur Sicher-
stellung der Abwicklung im Sicherungsfall aus dem
Treuhandvermögen vorrangig die Kosten des Vermö-
gens- und Mitarbeitertreuhänders sowie etwaige ge-
setzliche Abgaben zu decken sind. Der danach ver-
bleibende Restbetrag des Treuhandvermögens ist
das Sicherungsvermögen der Gesellschaft (
‚Siche-
rungsvermögen‘
genden Bestimmungen an die Versorgungsberech-
tigten ausgezahlt wird. Soweit das Sicherungsvermö-
gen der Gesellschaft nicht ausreicht, um sämtliche
Ansprüche der Versorgungsberechtigten aus Versor-
gungszusagen der Gesellschaft zu erfüllen, erfolgt
eine anteilige Erfüllung gemäß der in § 5.3 festgeleg-
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3 AZR 303/18
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- 25 -
ten Rangfolge. Tritt der Sicherungsfall als Nichtleis-
tungsfall (§ 5.1 Satz 2) ein, so erbringt der Vermö-
genstreuhänder abweichend von den nachstehenden
Absätzen aus dem Sicherungsvermögen die rechts-
kräftig festgestellte Leistung solange, bis die Leistung
wieder von der Gesellschaft erbracht wird; diese ge-
sonderte Leistungserbringung auf den Nichtleis-
tungsfall durch den Vermögenstreuhänder endet mit
Wegfall bzw. der Erfüllung der zu sichernden Versor-
gungsverpflichtung, spätestens jedoch, wenn bei der
Gesellschaft ein Sicherungsfall im Sinne von § 7
Abs. (1) BetrAVG eintritt. Im Übrigen finden für die
Durchführung der Sicherung im Sicherungsfall die
nachstehenden Absätze Anwendung.
5.6
Sicherungsquote, Berechnung des Sicherungskapi-
tals der gesicherten Versorgungsberechtigten
Die - ggf. anteilige - Sicherung der Versorgungsbe-
rechtigten im Sinne des § 5.3 wird jeweils wie folgt
berechnet:
a) Der Betrag der zu sichernden Verpflichtungen
der Gesellschaft ist die zum Zeitpunkt des Ein-
tritts des Sicherungsfalls bei der Gesellschaft
nach den Vorschriften der International Ac-
counting Standards (
‚IAS‘
cial Reporting Standards (gemeinsam
‚IFRS‘
für die arbeitgeberfinanzierten Pensionsansprü-
che ermittelte Defined Benefit Obligation
(
‚DBO‘
Bei der Ermittlung der DBO ist von den hierfür
zum letzten Ermittlungsstichtag bei der Gesell-
schaft (derzeit: 31. Dezember) maßgeblichen
Rechenprämissen und Annahmen auszugehen.
b) Zur Ermittlung der Sicherungsquote der Versor-
gungsberechtigten wird das Sicherungsvermö-
gen der Gesellschaft der Summe der vor- bzw.
nachrangig zu sichernden Verpflichtungen ge-
genübergestellt und daraus eine Sicherungs-
quote zunächst für die vorrangig, anschließend
für die nachrangig zu sichernden Verpflichtun-
gen ermittelt (jeweils
‚Sicherungsquote der
Versorgungsberechtigten‘
c)
Die Anteile des einzelnen Versorgungsberech-
tigten am Sicherungsvermögen der Gesellschaft
ergeben sich jeweils durch Multiplikation der Si-
cherungsquoten mit der DBO der ihm gegenüber
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- 26 -
bestehenden vor- bzw. nachrangigen Verpflich-
tungen der Gesellschaft (‚Sicherungskapital‘).
5.7
Verwendung und Auszahlung des Vorhandenen Si-
cherungskapitals
a) Das Sicherungsvermögen der Gesellschaft wird
grundsätzlich nach der hierfür in einem etwaigen
Insolvenzplan vorgesehenen Verwendung ein-
gesetzt.
b) Sofern keine diesbezüglichen Regelungen vor-
handen sind, erhält der Versorgungsberechtigte
bei Eintritt der Fälligkeit seiner Ansprüche aus
der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Alters-
versorgung (
‚Versorgungsfall‘
cherungsleistung aus dem Sicherungskapital,
dieses erhöht oder vermindert in dem Verhältnis,
in dem sich das Sicherungsvermögen aufgrund
der vertragsgemäßen Anlage zwischen dem Si-
cherungsfall und dem Versorgungsfall erhöht
oder vermindert hat (
‚Vorhandenes Siche-
rungskapital‘
Vermögenstreuhänder aufzustellenden Auszah-
lungsplan.
c)
Dem Versorgungsberechtigten kann im Versor-
gungsfall anstelle der Auszahlung des Vorhan-
denen Sicherungskapitals nach § 5.7 b) auf sei-
nen Antrag eine Einmalzahlung in Höhe des Vor-
handenen Sicherungskapitals angeboten wer-
den; das Entscheidungsrecht bezüglich der Ein-
malzahlung liegt ausschließlich beim Vermö-
genstreuhänder.
5.8
Verwendungsalternativen für das Sicherungskapital
Der Vermögenstreuhänder ist in jedem Einzelfall be-
rechtigt, anstelle der Verwendung des Vorhandenen
Sicherungskapitals im Sinne des § 5.7 die Ergän-
zende Sicherung im Sicherungsfall wie folgt durchzu-
führen:
a) Der Versorgungsberechtigte erhält bei Eintritt ei-
nes Versorgungsfalles im Sinne der für den Ver-
sorgungsberechtigten jeweils gültigen arbeitge-
berfinanzierten betrieblichen Altersversorgungs-
regelung als Insolvenzsicherungsleistung die
Leistungen, die sich ergeben würden, wenn bei
Eintritt des Sicherungsfalles bei der Gesellschaft
auf sein Leben eine Rentenversicherung gegen
Einmalprämie in Höhe des Sicherungskapitals
abgeschlossen worden wäre. Der Vermögens-
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treuhänder ist in diesem Fall berechtigt, zur
Rückdeckung der Sicherungsleistung entspre-
chende Rentenversicherungen bei einer Versi-
cherungsgesellschaft abzuschließen; aus abge-
schlossenen Rückdeckungsversicherungen ist
ausschließlich der Vermögenstreuhänder ver-
pflichtet und berechtigt. Die Auswahl der Ren-
tenversicherungen erfolgt durch den Vermö-
genstreuhänder im Einvernehmen mit dem Mit-
arbeitertreuhänder.
b) Dem Versorgungsberechtigten kann bei Insol-
venz der Gesellschaft auf Antrag eine Einmal-
zahlung in Höhe des Vorhandenen Sicherungs-
kapitals angeboten werden. Das Entscheidungs-
recht bezüglich der Einmalzahlung liegt aus-
schließlich beim Vermögenstreuhänder.
5.9
Übertragung des Treuhandvermögens auf den PSV,
Pensionsfonds, Hinterlegung
Die Übertragung des Treuhandvermögens auf den
PSV oder einen Pensionsfonds oder die Hinterlegung
des Treuhandvermögens ist in den nachfolgend auf-
geführten Fällen zulässig:
a) Im Rahmen der Ergänzenden Sicherung nach
den §§ 5.1 bis 5.8 ist der Vermögenstreuhänder
berechtigt, das Treuhandvermögen für die ar-
beitgeberfinanzierte betriebliche Altersversor-
gung der Gesellschaft auf den PSV zu übertra-
gen, soweit dieser nach den gesetzlichen Be-
stimmungen Versorgungsansprüche und Ver-
sorgungsanwartschaften sichert und deswegen
nach den Regeln des BetrAVG ein Übertra-
gungsanspruch des PSV besteht.
b) § 5.9 a) gilt entsprechend für die Übertragung
von Treuhandvermögen auf einen Pensions-
fonds (§ 112 VAG), soweit dieser schuldbefrei-
end die Versorgungsverpflichtungen der Gesell-
schaft übernimmt.
c)
Im Rahmen der Ergänzenden Sicherung nach
§ 5.9 a) und b) bestehen Zahlungspflichten des
Vermögenstreuhänders gegenüber den Versor-
gungsberechtigten nicht, soweit das Vermögen
auf den PSV oder einen Pensionsfonds übertra-
gen wurde.
d) Soweit nach den vorstehenden Bestimmungen
Übertragungen des Sicherungsvermögens erfol-
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3 AZR 303/18
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- 28 -
gen bzw. vom Vermögenstreuhänder eine Hin-
terlegung des Sicherungsvermögens vorgenom-
men wird, wird der Vermögenstreuhänder von
seiner Verpflichtung zur Sicherung gegenüber
den betroffenen Versorgungsberechtigten frei.
§ 8
Laufzeit, Kündigung bzw. Vertragsaufhebung
8.1
Diese Rahmen-Treuhandvereinbarung wird auf un-
bestimmte Zeit geschlossen.
8.2
Eine ordentliche Kündigung sowie die einvernehmli-
che Aufhebung dieser Rahmen-Treuhandverein-
barung sind jeweils nur nach Maßgabe der nachfol-
genden Bestimmungen zulässig. Das Recht der au-
ßerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund
bleibt mit der Maßgabe unberührt, dass die Insolvenz
der Gesellschaft nicht als wichtiger Grund gilt.
8.3
Sowohl die ordentliche Kündigung von Seiten der Ge-
sellschaft mit einer Frist von sechs (6) Monaten zum
Ende des Kalenderjahres als auch eine einvernehm-
liche
Aufhebung
dieser
Rahmen-Treuhand-
vereinbarung ist nur zulässig, wenn
a) bei der Gesellschaft bezüglich der Ergänzenden
Sicherung eine gleichwertige, anderweitige In-
solvenzschutzregelung im Sinne der IFRS und,
solange und soweit die Gesellschaft auch nach
den United States Generally Accounting Princip-
les (
‚US-GAAP‘
vereinbart wurde, oder
b) die Gesellschaft keine Versorgungsberechtigten
mehr hat, gegenüber denen Verpflichtungen zur
Gewährung Ergänzender Sicherung bestehen.
Eine
‚gleichwertige anderweitige lnsolvenz-
schutzregelung‘
vor, wenn den Versorgungsberechtigten ein Siche-
rungsrecht gewährt wird, das ihnen für ihre Versor-
gungsansprüche aus der arbeitgeberfinanzierten be-
trieblichen Altersversorgung in wirtschaftlich ver-
gleichbarem Umfang eine vertragliche Sicherung ver-
schafft, die der Sicherung durch die doppelseitige
Treuhand im Sinne dieser Rahmen-Treuhandverein-
barung entspricht. Die Gleichwertigkeit im vorstehen-
den Sinne setzt weiterhin voraus, dass das andere
Sicherungsrecht die Anforderungen erfüllt, die die
IFRS und, solange und soweit die Gesellschaft auch
nach den US-GAAP berichtet, die US-GAAP, an ihre
- 28 -
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- 29 -
Qualifikation von ausgelagerten Vermögensgegen-
ständen als sog. ‚Plan Assets‘ stellen.
8.4
Mit der Kündigungserklärung bzw. dem Wunsch nach
dem Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung im
Sinne von § 8.3 von Seiten der Gesellschaft ist dem
Mitarbeiter- und dem Vermögenstreuhänder von der
Gesellschaft ein Nachweis über die Erfüllung der Be-
dingungen im Sinne von § 8.3 vorzulegen. Hierfür ist
eine schriftliche Erklärung des Wirtschaftsprüfers der
Gesellschaft erforderlich, der den Eintritt der Bedin-
gungen im Sinne des § 8.3a) und/oder 8.3b) beschei-
nigt (
‚Bescheinigung‘
Vermögenstreuhänder sind nicht verpflichtet, die Be-
scheinigung des Wirtschaftsprüfers inhaltlich zu über-
prüfen.
8.5
Eine ordentliche Kündigung gegenüber der Gesell-
schaft von Seiten des Vermögenstreuhänders oder
des Mitarbeitertreuhänders mit Einwilligung des Ver-
mögenstreuhänders ist nach Maßgabe der nachfol-
genden Bestimmungen zulässig:
a) Der Vermögenstreuhänder oder der Mitarbeiter-
treuhänder mit Zustimmung des Vermögens-
treuhänders kann diese Rahmen-Treuhandver-
einbarung mit einer Frist von einem (1) Jahr zum
Ende eines Kalenderjahres ordentlich kündigen,
insbesondere wenn die Gesellschaft nicht mehr
zu den Unternehmen der M Gruppe zählt.
b) Sollte die Gesellschaft in den Fällen des § 8.5 a)
bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im Sinne des
§ 8.5 a) die Bescheinigung gemäß § 8.4 nicht
vorgelegt haben, verlängert sich die einjährige
Kündigungsfrist im Sinne des § 8.5 a) um ein (1)
weiteres Jahr (
‚Nachfrist‘
verdoppeln sich die von der Gesellschaft dem
Anlage 2
zu dieser Rahmen-Treuhandvereinbarung zu er-
setzenden Vergütungen bzw. Aufwendungen.
Sollte auch nach Ablauf der Nachfrist gemäß
§ 8.5 b) die Gesellschaft keine Bescheinigung
gemäß § 8.4 vorgelegt haben, wird die ordentli-
che Kündigung unwirksam und werden der Ver-
mögenstreuhänder und der Mitarbeitertreuhän-
der das zu diesem Zeitpunkt für die Ergänzende
Sicherung eingestellte Treuhandvermögen wei-
terführen, Inanspruchnahmen und Rückerstat-
tungen vornehmen, jedoch keine Beitragsdotie-
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3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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rungen (weder für bereits einbezogene Versor-
gungsberechtigte noch für neue Versorgungsbe-
rechtigte) mehr entgegen nehmen. Die von der
Gesellschaft zu ersetzenden Aufwendungen be-
rechnen sich gemäß § 8.5 b) Satz 1, 2. Halb-
satz.
c)
Der Vermögenstreuhänder oder der Mitarbeiter-
treuhänder mit Zustimmung des Vermögens-
treuhänders kann diese Rahmen-Treuhandver-
einbarung mit einer Frist von drei (3) Monaten
zum Ende eines Quartals kündigen, wenn die
Gesellschaft aus der M Gruppe im Wege des
‚share deal‘ ausscheidet und der Vermögen-
streuhänder ab dem Zeitpunkt des Ausschei-
dens der Gesellschaft aus der M Gruppe das von
der Gesellschaft auf den Vermögenstreuhänder
übertragene Treuhandvermögen nicht mehr
treuhänderisch für die Gesellschaft, sondern
treuhänderisch für ein anderes Unternehmen
der M Gruppe im Rahmen dessen Ergänzender
Sicherung hält, so dass das Treuhandvermögen
insoweit zwar wirtschaftlich dem anderen Unter-
nehmen zugeordnet wird, es jedoch weiterhin
der Ergänzenden Sicherung von aktiven und
ehemaligen Mitarbeitern (einschließlich Organ-
mitgliedern) bzw. deren Hinterbliebenen eines
Unternehmens der M Gruppe dient und deshalb
die Erfüllung der Voraussetzungen von ‚Plan As-
sets‘ im Sinne der IFRS und, solange und soweit
die Gesellschaft auch nach den US-GAAP be-
richtet, nach den US-GAAP weiterhin gewahrt
bleiben. Im Übrigen darf das anteilig auf die aus-
scheidende Gesellschaft entfallende Treuhand-
vermögen nur in den gemäß der IFRS und, so-
lange und soweit die Gesellschaft auch nach den
US-GAAP berichtet, nach den US-GAAP als un-
schädlich bezüglich der ‚Plan Asset Eigenschaft‘
klassifizierten Fällen auf das andere, in der M
Gruppe verbleibende Trägerunternehmen zu-
rück übertragen werden.
d) Der Vermögenstreuhänder oder der Mitarbeiter-
treuhänder mit Zustimmung des Vermögens-
treuhänders kann diese Rahmen-Treuhandver-
einbarung mit einer Frist von drei (3) Monaten
zum Ende eines Quartals kündigen, wenn ein
Betrieb oder ein Betriebsteil der Gesellschaft auf
einen anderen Arbeitgeber im Sinne des § 613a
- 30 -
3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
- 31 -
BGB aufgrund von Einzelübertragungen oder
aufgrund von Maßnahmen nach dem UmwG
(asset deal) übertragen werden und der Vermö-
genstreuhänder ab dem Zeitpunkt des Betriebs-
übergangs oder des Teilbetriebsüberganges im
Sinne des § 613a BGB das von der Gesellschaft
auf den Vermögenstreuhänder übertragene
Treuhandvermögen ganz oder teilweise (je nach
Höhe der nicht gemäß § 613a BGB auf den an-
deren Arbeitgeber übergegangenen Versor-
gungsverpflichtungen) nicht mehr treuhände-
risch für die Gesellschaft, sondern treuhände-
risch für ein anderes Unternehmen der M
Gruppe im Rahmen dessen Ergänzender Siche-
rung hält. Die Bestimmungen des § 8.5 c) finden
insoweit entsprechende Anwendung. Im Übrigen
darf das anteilig auf den ausscheidenden Betrieb
oder Betriebsteil der Gesellschaft entfallende
Treuhandvermögen nur in der gemäß der IFRS
und, solange und soweit die Gesellschaft auch
nach den US-GAAP berichtet, den US-GAAP als
unschädlich bezüglich der ‚Plan Asset-Eigen-
schaft‘ klassifizierten Fällen auf das andere, in
der M Gruppe verbleibende Trägerunternehmen
zurück übertragen werden.“
Zudem wurden im Juli 2006 zwischen der Arbeitgeberin, dem Beklagten
und der Nebenintervenientin zu 3. die Verwaltungs-Treuhand- (VTV) und die Si-
cherungs-Treuhandvereinbarung (STV) abgeschlossen.
Auf dieser Grundlage und aufgrund eines nach der RTV 2005 erforderli-
chen Gutachtens zur Gleichwertigkeit der Sicherung auf der Grundlage der RTV,
das am 10. Juli 2006 erstellt wurde, wurde die Arbeitgeberin mit einem Aufhe-
bungsvertrag vom 17. Juli 2006 aus der RTV 2005 mit Zustimmung der Mitarbei-
tertreuhänderin - der D GmbH - entlassen. Das zu Gunsten der Arbeitgeberin ge-
bildete Vermögen iHv. 1.500.000 Anteilsscheinen an einem durch die H Kapital-
anlagegesellschaft mbH für den Vermögenstreuhänder verwalteten Treuhand-
vermögen wurde auf den Beklagten als neuen Treuhänder übertragen. Die Mit-
arbeiter wurden über den Wechsel unterrichtet.
Für das Geschäftsjahr 2010 wurden am 7. Februar 2011 und für das Ge-
schäftsjahr 2011 am 28. Oktober 2011 versicherungsmathematische Gutachten
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10
- 31 -
3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
- 32 -
erstellt, die eine Rentendynamik von 1,75 vH zum 31. Dezember des Jahres aus-
wiesen.
Am 25. November 2011 stellte die Arbeitgeberin einen Antrag auf Eröff-
nung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, das am 1. Februar 2012 eröff-
net wurde. Der Beklagte begann in der Folge, die gesicherten Ansprüche der
Versorgungsberechtigten zu berechnen und Auszahlungen vorzubereiten. In
konkreten Auszahlungsplänen wurde festgelegt, welcher Betriebsrentner und
welcher Betriebsrentenanwärter welche Leistung erhalten sollte. Dabei be-
stimmte der Beklagte zunächst die Höhe der vorrangig zu sichernden Verpflich-
tungen, stellte dann die Summe aller zu sichernden Verpflichtungen dem Siche-
rungsvermögen gegenüber und bestimmte so die Sicherungsquote sowohl der
vorrangig als auch der nachrangig zu sichernden Verpflichtungen. Schließlich
wurde das Sicherungsvermögen nach dem Verhältnis der Sicherungsquoten den
einzelnen Betriebsrentnern zugeordnet und so das Sicherungskapital bestimmt.
Der Beklagte plante, den einzelnen Versorgungsberechtigten unabhängig vom
Eintritt des Versorgungsfalls eine Einmalzahlung gemäß § 5.8 Buchst. b RTV zu
gewähren.
Der Kläger hat vom Beklagten Unterlassung der Auszahlung des ent-
sprechend berechneten und angepassten Sicherungskapitals an die Versor-
gungsberechtigten verlangt. Er hat geltend gemacht, der Sicherungszweck der
RTV sei darauf gerichtet, die bestehenden Versorgungsverpflichtungen der Ar-
beitgeberin zu sichern und diese entsprechend abzubilden. Eine darüber hinaus-
gehende Verpflichtung des Beklagten sei in der RTV nicht geregelt. Der Beklagte
überschreite den Sicherungszweck der RTV in unzulässiger Weise, wenn er eine
Dynamik „sichern“ wolle, die die Arbeitgeberin selbst nicht zugesagt habe. Die
Arbeitgeberin habe nur der allgemeinen Anpassung nach § 16 BetrAVG unterle-
gen und hätte diese wegen ihrer Insolvenz mit wirtschaftlichen Gründen nach
§ 16 Abs. 4 BetrAVG verweigern dürfen. Der Beklagte widerspreche sich selbst,
wenn er auf der einen Seite anerkenne, dass das Unternehmen keine Dynamik
zugesagt habe, dann aber meine
, eine solche Dynamik „sichern“ zu müssen. Es
handle sich damit nicht um eine Sicherung, sondern um eine zusätzliche Leis-
tung, die außerhalb des Sicherungszwecks liege.
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3 AZR 303/18
ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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Die KBV definiere den Begriff der ergänzenden Sicherung in der Präam-
bel (B) und in § 2.1. Eine eigenständige Definition der ergänzenden Sicherung,
die einen zusätzlichen Verpflichtungsumfang des Treuhänders begründen
könne, gebe es nicht. Der Beklagte interpretiere den Klammerzusatz in § 2.1 KBV
unzutreffend, wenn die ergänzende Sicherung immer auch eine Dynamik ge-
währleisten müsse. Nach der KBV sei den Konzernunternehmen nicht verbindlich
vorgeschrieben gewesen, überhaupt eine ergänzende Sicherung vorzunehmen.
Die Parteien der KBV hätten nicht den Abschluss einer bestimmten Rahmentreu-
handvereinbarung vorgeschrieben. Es gebe eine relevante Fallgruppe, in der
zwar das Unternehmen eine Anpassung nach § 16 BetrAVG gewähre und auch
entsprechend zur Leistung daraus verpflichtet sei, der Kläger als Träger der ge-
setzlichen Insolvenzsicherung diese Anpassungsverpflichtung aber nicht sichere.
Das sei der Fall, wenn Anpassungsentscheidungen im Zwei-Jahres-Zeitraum vor
Insolvenzeröffnung getroffen oder erst in diesem Zwei-Jahres-Zeitraum gerichtli-
che Gestaltungsentscheidungen fallen würden. Diese Anpassungen, die ein Ar-
beitgeber zu leisten verpflichtet sei, seien nach § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 BetrAVG
nicht vom gesetzlichen Insolvenzschutz erfasst. Hier sei eine ergänzende Siche-
rung sinnvoll, da der gesetzliche Insolvenzschutz trotz einer Verpflichtung der
Arbeitgeberin nicht greife. Diese „Lücke im Insolvenzschutz“ sei im Klammerzu-
satz des § 2.1 KBV gemeint. Für diese Fälle habe der Beklagte als Treuhänder
auch für die Anpassung, die das Unternehmen bereits gewährt habe, einzu-
stehen. Nicht gemeint sei hingegen eine generelle Verpflichtung des Treuhän-
ders, einen allgemeinen Teuerungsausgleich nach § 16 BetrAVG vollkommen
unabhängig von der Verpflichtung des Arbeitgebers zu gewährleisten und über
eine ergänzende Sicherung abzubilden. § 2.1 KBV sehe keine ergänzende Si-
cherung einer Anpassung nach § 16 BetrAVG für die Zeit nach dem Insolvenzfall
vor, wenn das betreffende Unternehmen selbst gemäß § 16 Abs. 4 BetrAVG be-
rechtigt sei, Anpassungen aus wirtschaftlichen Gründen schon weit vor und un-
abhängig von einer späteren Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu verweigern,
ohne dass der Treuhänder dafür gemäß § 5.1 Satz
2 RTV („Nichtleistungsfall“)
hätte eintreten müssen. Diese Besserstellung der Versorgungsberechtigten in
der Insolvenz des Unternehmens sei sachlich nicht begründet. Dieser Wille der
Konzernbetriebsparteien sei zudem in der RTV 2005 nicht umgesetzt worden. In
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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der RTV 2005 und der RTV befinde sich keinerlei Hinweis auf die Sicherung einer
Dynamik. § 2.4 Buchst. b RTV 2005 zeige klar und deutlich, dass die Sicherung
und Erfüllung der Ansprüche der Versorgungsberechtigten der für den Versor-
gungsbere
chtigten „jeweils gültigen Regelung zur arbeitgeberfinanzierten be-
trieblichen Altersversorgung“ - also der Versorgungszusage - folge. Diese Siche-
rung beziehe sich auf die Versorgungszusage und regele keine zusätzliche An-
passungsverpflichtung, die in der Konzernbetriebsvereinbarung festgelegt wor-
den sei. Die KBV werde damit künstlich zum Bestandteil der Versorgungszusage.
Der Beklagte wolle an die Dynamik nach § 5.6 Buchst. a Satz 2 RTV an-
knüpfen und auf den „letzten Ermittlungsstichtag“ abstellen. Die Beteiligten hät-
ten die Sicherung einer Dynamik jedoch nicht von dem Zufall abhängig machen
wollen, ob die Arbeitgeberin zum „letzten Ermittlungsstichtag“ im Sinne von § 5.6
Buchst. a Satz 2 RTV noch eine Dynamik in Ansatz gebracht habe. Es wäre äu-
ßerst ungewöhnlich, wenn die Beteiligten eine Dynamik im Sinne eines Teue-
rungsausgleichs garantierten und diese dann dem Zufall überließen. Es habe kei-
nen Übertragungswillen der KBV in die GBV oder die RTV gegeben. Die RTV
nehme nicht auf die KBV Bezug, sondern auf die GBV.
Mit der GBV sei eine neue ergänzende Sicherung etabliert worden, die
nicht in einem rechtlichen Nachfolgeverhältnis zur KBV und der RTV 2005 stehe.
Letztere bildeten lediglich einen „historischen“ Hintergrund und könnten als sol-
che allenfalls eine mittelbare Auslegungshilfe sein. Es müsse sich aus der RTV
selbst positiv begründen lassen, dass die Sicherung einer Dynamik bezweckt sei.
Die GBV unterscheide sich vom Wortlaut von der KBV. Dies zeige auch § 2.1
GBV, der den Klammerzusatz des § 2.1 KBV nicht enthalte. Die RTV bezwecke
nicht nur keine Sicherung einer Dynamik, die das Unternehmen selbst nicht
schulde, sondern schließe diese ausdrücklich aus. § 2.4 RTV, der den echten
Vertrag zu Gunsten Dritter regele, verweise ausschließlich auf die „Sicherung und
Erfüllung der Ansprüche der Versorgungsberechtigten gegen die Gesellschaft
aus der für den Versorgungsberechtigten jeweils gültigen Regelung zur arbeitge-
berfinanzierten betrieblichen Altersversorgung“. Dies setze einen korrespondie-
renden Anspruch des Versorgungsberechtigten gegen das Unternehmen voraus,
der für die hier streitgegenständliche Dynamik unstreitig nicht gegeben sei. Der
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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Hinweis auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus den Altersversorgungszusagen
oder auf die „Sicherung und Erfüllung der Versorgungsansprüche und Versor-
gungsanwartschaften der Versorgungsberechtigten“ ergebe sich aus zahlreichen
Stellen der RTV sowie den Regelungen der Verwaltungs- und der Sicherungs-
treuhandvereinbarung. Mit der auf diese Weise wiederholt formulierten Maßgeb-
lichkeit des Verpflichtungsumfangs der Arbeitgeberin und dem Hinweis auf die
Erfüllung von Versorgungsansprüchen und Versorgungsanwartschaften sei eine
Auslegung, die der Beklagte zur Sicherung einer von der Arbeitgeberin selbst
nicht geschuldeten Dynamik vertrete, versperrt.
Um die zusätzliche Sicherung einer Dynamik durch die RTV zu gewähr-
leisten, habe es neben den allgemeinen Regelungen wie in § 2.4 RTV einer zu-
sätzlichen Regelung bedurft, die die Sicherung der von der Arbeitgeberin selbst
nicht geschuldeten Dynamik etabliert und dafür eine Grundlage geschaffen hätte.
Versorgungsansprüche aus der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersver-
sorgung seien nur Ansprüche aus der Versorgungszusage. Es fehle an einem
selbständigen Anspruch der Versorgungsberechtigten, der als vorrangiger An-
spruch im Sinne von § 5.3 Buchst. a RTV gesichert und an die Versorgungsbe-
rechtigten ausgeschüttet werden könne. Die RTV sehe keinen Mechanismus vor,
um die vorrangige Sicherung der Dynamik umzusetzen. Der Beklagte meine
zwar, mit seinen Berechnungen im Rahmen des § 5.6 RTV einen Weg gefunden
zu haben, eine Dynamik zu berechnen. Die Berechnung dieser Dynamik liege
dann aber ausschließlich in den Regeln der Barwertberechnung begründet, wie
sie nach § 5.6 Buchst. a der RTV zu erfolgen habe, ohne dass damit ein vorran-
giger Sicherungsanspruch gegen den Beklagten korrespondiere. Die so berech-
nete Dynamik sei ein unselbständiges Element der Berechnung des Sicherungs-
kapitals und teile damit das Schicksal der Ansprüche aus der Versorgungszu-
sage, auf die sich die Dynamik beziehe. Nur wenn die Ansprüche aus der Ver-
sorgungszusage selbst „vorrangig“ im Sinne von § 5.3 Buchst. a RTV zu qualifi-
zieren seien, etwa weil der Kläger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung
dafür nicht eintrete (zB wegen einer Begrenzung nach § 7 Abs. 3 BetrAVG), wäre
auch die Dynamik mit dem Anspruch zusammen als vorrangig an den Versor-
gungsberechtigten auszuschütten.
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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Der Kläger hat beantragt,
1a. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Zah-
lungen an Versorgungsberechtigte vorzunehmen, so-
weit diese darauf beruhen, dass bei der Berechnung
des „Betrags der zu sichernden Verpflichtungen“ nach
§ 5.6 Buchst. a des Rahmentreuhandvertrags vom
13./17.07.2006 zwischen M Druckmaschinen AG,
dem Beklagten und der Nebenintervenientin zu 3.
(Anlage 2 zur Klage) auch die Erwartung künftiger Be-
triebsrentenanpassungen (sog. „Dynamik“) wertstei-
gernd berücksichtigt worden ist und unter Berücksich-
tigung des einschließlich der Erwartung künftiger Be-
triebsrentenanpassungen (sog. „Dynamik“) berechne-
ten „Betrags der zu sichernden Verpflichtungen“ die
Sicherungsquoten (§ 5.6 Buchst. b Rahmentreuhand-
vertrag) sowie der Anteil des einzelnen Versorgungs-
berechtigten am Sicherungsvermögen (Sicherungs-
kapital, nach § 5.6 Buchst. c Rahmentreuhandver-
trag) bestimmt worden ist, es sei denn, dass und so-
weit die Zahlung darauf beruht, dass der Arbeitgeber
einem Versorgungsberechtigten eine Betriebsrenten-
anpassung in der Versorgungszusage konkret bezif-
fert vertraglich zugesagt hat;
1b. hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, es zu unter-
lassen, den Teil des Sicherungskapitals nach § 5.6
Buchst. c
des
Rahmentreuhandvertrags
vom
13./17.07.2006 zwischen der M Druckmaschinen AG,
dem Beklagten und der Nebenintervenientin zu
3. (Anlage 2 zur Klage), der infolge der Berechnung
des „Betrags der zu sichernden Verpflichtungen“ nach
§ 5.6 Buchst. a Rahmentreuhandvertrag, der Siche-
rungsquoten nach § 5.6 Buchst. b Rahmentreuhand-
vertrag und daraus abgeleitet des Sicherungskapitals
nach § 5.6 Buchst. c Rahmentreuhandvertrag auf die
Erwartung
künftiger
Betriebsrentenanpassungen
(sog. „Dynamik“) entfällt, an andere Berechtigte als
den Kläger zu zahlen, es sei denn, dass und soweit
sich die Erwartung künftiger Betriebsrentenanpas-
sung auf eine von dem Beklagten nach dem Rahmen-
treuhandvertrag zu sichernde arbeitgeberfinanzierte
Versorgungsverpflichtung bezieht, für die der Kläger
als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nicht
nach § 7 BetrAVG einsteht (Fall des § 5.3 Buchst. a
Rahmentreuhandvertrag);
2a. festzustellen, dass weder bei der Berechnung des
„Betrags der zu sichernden Verpflichtungen“ nach
§ 5.6 Buchst. a des Rahmentreuhandvertrags vom
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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13./17.07.2006 zwischen M Druckmaschinen AG,
dem Beklagten und der Nebenintervenientin zu 3.
(Anlage 2 zur Klage), noch bei der Berechnung der
Sicherungsquote nach § 5.6 Buchst. b Rahmentreu-
handvertrag und des Sicherungskapitals nach § 5.6
Buchst. c Rahmentreuhandvertrag sowie bei der Aus-
zahlung an Versorgungsberechtigte die Erwartung
künftiger Betriebsrentenanpassungen als wertstei-
gernd zu berücksichtigen ist, es sei denn, dass und
soweit der Arbeitgeber einem Versorgungsberechtig-
ten eine Betriebsrentenanpassung in der Versor-
gungszusage konkret beziffert vertraglich zugesagt
hat;
2b. hilfsweise festzustellen, dass der Teil des Sicherungs-
kapitals eines Versorgungsberechtigten nach § 5.6
Buchst. c
des
Rahmentreuhandvertrags
vom
13./17.07.2006 zwischen der M Druckmaschinen AG,
dem Beklagten und der Nebenintervenientin zu 3.
(Anlage 2 zur Klage), der infolge der Berechnung des
„Betrags der zu sichernden Verpflichtungen“ nach
§ 5.6 Buchst. a Rahmentreuhandvertrag, der Siche-
rungsquote nach § 5.6 Buchst. b Rahmentreuhand-
vertrag und daraus abgeleitet des Sicherungskapitals
des Versorgungsberechtigten nach § 5.6 Buchst. c
Rahmentreuhandvertrag auf die Erwartung künftiger
Betriebsrentenanpassungen entfällt, nicht an andere
Berechtigte als den Kläger gezahlt werden darf, es sei
denn, dass und soweit sich die Erwartung künftiger
Betriebsrentenanpassung auf eine von dem Beklag-
ten nach dem Rahmentreuhandvertrag zu sichernde
arbeitgeberfinanzierte Versorgungsverpflichtung be-
zieht, für die der Kläger als Träger der gesetzlichen
Insolvenzsicherung nicht nach § 7 BetrAVG einsteht
(Fall des § 5.3 Buchst. a Rahmentreuhandvertrag).
Der Beklagte sowie die Nebenintervenienten haben beantragt, die Klage
abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, auch Anpassungen nach § 16 BetrAVG
gehörten zu den Versorgungsansprüchen und entsprechend zu den Versor-
gungsverpflichtungen der Arbeitgeberin und seien grundsätzlich sicherungsfähig.
Ihr Wert belaufe sich auf 24,5 Mio. Euro. Zur Höhe des Sicherungskapitals gebe
es eine eigenständige Regelung: § 5.6 Buchst. a Satz 2 RTV sei keine bloße
Hilfsvorschrift. Es entspreche dem Willen der Vertragsparteien in Fortführung der
Regelungen der RTV 2005 und des Zwecks der KBV auch die Rentendynamik
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ECLI:DE:BAG:2020:220920.U.3AZR303.18.0
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bei der Berechnung der Sicherheitsleistung einzubeziehen. § 5.6 Buchst. a
Satz 2 RTV regele eine eindeutige und bewusste Abweichung vom Prinzip, dass
die Verhältnisse am Stichtag des Eintritts des Sicherungsfalls maßgeblich seien.
Stelle man auf die Parameter beim Trägerunternehmen bei Eintritt des
Versicherungsfalls ab, so
sei eine der IFRS immanente „going concern“-An-
nahme nicht mehr ohne weiteres möglich. Es hätte der Regelung in § 5.6
Buchst. a Satz
2 RTV nicht bedurft. Berechnungsparameter solle die letzte „going
concern“-Bewertung des Unternehmens sein und eben gerade nicht die Abwick-
lungsperspektive. In den Geschäftsjahren 2010 und 2011 sei bei der Berechnung
der Verpflichtung aus der betrieblichen Altersversorgung jeweils ein Rechenpa-
rameter in Höhe von 1,75 vH für den Rentenanpassungsbedarf zu Grunde gelegt
worden. Die entsprechenden Rechenparameter seien zuletzt im Rahmen der Er-
stellung des versicherungsmathematischen Gutachtens für den Ermittlungsstich-
tag 31. Dezember 2011 im Oktober 2011 festgelegt worden. Nach § 5.6 RTV sei
er verpflichtet, im Rahmen der DBO-Ermittlung die zuletzt festgelegten Parame-
ter zu verwenden; einen Ermessensspielraum habe er nicht. Unerheblich für die
Berechnung der DBO sei es, wenn an einem Stichtag eine Rentenanpassung
aus wirtschaftlichen Gründen hätte unterbleiben können. Wenn am 31. Dezem-
ber 2011 eine Situation bestanden hätte, die es der Arbeitgeberin erlaubt hätte,
eine Rentenanpassung nicht durchzuführen, hätte dies für die bilanzrechtliche
Betrachtung keine Bedeutung. Eine Rentendynamik sei bei der Berechnung des
Barwerts zu berücksichtigen, solange das Unternehmen noch aktiv am Markt tä-
tig sei.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision ver-
folgt der Kläger seine Anträge weiter. Der Beklagte und die Nebenintervenienten
begehren die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die
Berufung des Klägers im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist mit
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ihren Anträgen zu 1a. und 1b. zulässig, aber unbegründet. Die Anträge zu 2a.
und 2b. sind unzulässig.
A.
Die Zulässigkeit der Nebenintervention und des Rechtswegs sind nicht
zu überprüfen.
I.
Die Zulässigkeit der Nebeninterventionen auf Seiten des Beklagten
wurde von keiner der Parteien gerügt. Ein Antrag auf Zurückweisung einer Ne-
benintervention nach § 71 ZPO wurde nicht gestellt
.
II.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist in der Revisions-
instanz nach § 73 Abs. 2, § 65 ArbGG ebenso nicht mehr zu prüfen; eine ent-
sprechende Rüge ist nicht erhoben worden
.
1.
Der Rechtsweg ist ohnehin eröffnet, soweit es um den streitigen Anpas-
sungsbedarf gegenüber Arbeitnehmern und ggf. ihren Hinterbliebenen geht. Der
Beklagte ist eine von der Arbeitgeberin errichtete Einrichtung, deren Leistungen
- hier die Absicherung von Rechten aus betrieblicher Altersversorgung als soziale
Leistung - der Arbeitgeberin zuzurechnen sind und in unmittelbarem rechtlichen
Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Es geht also um eine Sozial-
einrichtung iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG
. Der
Kläger macht Ansprüche als Rechtsnachfolger der Arbeitnehmer und Hinterblie-
benen geltend. Insoweit genügt es nach § 3 ArbGG, dass der Kläger behauptet,
Rechtsnachfolger der Versorgungsberechtigten nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG
iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB geworden zu sein und hieraus Unterlassungsan-
sprüche und Rechtsverhältnisse ableiten zu können
.
2.
§ 73 Abs. 2, § 65 ArbGG greifen aber auch ein, soweit es um die streitige
Anpassung der Ansprüche von versorgungsberechtigten Organen der Arbeitge-
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berin geht, die auf den Kläger übergegangen sein könnten und von seinen An-
trägen erfasst sein könnten, für die die Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 5 Abs. 1
Satz 3 ArbGG wohl auch nicht aufgrund von § 2 Abs. 3 ArbGG zuständig wäre
. Dass insoweit eine
- nach § 2 Abs. 4 ArbGG zulässige - Vereinbarung der Parteien über den Rechts-
weg zu den Gerichten für Arbeitssachen vorläge, ist nicht ersichtlich. Dies alles
kann aber letztlich wegen der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit offenbleiben.
B.
Die Unterlassungsanträge zu 1a. und 1b. sind zulässig, aber unbegrün-
det.
I.
Nach einer Auslegung sind die Anträge zu 1a. und zu 1b. hinreichend
bestimmt
. Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren ist
ebenfalls gegeben.
1.
Für die Bestimmtheit von Unterlassungsanträgen gelten besondere An-
forderungen. Sie müssen aus rechtsstaatlichen Gründen für den in Anspruch Ge-
nommenen eindeutig erkennen lassen, welcher Handlungen er sich enthalten soll
und in welchen Fällen gegen ihn als Sanktion ein Ordnungsgeld verhängt werden
kann. Nur wenn die danach gebotenen Verhaltensweisen hinreichend erkennbar
sind, kann eine der materiellen Rechtskraft zugängliche Sachentscheidung erge-
hen. Eine Entscheidung, die eine Handlungs- oder Unterlassungspflicht aus-
spricht, muss grundsätzlich zur Zwangsvollstreckung geeignet sein. Die Prüfung,
welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine
ungenaue Antragsformulierung und einen dem entsprechenden gerichtlichen Ti-
tel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden.
Genügt ein Antrag - ggf. nach einer vom Gericht vorzunehmenden Auslegung -
diesen Anforderungen nicht, ist er als unzulässig abzuweisen
. Enthalten Unterlassungsanträge auslegungs-
bedürftige Formulierungen, ohne die Charakteristik des gerügten Verstoßes
durch eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform klarzustellen, sind sie
regelmäßig unbestimmt, weil der gesamte Streit über die Reichweite des Verbots
in das Vollstreckungsverfahren verlagert wird
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. Jedoch ist auch das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Ge-
bot effektiven Rechtsschutzes für den Anspruchsteller zu beachten. Das kann es
rechtfertigen, eine möglicherweise schwierige Klärung der Frage im Vollstre-
ckungsverfahren herbeizuführen, ob gegen die aus einem Titel folgende Ver-
pflichtung verstoßen wurde
.
2.
Nach diesen Grundsätzen lässt sich der Antrag zu 1a. - nach einer ent-
sprechenden Auslegung - hinreichend bestimmen.
a)
Soweit der Kläger die Unterlassung von Zahlungen an Versorgungsbe-
rechtigte verlangt, ist der Antrag auch nach den Ausführungen zum Rechtsweg
so zu verstehen, dass er sich auf Auszahlungen an alle Versorgungsberechtigten
bezieht. Außerdem ist der Antrag - im Gegensatz zum Antrag zu 1b. - dahin zu
verstehen, dass er nicht allein solche Leistungen betrifft, für die der Kläger ein-
trittspflichtig ist, sondern umfassend greifen soll. Der Antrag ist zudem dahin zu
verstehen, dass sich der Kläger gegen Auszahlungen auf der Grundlage des vor-
gelegten Auszahlungsplans wendet. Insoweit ist bestimmbar, dass sich der Klä-
ger gegen solche Zahlungen wendet, die auf dieser bestimmten Berechnung be-
ruhen. Der Kläger wendet sich dabei nicht gegen die vorgezogene kapitalisierte
Auszahlung als solche, sondern nur gegen die Auszahlung des Anpassungsbe-
darfs. Insoweit entfaltet die Leistungsberechnung des Beklagten Außenwirkung.
In der Vollstreckung des Unterlassungsantrags könnte dann auf der Grundlage
der RTV und des Auszahlungsplans die Berechnungsmethode überprüft werden,
wenn auch begrenzt auf den Anpassungsbedarf. Die Überprüfung von Berech-
nungsmethoden würde damit die Vollstreckung nicht überfrachten. Der Titel
würde zudem nicht greifen, wenn der Be
klagte sich lediglich „normal“ verrechnete
oder von sonstigen falschen Grundlagen ausgehen würde.
b)
Auch die Berücksichtigung „künftiger Betriebsrentenanpassungen“ ist im
Antrag auf der Grundlage des Auszahlungsplans und der RTV noch hinreichend
bestimmbar. Der Beklagte will konkret und unstreitig 1,75 vH Steigerung bei sei-
ner Berechnung des Anpassungsbedarfs berücksichtigen. Die Erwartung künfti-
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ger Betriebsrentenanpassungen (sog. „Dynamik“) und ihre wertsteigernde Be-
rücksichtigung sind damit hinreichend klar zu bestimmen. Der Kläger will eine
entsprechende Auszahlung bzw. Berechnung mit einer angepassten Dynamik
verhindern.
c)
Auch die Bezugnahme auf die RTV als „Anlage 2“ im Antrag steht der
Bestimmtheit des Antrags zu 1a. nicht entgegen. Die gebotene Individualisierung
der Klagegründe kann auch durch eine konkrete Bezugnahme auf der Klage-
schrift beigefügte Anlagen erfolgen, wobei die Gerichte nicht verpflichtet sind,
umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um
so die Ansprüche zu konkretisieren. Anlagen können grundsätzlich zur Erläute-
rung und Konkretisierung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht
vollständig ersetzen
. Diese
Grundsätze greifen auch bei der Bezugnahme auf die RTV als Anlage, die der
Berechnung und dem Auszahlungsplan zugrunde liegen.
d)
Der Antrag begegnet als möglicher Globalantrag keinen Bestimmtheits-
bedenken. Auch wenn von ihm möglicherweise Fallgestaltungen erfasst werden,
bei denen die Unterlassung von Zahlungen trotz einer Ausnahme verlangt wird,
etwa in Fällen des § 7 Abs. 3 BetrAVG, führte dies lediglich zur Unbegründetheit
des gesamten Antrags als Globalantrag, nicht aber zu seiner Unzulässigkeit
.
3.
Ebenso ist der Antrag zu 1b. - auch in Bezug auf seine Bedingtheit - hin-
reichend bestimmt
.
a)
Der Hilfsantrag ist dahin auszulegen, dass er im Fall der Unbegründetheit
des Antrags zu 1a. greifen soll. Denn der Kläger will den Antrag zu 1a. inhaltlich
beschränken. Zudem bezieht sich nach allgemeinen Grundsätzen ein Hilfsantrag
regelmäßig auf die Unbegründetheit des Hauptantrags
. Der Kläger will nach seinem Vor-
bringen mit diesem Antrag erreichen, dass nur der Betrag nicht ausgezahlt wird,
der sich aus der Dynamisierung des nachrangig gesicherten Anspruchs ergibt,
also auf den Anspruchsteil, den er zu erfüllen hat. Der Kläger bildet ein Beispiel,
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wonach ein Anspruch die Grenze des § 7 Abs. 3 BetrAVG überschreitet. Nur der
die Grenze des § 7 Abs. 3 BetrAVG überschreitende Teil soll danach zulässig
nach der RTV dynamisiert werden können, der andere - von ihm gesicherte -
indes nicht. Der Antrag zu 1b. soll damit auf einer Aufteilung des Anpassungsbe-
darfs aufbauen und eine Dynamisierung des von der gesetzlichen Insolvenzsi-
cherung geschützten Teils verhindern. Diese gespaltene Lösung mit dem formu-
lierten Antrag zu verhindern ist für eine spätere Vollstreckung hinreichend be-
stimmbar. Der Kläger benennt zudem die vom Antrag ausgenommenen Fälle der
aus seiner Sicht zulässigen Dynamisierung konkret. Die Bezugnahme auf die An-
sprüche, für die er nicht nach § 7 BetrAVG einsteht, ist daher nicht zu pauschal.
b)
Hinreichend bestimmt ist der Antrag auch
, soweit er sich auf „den Teil
des Sicherungskapitals, der ...“ bezieht. Nach Vorgesagtem ist klar, wie sich die-
ser Teil konkret für den vollstreckbaren Unterlassungstitel bestimmen lässt, näm-
lich auf der Grundlage des Auszahlungsplans und der RTV.
4.
Den entsprechend ausgelegten Unterlassungsanträgen zu 1a. und 1b.
fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, auch wenn der Kläger ggf. Zahlung auf-
grund von § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB vom Beklag-
ten an sich verlangen könnte.
a)
Der Kläger beruft sich auf vertragliche Unterlassungsansprüche, die kraft
Gesetzes aufgrund übergegangener Ansprüche der Versorgungsberechtigten
gegen den Treuhänder auf ihn übergegangen sein sollen. Grundsätzlich besteht
auch für die Unterlassungsklage als Leistungsklage stets ein Rechtsschutzbe-
dürfnis. Regelmäßig ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung ei-
ner Leistungsklage bereits daraus, dass ein behaupteter materieller Anspruch,
dessen Existenz für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchset-
zung zu unterstellen ist, nicht erfüllt ist
.
Einer Klage kann allerdings auch dann, wenn der behauptete Anspruch noch
nicht erfüllt sein sollte, ausnahmsweise das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn
der Kläger die Gerichte als Teil der Staatsgewalt „unnütz bemüht“
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. Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnis-
ses soll verhindern, dass Klagebegehren in das Stadium der Begründetheitsprü-
fung gelangen, die ersichtlich des Rechtsschutzes nicht bedürfen
.
b)
Für das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers am Antrag zu 1a. spricht be-
reits, dass der Beklagte plant, Auszahlungen an alle Versorgungsberechtigten
nach § 5.8 Buchst. b RTV vorzunehmen. Der Kläger will verhindern, dass durch
die geplante vollständige Ausschüttung des Treuhandvermögens Fakten ge-
schaffen werden, die dazu führen, dass er die Nichterfüllung von auf ihn - wie von
ihm an dieser Stelle zulässig behauptet - nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG iVm.
§§ 412, 401 Abs. 1 BGB entsprechend übergegangenen Ansprüche befürchten
muss. Zwar könnte der Kläger vorrangig Zahlung an sich selbst geltend machen;
außerdem haben die Leistungen des Beklagten auch Erfüllungswirkung für den
Kläger nach § 7 Abs. 4 BetrAVG. Allerdings kann der Kläger, solange er befürch-
ten muss, mit allen Versorgungsberechtigten im Nachgang darüber streiten zu
müssen, ob und in welchem Umfang Leistungen des Beklagten auf die Ansprü-
che gegen den Kläger anzurechnen sind, Unterlassung verlangen. Einen Vorrang
bestimmter Leistungsklagen kennt die Prozessordnung nicht.
c)
Entsprechend hat der Kläger ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis
am Antrag zu 1b. Er will auch mit diesem Antrag verhindern, dass durch die ge-
plante vollständige Ausschüttung des Treuhandvermögens Fakten geschaffen
werden, die dazu führen könnten, dass er die Nichterfüllung von den auf ihn - wie
von ihm an dieser Stelle zulässig behauptet - übergegangenen Ansprüche be-
fürchten muss. Er nimmt mit seinem Antrag zu 1b. eine Auszahlung an die Be-
rechtigten mit Dynamisierung partiell hin, soweit sie sich auf gesetzlich nicht in-
solvenz- und auch nur partiell
gesetzlich nicht geschützte
Ansprüche bezieht. Damit nimmt er zwar einerseits eine erhebliche Verringerung
des Treuhandvermögens in Kauf. Andererseits muss er aber nachvollziehbar be-
fürchten, mit seinen Ansprüchen gegen das Treuhandvermögen zu kurz zu kom-
men und ggf. mit Versorgungsberechtigten im Nachgang über die Wirkungen der
Leistungen des Beklagten streiten zu müssen - etwa ob und in welchem Umfang
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Leistungen des Beklagten auf die Ansprüche gegen den Kläger anzurechnen
sind. Hierzu nimmt er die Zahlungen vom Unterlassungsantrag aus, für deren
Erfüllung er der Höhe nach nicht zuständig ist. Dieses Vorgehen kann sein
Rechtsschutzbedürfnis ausreichend stützen. Der Antrag hat damit nicht den Cha-
rakter eines Rechtsgutachtens.
II.
Der Antrag zu 1a. ist als Globalantrag unbegründet.
1.
Ein Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst, ist in
vollem Umfang als unbegründet abzuweisen, wenn es darunter Fallgestaltungen
gibt, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist. Das Gericht darf nicht
dahin erkennen, dass der geltend gemachte Anspruch unter einschränkenden
Voraussetzungen gegeben ist, die nicht zum Inhalt des Anspruchs erhoben wor-
den sind. Eine solche Tenorierung würde sich nicht mehr im Rahmen des Antrags
halten
. Es würde nicht weniger als beantragt zugesprochen, son-
dern etwas Anderes
.
2.
In dem Antrag zu 1a. ist eine nicht unerhebliche Anzahl von Fällen ent-
halten, in denen der Kläger keine Unterlassung verlangen kann, insbesondere,
wenn er seinen Antrag - wie bei der Auslegung dargelegt - bewusst nicht auf be-
stimmte Fälle begrenzt. Unterlassung kann er allenfalls in den Fällen verlangen,
in denen er auch eintrittspflichtig ist und Ansprüche auf ihn übergehen können.
So hat der Kläger etwa keinen Unterlassungsanspruch in den Fällen von be-
stimmten Organen als Nichtarbeitnehmern, soweit er nach § 17 Abs. 1 Satz 2
BetrAVG nicht zur Leistung verpflichtet ist
. Er hat ebenso wenig einen Anspruch in den Fällen des § 7
Abs. 3 und Abs. 5 BetrAVG, in denen er ebenfalls nicht eintrittspflichtig ist
.
Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten gegen den Arbeit-
geber verbleiben daher beim Versorgungsberechtigten, wenn er zwar grundsätz-
lich zum Personenkreis gehört, der dem gesetzlichen Insolvenzschutz der §§ 7 ff.
BetrAVG unterfällt, die Höhe der Leistungen des Klägers hingegen hinter seiner
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Anwartschaft zurückbleibt. Im Grunde kann der Kläger - wenn überhaupt - Unter-
lassung nur in den Fällen verlangen, in denen er nach § 7 Abs. 1 BetrAVG ohne
Leistungsausschluss einzutreten hat und damit ein Forderungsübergang gemäß
§ 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG stattfinden kann.
III.
Der Unterlassungsantrag zu 1b. ist ebenfalls unbegründet. Zwar sind der
Beklagte passiv- und der Kläger aktivlegitimiert. Das Berufungsgericht hat auch
im Ergebnis rechtsfehlerfrei ein Forderungsrecht des Klägers aus § 9 Abs. 2
Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB analog abgeleitet. Dem Antrag des
Klägers zu 1b. steht auch § 9 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG nicht entgegen. Die Ausle-
gung der KBV, der RTV 2005, der GBV und der RTV ergibt allerdings, dass der
Anspruch des Klägers nicht besteht, weil Rechte wirksam gesichert sind, für die
der Kläger nicht einzutreten hat und dem Kläger auch nicht rechtswidrig Sicher-
heiten entzogen werden.
1.
Der Beklagte ist trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver-
mögen der Arbeitgeberin weiter passivlegitimiert. Zwar fällt das Treuhandvermö-
gen, auch soweit es nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1
BGB analog auf den Kläger übergegangen ist, mit der Insolvenzeröffnung zu-
nächst in die Insolvenzmasse. Allerdings hat der Treuhänder ein Absonderungs-
recht nach § 51 Nr. 1 InsO am Treuhandvermögen gegen die Insolvenzmasse.
Solange der Insolvenzverwalter das treuhänderisch gebundene Vermögen nicht
verwertet, verbleibt es beim Treuhänder, der wegen seines grundsätzlich beste-
henden Absonderungsrechts mit dem Treuhandvermögen nach dem treuhände-
rischen Zweck - auch in der Insolvenz - verfahren darf.
a)
Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sechsten Senats des
Bundesarbeitsgerichts zur Insolvenzfestigkeit der Doppeltreuhand an
, die auch im vorliegenden Verfahren
greifen.
aa)
Grundsätzlich fällt das Treuhandvermögen einer Doppeltreuhand zwar in
die Insolvenzmasse. Allerdings steht dem Treuhänder ein Absonderungsrecht
nach § 51 Nr. 1 InsO zu
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. Mit dem Sechsten Senat ist davon auszugehen, dass auch bei
einer Doppeltreuhand wie im vorliegenden Fall kein Aussonderungsrecht nach
§ 47 InsO besteht. Wegen der im Innenverhältnis aufgrund des Treuhandvertrags
bestehenden Beschränkung der Rechtsmacht des Treuhänders ist der treuhän-
derisch übertragene Gegenstand sachlich und wirtschaftlich dem Vermögen des
Treugebers zuzuordnen. Bei Insolvenz des Treugebers fällt das Treugut daher in
die Insolvenzmasse
. Dem Treu-
händer steht allerdings ein Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO an dem
Treuhandvermögen zu. Die durch die Doppeltreuhand begründete Sicherungs-
treuhand, die der Treuhänder zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten vermittelt,
ist grundsätzlich nicht nach §§ 115, 116 InsO erloschen. Sie begründet das Ab-
sonderungsrecht
.
bb)
Dem entspricht es, dass der historische Gesetzgeber sowohl im Zusam-
menhang mit den Insolvenzsicherungspflichten des Arbeitgebers nach § 8a ATG
als auch mit denen nach § 7e Abs. 2 Satz 1 SGB IV
Treuhandmodelle grundsätzlich als geeignetes Siche-
rungsmodell angesehen hat. Diese gesetzgeberischen Erwägungen gelten auch
für die Insolvenzsicherung der Doppeltreuhand zur ergänzenden Sicherung von
Ansprüchen der betrieblichen Altersversorgung. Sinn und Zweck der doppelsei-
tigen Treuhand in der betrieblichen Altersversorgung ist es wie im ATG und
SGB IV auch, Arbeitnehmer bzw. Versorgungsberechtigte ohne gesetzliche In-
solvenzsicherung insoweit für den Sicherungsfall Insolvenz zusätzlich und ergän-
zend abzusichern
.
b)
Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Verfahren für die RTV.
Es ist eine Doppeltreuhand begründet, die dem Beklagten als Treuhänder ein
Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO gewährt.
aa)
Die Stellung des Treuhänders nach der RTV bei der Vermögenszuord-
nung weist keine relevanten Besonderheiten auf. Gemäß § 2.2 RTV bleibt die
Arbeitgeberin wirtschaftlich Berechtigte der eingezahlten bzw. angelegten Be-
träge. Zwar ist noch die Nebenintervenientin zu 3. als Mitarbeitertreuhänderin
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eingesetzt. Sie übernimmt aber keine Sicherungsfunktion zu Gunsten der Arbeit-
nehmer. Diese liegt allein beim Treuhänder, der den Zugriff auf das Vermögen
hat
.
bb)
In § 5.2 sowie § 5.4 RTV ist der Fortbestand der Sicherungstreuhand zu
Gunsten der Versorgungsberechtigten im Sicherungsfall Insolvenz vorgesehen.
Für den Fall der Insolvenz der Arbeitgeberin können die Versorgungsberechtig-
ten Verwertung und Auszahlung des Treuhandvermögens verlangen. Die damit
begründete Sicherungstreuhand hat eine eigenständige und klar von der Verwal-
tungstreuhand abgrenzbare Ausgestaltung erfahren. Den Versorgungsberechtig-
ten wird für den Insolvenzfall ein eigener Zahlungsanspruch gegen den Treuhän-
der eingeräumt. Die Sicherungstreuhand stellt sich deshalb als echter Vertrag zu
Gunsten Dritter iSv. § 328 Abs. 1 BGB dar.
cc)
Die beabsichtigte Insolvenzsicherung ergibt sich zudem aus der Präam-
bel der RTV. Diese definiert unter Bezugnahme auf die GBV die mit dem Treu-
handvertrag verfolgte Zielsetzung der ergänzenden vertraglichen Insolvenzsiche-
rung. Damit beziehen sich die Parteien des Treuhandvertrags auf die zum Zeit-
punkt des Vertragsschlusses maßgebende gesetzliche Regelung zur Insolvenz-
sicherung nach §§ 7 ff. BetrAVG und wollen die Ansprüche der Berechtigten dar-
über hinausgehend sichern.
dd)
Das in § 8 RTV vorgesehene Kündigungsrecht steht der wirksamen Be-
gründung einer Sicherungstreuhand nicht entgegen. Selbst bei einer Kündigung
durch die Schuldnerin wäre die zu Gunsten der Berechtigten gemäß § 328 Abs. 1
BGB vereinbarte Sicherung nicht entfallen. Die Kündigung ist nur möglich, wenn
eine gleichwertige anderweitige Sicherung besteht oder keine Versorgungsbe-
rechtigten mehr Ansprüche haben, § 8.3 RTV. Auch in den übrigen Kündigungs-
fällen, die wohl versehentlich aus der RTV 2005 übernommen wurden, §§ 8.5 ff.
RTV, ist stets die gleichwertige anderweitige Sicherung nach § 8.3 RTV erforder-
lich.
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c)
Der Passivlegitimation des Beklagten stehen auch keine insolvenzrecht-
lichen Anfechtungsrechte entgegen. Im vorliegenden Fall liegen die Anfechtungs-
voraussetzungen bzgl. der vereinbarten Sicherungstreuhand nicht vor. Maßgeb-
lich sind die §§ 130 ff. InsO in der bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung,
Art. 103j EGInsO, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitge-
berin vor dem 5. April 2017 eröffnet wurde. Dabei kann in diesem Zusammen-
hang dahinstehen, ob das Treuhandvermögen mit der Absicherung von Steige-
rungen der Betriebsrente auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung
schützt, die nur im Insolvenzfall über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen.
aa)
Eine Anfechtung der gewährten Sicherheit nach §§ 130, 131, 132 InsO
scheidet unter den zeitlichen Voraussetzungen der Anfechtungstatbestände aus.
Die Absicherung des Vermögens mittels Doppeltreuhand erfolgte mehr als drei
Monate vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung
. Maß-
gebliche Rechtshandlung bei mehraktigen Rechtsgeschäften ist der letzte Teilakt
im Rahmen der Vermögensverschiebung. Dies ist bei der Sicherungsgewährung
im
Rahmen
einer
Doppeltreuhand
die
Vermögensübertragung
auf
den beklagten Treuhänder
. Sie war in Bezug auf die Berechtigten bereits in den Jahren 2005
und 2006 angelegt. Sollten einzelne Zahlungen der Arbeitgeberin anfechtbar
sein, würde sich zwar das Vermögen des Beklagten verringern, die Berechtigung
des Klageantrags, der sich nur auf eine bestimmte Berechnungsweise der Auf-
teilung dieses Vermögens bezieht, bliebe davon jedoch unberührt.
bb)
Auch die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO sind nicht erfüllt.
(1)
Ein Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung ist nicht erkennbar. Der Treu-
handvertrag wurde weit vor der Krise der Arbeitgeberin und vor dem Entstehen
der zu sichernden Vergütungsansprüche geschlossen. Er diente dem Ziel der
vertraglich vereinbarten Insolvenzsicherung. Es spricht nichts dafür, dass die Ar-
beitgeberin bei Abschluss der Verträge von einer künftigen Gläubigerbenachtei-
ligung wusste oder sie für möglich halten musste
. Dass die Vereinbarung gerade für den Insolvenz-
fall geschlossen wurde, steht dem nicht entgegen. Die Rechtsordnung billigt die
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Absicherung von Forderungen für den Insolvenzfall, wie sich gerade aus § 51
Nr. 1 InsO ergibt.
(2)
Nichts anderes gilt, soweit die Treuhandvereinbarung eine Steigerung
der Betriebsrente für den Insolvenzfall nicht nur sichern, sondern gegenüber dem
Treuhänder einen derartigen Anspruch erst begründen sollte. Das folgt aus der
Wertung des § 4 Abs. 4 BetrAVG.
(a)
Wird die Betriebstätigkeit eingestellt und das Unternehmen liquidiert,
kann danach eine Zusage von einer Pensionskasse oder einem Unternehmen
der Lebensversicherung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers oder Versor-
gungsempfängers übernommen werden, wenn sichergestellt ist, dass die Über-
schussanteile ab Rentenbeginn entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG ver-
wendet werden. Nach dieser Bestimmung entfällt die Verpflichtung zur gesetzli-
chen Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG, wenn die betriebliche Altersversor-
gung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 BetrAVG oder über
eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 BetrAVG durchgeführt wird und ab
Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile
zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden.
(b)
Als Rechtsfolge sind die bestehenden unverfallbaren Versorgungsan-
wartschaften und die Leistungsansprüche unabhängig von einer Zustimmung der
Arbeitnehmer auf einen Lebensversicherer oder eine Pensionskasse zu übertra-
gen. Diese übernehmen die Versorgungszusage
. Zudem muss
sichergestellt sein, dass die Überschussanteile ab Rentenbeginn entsprechend
§ 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG verwendet werden
- und dass obwohl das Unternehmen liquidiert wird,
seine wirtschaftliche Lage eine Betriebsrentensteigerung nach § 16 Abs. 1 und
Abs. 2 BetrAVG also nicht mehr zulässt.
(c)
Der Gesetzgeber hat damit ein legitimes Interesse der Versorgungsbe-
rechtigten anerkannt, gegen das Risiko abgesichert zu werden, dass der Arbeit-
geber nicht mehr existiert
und „eigentlich“ - aus wirtschaftlichen Gründen - eine
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Anpassung nicht mehr in Frage kommt. Denn die Regelung gilt auch, wenn die
Fortführung des Unternehmens unwirtschaftlich wäre. Indem der Gesetzgeber in
diesen Fällen die Übernahme der Versorgungszusage durch eine Pensionskasse
oder eine Lebensversicherung verlangt und zudem vorschreibt, dass die Über-
schussanteile entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG verwandt werden, ver-
langt er eine Absicherung der Renten gegen Auszehrung, die er als mit der An-
passung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG gleichwertig ansieht.
(d)
Diese Wertung ist auf den Insolvenzfall übertragbar. Zwar sind im Fall
der erfolgreichen Liquidation die wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger gesi-
chert. Maßgeblich ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Interesse der Betriebs-
rentner an einer Steigerung der Betriebsrenten auch in Fällen anerkannt hat, in
denen die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers dies nicht mehr hergibt. Soweit
eine solche Steigerung für den Insolvenzfall abgesichert wird und sich der Höhe
nach - wie hier - einer nachvollziehbaren Methode der Absicherung bedient, ist
das deshalb nicht zu beanstanden, soweit der Insolvenzfall zum Zeitpunkt der
Schaffung der entsprechenden Regelung nicht absehbar war. Ob dadurch eine
Absicherung der Insolvenzgläubiger tatsächlich absehbar gefährdet ist, ist eine
Frage des Einzelfalls. Hierfür gibt es im Streitfall keinen Anhaltspunkt.
cc)
Auch eine Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO als unentgeltliche Leis-
tung scheidet aus. Die Regelung über die Sicherung der Betriebsrentenansprü-
che im Insolvenzfall versteht sich vor dem Hintergrund der bestehenden Arbeits-
verhältnisse. Die Arbeitnehmer haben hierfür ihre Arbeitsleistung erbracht
.
d)
Ebenso wenig steht § 166 Abs. 2 InsO einer Passivlegitimation des Be-
klagten entgegen. Zwar versagt die Norm dem Gläubiger, also dem Treuhänder,
das Verwertungsrecht einer Forderung, an der ein Absonderungsrecht besteht.
Allerdings kommt § 166 Abs. 2 InsO vorliegend schon nicht zur Anwendung, da
keine Forderungen im Wege der Sicherungsabtretung abgetreten wurden
.
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2.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er ist grundsätzlich aus der RTV als
Rechtsnachfolger der Versorgungsberechtigten gegenüber der Arbeitgeberin
und Schuldnerin und damit - kraft Gesetzes - wegen übergegangener Rechte als
Gläubiger aus der RTV gegenüber dem Beklagten forderungsberechtigt und da-
mit aktivlegitimiert, soweit er selbst zur Leistung nach § 7 Abs. 1 BetrAVG ver-
pflichtet ist. Er ist nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB
analog mit der Insolvenzeröffnung
in die Gläubiger-
stellung gegenüber dem Beklagten eingerückt, soweit er Ansprüche gegenüber
den Versorgungsberechtigten zu erfüllen hat.
a)
Die Ansprüche der von der RTV erfassten Arbeitnehmer sind nach § 9
Abs. 2 Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB analog im Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Arbeitgeberin auf den Kläger über-
gegangen. Beim gesetzlichen Forderungsübergang gehen - über den Wortlaut
des § 401 Abs. 1 BGB hinaus - Rechte, die als Nebenrechte der Sicherung einer
Forderung dienen, mit der Forderung über, ohne dass es auf weitere Vorausset-
zungen ankäme. Nach § 412 BGB findet ua. § 401 Abs. 1 BGB entsprechende
Anwendung bei - wie hier - gesetzlich geregelten Forderungsübergängen. Nach
§ 401 Abs. 1 BGB gehen mit der abgetretenen - beim gesetzlichen Forderungs-
übergang also der übergehenden - Forderung Hypotheken, Schiffshypotheken
oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestell-
ten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.
Wie der Senat mit Urteil vom selben Tag entschieden hat
, ist diese Aufzählung indes nicht ab-
schließend. Sie ist nach ihrer Entstehungsgeschichte und Systematik der analo-
gen, also entsprechenden Anwendung zugänglich. Daher gehen zunächst solche
Sicherungsrechte über, die zur Sicherung der Forderung eingeräumt und mit ihr
akzessorisch verbunden sind und nur der Sicherung der Forderung dienen. Nicht
mit über gehen dagegen solche Rechte, auf die die Vorschrift nicht passt. Das
sind zB Rechte, die - wie die Sicherungsabtretung, die Sicherungsübereignung
oder der Eigentumsvorbehalt - eigenen Regeln unterliegen, sowie solche, die
- wie die Sicherungsgrundschuld - aufgrund gesetzlicher Vorschrift ausdrücklich
als nicht-akzessorisch ausgestaltet sind. Maßgeblich ist damit, ob das in Rede
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stehende Recht ein Nebenrecht, das der Sicherung der Forderung dient, darstellt
und kein eigenständiges am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Sicherungsmittel
ist. Beim gesetzlichen Forderungsübergang gehen Nebenrechte dann nicht über,
wenn nach dem jeweiligen rechtssystematischen Zusammenhang das Leistungs-
risiko gerade beim Neugläubiger verbleiben soll.
b)
§§ 412, 401 Abs. 1 BGB analog erfassen damit die von der Sicherungs-
treuhand zu Gunsten der Arbeitnehmer bestehenden Ansprüche aus dem echten
Vertrag zu Gunsten Dritter
. Der Kläger ist nach § 9 Abs. 2
Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB analog im Umfang seiner Leis-
tungspflicht Inhaber der Ansprüche der Versorgungsberechtigten gegen den Be-
klagten aus der RTV geworden.
aa)
Die Frage des Übergangs des Anspruchs des Versorgungsberechtigten
gegen den Treuhänder infolge des Übergangs der Betriebsrentenansprüche und
-anwartschaften nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG iVm. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB
ist umstritten. Ganz überwiegend wird die entsprechende Anwendung des § 401
Abs. 1 BGB auf den Übergang des Sicherungsrechts aus der doppelseitigen
Treuhand mit dem Argument befürwortet, es handle sich bei dem schuldrechtli-
chen Anspruch der Versorgungsberechtigten gegen den Treuhänder einer dop-
pelseitigen Treuhand um einen eigenständigen Anspruch der Versorgungsbe-
rechtigten und damit um ein akzessorisches Sicherungsrecht
.
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Dagegen wird eingewandt, die Sicherungstreuhand sei nicht mit dem
Schuldbeitritt gleichzusetzen
. Die Haf-
tung des Treuhänders sei auf das Treuhandvermögen beschränkt. Er hafte nicht
mit seinem eigenen Vermögen. Wie beim Sicherungseigentum sei der zusätzli-
che Anspruch gegen den Treuhänder nicht von § 401 Abs. 1 BGB analog erfasst.
Das Sicherungsrecht des Berechtigten sei nicht das Treuhandvermögen selbst,
da der Einzelne hieran keine unmittelbaren Rechte besitze. Das Forderungsrecht
der Gesicherten sei nur Teil der Sicherung
.
bb)
Die besseren Argumente sprechen für den Übergang des Anspruchs aus
der RTV gegen den Beklagten auf den Kläger nach §§ 412, 401 Abs. 1 BGB ana-
log.
(1)
Zwar hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts darauf abgestellt,
dass die Sicherungstreuhand mit der Sicherungsabrede der Sicherungsübereig-
nung vergleichbar ist und dass wie bei der Sicherungsübereignung dem Treu-
händer bei einer Insolvenz des Treugebers kein Aussonderungsrecht zusteht,
sondern lediglich ein Absonderungsrecht iSv. § 51 Nr. 1 InsO
. Diese Wertungen beziehen sich aber al-
lein auf das Insolvenzrecht und nicht auf die Anwendung des § 401 Abs. 1 BGB.
Anders als beim Sicherungseigentum ist es zudem nicht vorstellbar, dass sich
die Ansprüche der Berechtigten gegen den Beklagten in irgendeiner Form ver-
selbständigen könnten. Sie sind eng und unmittelbar an den Anspruch auf Leis-
tungen der betrieblichen Altersversorgung für den Fall der Insolvenz gebunden.
Der Treuhänder haftet mit dem ihm im rechtlichen Sinne zugewiesenen Vermö-
gen. Zwar ist es nicht sein Vermögen, allerdings ist er für dieses ihm zugewie-
sene Vermögen im Fall der Insolvenz zuständig. Gerade dieser Sicherungszweck
belegt die Zuordnung des Anspruchs und seine enge Verknüpfung mit dem ei-
gentlichen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung.
(2)
Die Sicherungstreuhand besteht allein zur Sicherung der Ansprüche der
Versorgungsberechtigten und ist eine Forderung schuldrechtlicher Natur. Die
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Analogie zu Schuldbeitritt und Bürgschaft ist daher vorgegeben. Auch aus wirt-
schaftlicher Sicht ist es interessengerecht, § 401 Abs. 1 BGB analog anzuwen-
den. Die nicht-akzessorische Sicherheit wird mit dem Grundanspruch verknüpft.
Der ausschließliche Sicherungszweck lässt kein anderes Ergebnis als beim
Schuldbeitritt zu.
(3)
Dafür spricht auch der Charakter der doppelten Treuhand. Sie ist keine
reine Sicherungs- und keine reine Verwaltungstreuhand. Anders als die reine Si-
cherungstreuhand, die der Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung
sehr nahesteht
und die deshalb möglicherweise nicht nach § 401
Abs. 1 BGB analog übergeht, nimmt die Doppeltreuhand eine Sonderstellung ein
. Sie dient in engem und unmittelbaren Zusammenhang
mit dem gesicherten Recht - hier auf Betriebsrente - der in jeder Hinsicht ord-
nungsgemäßen Abwicklung des gesicherten Rechts und ergänzt dieses damit
. Dass dies erst im
Insolvenzfall und sonstigen etwa vorgesehenen Sicherungsfällen praktisch wird,
ändert daran nichts.
(4)
Da der Treuhänder nur mit dem Treuhandvermögen haftet, liegt zwar
kein reiner, dafür aber ein begrenzter Schuldbeitritt vor
. Eine Ver-
einbarung, die einen Vertrag zu Gunsten Dritter nach § 328 Abs. 1 BGB darstellt,
kann eine Schuldmitübernahme mit Sicherungscharakter enthalten. Wenn die
Übernahme der Mitverpflichtung nur den Sinn hat, dem Neugläubiger durch einen
zusätzlichen Schuldner eine Sicherheit zu bieten, geht diese nach § 401 Abs. 1
BGB analog mit über
.
cc)
Die Auslegung der Abreden der RTV ergibt, dass die danach für einen
Übergang notwendigen Voraussetzungen einer doppelten Treuhand vorliegen.
Es handelt sich um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritten mit einer hierdurch
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erfolgenden Übernahme der fremden Schuld - allerdings begrenzt auf das Treu-
handvermögen. Dies rechtfertigt eine Anwendung des § 401 Abs. 1 BGB analog.
Folglich erfasst § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG die hier den Beschäftigten eingeräum-
ten Ansprüche gegen den Beklagten.
(1)
Die Regelungen der RTV betreffen eine Vielzahl von Fällen, so dass es
sich um typische Willenserklärungen handelt, deren Auslegung durch das Beru-
fungsgericht in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbar ist
.
(2)
Die RTV ist dahin auszulegen, dass der Beklagte durch Vertrag zu Guns-
ten Dritter
eine - auf das Treuhandvermögen begrenzte - Mit-
verpflichtung übernehmen wollte, um den Versorgungsberechtigten einen zu-
sätzlichen - in der Insolvenz regelmäßig alleinigen - Schuldner zur Verfügung zu
stellen. Bereits in der Präambel unter C. der RTV sollen den Versorgungsberech-
tigten eigenständige Forderungsrechte gegenüber dem Vermögenstreuhänder
eingeräumt werden. Das Treuhandvermögen soll im Sicherungsfall - Insolvenz
des Arbeitgebers -
ausschließlich zur Sicherung „und Erfüllung der Ansprüche
der Versorgungsberechtigten“ verwertet und eingesetzt werden
. Zwar ist die Sicherung auf das Treuhandvermögen beschränkt - § 2.4
Buchst. c RTV -, dh. aber nicht, dass sich der Beklagte nicht auch gegenüber den
Versorgungsberechtigten in diesem Umfang damit selbst verpflichtet. Dafür
spricht auch, dass die Sicherungstreuhand gerade im Fall der Insolvenz der Ar-
beitgeberin fortbesteht, § 4.2 und § 5.2 RTV, während die Verwaltungstreuhand
zur Arbeitgeberin erlischt. Auch § 5.3 RTV regelt genau die Pflicht zur Erfüllung
der Versorgungsverpflichtungen. Nach § 5.4 RTV stehen im Rahmen von § 5.2
und § 5.3 RTV in Verbindung mit der Sicherungsabrede gemäß § 2.4 RTV den
Versorgungsberechtigten aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen bzw. des in
der RTV geregelten echten Vertrags zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB
eigene vertragliche Rechte auf Durchführung der ergänzenden Sicherung gegen-
über dem Vermögenstreuhänder zu. Die Versorgungsberechtigten können inso-
weit vom Vermögenstreuhänder bei Eintritt des Sicherungsfalls die Verwertung
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des Treuhandvermögens der Gesellschaft und dessen Auszahlung ausschließ-
lich nach Maßgabe der §§ 5.5 ff. RTV verlangen, sofern dem keine gesetzlichen
Vorschriften entgegenstehen. Das Sicherungsvermögen soll nach § 5.5 RTV an
die Berechtigten ausgezahlt werden. Dafür sprechen letztlich auch die differen-
zierten Auszahlungsregeln der §§ 5.7 bis 5.8 RTV. Auch wenn der Beklagte nicht
ausdrücklich der Schuld beigetreten ist, handelt es sich doch bei der Vertragsge-
staltung um nichts Anderes.
(3)
Dem steht es nicht entgegen, dass dieser Beitritt unter einer aufschie-
benden Bedingung stand. Denn diese ist hier durch die Insolvenzeröffnung über
das Vermögen der Arbeitgeberin eingetreten
.
(4)
Dieser Annahme steht auch kein vertraglicher Übergangsausschluss ent-
gegen. Ein vertraglicher Ausschluss des Übergangs nach § 401 BGB entspre-
chend wurde hier nicht vereinbart. Einen solchen machen die Parteien auch nicht
geltend. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine solche Vereinbarung zulässig
wäre
.
dd)
Rechtssystematische Gründe schließen den Forderungsübergang auf
den Kläger nicht aus. Das Betriebsrentengesetz geht - wie der Senat ebenfalls
im genannten Urteil vom selben Tage entschieden hat
- davon aus, dass der Kläger als Träger der gesetzlichen Insol-
venzsicherung aufgrund des Sicherungsfalls für die Ansprüche auf betriebliche
Altersversorgung einzutreten hat. Die Betriebsrentner verlieren ihre Ansprüche
gegen Dritte vollständig und müssen sich Leistungen Dritter nur nach § 7 Abs. 4
Satz 1 BetrAVG anrechnen lassen. Im Gegenzug gehen diese Rechte auf den
Kläger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung über. Damit ist es nicht
vereinbar, ihm ein Leistungsrisiko zu Gunsten Dritter zuzuweisen.
c)
Der Anspruchsübergang ist freilich begrenzt. Soweit durch die Treuhand
Versorgungsverpflichtungen abgesichert werden, die nicht oder nicht in voller
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Höhe im Insolvenzfall durch die Einstandspflicht des Klägers abgedeckt sind, ist
ein Forderungsübergang ausgeschlossen
. Im Übrigen gehen die Forderungen auf den Kläger
über.
3.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten aus § 241 Abs. 2,
§ 280 Abs. 1 BGB auf die im Antrag zu 1b. geltend gemachte Unterlassung der
Auszahlung. Auch wenn das Nachteilsverbot für die Berechtigten aus § 9 Abs. 2
Satz 2 BetrAVG der Berechnung des Beklagten nicht entgegensteht, ergibt doch
die Auslegung der KBV, GBV, RTV 2005 und RTV, dass die vom Beklagten vor-
genommene Berechnung nach den getroffenen Vereinbarungen - entgegen der
Annahme des Klägers - vorgesehen ist. Das ist auch zulässig.
a)
Ein Anspruch auf Unterlassung kann aus § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB
folgen.
aa)
Zu den Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB gehört grundsätzlich die
Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner unter Berücksichtigung der
Interessen und Belange beider Seiten die Voraussetzungen für die Durchführung
des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw.
zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukom-
men zu lassen
.
bb)
Wenn die zu vertretende Pflichtverletzung noch andauert und noch kein
irreparabler Schaden vorliegt, kann aus § 280 Abs. 1 BGB ein Unterlassungsan-
spruch abzuleiten sein
. Mit dem Übergang der Ansprüche
der Berechtigten und etwaiger Sicherheitsrechte nach § 401 Abs. 1 BGB analog
können auch dazugehörige Gläubigerrechte sowie Sicherungsansprüche auf den
Kläger übergegangen sein. Mit dem Übergang der Forderung gehen damit unge-
schriebene Nebenansprüche - wie Auskunfts- oder Rechnungslegungsansprü-
che - auf den Kläger über, wenn sie zur Geltendmachung oder Durchsetzung der
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Forderung erforderlich sind oder sie erleichtern und ggf. aus § 241 Abs. 2, § 242
BGB hergeleitet werden können
.
b)
Wegen des - unstreitig - allenfalls partiellen Forderungsübergangs der
Ansprüche der Versorgungsberechtigten auf den Kläger und des lediglich hierauf
bezogenen Unterlassungsanspruchs steht die Benachteiligungsregelung des § 9
Abs. 2 Satz 2 BetrAVG der Durchsetzung des Anspruchs des Klägers auf Unter-
lassung im beantragten Umfang nicht entgegen. Der Kläger stützt seinen Unter-
lassungsanspruch im Antrag zu 1b. - anders als beim Antrag zu 1a. - gerade auf
die Dynamik, die sich auf den auf ihn übergegangenen Teil der Ansprüche be-
zieht.
aa)
Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG kann der Übergang der Forderung nicht
zum Nachteil des Berechtigten geltend gemacht werden. Dies bezieht sich auch
und gerade auf die nach §§ 412, 401 BGB übergegangenen Forderungen. Die
Bedeutung und Beachtung des § 9 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG bei der Doppeltreu-
hand ist anerkannt
.
bb)
Es entstehen den Versorgungsberechtigten durch den vom Unterlas-
sungsanspruch betroffenen Teil des Versorgungsanspruchs durch den Antrag
zu 1b. allerdings keine Nachteile iSv. § 9 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG.
(1)
Der Forderungsübergang ist zunächst ausgeschlossen, wenn er die beim
Versorgungsberechtigten verbleibenden Ansprüche und Anwartschaften gefähr-
det oder mindert. Der Kläger soll zurückstehen müssen, wenn seine Interessen
mit den Interessen der Versorgungsberechtigten kollidieren. Die Regelung betrifft
vor allem im Fall einer berechtigten Teilleistung die hierfür bestellten und nach
§§ 412, 401 BGB entsprechend zum Teil übergegangenen Sicherheiten
. Falls die Sicherheit nicht
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zur Sicherung aller Ansprüche ausreicht, soll sie in erster Linie der Sicherung des
beim Altgläubiger verbliebenen Teils der Forderung dienen.
Eine derartige Kollision liegt vor, wenn der Forderungsübergang dazu
führt, dass der Kläger seine ggf. gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG sofort fälligen
Forderungen gegenüber dem Sicherungsfonds durchsetzen kann, während es
für die Versorgungsberechtigten ungewiss ist, ob für ihre eigenen zukünftigen
Forderungen das verbleibende Sicherungsvermögen noch ausreicht. Ein Über-
gang von Ansprüchen und Anwartschaften auf den Kläger ist aber dann nicht
nachteilig für die Versorgungsberechtigten, wenn die Befriedigung ihrer ander-
weitigen - also nicht durch die Einstandspflicht des Klägers gedeckten - Versor-
gungsanwartschaften sichergestellt ist, selbst wenn diese erst in ferner Zukunft
fällig werden
.
Das ist hier der Fall. Der Kläger macht geltend, dass der Betriebsrenten-
anpassungsbedarf nicht zu den vorrangig gesicherten Rechten aus der RTV ge-
hört. Er wendet sich aber nicht dagegen, dass die nicht durch ihn gedeckten
Rechte auf betriebliche Altersversorgung ansonsten nach den Bestimmungen
dieser Vereinbarung vorrangig befriedigt werden. Damit nimmt er seine eigenen
Interessen gegenüber denen der Versorgungsberechtigten zurück. Es kann nicht
dazu kommen, dass durch den Forderungsübergang wegen möglicherweise un-
zulänglicher Ausstattung des Treuhandvermögens zunächst der Kläger und dann
erst die Versorgungsberechtigten befriedigt werden.
(2)
Die Nachteile des Vorgehens des Klägers zeigen sich auch nicht im Vor-
bringen der Nebenintervenienten zu 1. und 2. Zwar muss der Versorgungsbe-
rechtigte seine Ansprüche vorrangig vor dem Kläger durchsetzen können. Wenn
die Beteiligten aber - wie hier - über den kraft Gesetzes übergegangenen Teil der
Ansprüche und den hierauf bezogenen Rentenanpassungsbedarf streiten, kann
die Rechtslage vor einer Leistung des Beklagten an die Nebenintervenienten
ohne Nachteile für diese iSv. § 9 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG geklärt werden. In der
Klärung selbst liegt kein rechtlich unzulässiger Nachteil. Die Nichtauszahlung
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liegt dann in der Natur der Sache dieses Rechtsstreits, der zur Klärung der aus-
zuzahlenden Beträge bezogen auf die übergegangenen Ansprüche führt. Dieses
gesetzliche Verhältnis kehrt der Kläger nicht um, indem er versucht, die Ansprü-
che der einzelnen Berechtigten gegen den Beklagten zu begrenzen bzw. zu de-
terminieren. Denn insoweit versucht er nur, die Rechtslage zu klären und seine
daraus folgenden Rechte zu sichern. Das ist kein Nachteil der Versorgungsbe-
rechtigten iSd. Gesetzes, sondern entspricht den rechtlichen Vorgaben und ist
damit hinzunehmen.
4.
Der Beklagte hat durch seine Berechnung und geplante Auszahlung
keine Pflichten aus der RTV gegenüber dem Kläger verletzt. Eine Auslegung der
GBV und der RTV ergibt, dass der Beklagte grundsätzlich berechtigt ist, bei der
Berechnung des Betrags der zu sichernden Verpflichtungen nach § 5.6 Buchst. a
RTV und bei der Berechnung der Sicherungsquote nach § 5.6 Buchst. b RTV und
des Sicherungskapitals nach § 5.6 Buchst. c RTV sowie bei der Auszahlung an
Versorgungsberechtigte die Erwartung des künftigen Betriebsrentenanpas-
sungsbedarfs wertsteigernd zu berücksichtigen, auch wenn und soweit der Ar-
beitgeber einem Versorgungsberechtigten eine Betriebsrentenanpassung in der
Versorgungszusage nicht konkret beziffert vertraglich zugesagt hat. Das ist recht-
lich nicht zu beanstanden. Es werden keine Ansprüche begründet, für die der
Kläger einzutreten hätte, und ihm werden nicht rechtswidrig Sicherheiten entzo-
gen. Damit gehen die begründeten Sicherheiten auch nicht auf ihn über.
a)
Die Regelungen der RTV betreffen als Vertrag zu Gunsten Dritter eine
Vielzahl von Versorgungsberechtigten in einer Vielzahl von Fällen, so dass in der
RTV typische Willenserklärungen enthalten sind, deren Auslegung - anders als
das Berufungsgericht angenommen hat - objektiv wie bei Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen zu erfolgen hat und in der Revisionsinstanz in vollem Um-
fang nachprüfbar ist
. Darüber hinaus beruht die RTV auf der GBV und KBV, die ihrerseits für
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die Auslegung des Umfangs der Ansprüche der Versorgungsberechtigten we-
sentlich zu berücksichtigen sind. Denn sie sind gegenüber den Versorgungsbe-
rechtigten die Rechtsgrundlage der Treuhandverträge.
b)
Die Auslegung einer (Konzern/Gesamt-)Betriebsvereinbarung richtet
sich wegen ihrer normativen Wirkung
nach den
Grundsätzen der Tarifvertrags- und Gesetzesauslegung. Ausgehend vom Wort-
laut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusam-
menhang, die Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung an
. Der tatsächliche Regelungswille der
Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in der Betriebsvereinbarung
seinen Niederschlag gefunden hat
. Verbleiben im Einzelfall noch
Zweifel, so kann auch auf die Entstehungsgeschichte der Betriebsvereinbarung
zurückgegriffen werden
.
Bei der Auslegung eines ablösenden kollektivrechtlichen Regelwerks
kann neben der ablösenden Betriebsvereinbarung selbst auch das abgelöste Re-
gelwerk mit herangezogen werden. Dies folgt schon aus dem insoweit unmittel-
bar ersichtlichen Regelungszusammenhang
. Auch bei nicht unmittelbar ablösenden Regelungen ist die Ent-
stehungsgeschichte bei der Auslegung von Betriebsvereinbarungen dann ein zu-
lässiges Auslegungskriterium, wenn kollektive Regelungen aufeinanderfolgen
und die zeitlich nachfolgende auf die Inhalte der vorausgegangenen Regelung
Bezug nimmt.
c)
Nach diesen Grundsätzen sind die KBV, die GBV und die RTV - auch die
RTV 2005 - dahin auszulegen, dass sie für die Versorgungsberechtigten die Leis-
tungen sichern sollen, die im Insolvenzfall vertraglich zugesagt waren, für die je-
doch im Fall der Insolvenz Leistungen des Klägers ausbleiben würden. Dazu
zählt auch der typisierte Rentenanpassungsbedarf.
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aa)
Auszugehen ist zunächst von der KBV.
(1)
Nach der Präambel B. KBV wurde die Treuhand zur ergänzenden ver-
traglichen Insolvenzsicherung sowie zur Sicherstellung der Erfüllung der Versor-
gungsverpflichtungen eingerichtet. Auch die ausdrückliche Regelung in § 2.1
KBV, wonach zum Zwecke der ergänzenden Sicherung für die betrieblichen Ver-
sorgungsverpflichtungen einschließlich des gesetzlichen Rentenanpassungsbe-
darfs im Sinne des § 16 BetrAVG, die vom gesetzlichen Insolvenzschutz des Klä-
gers nicht erfasst werden, das Unternehmen nach näherer Maßgabe der im Rah-
men der ergänzenden Sicherung abzuschließenden Treuhandvereinbarungen
Deckungsmittel auf den Vermögenstreuhänder im Sinne des § 2.3 KBV übertra-
gen kann, bestätigt diese Auslegung. Der Anpassungsbedarf ist damit integraler
Bestandteil der ermöglichten Sicherung.
(2)
Mit dem Begriff „gesetzlicher Anpassungsbedarf“ haben die Betriebspar-
teien einen Rechtsbegriff verwendet, der in der Rechtsprechung des Senats nicht
den Anpassungsanspruch, sondern die bei dessen Festlegung zu beachtenden
Belange des Versorgungsempfängers bezeichnet. Der Anpassungsbedarf ist
durch die Geldentwertung bestimmt. Ob tatsächlich anzupassen ist, richtet sich
danach, ob der Arbeitgeber entgegenstehende wirtschaftliche Gründe anführen
kann. Das galt bereits bei Abschluss der KBV, wie beispielhaft das Urteil des
Senats vom 18. Februar 2003
belegt.
(3)
Sinn und Zweck der ergänzenden Sicherung nach der KBV, die auf den
Leistungen des Klägers aufbaut und diese eigenständig für die Beschäftigten
durch eigenständiges Vermögen absichert, ist die Herstellung des vertraglich Zu-
gesagten oder Erwartbaren bei einem regulären Verlauf der Dinge, also unter
Ausblendung der Insolvenz unter Einschluss der Leistungen des Klägers
(„Auf-
satteln“). Daher ist im Schrifttum die zu erwartende Anpassung nach § 16
BetrAVG oder aufgrund entsprechender vertraglicher Zusage, die dann wegen
der Insolvenz bei den Anwärtern ausbleibt, als vertraglich durch die Doppeltreu-
hand zu sichernder Anspruch neben § 7 Abs. 3 und Abs. 5 BetrAVG anerkannt
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. Auch hieraus folgt, dass die vorliegende Doppeltreu-
hand zulässig einen entsprechenden Anpassungsbedarf, der sich nach bestimm-
ten typisierten sachnahen Grundsätzen richtet, für den Fall der Insolvenz zusa-
gen darf und im Zweifel gerade soll.
bb)
Dieser Regelungsinhalt setzt sich in der RTV 2005 fort. Schon die Prä-
ambel A. nimmt auf die Zusagen der KBV Bezug und greift den dort gebrauchten
Begriff der „ergänzenden Sicherung“ auf. § 2.2 RTV 2005 sieht vor, dass auf der
Grundlage der KBV das zur Erfüllung der Verpflichtungen aus arbeitgeberfinan-
zierten betrieblichen Altersversorgungszusagen der Gesellschaft erforderliche
Vermögen von der Gesellschaft auf einen Vermögenstreuhänder übertragen wer-
den kann. Die RTV 2005 soll also absichern, was nach der KBV abzusichern ist.
Auch aus § 2.4 RTV 2005 folgt, dass es um die ergänzende Sicherung der An-
sprüche der Beschäftigten auf betriebliche Altersversorgung geht. § 2.4 Buchst. c
RTV 2005 sieht ausdrücklich und vorrangig die ergänzende Sicherung für die Er-
füllung der Versorgungsanwartschaften und -ansprüche der Mitarbeiter gemäß
§ 2.4 Buchst. a und b RTV 2005 vor. Von zentraler Bedeutung ist zudem die Un-
terscheidung in vor- und nachrangig zu sichernde Ansprüche, § 5.3 RTV 2005.
Nach § 5.5 RTV 2005 setzt sich die vorrangige Sicherung der nicht gesetzlich
geschützten Ansprüche bei unzureichendem Treuhandvermögen fort
(„anteilige
Erfüllung“). Auch § 5.6 RTV 2005 greift den Vorrang gesetzlich nicht gesicherter
Ansprüche auf: die „... - ggf. anteilige - Sicherung der Mitarbeiter im Sinne des
§
5.3“. Auch § 5.6 Buchst. b RTV 2005 nimmt auf die vor- und nachrangig gesi-
cherten Ansprüche Bezug.
cc)
Das so gewonnene Verständnis ist auch für die GBV und die RTV maß-
geblich.
(1)
Die GBV nimmt - als der KBV für die Arbeitgeberin nachfolgende Rege-
lung - genau diesen Zweck der ergänzenden Sicherung für die betrieblichen Ver-
sorgungsverpflichtungen auf und bezieht sich unter B. ausdrücklich auf die Re-
gelungen der KBV. Damit nimmt sie auch den Umfang der Sicherung für den
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Rentenanpassungsbedarf aus § 2.1 KBV auf. Unter Ziff. 2.2 GBV führen die Be-
triebsparteien weiter aus, die bislang durch die Arbeitgeberin auf den M Trust
e.V. übertragenen Vermögenswerte im Rahmen der RTV 2005 seien auf den
neuen Vermögenstreuhänder zu überführen, so dass diese Vermögenswerte zu-
künftig weiterhin ausschließlich der Sicherung der den Versorgungsberechtigten
gegenüber der Arbeitgeberin zustehenden Pensionsansprüche dienten. Noch
deutlicher wird der inhaltliche Zusammenhang von KBV und GBV aufgrund
Ziff. 4.1 GBV: Danach soll die GBV zu dem Zeitpunkt in Kraft treten, zu dem die
Arbeitgeberin nicht mehr Tochterunternehmen der M Aktiengesellschaft ist. Das
sei der Zeitpunkt, zu dem auch die KBV nach C. KBV keine Anwendung mehr
findet.
Die GBV sollte also inhaltlich, sachlich und zeitlich nahtlos der KBV fol-
gen. Darüber hinaus sind KBV und GBV in ihren wesentlichen Regelungen na-
hezu inhaltsgleich. Diese Erwägungen lassen den Schluss zu, dass die Betriebs-
parteien durch die GBV allein dem Umstand Rechnung tragen wollten, dass die
KBV wegen des Ausscheidens aus dem Konzern keine Anwendung mehr auf die
Arbeitgeberin finden konnte und sie diese inhaltsgleich fortsetzen sollte. Die GBV
soll ausdrücklich die ergänzende Sicherung im Wege der doppelseitigen Treu-
hand im Interesse ihrer aktiven und ehemaligen Mitarbeiter fortführen. An der
2005 aufgrund der KBV getroffenen Entscheidung der Arbeitgeberin sollte sich
nichts ändern. Zwar haben die Betriebsparteien den Passus zum Rentenanpas-
sungsbedarf und zu § 16 BetrAVG aus § 2.1 KBV nicht ausdrücklich in die GBV
aufgenommen. Dazu bestand allerdings kein Anlass. Sie wollten die KBV als
GBV in der neuen Konzernumgebung in ihrem Unternehmen inhaltlich beibehal-
ten und mit der GBV nahtlos fortsetzen.
(2)
Die RTV nimmt genau diesen Regelungszweck der GBV auf.
(a)
Sie bezieht sich in der Präambel A. ausdrücklich auf die GBV. Ferner
enthält sie mit der RTV 2005 identische Regelungen und ist in Umsetzung der
GBV genauso wie ihre Vorgängerregelung dahin auszulegen, dass sie den er-
warteten Rentenanpassungsbedarf abbildet und sichert. § 5.1 RTV stellt daher
klar, dass der Sicherungsfall vorliegt, wenn und soweit die Voraussetzungen der
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in § 7 Abs. 1 BetrAVG geregelten Fälle erfüllt sind, - unbeschadet einer Eintritts-
pflicht des Klägers - auch dann, wenn die Grenzen des § 7 Abs. 3 BetrAVG über-
schritten sind, oder in vergleichbaren Fällen der Nichtleistung durch die Gesell-
schaft (
„Sicherungsfall“).
(b)
Die weiteren Regelungen der RTV sowie ihrer Anlagen, die der Kläger
für seine Auslegung in Anspruch nimmt, sind nicht geeignet, diese sehr grundle-
genden Bestimmungen der GBV und RTV und ihre Auslegung in Zweifel zu zie-
hen. Weder der Wortlaut noch die Systematik der RTV, die im Licht der GBV und
der KBV auszulegen ist, sprechen für seine Annahme. Soweit der Kläger auf die
jeweils gültige Regelung zur arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversor-
gung abstellt und hieraus ableitet, die Treuhand erfasse nur die vom Arbeitgeber
zugesagten Leistungen, verkennt er, dass die GBV und in ihrer Umsetzung die
RTV gerade nicht nur der Sicherung und Erfüllung, sondern auch der Begrün-
dung und ergänzenden Insolvenzsicherung der gesetzlich nicht geschützten An-
sprüche dienen.
d)
Diese Auslegung verstößt nicht gegen betriebsrentenrechtliche Grund-
sätze und ist gesetzeskonform. Es werden keine Ansprüche gegen den Kläger
begründet. Ebenso wenig werden ihm rechtswidrig Sicherheiten entzogen. Damit
scheidet ein Übergang des der Sicherung des Anpassungsbedarfs dienenden
Treuhandvermögens aus.
aa)
Grundsätzlich darf eine Auslegung nicht gegen gesetzliche Grundwer-
tungen verstoßen. Problematisch könnte die Frage sein, ob eine besonders in-
solvenzgesicherte zusätzliche Leistung der betrieblichen Altersversorgung nur
für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers zugesagt werden kann
. Rechtlich zweifelhaft könnte
dies sein, wenn dadurch der Kläger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsiche-
rung mit Forderungen belastet würde, obwohl ohne Insolvenz andere Regeln für
die Betriebsrentenanpassung gölten. Die Frage ist zu verneinen. Jedoch liegt
eine derartige Vereinbarung hier nicht vor.
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(1)
Den Kläger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung trifft keine
Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG
. Sieht hingegen die Versorgungs-
ordnung bzw. Zusage auch für ausgeschiedene Arbeitnehmer eine von § 16
BetrAVG losgelöste Dynamisierung der laufenden Betriebsrente vor, so hat der
Kläger nach § 7 Abs. 1 BetrAVG hierfür einzustehen, auch wenn das Arbeitsver-
hältnis zum Arbeitgeber vorher beendet wurde
. Wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet hat, den Versor-
gungsanspruch nach bestimmten Kriterien unabhängig von § 16 BetrAVG anzu-
passen, muss der Pensions-Sicherungs-Verein hierfür einstehen
. Das regelt nunmehr seit dem 1. Januar 2018 aus-
drücklich auch § 7 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 2 BetrAVG
. Ließe man grundsätzlich Anpas-
sungsregelungen zu, die nur im Insolvenzfall anzuwenden wären, träfen den Klä-
ger bei Anwendung dieser Grundsätze weitergehende Pflichten als den Arbeit-
geber ohne Insolvenz. Dies widerspricht der Funktion des Klägers als Träger der
gesetzlichen Insolvenzsicherung, Ansprüche zu sichern, nicht aber neue zu
schaffen, und ist deshalb nicht zulässig. Vielmehr liegt darin ein Versicherungs-
missbrauch iSv. § 7 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG.
(2)
Eine derartige Regelung ist indes weder in der GBV noch der RTV vor-
gesehen. Mit der ergänzenden Sicherung ist keine eigenständige Zusage einer
bestimmten Altersversorgung durch die Arbeitgeberin und damit den Kläger ver-
bunden. Insbesondere war auch keine betriebsrentenrechtlich insolvenzfeste
Verpflichtung des Klägers zur Anpassung in der Insolvenz gewollt oder verein-
bart. Es sollte allein eine originäre Verpflichtung des Treuhänders über die ge-
setzliche Absicherung hinaus in der Insolvenz begründet werden. Allein der Treu-
händer und das Treuhandvermögen werden mit der zusätzlichen Leistungspflicht
- und das auch nur im Fall der Insolvenz und im Rahmen des Treuhandvermö-
gens - belastet. Auch in den anderen Bereichen der gesetzlich vorgeschriebenen
Insolvenzsicherung im SGB IV und ATG ist anerkannt, dass die Absicherung
über die gesetzlich bestehende Pflicht hinausgehen kann
. Es soll
zudem keine Verbesserung der insolvenzgeschützten Zusagen zu Lasten des
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Klägers für den Fall der Insolvenz geben. Der Beklagte gewährt vielmehr eine
(zusätzliche) Sicherung für zusätzliche Rentenansprüche, die allein in der Insol-
venz entstehen. Diese Wertung bestätigt auch § 4 Abs. 4 BetrAVG.
bb)
Dem Kläger werden auch keine Sicherungsmittel rechtswidrig entzogen.
(1)
Der Kläger wird nicht durch die Schmälerung des Treuhandvermögens
entgegen den Wertungen des Betriebsrentengesetzes belastet; es verringert sich
nur eine Ausgleichsoption, auf die er keinen gesetzlichen Anspruch hat. Zudem
besteht neben der gesetzlichen Beitragspflicht nach § 10 BetrAVG - anders als
nach dem ATG und SGB IV - keine gesetzliche oder sonstige Pflicht des Arbeit-
gebers, eine weitere vertragliche Insolvenzsicherung für Ansprüche der betrieb-
lichen Altersversorgung zu schaffen. Folglich bestehen auch keine Bedenken,
diese vertragliche Insolvenzsicherung als ergänzende Sicherung so auszugestal-
ten, wie es das Insolvenz- und das Bilanzrecht erlauben. Dies könnte sogar im
Extremfall dazu führen, dass allein vorrangig zu sichernde Ansprüche der Arbeit-
nehmer, die nicht insolvenzgeschützt sind, dennoch aber noch als betriebliche
Altersversorgung anzusehen sind, vom Treuhänder bedient werden, so dass
keine oder nur geringe Mittel auf den Kläger übergehen können.
(2)
Diese Auslegung und dieses Verständnis sind verfassungsrechtlich we-
gen Art. 3 Abs. 1 GG zulässig und verletzen damit jedenfalls nicht grundlegende
gesetzliche Wertungen, § 242 BGB. Wenn die private Insolvenzsicherung durch
die Doppeltreuhand keine (individuelle) Berücksichtigung bei den Beitragspflich-
ten des Arbeitgebers gegenüber dem Kläger findet und diese Ungleichbehand-
lung ihren sachlichen Grund in der konkreten Ausgestaltung der Doppeltreuhand
hat
, verbietet dies gerade nicht einen
vertraglich gewählten Schutz, der über den vom Kläger gewährten Insolvenz-
schutz hinausgeht. Vielmehr gilt insoweit Vertragsfreiheit.
cc)
Damit scheidet ein Übergang des Treuhandvermögens auf den Kläger
aus, soweit es der Sicherung des Anpassungsbedarfs dient. Da der Kläger inso-
weit nicht eintrittspflichtig ist, greift § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG nicht, denn es geht
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gerade nicht um Ansprüche oder Leistungen, die einen Anspruch gegen den Klä-
ger als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung begründen. Mangels rechts-
widrigen Entzugs von Sicherheiten scheidet auch ein Übergang nach allgemei-
nen Rechtsgrundsätzen aus.
C.
Die Feststellungsanträge zu 2a. und 2b. sind unzulässig. Sie decken sich
vollständig mit den zulässigen Leistungsanträgen. Ihnen fehlt daher das Rechts-
schutzbedürfnis. Das gilt unabhängig davon, ob eine allgemeine Feststellungs-
klage nach § 256 Abs. 1 ZPO vorliegt oder eine Zwischenfeststellungsklage nach
Abs. 2 der Regelung.
D.
Die Verfahrensrügen des Klägers, mit denen er eine Verletzung seines
Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht, sind unbegründet. Der Senat
hat sie geprüft, aber nicht als durchgreifend erachtet. Von einer Begründung sieht
er nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO ab.
E.
Der Kläger hat die Kosten der Revision sowie der Nebenintervention zu
tragen, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Zwanziger
Roloff
Günther-Gräff
Wischnath
S. Hopfner
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